Peter Uebersax, 62, Titular­professor für Öffentliches Recht an der Uni Basel, zeigte in einer Rede an der Diplomfeier des Europainstituts, «wie humanitär die humanitäre Tradition im Asylrecht der Schweiz» tatsächlich ist. Sein Fazit: In den vergangenen zwanzig Jahren habe der Stellenwert der Humanität für die Schweiz klar abgenommen. Der Gesetzgeber hüte sich geradezu auffällig, das Wort «humanitär» zu verwenden. 

Übersax fragte die jungen ­Juristen an der Diplomfeier, wie oft dieses Wort in der Bundesverfassung vorkomme. Die Antwort gab er selbst: «Kein einziges Mal!» Auch das Asylgesetz führe den Begriff «humanitär» nicht: «Selbst die in der Praxis als ­humanitäre Bewilligung bezeichnete «Ausnahmeerlaubnis für langzeitanwesende Asyl­suchende» heisst im Gesetz «Härtefallbewilligung.» Politiker würden gerne die humanitäre Tradition anrufen, aber sie nur kaschiert im Gesetz verankern. «Gerade so, als ob sie damit Schwäche zeigen würden oder als ob sich daraus der Eindruck von Grosszügigkeit gewinnen liesse.» Der Gesetzgeber verschärfe das Asylgesetz seit Jahren regelmässig, und die vorhandenen humanitären Tatbestände würden auch in der Praxis ­«zunehmend restriktiv ange­wendet».

Alberto Achermann, 58, Anwalt und Professor für Migrationsrecht an der Universität Bern, weist als letzte Amtshandlung nach vier Jahren als Präsident der Nationalen Antifolterkommission auf die Missstände in Schweizer Gefängnissen hin. In einem Interview mit der ­Onlinezeitung «Republik» kritisiert er vor allem das Stadtzürcher Polizeigefängnis: «Dort werden Kinder ab zehn Jahren eingesperrt, Tür an Tür mit ­Kriminellen. Die Stimmung ist belastend – die Unruhe, das ­Geschrei in der Nacht. So etwas ist in der Schweiz nicht akzeptierbar.» Problematisch seien auch die kleineren Gefängnisse in St. Gallen, weil sie unter der Aufsicht der Polizei stünden. 

Bei Gefängnisbesuchen sei er auch auf «Gemischtwarenläden» ohne spezialisierten Vollzug gestossen. Achermann liefert die Erklärung dafür, dass psychisch schwer angeschlagene Personen nicht in einer psychiatrischen Klinik, sondern im Gefängnis sitzen: Träger der Kliniken seien heute Aktiengesellschaften, «und die wollen keine schwerkranken Kriminellen». Das sei der Grund, weshalb «gewisse Gefängnis­abteilungen heute so aussehen, wie man sich die früheren Irrenhäuser vorstellt».

Ueli Zoelly, 59, Chef der Kantonspolizei Zürich am Flughafen Kloten, greift auch zu «krass missbräuchlichen» Methoden, wenn es um das Ansehen der Polizei geht. Zu diesem Schluss kam das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Urteil VB.2019.00597 vom 13. Fe­bruar). Der Jurist hatte einem Polizisten nach 13 Jahren Tätigkeit fristlos gekündigt, weil ­dieser als Co-Drehbuchautor am Schweizer Satirefilm «Mad ­Heidi» beteiligt war. Im Trailer des Films sieht man neben ­blutigen Szenen auch Waterboarding mit heissem Fondue. Eine Toblerone dient als Waffe. 

Die Polizei argumentiert vor Gericht: Das Filmprojekt sei «aufgrund seines Inhalts und seiner exzessiven Gewaltdarstellung» geeignet, dem «Ansehen der Kantonspolizei zu schaden», und deshalb «nicht mit einer Anstellung bei der Kantons­polizei vereinbar». Der Polizist habe das in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig gestört. Der Angestellte hatte zwar zum Schutz der Reputation der Kantons­polizei angeboten, künftig unter Pseudonym zu schreiben – auch das schützte ihn aber nicht vor der Entlassung. Das Verwaltungsgericht schreibt im Urteil: «Die ausgesprochene Kündigung ist nicht einmal ansatz­weise nachvollziehbar.» Sie sei daher nichtig. Die Flughafenpolizei schreibt plädoyer, sie prüfe einen Weiterzug.