Marcel Alexander Niggli, 58, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie in Freiburg, wagte sich im Frühsommer in die Höhle des Löwen. Er hielt am zehnten internationalen Symposium für forensische ­Psychologie und Psychiatrie in Zürich das Eröffnungsreferat. Eingeladen hatten Jérôme Endrass, Astrid Rossegger und Frank Urbaniok, alle ­drei Mitarbeiter des Zürcher Amts für ­Justizvollzug und prägend für dessen Psychiatrisch-­Psychologischen Dienst (PPD). Dieser hat sich darauf spezialisiert, mit Computerprogrammen die ­Gefährlichkeit von Straftätern nach einer ­allfälligen Entlassung aus der Haft zu ­berechnen. 

Niggli demontierte in seinem Referat unter dem Titel «Prä­ventionsirrsinn in der ­Justiz» die Zuverlässigkeit von Statistiken und Prognosen. ­Zudem warf er dem Präventionsbusiness vor, zu messen und zu vergleichen, was sich weder vermessen noch ­vergleichen lässt. Jegliche ­Individualisierung und Einzig­artigkeit von Personen werde ausgeschaltet. Prävention befasse sich mit einer Zeit, die noch nicht stattgefunden hat – auf der Basis einer Gegenwart, die man höchstens bruchstückhaft kenne. «Eine potenzielle Gefahr bedeutet nichts anderes als die Möglichkeit der Möglichkeit ­eines Schadens», brachte ­es ­Niggli auf den Punkt. 

Linus Bruhin, 53, Rechts­anwalt in Freienbach SZ, hat die Hartnäckigkeit einiger Klienten unterschätzt. Im Jahr 1999 reichte er in ihrem Auftrag eine öffentlich-rechtliche Bauein­sprache gegen die Verlängerung einer Kiesabbaubewilligung in Nuolen SZ ein. Im Jahr 2008 zog er sie ohne vorherige Rücksprache und gegen den Willen der Klienten zurück. Dafür liess er sich von der Gegenpartei mit 12 000 Franken entschädigen, was er den Klienten vorerst nicht offenlegte. 

Die Klienten erhoben Straf­anzeige wegen ungetreuer ­Geschäftsbesorgung. Im August 2017 stellte die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln das Strafverfahren ein. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Klienten wies das Kantonsgericht Schwyz Ende Jahr ab. Das Bundesgericht hob den Entscheid jedoch im Juni auf. Einerseits fehle es an einer nachvollziehbaren Begründung. Deshalb sei unklar, «von welchen Überlegungen die Vorinstanz sich ­leiten liess». Zudem habe die Vorinstanz den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör verletzt. Und drittens habe die Staats­anwaltschaft «trotz hinreichendem Tatverdacht auf ungetreue ­Geschäftsführung» nicht begründet, weshalb sie vom Fehlen ­eines Vermögensschadens ausgeht und warum sie bei Bruhin eine Bereicherungsabsicht verneint (6B_109/2018).  

Michael Wicki, 55, Fürsprecher und Notar in Baden, gab dem Bundesgericht wieder einmal Gelegenheit, zur Bedeutung der Justizöffentlichkeit und der ­Rolle der Medien Stellung zu nehmen. Der Aargauer verteidigt einen Sohn von Bundesrat Ueli Maurer, der wegen eines Verkehrsunfalls, Vermögensdelikten sowie Gewalt und Drohung gegen Beamte angeklagt ist. Der Beschuldigte einigte sich mit dem Staatsanwalt auf ein abgekürztes Verfahren. Vor Bezirksgericht Hinwil ZH beantragte er, ­Zuschauer und Gerichtsberichterstatter von der Verhandlung und der Urteils­eröffnung auszuschliessen. Das Bezirks­gericht schloss das Publikum aus, nicht aber die akkreditierten Gerichtsreporter. Dagegen beschwerte sich der Beschuldigte vor Obergericht. Er verlangte: Die Verhandlung dürfe auch im Sitzungskalender des Gerichts nicht erwähnt werden. Den ­Medien sei lediglich eine Pressemeldung zuzustellen, die «keine konkreten Straftatbestände und kein Strafmass» nennt. Das Obergericht wies die Beschwerde ab, die I. öffentlich-rechtliche Abteilung in Lausanne ebenso: Der Grundsatz der Justizöffentlichkeit sei von zentraler rechtsstaatlicher und demokratischer Bedeutung. Die wirksame ­Justizkontrolle sei gerade dann wichtig, wenn der Sohn eines Bundesrats vor Gericht stehe (Urteil B_87/2018).