René Dieterle, 64, pensionierter Bankangestellter aus Wallisellen, will am aus Berufsrichtern zusammengesetzten Bezirksgericht Zürich das Laienrichtertum wieder einführen. Dazu schaltete er im «Tages-Anzeiger» mehrere ­Stellenanzeigen: «Der Verein ‹Züri – Zentrum für überparteiliche Richter› sucht für die Amtsperiode 2014–2020 lebenser­fahrene Persönlichkeiten (m/w) als Bezirksrichter mit Voll- oder Teilzeitpensum.» Seine Begründung: Laienrichter hätten sich bei den Landgerichten bewährt. Mit ­ihnen bekomme die Rechtsprechung «einen
weiteren ­Horizont».

Das Interesse an den gut dotierten Stellen ist gross: Über 340 Bewerber meldeten sich laut Dieterle auf die Anzeigen hin. Er hat für seine Laienliste damit die Qual der Wahl. Bei seiner Auswahl achtet er laut eigenen Angaben «auf eine gute Durchmischung nach Geschlecht, Alter und verschiedenen Berufsgattungen». Die Kandidaten müssten eine gewisse Lebenserfahrung haben und politisch unabhängig sein. Dieterle selbst kandidiert nicht. Die Chancen auf einen Erfolg seiner Liste schätzt er gegenüber plädoyer als «gering» ein. Aber unmöglich sei es nicht.

Anna Cartner, 33, Staatsanwältin in Zürich, versteht keinen Spass. Sie steckte einen Gymnasiasten wegen eines Facebook-Eintrags drei Wochen lang in Untersuchungshaft. Der junge Secondo hatte sich mit ein paar locker dahingeschriebenen ­Worten bei seinen Facebook-Freunden beschwert, dass sie ihm nicht zum Geburtstag gratuliert hatten: «... ihr werdet es bereue, dass ihr mir nöd in Arsch kroche sind, denn jetzt chan eu niemert mehr schütze ... Pow!!!! Pow!!!! Pow!!!»

Zur Verhaftung kam es, weil eine Mitschülerin einem Lehrer vom Facebook-Eintrag erzählt hatte, wie das «Magazin» berichtet. Der Lehrer alarmierte die Polizei und trat damit die Ermittlungen wegen «versuchter Schreckung der Bevölkerung im Sinne von Art. 258 StGB» los. Vier Tage nach der Verhaftung erfolgte auf Anordnung der Staatsanwaltschaft eine psychia­trische Begutachtung. Bis der Bericht endlich vorlag, blieb der junge Mann in der Zelle.

Neun Monate später stand der Gymnasiast vor dem Bezirksrichter. Der setzte die 290 Facebook-Freunde des 22-Jährigen mit der Bevölkerung gleich, sprach ihn der versuchten Schreckung schuldig und verurteilte ihn zu 1350 Franken Busse. Auch die Verfahrenskosten von 13 600 Franken soll er übernehmen. Er hat das Urteil angefochten.

Jean-Pierre Gallati, 47, Rechtsanwalt in Berikon AG und Grossrat (SVP), vergass seine juristische Grundausbildung zugunsten einer parlamentarischen Interpellation. Er forderte, dass freigelassene Sexualstraf­­täter auf eine schwarze Liste gesetzt werden, versehen mit Namen, Adresse, Foto, Straftat und ­Strafurteil. Veröffentlicht werden sollte die Liste künftig im ­Internet.

Der Aargauer Regierungsrat belehrte den an sich Rechts­kundigen eines Besseren: Der Vorstoss «entbehre jeglicher Gesetzesgrundlage». Statt ­solche besonders schützens­werten ­Personendaten zu publizieren und damit unkontrollierbare negative Auswirkungen bis hin zur Selbstjustiz zu provozieren, sollten die bestehenden Möglichkeiten wie die Anordnung von Bewährungsauflagen besser genutzt werden.

Der Regierungsrat schreibt in der Antwort auf Gallatis Vorstoss weiter: «Der Schutz der körper­lichen und sexuellen Integrität einer Person kann nicht hoch genug gewichtet werden. Die Tat ist jedoch durch das Verbüssen der Strafe gesühnt, die Schuld getilgt.» Im Gegensatz zu Gallati will der Regierungsrat nicht in Kauf nehmen, dass sich ein Täter nur schwer resozialisieren kann.