Was muss ein Anwalt tun, wenn er an Corona erkrankt und die Contact Tracer anrufen? Darf er die Namen seiner Mandanten offenlegen, wenn die Beamten nach den Kontakten der letzten Tage fragen?

Ja, meint der Berner Anwaltsverband (BAV) in der Verbandszeitschrift «in dubio» 3/20. Aufgrund der Dringlichkeit könne er sich auf Notstand berufen. Könne man eine höherwertige, unmittelbare Gefahr für Dritte abwenden, liege ein rechtfertigender Notstand vor. Dennoch empfiehlt der BAV, sich bei einem neuen Mandat für den Fall eines ­Con­tact Tracings vom Anwalts­geheimnis entbinden zu lassen. «Dann ist man auf der sicheren Seite.» 

Für Niklaus Ruckstuhl, Titularprofessor an der Universität ­Basel, ist eine Berufung auf ­Notstand selbst wohl nicht möglich. Es käme höchstens Notstandshilfe in Frage, sagt er. Das scheitere aber daran, dass diese Dritten nicht «in einer unmittelbaren Gefahr sind, die nicht anders abwendbar ist.» Ruckstuhl rät, Anwälte sollten ihre Klienten selbst informieren. Diese könnten sich dann bei den Behörden melden.

Gut zu wissen: Bei Verletzung des Anwaltsgeheimnisses droht nach Artikel 321 Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe bis zu drei ­Jahren. Bei Verletzung der Auskunftspflicht gemäss Artikel 34 Absatz 2 Epidemiengesetz droht keine Strafe. Die Strafnorm von Artikel 83 erfasst nur Fälle, in denen sich jemand einer Quarantäne oder anderen medizinischen Überwachung entzieht.