Müsste man Trudy Abächerli mit einem einzigen Wort beschreiben, die Wahl fiele unweigerlich auf Pionierin. Pionierleistungen hat die 66-jährige Obwaldner Rechtsanwältin gleich mehrere erbracht: Sie schafft es als Alpnacher Bauerntochter dank einem weit­sichtigen Vater 1966 ans Gymnasium. Die ersten paar Jahre besucht sie ein ausserkantonales Internat, weil das Obwaldner Kollegium damals nur Buben offensteht. Sie studiert in Freiburg Rechtswissenschaft, schliesst 1977 mit Summa cum laude ab, heiratet noch im gleichen Jahr und erwirbt 1980 das Anwaltspatent – als erste Frau im Kanton Obwalden. Sechs Jahre lang war Trudy Abächerli als einzige Anwältin in ihrem Heimatkanton tätig. Damals ebenso ausser­gewöhnlich: Ihr Ehemann hängt seinen Beruf an den Nagel, betreut daheim die drei Buben, damit die Frau als selbständige Rechtsanwältin tätig sein kann. Das tut sie bis heute mit Begeisterung.

Dem Energiebündel ist das Pensionsalter weder anzusehen noch anzumerken. Abächerli arbeitet nach wie vor tagtäglich als Rechtsanwältin in ihrer Giswiler Kanzlei, in der inzwischen auch der jüngste Sohn ­mitwirkt, und zweimal pro Woche an ihrem Wohnort in Engelberg. Sie versuche, es etwas ruhiger zu ­nehmen, sagt Abächerli. Das bedeutet unter anderem, dass sie keine Nachtschichten mehr schiebt. 

Als sie fünfzig Jahre alt wurde, hängte sie die politische Karriere an den Nagel. Vorher sass sie vierzehn Jahre lang für die FDP im Obwaldner Kantonsrat, während zehn ­Jahren präsidierte sie die kantonale Parteisektion.

Legendär ist in der Innerschweiz ihr Ruf als harte Scheidungsanwältin. Trudy Abächerli bezeichnet sich selbst als eine Feld-, Wald- und Wiesenanwältin mit einem breiten Spektrum: Vertrags- und Haftpflichtrecht, öffentliches und privates Baurecht, ­Erbrecht und einiges mehr. Als Bauernkind habe sie auch eine besondere Affinität zum bäuerlichen Bodenrecht.