«Schon oft wurde ich für meine Gedanken angeklagt und eingesperrt. Heute wurde ich zum ersten Mal als  ‹Mitglied einer Terrororganisation› verurteilt», ­twitterte die bekannte türkische Menschenrechtsanwältin Eren Keskin am 15. Februar 2021. Gleichentags hatte sie ein Gericht in Istanbul zu sechs Jahren und drei Monaten Haft wegen «Mitgliedschaft in einer Terroror­ganisation» verurteilt. Der Grund ist der ­Prozess ­gegen die kurdische Zeitung «Özgür ­Gündem», die immer wieder staatlichen Repressionen ausgesetzt war und seit dem Putschversuch von 2016 verboten ist. Eren Keskin hatte zeitweise symbolisch den ­Posten der Chefredaktorin übernommen, um die Zeitung zu schützen.

Eren Keskin arbeitet seit 1984 als Rechtsanwältin. Die 61-Jährige ist Gründungsmitglied und Co-Vor­sitzende des Menschenrechtsvereins der Türkei (IHD). Als Strafverteidigerin befasste sie sich vor allem mit politischen Fällen. Sie setzt sich für Opfer sexueller Gewalt sowie für die Rechte verfolgter Angehöriger von Minderheiten ein. Ihr Einsatz für die Menschenrechte wurde international mit zahlreichen Preisen geehrt. Deswegen steht Keskin seit Jahren im Visier der türkischen Behörden. Sie eröffneten mehr als 140 Strafverfahren gegen sie. In einigen wurde sie zu hohen Geldstrafen und erstinstanzlich zu langen Haftstrafen verurteilt. Zusammen mit dem aktuellen Urteil belaufen sich die in erster Instanz gegen Eren Keskin verhängten Haftstrafen auf insgesamt fast 24 Jahre.

Das Urteil gegen Eren Keskin ist ein weiteres besorgniserregendes Zeichen der sich verschlechternden Menschenrechtslage in der Türkei. Amnesty International bleibt an der Seite von Eren Keskin und fordert ein Ende der Repressionen gegen sie und die vielen Menschen, die in der Türkei wegen ihres Einsatzes für die Rechte und Freiheiten anderer verfolgt werden.