Tankstellenshops, Fumoirs, Graureiher, Sterbehilfe, Sicherheitslinien, Fluglärm, Bauten ausserhalb der Bauzone und vieles mehr: Die öffentlich-rechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts umfasst verschiedenste Bereiche des menschlichen Lebens und ist deshalb sehr vielseitig. Nachfolgend wird stichwortartig ein Überblick über die dem Autor besonders relevant erscheinenden Entscheide aus dem Jahr 2010 gegeben.
Die vom Bundesgericht selbst zu öffentlich-rechtlichen Leitentscheiden erkorenen Urteile (Auswahl aus weit über 2000 Fällen) finden sich weiterhin in den Bänden BGE 136 I 1 ff. (34 Entscheide, Stand 13. März 2010) und BGE 136 II ff. (49 Entscheide, Stand 13. März 2010).
1. Staats- und Verfassungsrecht
1.1 Rechtsgleichheit
In BGE 136 I 1 ging es um das vielerorts breit und engagiert diskutierte Thema der Hundehaltung und Hundezucht. Umstritten war die Zürcher Regelung des neu erlassenen Hundegesetzes, welches für Hunderassen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial (Rassetypenliste II) den Erwerb, die Zucht sowie den Zuzug von Hunden verbietet. Für Hunde der Rassetypenliste II, für die wegen auswärtigen Wohnsitzes der Halterin oder des Halters keine zürcherische Haltebewilligung erforderlich ist, wurde sodann im öffentlich zugänglichen Raum ein Leinen- und Maulkorbzwang eingeführt. Schliesslich verlangte das Hundegesetz auch die Einholung einer Haltebewilligung für diese Hunde. Gegen die entsprechenden Paragrafen 8 und 30 des Hundegesetzes wehrten sich verschiedene Interessenverbände von Hundehaltern sowie private Hundehalter.
Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die kantonale Zuständigkeit zum Erlass sicherheitspolizeilich motivierter Zuchtvorschriften durch die Bundesgesetzgebung (Tierschutzrecht) nicht beschränkt werde. Ausserdem verletzten kantonale Vorschriften, welche sich zur Regelung eines Erwerbs-, Zucht- und Zuzugsverbots von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotenzial auf Rassetypen abstützen, das Rechtsgleichheitsgebot nicht. Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung nach Massgabe der Gefährlichkeit der Hunde stehen auch nicht im Widerspruch zum Grundsatz der Gleichbehandlung der Konkurrenten, auch wenn sie sich für Züchter verschiedener Hunderassen unterschiedlich auswirken. Sodann äusserte sich das Bundesgericht zur Frage der genügenden gesetzlichen Grundlage von Zuchtverboten, wobei nicht der Wortlaut alleine, sondern das gesamte Auslegungsresultat massgebend sei.
Im Zentrum standen Fragen der Rechtsgleichheit auch im Fall BGE 136 I 121 (= Pra 2010 Nr. 93): Es wurde als mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit vereinbar und nicht als Diskriminierung aufgrund des Alters eingestuft, dass nach Verordnungsrecht die chirurgische Behandlung von Adipositas ab einer Altersgrenze von sechzig Jahren nicht durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernommen wird. Die Altersgrenze basiere auf einem Rechtfertigungsgrund medizinischer Natur, und ausserdem auferlege sich das Bundesgericht grosse Zurückhaltung bei der Prüfung von Verordnungen des Bundesrats oder des Eidgenössischen Departementes des Innern (EDI) auf ihre Gesetzes- und Verfassungskonformität.
Auf der einen Seite verfüge es nicht über erforderliche Kenntnisse, um sich über diese Fragen eine Meinung bilden zu können, ohne auf die Auffassungen der Experten zurückgreifen zu müssen. Auf der anderen Seite könne die häufig revidierte Verordnung innerhalb kurzer Frist vom EDI abgeändert und an neue Erkenntnisse angepasst werden. So war es ironischerweise auch im vorliegenden Fall: Inzwischen war die Altersgrenze auf 65 festgelegt worden, was dem Beschwerdeführer aber nichts nützte, da er bereits 66 Jahre alt war und somit die Operationskosten von rund 25 000 Franken nicht über die obligatorische Krankenversicherung abwickeln konnte.
Zu Rechtsgleichheit und Willkürverbot im kantonalen Einbürgerungsverfahren vgl. im weiteren BGE 136 I 309 (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten).
1.2 Gleichstellung
Im Fall BGE 136 II 393 war die Frage zu beurteilen, ob ein sachlicher Grund für die lohnmässige Ungleichbehandlung bestimmter Angestelltengruppen darin gesehen werden könne, dass andere weiblich oder neutral besetzte Berufsgattungen vom gleichen Arbeitgeber in Bezug auf ihre Entlöhnung nicht geschlechtsdiskriminierend behandelt werden. Dies wurde vom Bundesgericht verneint. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen wurde deshalb, «soweit die lohnmässige Einstufung der Krankenschwestern und Krankenpfleger DN2 und der Hebammen mit fachspezifischer Ausbildung sowie mit Krankenpflegediplom und Zusatzausbildung betreffend, aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie über die Klagen bezüglich dieser Berufsgruppen neu entscheide».
Zum Thema Gleichbehandlung der Geschlechter äusserte sich auch BGE 136 I 178 (= Pra 2010 Nr. 125). Das Bundesgericht bestätigte dabei in einem Sorgerechtsstreit insbesondere, dass sich der Beschwerdeführer zur Stützung einer Beschwerde gegen einen Entscheid, der in einem Verfahren zwischen zwei Privatpersonen ergangen sei, nicht unmittelbar auf Art. 8 (Abs. 1 und) Abs. 2 BV berufen könne. Die Regeln des Zivilrechts müssten indessen unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse ausgelegt werden, die sich aus den Grundrechten ergeben.
1.3 Freiheitsrechte
Um die Wirtschaftsfreiheit und um ein generell heiss diskutiertes Thema ging es im Fall BGE 136 I 17 betreffend Shisha-Bars in Bern und Thun. Das Bundesgericht hielt fest, dass auch das Rauchen von Wasserpfeifen unter die Berner Gesetzesregelung über den Schutz vor Passivrauchen falle. Dass diese Gesetzesordnung keine Sonderregelung für den Konsum von Wasserpfeifen in Gaststätten vorsieht, verstosse nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen die Wirtschaftsfreiheit, die Eigentumsgarantie und den Grundsatz der Rechtsgleichheit. Das Urteil weist sodann darauf hin, dass auch nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Schutz vor dem Passivrauchen diesbezüglich weiterhin strengere kantonale Vorschriften zulässig sind.
Einschränkungen des Rauchens waren ebenfalls im anschliessenden BGE 136 I 29 das Thema: Die Regelung im bernischen Verordnungsrecht, wonach die Nutzung des Hauptausschankraums eines Gastgewerbebetriebes als Raucherraum (Fumoir), die Verwendung einer Ausschankeinrichtung im Fumoir sowie der Zutritt zu den Raucherräumen für Personen unter 18 Jahren verboten seien, verstösst nach Auffassung des Bundesgerichts nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen die Wirtschaftsfreiheit.
Beide Entscheide enthalten erhellende Ausführungen zum Gesetzmässigkeitsprinzip und zur generellen Zulässigkeit der Einschränkung von Freiheitsrechten. Mit dem Rauchen befasste sich schliesslich auch BGE 136 I 241 (= Pra 2011 Nr. 1). Das Bundesgericht bestätigte dabei, dass die Einrichtung von Fumoirs unter Bedingungen nicht gegen das von der Verfassungsnorm verfolgte Ziel der öffentlichen Gesundheit (Schutz vor dem Passivrauchen) verstosse.
Die Wirtschaftsfreiheit war ebenfalls Aufhänger des Entscheids BGE 136 I 184. Dort ging es um den Widerruf einer Bewilligung der Swissmedic für eine Fachinformation zu einem Medikament. Umstritten war dabei insbesondere auch die Frage, wie weit das Bundesverwaltungsgericht sich auf Beurteilungen der Swissmedic verlassen durfte und musste. Das Bundesgericht kam diesbezüglich zum Schluss, dass gestützt auf den Anspruch auf rechtliches Gehör kein Anlass zu weiteren Abklärungen seitens des Gerichts bestehe, wenn die Ausführungen von Swissmedic zu den wesentlichen Gesichtspunkten inhaltlich nachvollziehbar seien. Es sei in diesem Fall an der Gesuchstellerin, zu belegen, dass und inwiefern der Entscheid der Fachbehörde auf einer unsorgfältig erarbeiteten oder lückenhaften Grundlage beruhe und deshalb eine unabhängige wissenschaftliche Analyse im gerichtlichen Verfahren erforderlich erscheine. Im Übrigen hielt das Bundesgericht fest, dass in der Fachinformation vergleichende Aussagen zu ähnlichen Produkten nicht verboten seien unter der Voraussetzung, dass sie behandlungsrelevant und wissenschaftlich unzweifelhaft belegt seien, was im konkreten Fall allerdings verneint werden musste.
In BGE 136 I 197 ging es abermals um Fragen der Wirtschaftsfreiheit, konkret um die Einschränkung der Vertragsfreiheit der Krankenversicherungen, die sich aus Art. 156 AVO ergibt, der bei der komplementären Krankenversicherung einen Wechsel von einem geschlossenen zu einem offenen Versicherungsbestand erlaubt. Die Einschränkung beruhe auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage, sei durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und hinsichtlich des damit verfolgten Ziels auch verhältnismässig. Ausserdem stehe die Regelung weder mit dem Gleichbehandlungsgebot noch dem Grundsatz von Treu und Glauben im Widerspruch.
Eine unzulässige Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit erkannte das Bundesgericht in BGE 136 I 332: Gegenüber einem Dozenten der Zürcher Hochschule der Künste waren ein Verweis und der Entzug einer Leitungsfunktion ausgesprochen worden, weil er ein kritisches Flugblatt verteilt hatte.
1.4 Normenkontrolle
In BGE 123 I 49 ging es um komplexe Fragen der Dividendenbesteuerung aufgrund der Unternehmenssteuerreform II im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle und des verfassungsrechtlichen Anwendungsgebots von Bundesgesetzen. Aus den Erwägungen resultiert unter anderem eine teilweise Ungültigerklärung der kantonalen Regelung wegen Verstosses gegen Art. 8 Abs. 1 und Art. 127 Abs. 2 BV. Im Fall BGE 136 I 65 ging es unter anderem ebenfalls um die konkrete Normenkontrolle einer kantonalen steuerrechtlichen Regelung, welche sich als verfassungswidrig erwies, im Nachhinein aber durch eine ebenfalls verfassungswidrige Regelung des Bundesrechts sanktioniert wurde (die dem Anwendungsgebot unterliegt).
In BGE 136 I 87 prüfte das Bundesgericht auf Antrag der Demokratischen Juristinnen und Juristen Zürich und weiterer Beschwerdeführer (Parteien und Private, vgl. den vollständigen Entscheid unter BGE 1C_179/2008) detailliert verschiedene Bestimmungen des neuen Zürcher Polizeigesetzes unter verfassungsrechtlichen Aspekten und hiess die Beschwerde teilweise gut. Es äusserte sich allgemein zum Polizeirecht, insbesondere bezüglich des Legalitätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit.
Hinsichtlich der stark kritisierten Bestimmungen zum Schusswaffengebrauch kam das Bundesgericht zum Schluss, dass auch § 17 Abs. 2 lit. b PolG/ZH verfassungskonform angewendet werden könne. So darf die Schusswaffe insbesondere eingesetzt werden, «wenn eine Person ein schweres Verbrechen oder ein schweres Vergehen begangen hat oder eines solchen dringend verdächtigt wird und sie fliehen will». Aufgehoben wurden immerhin die Bestimmungen von § 32 PolG (bezüglich der undifferenziert umschriebenen Überwachungsmassnahmen) und § 53 PolG (hinsichtlich des Löschens von Aufzeichnungen erst nach einem Jahr). Sodann wurde dem Kanton Zürich aufgetragen, im Falle des polizeilichen Gewahrsams den Betroffenen einen direkten Zugang zu einer gerichtlichen Behörde zu gewährleisten.
1.5 Akteneinsicht, Öffentlichkeitsprinzip
Gegenstand von BGE 136 I 80 war ein Nichteintretensentscheid eines kantonalen Verwaltungsgerichts im Widerspruch zur Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV (wie es in letzter Zeit einige gab). Materiell ging es um die Frage, wie weit das Akteneinsichtsrecht der Medien im Fall von Roland Nef, des ehemaligen Chefs der Armee, ausserhalb des hängigen Strafverfahrens gehe. Formell war die Frage strittig, wer über den Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft Zürich zu entscheiden habe, der verschiedenen interessierten Medienunternehmen und Journalisten Einsicht in die Akten verweigerte. Das Bundesgericht wies das Zürcher Verwaltungsgericht an, auf den Fall einzutreten. Die umstrittene Einstellungsverfügung im Strafverfahren Nef wurde schliesslich mit einem weiteren Urteil des Bundesgerichts vom 6. Oktober 2010 (1C_322/201) endgültig der Öffentlichkeit bzw. den Medien zugänglich gemacht.
BGE 136 II 399 (= Pra 2011 Nr. 15) betraf die Abgangsvereinbarungen von Walter Eberle, dem früheren Generalsekretär des EJPD, und von dessen Stellvertreter, Yves Bichsel, in welche der damalige Redaktor und Chef-Stellvertreter der Zeitung «La Liberté» Einblick erhalten wollte. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Abgangsvereinbarungen nicht als amtliche Dokumente des Mitberichtsverfahrens gemäss Art. 8 Abs. 1 BGÖ, also als Äusserungen im verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess, betrachtet werden dürften, die der Öffentlichkeit grundsätzlich unzugänglich sind. Es wies deshalb das Bundesverwaltungsgericht als Vorinstanz an, gemäss Art. 7 Abs. 2 BGÖ vorzugehen, wonach der Zugang zu amtlichen Dokumenten eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert wird, «wenn durch seine Gewährung die Privatsphäre Dritter beeinträchtigt werden kann; ausnahmsweise kann jedoch das öffentliche Interesse am Zugang überwiegen».
1.6 Legalitätsprinzip
In BGE 136 I 142 hatte das Bundesgericht die Frage zu beurteilen, ob es insbesondere unter dem Aspekt der Erfordernis des Legalitätsprinzips im Abgaberecht rechtmässig sei, dass eine Lenkungsabgabe zwecks Beschränkung des Zweitwohnungsbaus in einem verwaltungsrechtlichen Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Baugesuchsteller vereinbart werden könne, da eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche Regelung auf Gemeindeebene erst im Entstehen war.
Das umstrittene Vorgehen der Gemeinde Samnaun wurde - unter umfassender Darstellung der Zulässigkeitsvoraussetzungen verwaltungsrechtlicher Verträge - als korrekt eingestuft und die gegen den Willen einer Bauherrschaft erhobene Lenkungsabgabe von 700 Franken pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche für nicht touristisch bewirtschaftete Zweitwohnungen geschützt.
1.7 Hilfe in Notlagen
Gemäss BGE 136 I 254 (= Pra 2011 Nr. 13) ist es zulässig, die Unterstützungsleistungen auf die Nothilfe zu beschränken, auch wenn ein Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinne eines Härtefalls hängig ist. Nach Aufhebung der ordentlichen Sozialhilfe stehe der Einrichtung für den Empfang von Migranten im Kanton Waadt ein Ermessen zu, das es erlaube, bei der Zusprechung von Nothilfeleistungen besonderen Situationen Rechnung zu tragen.
1.8 Vorrang von Bundesrecht
In BGE 136 I 220 wurde festgehalten, dass die Glarner Regelung, gemäss welcher Prämienverbilligungsbeiträge mit Steuerschulden verrechnet werden können, mit der Zielsetzung des KVG nicht vereinbar und daher bundesrechtswidrig im Sinne von Art. 49 BV sei. Vgl. auch Ziffer 2.10.
1.9 Gemeindeautonomie
Auf eine Beschwerde der Gemeinde Lindau gegen die Festsetzung einer Zone für den Kiesabbau trat das Bundesgericht in BGE 136 I 265 ein. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der Gemeinde gut, da der Kantonsrat den Einwand der Gemeinde, die eisenbahnmässige Erschliessung der Kiesgrube sei nicht während der gesamten Abbauzeit der Kiesgrube gewährleistet, nicht geprüft hatte. Darin liege eine Missachtung der Mitwirkungsrechte der Gemeinde im Richtplanverfahren, welche zu einer Aufhebung der Richtplanfestsetzung hinsichtlich der umstrittenen Kiesgrube führen müsse.
Vgl. zur Gemeindeautonomie und zum Willkürverbot auch BGE 136 I 316: Gebührenordnung der Einwohnergemeinde Zermatt (dynamische und statische Verweisung auf SIA-Normen).
2. Verwaltungsrecht
2.1 Migration
Gemäss Art. 50 Abs. 1 AuG besteht nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft der Anspruch des Ehegatten auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Art. 42 AuG weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht (lit. a) oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (lit. b). In BGE 136 II 1 (= Pra 2010 Nr. 49) kam das Bundesgericht in diesem Zusammenhang zum Schluss, dass die eheliche Gewalt einerseits und die starke Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung im Herkunftsland anderseits ihrem Ausmass und den Gesamtumständen entsprechend je für sich einen wichtigen persönlichen Grund im Sinne von Art. 50 Abs. 2 AuG darstellen können. Liegen beide Umstände gleichzeitig vor, sei die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts des Ehegatten und der Kinder stets geboten. Im konkreten Fall wurde das Vorliegen dieser Voraussetzungen allerdings verneint und die Beschwerde abgewiesen.
In BGE 136 II 113 stellte das Bundesgericht sodann fest, dass die relevante eheliche Gemeinschaft im Sinne von Art. 50 Abs. 1 AuG von mindestens drei Jahren in der Schweiz gelebt werden müsse und dass auch im Falle der dreijährigen Ehedauer die Frage der missbräuchlichen Aufrechterhaltung der Gemeinschaft geprüft werden dürfe.
In BGE 136 II 5 wurde die bisherige Praxis zum FZA gelockert, wonach das Familienmitglied mit Drittstaatsangehörigkeit, das ein Angehöriger eines EU-Staates in die Schweiz nachziehen will, sich vorgängig bereits rechtmässig in der Schweiz oder einem anderen Vertragsstaat aufgehalten haben muss. Eine Aufenthaltsbewilligung darf nur unter restriktiv umschriebenen Voraussetzungen verweigert werden, insbesondere wenn die Gefahr einer gegenwärtigen und hinreichend schweren Gefährdung der öffentlichen Ordnung besteht. Dieser Entscheid wurde in BGE 136 II 65 bestätigt. Zusätzlich wurde in jenem Urteil geklärt, dass gemäss FZA auch ein Anspruch auf Nachzug von Kindern mit Drittstaatsangehörigkeit des Ehegatten des Angehörigen eines Vertragsstaates (Stiefkinder mit Drittstaatsangehörigkeit) besteht, sofern die Kinder noch nicht 21-jährig sind, der andere Elternteil mit dem Nachzug einverstanden ist, tatsächlich familiäre Beziehungen bestehen, die Wohnung ausreichend gross ist und der Vorbehalt der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit sowie das Kindeswohl beachtet werden (vgl. dazu auch BGE 136 II 177: Wiedererwägungsgesuch bezüglich Stiefkindernachzug).
Mit dem sogenannten partiellen Familiennachzug nach AuG befasste sich BGE 136 II 78 (= Pra 2010, Nr. 70), wobei ausdrücklich festgehalten wurde, dass die restriktiven altrechtlichen Voraussetzungen für den Nachzug von nichtgemeinsamen Kindern unter dem AuG nicht mehr gelten, sondern nun bei Einhaltung weiterer Voraussetzungen grundsätzlich ein Anspruch auf deren Nachzug bestehe.
Zum Familiennachzug sei schliesslich auf BGE 136 II 120 hingewiesen, der die sogenannte «Inländerdiskriminierung» (gegenüber EU- bzw. EFTA-Bürgern) gemäss geltendem Recht erkennt, deren Beseitigung aber dem Gesetzgeber überantwortet.
In BGE 136 II 329 stellte das Bundesgericht fest, dass eine EG-/ Efta-Aufenthaltsbewilligung keine rechtsbegründende, sondern lediglich deklaratorische Wirkung habe. Trotzdem könne von den aus dem FZA Berechtigten verlangt werden, sich bei den Behörden zu melden und das erforderliche Ausweispapier zu beschaffen bzw. die hierfür nötigen Angaben zu liefern. Die Vorgabe, zwei Wochen vor Ablauf den EG-Ausländerausweis mit der Verfallsanzeige bei der zuständigen Behörde einzureichen, wenn ein weiterer Aufenthalt oder eine weitere Erwerbstätigkeit in der Schweiz beabsichtigt wird, sei deshalb nicht diskriminierend und mit dem Freizügigkeitsrecht vereinbar. Die Beschwerdeführer vertraten demgegenüber erfolglos die Auffassung, die Verlängerung müsse «automatisch» erfolgen.
In BGE 136 I 285 (= Pra 2011 Nr. 2) wurde hinsichtlich des «umgekehrten Familiennachzugs» (Nachzug der ausländischen Mutter zum schweizerischen Kind, Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV) bestätigt, dass nur ein schwerwiegender Verstoss des ausländischen Elternteils gegen Recht und Ordnung der Schweiz das Recht des Kindes aufwiege, gemeinsam mit jenem aufzuwachsen.
2.2 Finanzmarktaufsicht
In BGE 136 II 43 war ein kompliziertes System ineinander verschachtelter Firmen und deren Tätigkeiten vom Bundesgericht genauestens zu analysieren. Dabei wurde die Finanzmarktaufsicht (Finma) vom Bundesgericht darauf hingewiesen, dass auch in diesem Fall sorgfältig zu prüfen sei, welche Gesellschaften dieses Systems sich finanzmarktrechtlich unerlaubterweise betätigten. Es wurde ihr in casu unverhältnismässiges Verhalten gegenüber einer Gesellschaft vorgeworfen, da mildere Mittel zur Verfügung gestanden hätten als die unmittelbare Liquidation der betroffenen AG.
BGE 136 II 304 befasste sich sodann mit der Offenlegungs- bzw. Meldepflicht nach Art. 20 BEHG (Laxey Partners et al. gegen Implenia AG).
2.3 Jagdgesetzgebung
Ein umstrittenes Thema kam in BGE 136 II 101 (= Pra 2010 Nr. 94) zur Sprache, nämlich der Abschuss von Graureihern zum Schutz von Fischbeständen. Das Bundesgericht wies dabei das Freiburger Kantonsgericht zurecht, welches Fischzüchtern zu Unrecht ein faktisch unbegrenztes Recht zum Abschuss von Graureihern gewährte, obwohl diese als geschützte Tierart im Sinne von Art. 12 Abs. 2 JSG nur im Fall einer sogenannten ausserordentlichen Massnahme (gegen einzelne geschützte oder jagdbare Tiere, die erheblichen Schaden anrichten) gejagt werden dürfen.
2.4 Staatshaftung
BGE 136 II 187 betraf den Fall der Witwe eines Asbestopfers, die gestützt auf das Verantwortlichkeitsgesetz des Bundes Schadenersatz und Genugtuung geltend machte. Sie begründete die Forderungen damit, dass der Schaden zufolge Unterlassung gesetzlich gebotener Schutzpflichten der Suva entstanden sei. Dies war von den Vorinstanzen mangels gesetzlich begründeter Garantenstellung verneint worden.
Vor Bundesgericht waren vorwiegend Fragen der Verjährung und Verwirkung der Verantwortlichkeitsansprüche strittig. Das Bundesgericht kam zum diskutablen Schluss, dass die absolute Verwirkungsfrist von zehn Jahren entsprechend dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 VG mit dem Tag der schädigenden Handlung bzw. Unterlassung beginne - mit der Konsequenz, dass der Schadenersatzanspruch vor Eintritt des Schadens verwirkt sein könne.
2.5 Bau, Umweltschutz und Raumplanung
BGE 136 II 142 (= Pra 2010 Nr. 110) befasste sich mit der Frage, ob ein asbesthaltiges Gebäude als Altlast im Sinne des USG betrachtet werden könne. Das Bundesgericht kam aufgrund differenzierter Überlegungen zu Recht zum Schluss, dass dies nicht der Fall sei und somit Art. 32c ff. USG nicht anwendbar seien.
Um Altlastenrecht ging es auch im Fall BGE 136 II 370: Verfahrensrechtlich wurde festgehalten, dass die Verpflichtung zur Durchführung einer altlastenrechtlichen Detailuntersuchung für die Beschwerdeführerin mit einem nicht wiedergutzumachenden Nachteil verbunden sei, da die Vorfinanzierung der Untersuchungskosten den Konkurs der Pflichtigen zur Folge haben könnte. Ein Eintreten auf den vorliegenden Zwischenentscheid sei zudem geboten, weil im kantonalen Verfahren die Pflicht zur Beurteilung innert angemessener Frist verletzt worden sei. Der Zürcher Regierungsrat hatte für einen abweisenden Rekursentscheid über vier Jahre und vier Monate benötigt. Materiell war umstritten, wer bei einem belasteten Standort, der zum Teil dem Kanton und zum Teil der Beschwerdeführerin gehört, die altlastenrechtlich gebotene Detailuntersuchung vorzunehmen habe. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass der Kanton als Vollzugsbehörde und als Inhaber eines grossen Teils des eventuell sanierungsbedürftigen belasteten Standorts selbst die noch notwendigen Untersuchungen zu veranlassen habe.
In BGE 136 II 204 ging es um ein grosses Projekt für ein Wellnesshotel in Arosa, welches mittels einer Erweiterung der Bauzone ermöglicht werden sollte. Das Bundesgericht wies dabei darauf hin, dass für die Erweiterung einer bereits erheblich überdimensionierten Bauzone zwingende Gründe sprechen müssten, welche im konkreten Fall nicht ersichtlich seien. Es umschrieb einmal mehr, nach welchen Kriterien der gesetzlich zulässige Bauzonenbedarf zu berechnen sei (vgl. Art. 15 RPG). Ebenfalls um Arosa ging es im Entscheid BGE 136 II 214. Das umstrittene Projekt eines neuen Gipfelrestaurants auf dem Weisshorn wurde schliesslich - im Gegensatz zum vorerwähnten Fall - vom Bundesgericht mit Auflagen bewilligt. Erhellend sind vor allem die Ausführungen zu den Zuständigkeiten und Kompetenzen der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) und deren Beurteilung in landschaftsschützerischer Hinsicht.
In BGE 136 II 281 befasste sich das Bundesgericht mit der geplanten Deponie «Stockeri» (Gemeinde Risch, ZG). Es äusserte sich zur Beschwerdeberechtigung der Nachbarn und hielt zudem unter anderem fest, gestützt auf das Vorsorgeprinzip sei eine Erschliessungsachse zu wählen, die unter den Gesichtspunkten der Lärm- und Luftbelastung, der Verkehrssicherheit und der Rücksichtnahme auf bestehende Siedlungen zu möglichst wenig Beeinträchtigungen führe.
BGE 136 II 359 erinnert anhand eines geradezu exemplarischen Falles daran, dass formell rechtswidrige Bauten, die auch nachträglich nicht legalisiert werden können, grundsätzlich zu beseitigen sind, zumindest wenn sie ausserhalb der Bauzone und innerhalb des Schutzperimeters einer Schutzverordnung (Krienser Hochwald) errichtet wurden. Mit deutlichen Worten kam das Bundesgericht in diesem Entscheid zum Schluss, dass eine illegal errichtete Holzbaracke auf Zementsockel, welche im Laufe von rund dreissig Jahren zu einem Ferien- und Wochenendhaus ausgebaut und während dieser Zeit auch entsprechend genutzt wurde, abzureissen sei und dass dieser Massnahme weder Vertrauensschutz noch die Verwirkung, die Verhältnismässigkeit oder das Rechtsgleichheitsgebot entgegenstehe.
2.6 Enteignung
BGE 136 II 263 enttäuschte die Hoffnungen zahlreicher Anwohner des Flughafens Zürich, dass sich im Zusammenhang mit dem sogenannten Vorhersehbarkeitszeitpunkt etwas zu ihren Gunsten ändern würde. Stichtag für die (Un-) Vorhersehbarkeit der Fluglärm-Immissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landesflughäfen soll der 1. Januar 1961 sein. Die starke Zunahme der Ostanflüge seit 2001 aufgrund der Beschränkungen des deutschen Luftraums führe nicht zu einer Neufestsetzung dieses Stichdatums, auch wenn das Bundesverwaltungsgericht aufgrund differenzierter Überlegungen zum Schluss gekommen war, Stichdatum für die Frage der Vorhersehbarkeit sei der 23. Mai 2000, das heisst der Tag nach der Kündigung der Verwaltungsvereinbarung von 1984 durch Deutschland.
Das Bundesgericht erinnerte die Betroffenen daran, dass ihnen unabhängig von der Vorhersehbarkeit der übermässigen Fluglärmbelastungen Ansprüche auf umweltschutzrechtliche Schallschutzvorkehrungen zulasten des Verursachers zustünden. Zudem wurden den zuständigen Behörden zahlreiche Handlungsanweisungen hinsichtlich künftig zu ergreifender Massnahmen zum Schutz vor (Flug-)Lärm erteilt. Insbesondere wurde auf die gesundheitsschädliche Wirkung von abendlichem und morgendlichem Fluglärm hingewiesen, der trotz Einhaltung des Mittelungspegels für den Tag (6.00 bis 22.00 Uhr) gemäss Anh. 5 LSV auftritt, weshalb auch in diesen Fällen Schallschutzmassnahmen am Gebäude notwendig werden könnten.
2.7 Grundstückerwerb durch Personen im Ausland
BGE 136 II 233 (= Pra 2010 Nr. 137): Auch ein Hallenbad ist bei der Berechnung der maximaen Wohnfläche gemäss Art. 10 Abs. 2 BewG zu berücksichtigen. Der Entscheid äusserte sich zudem zum Begriff des oberen kantonalen Gerichts gemäss Art. 86 Abs. 2 BGG. BGE 136 II 405 (= Pra 2011 Nr. 14) und betraf ebenfalls das BewG: Nur wer rechtmässigen und tatsächlichen Wohnsitz in der Schweiz hat, fällt nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes. Im konkreten Fall wurde ein hiesiger Wohnsitz verneint und die Bewilligungspflicht bejaht.
2.8 Strassenverkehr
In BGE 136 II 61 wird bestätigt, dass Ergebnisse von Prüfungsentscheiden (in casu die Kontrollfahrt gemäss Art. 14 Abs. 3 SVG) nach Art. 83 lit. t BGG nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten anfechtbar sind. BGE 136 II 447 bestätigt, dass das Überfahren einer Sicherheitslinie eine schwere Verkehrsregelverletzung darstelle, auch wenn im konkreten Fall keine konkrete Gefährdung gegeben war. Zudem hielt das Bundesgericht fest, dass der Führerausweis auf Probe auch dann verfalle, wenn der Neulenker ein zweites Verkehrsdelikt begeht, bevor ein zuvor ausgesprochener Ausweisentzug rechtskräftig geworden ist.
2.9 Personenbeförderung
Die Gleichbehandlung von Grau- und Schwarzfahrern war Gegenstand von BGE 136 II 457: Am 17. Januar 2009 fuhr X. mit einem Fahrausweis für die zweite Klasse angeblich versehentlich in der ersten Klasse einer doppelstöckigen S-Bahn mit Selbstkontrolle von Zürich nach Schaffhausen. Bei einer Kontrolle stellte das Zugpersonal fest, dass X. keinen gültigen Fahrausweis für die erste Klasse besass, und erhob von ihm einen Zuschlag von 80 Franken für Strecken mit Selbstkontrolle sowie einen Zeitzuschlag von 25 Franken.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hob den entsprechenden Entscheid der SBB aufsichtsrechtlich auf. Es folgte ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, welcher das Vorgehen des BAV - vereinfacht gesagt - als unzulässig einstufte und die Verfügung aufhob. Das Bundesgericht kam schliesslich mittels komplexer Begründung zur Erkenntnis, dass die individuelle «Kostenverfügung» aufgrund der klaren Rechtsverletzung sowie des Umstands, dass sich diese in vergleichbaren Fällen zu wiederholen droht, aufsichtsrechtlich aufgehoben werden durfte, und wies die SBB an, künftig differenzierte Zuschläge zu erheben. Der vorliegende Entscheid zeigt exemplarisch auf, dass mit einer fein ziselierten Argumentation fast alles begründet werden kann, wenn das Bundesgericht ein bestimmtes Ergebnis vor Augen hat. Die Lektüre des Entscheids sei jedenfalls all jenen ans Herz gelegt, die sich mit aufsichtsrechtlichen Problemstellungen auseinandersetzen.
BGE 136 II 489 befasste sich sodann ebenfalls mit einem Schwarzfahrer, der in einem Tram der städtischen Verkehrsbetriebe Zürich kontrolliert und der zur Zahlung eines «Zuschlags» von 130 Franken verpflichtet wurde, da er keinen gültigen Fahrausweis besass. Das Bundesgericht behandelte die Angelegenheit im Rahmen einer subsidiären Verfassungsbeschwerde. Es kam zum Schluss, dass die kantonalen Instanzen den umstrittenen Anspruch zu Unrecht als öffentlich-rechtlich statt als zivilrechtlich eingestuft hatten. Materiell wies das Bundesgericht die Beschwerde als unbegründet ab, gewährte dem Beschwerdeführer aber immerhin die unentgeltliche Rechtspflege (unveröffentlichte E. 4 f. des Urteils vom 26. August 2010 im Verfahren 2C_689/2009).
2.10 Binnenmarkt
Im Fall BGE 136 II 470 wehrte sich eine Lehrperson dagegen, dass ihre in zwei Kantonen anerkannten Ausbildungsabschlüsse für die Sekundarstufe nicht gesamtschweizerisch anerkannt wurden. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde gut und wies die Sache zurück an die Erziehungsdirektorenkonferenz zur Neubeurteilung. Es kam zum Schluss, dass Art. 4 Binnenmarktgesetz (BGBM), wonach kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich auf dem gesamten Gebiet der Schweiz gelten, einer restriktiveren Regelung der entsprechenden interkantonalen Vereinbarung vorgehe. Deshalb durfte die gesamtschweizerische Anerkennung nicht allein gestützt auf die interkantonale Vereinbarung verweigert werden. Ausserdem hielt das Bundesgericht fest, dass das Anerkennungsverfahren aufgrund von Art. 3 Abs. 4 BGBM kostenlos sein müsse.
2.11 Schwerverkehrsabgabe
BGE 136 II 337 lag eine Beschwerde des Transportunternehmerverbandes Astag gegen eine Veranlagungsverfügung der Eidgenössischen Zollverwaltung zugrunde. Darin wurde der per 1. Januar 2008 erhöhte Abgabetarif des Bundesrats angewandt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte diese Verfügung aufgehoben, da die vom Bundesrat mit Änderung der Schwerverkehrsabgabeverordnung vom 12. September 2007 erlassenen Tarife «das Kostendeckungsprinzip nach der massgeblichen Bestimmung des Schwerverkehrsabgabegesetzes» verletzten, weshalb sie nicht zur Anwendung gebracht werden dürften.
Das Bundesgericht kam auf Beschwerde der Eidgenössischen Zollverwaltung zum Schluss, die Mitberücksichtigung der vom Schwerverkehr bei den übrigen Verkehrsteilnehmern verursachten Stauzeitkosten als externe Kosten sei zulässig. Die Berechnung der Kosten zulasten der Allgemeinheit bezüglich der Faktoren Klimakosten, der Unfallkosten sowie des externen Nutzens des Schwerverkehrs sei nicht zu beanstanden. Das Bundesgericht verwarf die Einwände der Astag gegen die Berechnung dieser externen Kosten.
2.12 Sterbehilfe
BGE 136 II 415 stellte fest, dass die Vereinbarung zwischen der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und einer privaten Sterbehilfeorganisation zwar kein zulässiges Anfechtungsobjekt nach Art. 82 BGG darstelle. Das Bundesgericht beurteilte die Vereinbarung dann aber trotzdem materiell und kam zum Schluss, dass sie nichtig sei, weil sie insbesondere einer gesetzlichen Grundlage entbehre und gegen das materielle Strafrecht und das Betäubungsmittelrecht verstosse.
2.13 Arbeitsgesetzgebung, Nachtarbeitsverbot
BGE 136 II 427 betraf die umstrittenen Tankstellenshops, welche während 24 Stunden an 365 Tagen pro Jahr geöffnet haben. Das Bundesgericht bestätigte das diesbezügliche Verbot der Nachtarbeit, welches das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) angeordnet hatte. Es führte unter anderem aus, dass es für eine Ausnahme vom Grundsatz des Nachtarbeitsverbots nicht genüge, dass Nachtschwärmer und gewisse Reisende punktuell das über das Bar- bzw. das Bistroangebot hinausgehende Sortiment der Beschwerdeführerinnen schätzten. Mit der Vorinstanz sei ein öffentliches Interesse an der Möglichkeit der Befriedigung von nicht lebenswichtigen Konsumbedürfnissen zwischen 01.00 und 05.00 Uhr erst dann zu bejahen, wenn bei objektiver Sichtweise eine grosse Anzahl Personen das Fehlen der fraglichen Waren und Dienstleistungen in der Nacht als erheblichen Mangel empfinden würde. Auch die weiteren Argumente der Beschwerdeführerinnen wurden verworfen.
3. Verfahrensfragen
In BGE 136 I 39 wurde bestätigt, dass das Gemeinwesen, welches als Arbeitgeber in seinen Vermögensinteressen betroffen ist, nach BGG (Art. 66 Abs. 4) nicht von Gerichtskosten befreit wird.
BGE 136 I 42 (= Pra 2010 Nr. 69) ist ein Nichteintretensbeschluss des Bundesgerichts, mit welchem es unter Hinweis auf Art. 29a BV sowie Art. 86 Abs. 2 und 3 BGG eine Sache zur Beurteilung an das Genfer Verwaltungsgericht zurückwies. Der Entscheid, mit welchem der Regierungsrat über die Befreiung einer Stiftung von der sogenannten Einregistrierungs- und/oder Erbschaftssteuer befinde, sei nicht vorwiegend politisch und deshalb vom kantonal letztinstanzlich zuständigen Verwaltungsgericht zu behandeln.
Das Bundesgericht führte aus, dass die Streitsache die Befreiung der Beschwerdeführerin von kantonalen Abgaben betreffe. Im Gegensatz zu Entscheiden über den Erlass von Abgaben könne eine Streitigkeit über die Befreiung, insbesondere von juristischen Personen, die öffentliche Interessen verfolgen, grundsätzlich mit einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden. Bedeutsam sind die Ausführungen des Bundesgerichts zur Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV auch in BGE 136 II 436: Der Ausschlussgrund von Art. 86 Abs. 3 BGG für Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter soll nur für Ausnahmefälle gelten.
Der angefochtene kantonale Entscheid über die Erteilung einer Wasserrechtskonzession habe zwar eine politische Komponente, regle aber neben den Rechten insbesondere auch die Pflichten der Konzessionärin detailliert. Diese Aspekte seien justiziabel, weshalb sie der gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein müssten.
Zur Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV vgl. BGE 136 I 323: Zulässigkeit der Anfechtung eines über die Organisation der Polizeidienste hinausgehenden Akts (Versetzung eines Polizeifunktionärs).
BGE 136 I 149 hält fest, dass es dem Rechtsuchenden nach Art. 17 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Freiburg (in Verbindung mit Art. 70 Abs. 2 BV) erlaubt sei, sich in der Amtssprache seiner Wahl - Französisch oder Deutsch - an das Kantonsgericht zu wenden, und zwar unabhängig von der Verfahrenssprache.
In BGE 136 I 229 war die Frage strittig, ob im Rahmen einer subsidiären Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden könne, der Beschwerdeführerin sei statt der Note 5,0 die Note 6,0 (eventualiter die Note 5,5) für ihre Masterarbeit im Studium der Rechtswissenschaften zuzusprechen. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Bewertung der Masterarbeit grundsätzlich Gegenstand einer subsidiären Verfassungsbeschwerde sein könne, «wenn das Nichtbestehen, eine andere Rechts-folge (wie der Ausschluss von der Weiterbildung) oder ein Prädikat in Frage steht, für das die Prüfungsordnung vorgibt, wie es zu bestimmen ist, bzw. dessen Festlegung nicht im Ermessen der Prüfungsbehörde liegt», wies die Beschwerde aber materiell ab. BGE 136 II 165 befasste sich mit einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, welches auf angeblich verspätete Rügen im Zusammenhang mit Fluglärmentschädigungen für den sogenannten direkten Überflug beim Ostanflug nicht eingetreten war. Das Bundesgericht trat gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG auf die Beschwerde gegen den Zwischenentscheid ein, weil es rechtsstaatlich unzumutbar wäre, die Beschwerdeführer in einem komplexen, aufwendigen, viele Beteiligte umfassenden Verfahren wie dem vorliegenden auf die Anfechtung des Endentscheids zu verweisen. Zudem wurde festgehalten, dass die Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht innerhalb der Beschwerdefrist zu begründen sei, was jedoch spätere Vorbringen tatsächlicher und rechtlicher Art nicht ausschliesse. Dies gelte jedenfalls dann, wenn den Beschwerdeführern - wie vorliegend - weder nachlässige Prozessführung noch Prozessverschleppung vorgeworfen werden könne.
In einem aufsichtsrechtlichen Entscheid (BGE 136 II 380) erklärte es das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsverweigerung als zulässig, dass das Bundesverwaltungsgericht (in einem asylrechtlichen Verfahren) eine nicht erstreckbare Frist von zehn Tagen zur Leistung eines Kostenvorschusses angeordnet hatte.
BGE 136 II 383 fasst unter anderem die Rechtsprechung zur Beschwerdebefugnis des Gemeinwesens im Rahmen der allgemeinen Beschwerdelegitimation gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zusammen.
Hinsichtlich des aktuellen Interesses an einer Haftbeschwerde hielt das Bundesgericht in BGE 136 I 274 fest, dass es die Angelegenheit unter besonderen Umständen trotz der Entlassung des Beschwerdeführers materiell behandle. Die besonderen Umstände wurden bejaht, da eine Verletzung der EMRK offensichtlich war und dem Beschwerdeführer durch die entsprechende Feststellung und eine für ihn vorteilhafte Kostenregelung sogleich die verlangte Wiedergutmachung verschafft werden konnte. Die Verletzung der EMRK (Art. 5 Abs. 3) bestand darin, dass der Beschwerdeführer der Haftrichterin erst nach ca. 65 Stunden und nicht innert spätestens 48 Stunden nach der Festnahme vorgeführt worden war.
In BGE 136 I 279 wurde hinsichtlich des Anspruchs auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung (Art. 6 Abs. 1 EMRK) nach einem Überblick über die diesbezügliche Rechtsprechung festgehalten, dass dieser auch bestehe, wenn es um medizinische Fragen hinsichtlich Gesundheitszustand und Arbeitsunfähigkeit gehe.