Die Zahl der Nichteintretensentscheide des Bundesgerichts ist in den letzten fünfzig Jahren ge­stiegen. Und zwar von rund 14 Prozent im Jahr 1965 auf 22 Prozent im Jahr 2006. Noch grös­ser war die Zunahme bei Beschwerden in ­Zivilsachen unter dem seit 2007 geltenden Bundesgerichtsgesetz (BGG). In den acht Jahren vor Inkrafttreten wurde auf 29 Prozent der zivilrechtlichen Rechtsmittel nicht eingetreten, in den acht Jahren nach Inkrafttreten auf 44 Prozent. 

Dies geht aus dem kürzlich erschienenen Aufsatz von Mark Schweizer in der Richterzeitung hervor (Ausgabe 2/16). Titel: «Vom Umgang des Bundesgerichts mit steigender Geschäftslast – lieber schnell als sorgfältig.» Laut dem Autor, Privatdozent an der Uni St. Gallen, weisen diese Zahlen darauf hin, dass das Gericht die formellen Eintretensvoraussetzungen, insbesondere an das Rügeprinzip, zunehmend verschärft. Die Reform der Bundesrechtspflege hätte mit der Einführung der Einheitsbeschwerde die formellen Voraussetzungen vereinfachen sollen. Insofern sei die Reform gescheitert. Schweizer geht in seinem Artikel auch der Frage nach, ob sich die Qualität der Urteile seit dem Inkrafttreten des BGG verändert hat. 

Er zitiert dabei eine Umfrage, wonach über 20 Prozent der Bundesrichter der Auffassung sind, dass sich die Qualität der Urteile verbesserte. Kritischer waren Gerichtsschreiber und Anwaltschaft: 17 Prozent der Gerichtsschreiber und rund ein Drittel der Anwälte erachten die Qualität der Urteile als rückläufig.