Es weht ein angenehmer Wind durch den Hyde Park. Er liegt im idyllischen Stadt­viertel im Süden der Stadt, wo sich der Campus der University of ­Chicago befindet. An den gotischen Mauerwerken rankt sich der Efeu, im sorgfältig begrünten «Dan Hall ­Garden» flanieren die Studenten, ­lesen Bücher und diskutieren mit ­ihren Kommilitonen. Kurzum: Die Atmosphäre ist inspirierend.

Nach der «Wine Mess», einer ­allwöchentlichen Networking­veranstaltung in der Haupthalle, ­lausche ich im Unterricht zusammen mit rund 15 weiteren Studenten ­gebannt den Ausführungen von Professor Eric A. Posner zu den neusten Entwicklungen im Kartellrecht der USA. In diesem Fach kommt die massgeblich von dieser Universität ­geprägte «Law and Economics»-­Methode – die sogenannte ökonomische Analyse des Rechts – voll zum Einsatz. Neben dem Kartellrecht liegt mein Hauptfokus auf dem Kapitalmarktrecht und der Regulierung von Netzwerkindustrien. In den Räumlichkeiten der University of Chicago lehrten und forschten namhafte ­Juristen wie Ronald Coase, Richard Posner und Barack Obama.

Der Unterrichtsstil unterscheidet sich von meinen bisherigen Erfahrungen in der Schweiz. Er ist nicht sehr dogmatisch, sondern eher problem­orientiert. Kritische Diskussionen sind an der Tagesordnung. Und es wird erwartet, dass die Studenten gut vorbereitet sind. Mit «Cold Calls» – also spontanem Aufrufen durch den Professor – wird dies getestet, um die nötige Disziplin aufrechtzuer­halten.

Zurück in Downtown Chicago ­geniesse ich am Abend die einzig­artige Architektur und Musikkultur. Ganz generell ist das Freizeitangebot überwältigend – von erstklassigen ­Restaurants aus allen Kulturkreisen über Clubs bis hin zu Jazz-Bars.

Aber lohnt sich das alles angesichts der mühsamen Bewerbungen und ­finanziellen Einbussen, die mit der LL.M.-Weiterbildung verbunden sind? Für mich ist klar: Die aka­demischen und interkulturellen ­Erfahrungen und die neuen Freundschaften rechtfertigen den Aufwand bei weitem.

Patrick Sattler, 32, arbeitet als Anwalt bei Lenz & Staehelin in den ­Bereichen Kartellrecht und Kapitalmarktrecht. Er schloss an der ­Universität St. Gallen mit einem Master in Law & Economics ab und absolviert seinen LL.M.-Lehrgang an der University of Chicago.