Thomas Manhart, 63, bis letztes Jahr Leiter des Amtes für ­Justizvollzug des Kantons Zürich, befürwortet einen besseren Rechtsschutz für Gefangene. In einem Gespräch mit dem «Tages-­Anzeiger» kritisierten der Zürcher Strafverteidiger Stephan Bernard und David Mühlemann von der Menschenrechts­organisation Humanrights.ch die fehlende öffentliche Kon­trolle im Strafvollzug. Die Gefahr eines Missbrauchs sei gross, Schikanen und Ungerechtig­keiten an der Tagesordnung. Die beiden fordern unentgeltliche Rechtsberatung, einen kosten­losen Rechtsbeistand und eine Ombudsstelle für Gefangene. Bernard: «Da betreiben wir zu Recht einen riesigen Aufwand, damit Gerichtsverfahren fair sind. Aber sobald das Urteil ­gefällt ist, ist der Rechtsschutz kaum mehr existent.» Andreas Naegeli, ­Direktor der Strafanstalt Regens­dorf, lehnte die Forderungen ab. Schikanen gebe es in der Strafanstalt nicht. Seine Mitarbeiter seien Profis.

Kritischer äusserte sich der ehemalige Strafvollzugsleiter Manhart. Er hält eine unabhängige Ombudsstelle für den Strafvollzug für eine gute Idee. ­Schikanen könnten durchaus vorkommen. «Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Gefangene machtlos fühlen. Umso mehr muss sichergestellt werden, dass die Ohnmächtigen korrekt behandelt werden.»

Helen Keller, 56, Schweizer Richterin am Europäischen ­Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg, macht gegen­wärtig Überstunden. Die Wahl der Nachfolgerin oder des Nachfolgers hat sich pandemiebedingt verzögert. Keller verlängerte deshalb ihre Tätigkeit um drei Monate. Nun ist aber definitiv Schluss. Keller: «Ich habe am 3. Dezember meinen letzten Arbeitstag am Gericht.» Hat die mehr als achtjährige Richtertätigkeit ihre Zuversicht für eine humanere Welt gestärkt? Keller: «Es gibt sie, die bessere Welt. Es lohnt sich, dafür einzustehen,  auch wenn es manchmal harzig läuft und anstrengend ist.» 

Harzig läuft auch die Nachfolgeregelung. Die Kandidaten für den Schweizer Sitz stehen zwar bereits seit Ende 2019 fest: Marianne Ryter (SP), Präsidentin des Bundesverwaltungs­gerichts, sowie die beiden Bundesrichter Andreas Zünd (SP) und Nicolas von Werdt (SVP). Die Kandidaten müssen sich laut Ingrid Ryser vom Bundesamt für Justiz bis Januar 2021 gedulden. Dann könnten die Anhörungen durch den Europarat und die Wahl virtuell durchgeführt werden. Für die Übergangsphase springen gemäss der Verfahrensverordnung des ­Gerichts drei Ad-hoc-Richter ein: Die deutsche Richterin ­Angelika Nussberger und die beiden Schweizer Carlo Ranzoni und Daniel Thürer. gd

Patrice Martin Zumsteg, 31, Rechtsanwalt und Dozent für Staats- und Verwaltungsrecht an der ZHAW Winterthur, ärgert sich auf der katholischen Internetseite Kath.ch über die teilweise «widersprüchlichen oder schlicht nicht nachvollziehbaren Beschränkungen des öffentlichen Lebens» im Rahmen der Coronapandemie. Ein Dorn im Auge ist ihm insbesondere, dass das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen auch für Gottesdienste und andere Versammlungen religiöser Art gilt. «Bars oder Restaurants müssen sich nicht an diese Obergrenze halten. Das ist ein eklatanter Wertungswiderspruch.» 

Es gebe kein Menschenrecht auf einen Restaurant­besuch. ­Anders beim Gottesdienst: «Hier können sich Institution und ­Besucher auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen», sagt der Staatsrechtler. Und wenn die Berner Regierung beim Gottesdienst die Zahl der Besucher auf maximal 15 Personen einschränke, im Restaurant hin­gegen bis zu 100 Menschen zulasse, sei das ein Zeichen «der Geringschätzung des Glaubens». Er selbst fühle sich keiner ­Religion verbunden, sagt Zumsteg. Die Frage müsse man aber stellen: «Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, in der es ganz offiziell heisst: Erst kommt das Fressen – und dann der Glaube?»