Der Prime Tower ist mit seinen 36 Geschossen darauf angelegt, zu beeindrucken. Mit 126 Metern überragt der Zürcher «Macker-Turm» (Architekturmagazin Hochparterre) jedes andere Haus im Land. Über die Etagen 25 bis 32 erstreckt sich die Anwaltskanzlei Homburger AG. Darüber besetzt die Deutsche Bank noch eine Etage, zuoberst wird das für die Öffentlichkeit zugängliche Restaurant Clouds thronen.
Wer den Eingang, pardon, die Lobby des Turms betritt, wähnt sich in einem New Yorker Wolkenkratzer. Die überhohe Halle lässt die Menschlein schrumpfen, ihre Wände signalisieren mit einem dunkelgrünen Stein kühle Noblesse: Aosta-Serpentinit aus einem Steinbruch auf 2500 Metern über Meer.
Einzelbüros statt ineffizienter Grossraum
Mit acht Stockwerken nimmt Homburger etwa einen Viertel der gesamten Bürofläche im Prime Tower ein. «Ein wunderschöner Arbeitsplatz», schwärmt Marcel Dietrich, einer der 32 Partner. Er führte den Vorsitz im firmeninternen «Raumplanungskomitee»: Seit 2003 suchten fünf Partner nach neuen Büroräumen, weil die alten Örtlichkeiten zu eng geworden waren. 10 000 bis 12 000 Quadratmeter Bürofläche belege Homburger nun im Prime Tower, «je nachdem, was man alles dazu zählt». Vergleicht man mit dem alten Standort an der zentral gelegenen Zürcher Weinbergstrasse - ohne die beiden dort dazugemieteten Dependancen -, ergibt sich in etwa eine Verdoppelung der Räumlichkeiten. Zu den acht Etagen im Turm kommen im Nebengebäude «Cubus» nochmals drei Stockwerke. «Das ist das Archiv», sagt Marcel Dietrich.
Bei der Wirtschaftskanzlei wachsen die Bäume dennoch nicht in den Himmel. Managing-Partner Heinz Schärer sagt, Homburger konzentriere sich als Pure Player auf Rechtsberatung und Verfahrensführung. «Das ist weniger lukrativ, als man sich gemeinhin vorstellt, da wir weder in der Vermögensverwaltung noch in verwandten Gebieten tätig sind.»
Beeindruckend ist das Raumprogramm der laut Dietrich zweitgrössten Schweizer Anwaltskanzlei alleweil. Es umfasst nicht weniger als 22 Konferenzzimmer, eines davon ist ein grosser, unterteilbarer Saal, der für Vorträge, Schiedsgerichtsverhandlungen, Partnermeetings oder andere Sitzungen genutzt wird. Sodann hat jeder Rechtsanwalt ein Einzelbüro erhalten. «Wir kamen zum Schluss, dass Grossraumbüros ineffizient sind», führt Marcel Dietrich zur Begründung an.
Partner in Eckbüros mit atemberaubender Aussicht
Die Partner sind entweder in einem der Eckbüros untergebracht, die durch atemberaubende Aussicht und 20 bis 28 Quadratmeter Raumgrösse bestechen, oder in einem Raum vergleichbarer Qualität. Durch den Turmgrundriss in Form eines unregelmässigen Achtecks ist eine Vielzahl von Bürogrössen und -formen entstanden. Die Zuteilung der Räume oblag den Leitern des jeweiligen Praxisteams. Die Sekretariatsräume umfassen jeweils zwei bis vier Arbeitsplätze.
Bei der Aufteilung der Stockwerke liess sich die Kanzlei laut Schärer von angelsächsischen Vorbildern inspirieren: Zuoberst, im 32. Geschoss auf 108,85 Meter über dem Boden, thronen die 13 Steuerrechtler. Unter ihnen folgt das Praxisteam Bank-/Finanzmarktrecht und auf den Etagen 28 bis 30 die grösste Abteilung: Gesellschaftsrecht und Transaktionen. Weiter gehts mit Prozesse/Verfahren sowie Immaterialgüter-/IT-Recht.
Ganz unten, in der 25. Etage, sind die Bibliothek mit 17 000 Werken, die Logistik, IT und Schulung untergebracht, gleich daneben der Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Lederfauteuilgruppen und einem Fumoir. Die Empfangshalle der Kanzlei liegt im 31. Geschoss. Dank Einbezug der darüberliegenden Etage hat sie eine grosszügige Raumhöhe erhalten. Augenfälliger Schmuck ist ein imposantes Leuchtobjekt, das der «Weltstarkünstler Olafur Eliasson» speziell für diesen Ort geschaffen hat, wie Ulrich Gerster erklärt. Er wurde als Kurator für die Kunst in den acht Stockwerken engagiert.
Frage nach steigenden Honoraransätzen
Die Kundenbereiche im 30. und 31. Stock sind so gestaltet, dass zwei Parteien anwesend sein können, ohne sich zu begegnen. Homburgers Raumfülle stellt andere Mieter in den Schatten. Nicht einmal die Vermögensverwaltungsabteilung einer Grossbank kann mithalten.
Während die Wirtschaftskanzlei für ihre 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - davon rund 110 Rechtsanwälte und Steuerexperten - acht Etagen angemietet hat, muss sich zum Beispiel die Deutsche Bank mit deutlich weniger Platz begnügen. Sie bringt im Prime Tower das Private Wealth Management unter, also den Zweig für gutbetuchte Privatkunden. Den 350 Beschäftigten stehen gerade einmal fünf Etagen zur Verfügung, pro Stockwerk sollen bis zu 100 Arbeitsplätze entstehen.
Wie also kann sich die Wirtschaftskanzlei ein solches Raumprogramm leisten? Diese Frage hat sich offensichtlich auch bei der Kundschaft aufgedrängt. «Ein Klient hat mich gefragt, ob nach dem Umzug nun die Honoraransätze ansteigen», bestätigt Dietrich.
Miete «relativ gesehen» tiefer als vorher
Mit Grund. In einem Wolkenkratzer ist die Miete generell teurer. Gegenüber einem andern Bürogebäude ist mit Mehrkosten von rund zwanzig Prozent zu rechnen, weil der Bau anspruchsvoller ist und die Anforderung an den Brandschutz - Stichwort Fluchttreppen - höher und die Windlast auf der Gebäudefläche grösser sind. Laut Immobilienexperten können die Zusatzkosten durchaus auf 25 Prozent oder mehr ansteigen. Dazu kommen Ausgaben für den Innenausbau und die Tatsache, dass Homburger nun höhere Gesamtflächen hat als zuvor.
Steigen also die Anwaltstarife? «Ach was», entgegnet Dietrich, «unsere Honoraransätze sind trotz Umzug gleich geblieben.» Doch es kommt für andere teuer: «Jeder Partner hat selbst Geld in die Hand genommen», sagt Marcel Dietrich. Er spricht von einer Summe im sechsstelligen Bereich - pro Partner.
Der Quadratmeterpreis liegt laut Managing-Partner Schärer inklusive Mieterausbau «deutlich unter 1000 Franken». Dietrich ergänzt, Homburger zahle im Prime Tower «relativ gesehen» weniger Miete pro Arbeitsplatz als früher an der Weinbergstrasse.
Erstens, so Dietrich, lägen die Quadratmeterpreise der Miete im Grundausbau (mit rohen Böden und Wänden) nur unwesentlich über den bisherigen. Denn die Lage in Zürich-West ist weniger kostspielig als an der Bahnhofstrasse oder anderen prestigeträchtigen Innenstadtlagen. Zudem verhandelten die Wirtschaftsanwälte 2006 und 2007 offenbar gut, bevor sie nach Prüfung verschiedener anderer Standorte ihre Unterschrift unter den Mietvertrag mit der Swiss Prime Site setzten.
Damals sei der Prime Tower noch «eine Hochrisikoangelegenheit» gewesen, ein Projekt ohne Baubewilligung, mit politischen und rechtlichen Unwägbarkeiten, sagt Dietrich. Umso grösser war die Bedeutung von Homburgers Zusage als erster Mieter für die wirtschaftliche Machbarkeit des Grossprojekts. Ein Vertrag «mit verschiedenen Exit-Klauseln» sicherte die kanzleiinterne Zustimmung.
Büros kleiner dank «Flächeneffizienz»
Zweiter Grund sei die «Flächeneffizienz», die viel höher ausfalle als im bisherigen Gebäude an der Weinbergstrasse. Das bedeutet: Sämtliche Büros sind im Hochhaus kleiner als am alten Standort, sie werden aber besser genutzt. «So haben wir die Kosten im Griff», bekräftigt der Leiter des Raumplanungskomitees. Die effizientere Nutzung zeigt sich unter anderem darin, dass die Ablagefläche pro Büro um fünfzig Prozent höher ausfällt, weil es nun drei verschiedene Tische hat. Für das Einzelbüro eines Rechtsanwalts reichen damit 15 Quadratmeter, maximal 20.
In der gemieteten Fläche schlummern Raumreserven für schätzungsweise zehn Jahre. Aus allgemein genutzten Flächen oder Sitzungszimmern können nötigenfalls Büros werden. «Die Zahl der Arbeitsplätze lässt sich auf 380 erhöhen, ohne dass Homburger zusätzliche Flächen anmieten muss», sagt Mike Guyer vom Büro Gigon / Guyer, das sowohl den Turm als auch den Mieterausbau der Kanzlei gestaltete. Ein Vormietrecht legt zudem fest, dass Homburger Zugriff auf freiwerdende Mietflächen im Gebäude erhält.