Verfassungsrecht
Grundrechte
HIV-Test und Informed Consent - Rechtliche Stellungnahme zu jüngeren Entwicklungen. Thomas Gächter und Kerstin Noëlle Vokinger, jusletter vom 26. November 2012. Seit den im Jahr 1991 publizierten Gutachten von Guillod, Kunz und Zenger zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit Aids hat sich einiges verändert: Die Krankheit ist heute therapierbar und gesellschaftlich wurden zahlreiche Vorurteile abgebaut. Der Beitrag untersucht, ob die damaligen Einschätzungen, insbesondere bezüglich des Erfordernisses der Aufklärung und Einwilligung des Patienten vor einem HIV-Test (Informed Consent), nach wie vor zutreffen. Es wird zudem der Frage nachgegangen, ob in bestimmten Konstellationen auf den Informed Consent verzichtet werden kann.
Verwaltungsrecht
Ausländer- und Asylrecht
Empfehlungen von UNHCR zur Umsetzung der dringlichen Änderungen des Schweizer Asylgesetzes (AsylG) und des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG). UNHCR-Büro für die Schweiz und Liechtenstein, ASYL 2012/4, S. 3-11. Das Schweizer Büro des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen fordert die Schweiz mit diesen Empfehlungen auf, die bereits beschlossenen dringlichen Änderungen des Asylgesetzes völkerrechtskonform anzuwenden. Besonders interessant sind die Vorschläge für rasche, aber dennoch faire Asylverfahren.
Umwelt-, Bau- und Planungsrecht
Die Zweitwohnungsverordnung. Bernhard Waldmann, jusletter vom 10. Dezember 2012. Der Autor erläutert die wesentlichen Inhalte der am 22. August 2012 erlassenen Zweitwohnungsverordnung. Der Bundesrat hat damit den Geltungsbereich und Umfang des vorsorglichen Baubewilligungsverbots gemäss Verfassungsauftrag konkretisiert. Der Autor erachtet die Verordnung zum allergrössten Teil als verfassungskonform, obwohl sich kein einheitliches Konzept zur inhaltlichen Tragweite dieses Verbots erkennen lasse.
Ab welchem Zeitpunkt ist die Zweitwohnungsinitiative anwendbar? Fabian Mösching, jusletter vom 10. Dezember 2012. Gestützt auf die Auslegung der neuen Verfassungsnormen vertritt der Autor die Ansicht, dass die Zweitwohnungsinitiative erst nach einer ausreichenden Definition des Begriffs «Zweitwohnung» unmittelbar anwendbar ist. Erst wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, soll der Bewilligungsstopp aufgrund der Übergangsbestimmung gemäss Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV und den Grundsätzen des intertemporalen Rechts ab dem 1. Januar 2013 gelten.
Steuerrecht
Familienbesteuerung: Fällt die «Heiratsstrafe»? Fabian Baumer, ASA 81, S. 197 ff. Dreissig Jahre nachdem einem Mitglied der Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS) vor Bundesgericht bestätigt wurde, dass das Schweizer Steuersystem Verheiratete (mit Kindern) benachteiligt, unternimmt der Bund einen weiteren Anlauf, eine ungefähre Gleichbehandlung herzustellen. Der Autor stellt die neuste Variante vor, die er nicht zu Unrecht als akzeptabel und gangbar bezeichnet.
Steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen für natürliche Personen bei der Einkommenssteuer (DBG und StHG). Pietro Pezzoli, Steuerrevue 2012, S. 781.
Interessante Zusammenstellung zu dem in der Steuerpraxis selten behandelten Thema der Spenden.
Übriges Verwaltungsrecht
Mit dem Zweihänder wieder Freihänder. Martin Beyeler, Baurecht 2012, S. 146 f. Aus Anlass der Auftragsvergaben der Eidgenössischen Steuerverwaltung rekapituliert der Autor die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, unter welchen bei Beschaffungen freihändige Verfahren möglich sind.
Arzneimittel für seltene Krankheiten, orphan drugs. Franziska Sprecher, AJP 2012, S. 1746 ff. Entsprechende Arzneien lassen sich angesichts des limitierten Marktes kaum kostendeckend erforschen, entwickeln und vermarkten, weshalb in der EU nach dem Vorbild der USA ein Anreizsystem entwickelt wurde. Beim Vergleich zwischen dem schweizerischen Heilmittelrecht und der EU-Regulierung stellt die Autorin massive Defizite fest.
Sozialversicherungsrecht
Die sozialrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts zum FZA und zu Anhang K des
Efta-Übereinkommens. ilvia Bucher, SZS 56/2012, S. 209-237 und S. 328-345.
Ein ausführlicher Überblick über sämtliche Bundesgerichtsentscheide, in denen die sozialrechtlichen Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens mit der Europäischen Gemeinschaft und des Efta-Übereinkommens zur Anwendung gekommen sind.
AHV, IV, EL und ALV
Die Befragung Dritter über die Aktenlage hinaus. Erwin Murer, SZS 56/2012, S. 314-327. Infolge der zunehmenden Anwendbarkeit der sogenannten Förster-Kriterien müssen medizinische Gutachter zunehmend Informationen von Dritten, wie beispielsweise Familienangehörigen, Arbeitgebern etc., einholen können. Der Beitrag zeigt den rechtlichen Rahmen, in welchem sich die Informationsbeschaffung bei Drittpersonen bewegt.
Die Koordination von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit Taggeldern anderer Sozialversicherungszweige. Ueli Kieser, ARV 3/2012, S. 217-234.
Leistungsansprüche der Arbeitslosenversicherung fallen zeitlich häufig mit Taggeldansprüchen anderer Sozialversicherer (Krankentaggeld nach KVG oder VVG, Unfallversicherung) zusammen. Der Beitrag zeigt auf, wie das Zusammenspiel der verschiedenen Sozialversicherungen funktioniert.
«Somatoforme Störungen», wie weiter? Hans Georg Kopp und Renato Marelli, SZS 56/2012, S. 249-260. Zwei Mediziner geben einen Überblick über den aktuellen medizinischen Stand der somatoformen Störungen und zu den Aufgaben des medizinischen Gutachters, der die sogenannten Förster-Kriterien anzuwenden hat.
Wie viel Leid ist zumutbar? Über die höchstrichterliche Vermutung der Über-
windbarkeit von Schmerzerkrankungen. Liliana Scasascia Kleiser und Evalotta Samuelsson, jusletter vom 17. Dezember 2012. An einem konkreten Fallbeispiel zeigen die beiden Autorinnen die problematischen Konsequenzen der sogenannten Überwindbarkeitsrechtsprechung des Bundesgerichts auf. Sie prüfen in diesem Kontext, ob es zulässig ist, je nach Krankheitsbild unterschiedliche Beweisanforderungen zu stellen.
Strafrecht
Allgemeiner Teil
Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches - Würdigung der geplanten Änderungen des Sanktionensystems. Daniel Jositsch und Michelle Richner, jusletter vom 5. November 2012. Der Beitrag informiert über die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen im allgemeinen Teil des schweizerischen Strafgesetzbuches und würdigt sie kritisch und differenziert.
Zur geplanten Änderung des Sanktionenrechts im Schweizerischen Strafgesetzbuch, Botschaft vom 4. April 2012, BBl 2012 4721. Franz Rikli, jusletter vom 5. November 2012. Im Unterschied zu Jositsch / Richner kann der Autor den Revisionsvorschlägen wenig Positives abgewinnen. Diese brächten präventiv keine Verbesserung und würden rechtsstaatliche Probleme aufwerfen beziehungsweise verschärfen. Sein Fazit: Es gäbe sinnvollere Investitionen im Bereich der inneren Sicherheit.
Besonderer Teil
Strafrechtliche Beurteilung eines HIV-Tests ohne Informed Consent. Brigitte Tag, jusletter vom 26. November 2012. Eine HIV-Diagnose ist für die betroffenen Personen einschneidend und mit persönlichen sowie gesellschaftlichen Konsequenzen verbunden. Der Beitrag zeigt auf, dass der Patient vorgängig informiert werden muss, wenn eine Blutentnahme zur Abklärung einer HIV-Infektion vorgenommen wird. Daraus folgt: Die Durchführung eines Tests ohne eine genügende vorgängige Aufklärung ist strafrechtlich problematisch.
Übriges Strafrecht
Die Verurteilung Unschuldiger. Eine amerikanische Untersuchung von 250 Fehlurteilen. Peter Bosshard, echt 2012, S. 194 ff. Der Autor rezensiert eine Untersuchung von Brandon L. Garett (Convicting the Innocent, Where Criminal Prosecutions Go Wrong) über amerikanische Fehlurteile. Auch wenn vieles US-spezifisch ist, gibt es durchaus Parallelen zur Schweiz. Es zeigt sich, dass die Staatsanwaltschaft am besten geeignet wäre, die Fehlurteile zu verhindern.
Privatrecht
Einleitungsartikel und Personenrecht
Das neue Namensrecht und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Thomas Geiser, ZKE 2012, S. 353 ff. Der Beitrag verschafft einen Überblick über die seit dem 1. Januar 2013 geltende Neuregelung und würdigt diese kritisch. Ferner zeigt er auf, warum und in welcher Art und Weise auch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden davon betroffen sind.
Familienrecht
Schwerpunktthema: Das neue Erwachsenenschutzrecht. Diverse Autoren, AJP 2012, S. 1671 ff. Pünktlich zum Inkrafttreten des neuen Rechts enthält die Schwerpunktausgabe der «Aktuellen Juristischen Praxis» Beiträge zu verschiedenen Aspekten des Erwachsenenschutzrechts. So zum Beispiel das Vertretungsrecht und die Handlungsfähigkeit, die Behördenzusammenarbeit, die Auswirkungen auf das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen.
Zusammenarbeit zwischen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und Berufsbeistandschaft. Marianne Basler Scherer, ZKE 2012, S. 404 ff. Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde - Hoffnungsträgerin oder Hemmschuh? Daniel Rosch, Manuelo Garibaldi und Stephan Peisch, ZKE 2012, S. 416 ff. Beide Beiträge beleuchten aus der Sicht der Berufsbeistände den Rahmen und mögliche Problemfelder in der Zusammenarbeit mit den KESB.
Schweizerische Statistik der Massnahmen im Kindes- und Erwachsenenschutz. Kokes, ZKE 2012, S. 447 ff. Die Statistik für das Jahr 2011 zeigt erneut interessante kantonale Unterschiede, sowohl bei der durchschnittlichen Fallzahl als auch bei den angeordneten Massnahmen. Der Statistik ist ein Jahresvergleich über die ganze Schweiz für die Zeit von 2002 bis 2011 angefügt.
Übersicht zur Rechtsprechung im Kindes- und Vormundschaftsrecht, Juli bis Oktober 2012. Philippe Meier und Thomas Häberli, ZKE 2012, S. 486 ff. Der gewohnte Service mit einschlägigen Urteilen des Bundesgerichts und des EGMR.
Das Verfahren vor der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Michelle Cottier und Daniel Steck, FamPra 4/2012, S. 981 ff. Der übersichtliche, gut lesbare Beitrag skizziert die wesentlichen Änderungen gegenüber dem bisherigen Recht. Er thematisiert im Zusammenspiel von Bundesrecht und kantonalem Recht die Konsequenzen der neuen Bestimmungen mit einem kurzen Überblick über die bundesrechtlichen Verfahrensbestimmungen. Abschliessend wird der Fokus auf die Besonderheit des Kindesschutzverfahrens gerichtet und auf die Verfahren bei der fürsorgerischen Unterbringung von Erwachsenen wie Minderjährigen hingewiesen.
Familiengerichte im Kanton Aargau als Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Christoph Häfeli,
FamPra 4/2012, S. 1001 ff. Der Kanton Aargau hat als einziger Kanton Familiengerichte errichtet, die für alle familienrechtlichen Angelegenheiten einschliesslich des Kindes- und Erwachsenenschutzes zuständig sind. Die Innovation ist bemerkenswert, nicht nur aufgrund der einheitlichen Zuständigkeit für den Kindesschutz, sondern weil auch in anderen familienrechtlichen Verfahren ein interdisziplinär zusammengesetzter Spruchkörper zum Einsatz kommen kann. Die Gemeinden sind für Abklärungen und Mandatsführung im Auftrag des Familiengerichts zuständig. Im EG ZGB des Kantons wurden Qualitätsstandards und Regeln für die behördliche Zusammenarbeit formuliert.
Die familienbezogene Rechtsprechung im Migrationsrecht (FZA/AuG/EMRK) ab August 2011 bis Ende Juli 2012. Marc Spescha,FamPra 4/2012, S. 1052 ff. Eine lesenswerte Übersicht über wichtige Entscheide des Bundesgerichts: Unter anderem bejahte das Bundesgericht das Recht von Sans-Papiers auf Eheschliessung in der Schweiz. Wichtige Urteile ergingen zudem zur Frage des nachehelichen Härtefalls, der auch durch eine «rein» psychische Gewaltsituation bedingt sein kann.
Erbrecht
Sterben und Erben in der digitalen Welt. Melanie Studer, Matthias Schweizer und Elke Brucker-Kley, jusletter vom 17. Dezember 2012. Die sozialen Netzwerke in der digitalen Welt gewinnen stetig an Bedeutung. Der Beitrag geht der Frage nach, was mit der virtuellen Identität einer Person nach ihrem Tod geschieht. Die Autoren analysieren, wie auf Internetplattformen gespeicherte Daten im Falle des Todes behandelt werden, und suchen nach rechtlichen Einflussmöglichkeiten der User zu Lebzeiten sowie der Hinterbliebenen.
Sachenrecht
Neuerungen im Immobiliarsachenrecht. Christina Schmid-Tschirren, AJP 2012, S. 1503 ff. Obwohl angesichts des Inkrafttretens am 1. Januar 2012 nicht mehr von Neuerungen gesprochen werden kann, ist der Beitrag empfehlenswert, weil er in konziser Weise über die Teilrevision des Immobiliarsachen- und Grundbuchrechts orientiert.
Obligationenrecht, Haftpflichtrecht
Der Nutzungsausfall als Schadensposition. Barbara Klett, HAVE 2012, S. 377 ff. Die Autorin legt dar, mit welcher Begründung der durch die Reparatur einer Sache entstehende Nutzungsausfall als ersatzberechtigter Vermögensschaden qualifiziert werden kann.
Versicherungsmedizin im Haftpflichtrecht? Rainer Deecke, HAVE 2012, S. 393 ff. Der Beitrag legt dar, weshalb die sogenannte Überwindbarkeitsrechtsprechung des Bundesgerichts im Bereich des Sozialversicherungsrechts nicht oder nur eingeschränkt auf das Haftpflichtrecht übertragbar ist. Nach Ansicht des Autors ist im Haftpflichtrecht jeweils eine gesamtheitliche Beurteilung der konkreten Arbeitsfähigkeit aufgrund eines bio-psycho-sozialen Krankheitsmodells vorzunehmen.
Staatshaftung. Diverse Autoren, HAVE 2012, S. 456 ff. Die Beiträge vermitteln einen Überblick über das Staatshaftungsrecht der Kantone. Sie befassen sich unter anderem mit der Haftung des Gemeinwesens für Strassen und Bäume, für ärztliche Tätigkeit in öffentlichen Spitälern, und sie beleuchten das Institut des Vergleichs.
Kauf- und Mietrecht
Die revidierten Verjährungsbestimmungen im Sachgewährleistungsrecht, Art. 210 und 371 OR. Angelo Schwizer und Marc Wolfer, AJP 2012, S. 1759 ff. Die Autoren erachten die am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Gesetzesrevision im Ansatz und in der konkreten Durchführung als missglückt.
Arbeitsvertragsrecht
Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. Jürg Brühwiler, ARV 2/2012, S. 138-141. Eine kritische Betrachtung der gängigen Praxis, bei der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen in der Baubranche auch die Abnehmer- und Zulieferbetriebe der Baufirmen einzubeziehen.
Rechtliche Stolpersteine bei «BYOD». Arbeits- und datenschutzrechtliche Gedanken zum aktuellen Trend «Bring Your Own Device». Mark A. Reutter, Samuel Klaus, digma 4/2012, S. 160 ff. Arbeitgeber müssen sich mit verschiedenen Fragen auseinandersetzen, wenn ihre Angestellten Dienste auf privaten IT-Geräten wie Laptops, Tablets oder Smartphones erbringen. Die beiden Autoren weisen darauf hin, wie wichtig es ist, ausdrückliche und klare Regeln zu schaffen, sei es im Rahmen von Weisungen, Reglementen oder in Verträgen. Fehlen entsprechende Bestimmungen, handelt es sich bei den BYOD um Arbeitsmittel, welche die Angestellten zur Verfügung stellen, und sie sind dafür entsprechend Art. 327 Abs. 2 OR zu entschädigen. Es gilt aber auch Fürsorgepflichten zu beachten, wenn sich Arbeits- und Freizeit durchmischen. Oder es ist - nebst weiteren Punkten - für eine Trennung von privaten und geschäftlichen Daten zu sorgen.
Die Durchsetzung von Konkurrenzverboten im Arbeitsrecht. Roland Müller und David Zünd,
AJP 2012, S. 1781 ff.
Der Beitrag zeigt die Probleme bei der Durchsetzung von Konkurrenzverboten auf und illustriert mögliche Lösungsansätze.
Handels- und Wirtschaftsrecht
Gesellschaftsrecht
Sachübernahmen als verdeckte Sacheinlagen. Markus D. Vischer, SZW 2012, Nr. 4, S. 287 ff. Der Autor versucht, mögliche Auswege aus den Unsicherheiten des relativ strengen schweizerischen Rechts bezüglich Sacheinlage- und Sachübernahmevorschriften bei Gründung und Kapitalerhöhungen aufzuzeigen. Lesenswert für Gesellschaftsrechtler.
Aktienrechtliche Umsetzung der «Abzocker»-Initiative: Spielraum und Rechtstechniken.
Daniel M. Häusermann, SJZ 2012, S. 537 ff. Der Autor zeigt in seinem Beitrag, dass die Auslegung des Textes der Initiative gegen die Abzockerei dem Gesetzgeber bei der Umsetzung beträchtlichen Gestaltungsspielraum belässt. Entgegen verbreiteter Ansicht sei die Umsetzung nicht vorwiegend mit zwingenden aktienrechtlichen Normen zu vollziehen. Der Zweck und die einzelnen Forderungen der Initiative seien besser auf dem Weg dispositiver Regeln mit gradueller Abänderbarkeit umzusetzen.
Immaterialgüterrecht
Die Tarife des Schweizer Urheberrechts. Versuch eines Überblicks sowie einer Strukturierung. Salim Rizvi, sic! 12/2012, S. 769 ff. Die Urheberrechtsgesellschaften sind verpflichtet, für gewisse Nutzungsformen von urheberrechtlich geschützten Werken Tarife aufzustellen und die entsprechenden Vergütungen einzuziehen. Etwa für den schulischen Gebrauch, das private Aufnehmen von Musik auf Tonträgern oder das Public Viewing, um nur ein paar wenige zu nennen. Der Autor vermittelt mehr als nur eine tabellarische Übersicht. Er thematisiert auch Unsicherheiten, die in der praktischen Anwendung immer wieder auftauchen, wie beispielsweise Fragen der Angemessenheit dieser Tarife oder wie diese rechtlich zu qualifizieren sind.
Bank- und Börsenrecht
Das Schweizerische Bankprivatrecht 2011-2012 / Le droit bancaire privé suisse 2011-2012. Susan Emmenegger und Luc Thévenoz unter Mitarbeit von Fabianne de Vos Burchart und Miriam Dobbins, SZW 2012, Nr. 4, S. 321 ff. Die Autoren geben - auf Deutsch und Französisch - einen Überblick über das Schweizerische Bankprivatrecht der vergangenen zwei Jahre. Die Zusammenfassung erfolgt im Stil einer Chronik und gibt Entscheide des Bundesgerichts, kantonale Entscheide und Veröffentlichungen der Finma wieder. Die Zusammenfassungen sind thematisch gegliedert. Teilweise finden sich sehr interessante Entscheidungen. Empfehlenswert für alle Praktiker des Bankrechts.
Verfahrens- und Vollstreckungsrecht
Strafprozessrecht
Die Stellung und Rechte des erwachsenen Opfers im Strafprozess. Gabriela Leubin Müller, AJP 2012, S. 1585 ff. Informativer Überblick über die sehr umfassende Regelung der Stellung der Opfer sowie ihrer Rechte und Pflichten in der Strafprozessordnung.
Zur Einschränkung des Teilnahmerechts des Beschuldigten an der Einvernahme Mitbeschuldigter. Felix Bommer, Recht 2012, S. 143 ff. Konstruktiver Beitrag zur Frage, ob ein Beschuldigter an der Einvernahme des Mitbeschuldigten teilnehmen darf. Der Autor klärt das Spannungsverhältnis von Art. 146 Abs. 1 StPO (die einzuvernehmenden Personen sind getrennt zu befragen) und Art. 147 StPO (Teilnahmerechte bei Beweiserhebungen). Er kommt zum Schluss, dass eine Beschränkung des Teilnahmerechts ausnahmsweise zulässig sein muss, und erörtert die Voraussetzungen.
Zivilprozessrecht
Substanziieren - wozu? Mark Schweizer, SJZ 2012, S. 557 ff. Der Autor vertritt die These, dass sich nur anhand teleologischer Überlegungen begründen lasse, weshalb ein Sachvortrag den Anforderungen an die Substanziierung nicht genüge. Die verschiedenen Zwecke, die in Lehre und Rechtsprechung genannt werden, setzen unterschiedliche Anforderungen an das Mass der Detailgenauigkeit des Sachvortrags voraus. Der Autor zeigt auf, inwiefern die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung zum kantonalen Verfahrensrecht zu anderen Ergebnissen gelangt als die deutsche Rechtsprechung.
Zivilprozessuale Aspekte der Streitgenossenschaft. Andreas D. Blattmann und Enrico N. Moretti, SJZ 2012, S. 589 ff. Die Autoren analysieren die Regelungen zur Prozessführung durch mehrere Parteien oder gegen mehrere Parteien unter dem Regime der schweizerischen Zivilprozessordnung. Sie prüfen die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Prozessführung von und gegen Streitgenossenschaften. Ferner äussern sich die Autoren zur Aufteilung von Gerichtskosten, Parteientschädigung sowie Kostenvorschuss und Sicherheitsleistung auf obsiegende oder eben unterliegende einfache oder notwendige Streitgenossen.
Beweisrecht - die Last mit dem Beweis(en). Max B. Berger und Roman Nogler, Recht 2012, S. 168 ff. Vor allem das notwendige Beweismass erweist sich in der Praxis oftmals als Problem. Wie schafft man es, dass ein Gericht «keine vernünftigen Zweifel mehr» an der eigenen Sachverhaltsdarstellung hat, wann genügt eine «überwiegende Wahrscheinlichkeit», was heisst eigentlich überwiegend (51 Prozent? 75 Prozent? oder 95 Prozent?) und wie «berechnen» sich überhaupt solche Zahlen?
Europarecht
Integrationspolitische Alternativen der Schweiz. Waldemar Hummer, EUZ 2012, 128 ff. Der Autor präsentiert eine Übersicht über denkbare Varianten, welche der Schweiz zur Bereinigung ihres Verhältnisses mit der Europäischen Union (EU) theoretisch zur Verfügung stehen. Hilfreich für den Praktiker ist dabei eine Zusammenstellung von EU-Agenturen wie Frontex, Europol und Eurojust, an denen sich die Schweiz bereits heute beteiligt oder an denen sie sich in Zukunft beteiligen möchte.
«Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.» Eine aktuelle Bestandesaufnahme zu Art. 45 AEUV. Mike Wienbracke, EuR 2012, S. 483 ff. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer stellt nicht nur die Schweiz, sondern auch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union vor rechtliche Herausforderungen. Vor dem Hintergrund der migrationspolitischen Debatten in der Schweiz erscheinen die Ausführungen zum Recht von Unionsangehörigen auf Arbeitssuche von besonderem Interesse. Ebenso erhellend sind die Ausführungen zum Recht auf Nachzug der Familie. Die Hinweise auf die einschlägigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitssuche (C-292/89, Antonissen, und C-413/99, Baumbast) und zum Familiennachzug (C-370/90, Singh) verweisen auf die von Waldemar Hummer in der EUZ 2012, 128 ff., besprochenen institutionellen Probleme im Verhältnis zwischen der Schweiz und der Europäischen Union.
Europa und die Schweiz: Status Quo und Potenziale einer Partnerschaft. Daniel Thürer, SJZ 2012, S. 477 ff. Der Autor zeigt Möglichkeiten einer Weiterentwicklung des Status quo in den Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union auf. Er präsentiert mehrere Modelle, mit denen die institutionellen Strukturen und Verfahren für die Umsetzung und die Überwachung der bilateralen Abkommen entsprechend der Forderung der EU-Kommission erreicht werden können. Rechtlich gangbare Wege sieht er namentlich in der Schaffung eines unabhängigen, vom eidgenössischen Parlament zu wählenden Umsetzungsorgans oder in einer Delegation von Überwachungs- und Rechtsprechungskompetenzen an die mit der Umsetzung des EWR-Abkommens befassten Efta-Organe.
Völkerrecht
Auf einem Auge blind? Zehn Jahre Internationaler Strafgerichtshof. Monika Hauser, Streit 3/2012, S. 99 ff. Die Autorin kritisiert, dass der internationale Strafgerichtshof und die beiden Ad-hoc-Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda Verfolgung sexualisierter Gewalt nicht ernst nehmen. Vergewaltigungsfälle seien vom Jugoslawien-Tribunal unter «Verfolgung» subsumiert worden, statt eigenständig angeklagt zu werden. Weil beim Internationalen Strafgerichtshof «gender» nun aber als eigener Verfolgungsgrund ermöglicht wurde, bestehe Hoffnung auf eine Änderung der Praxis unter der neuen Chefanklägerin. Bilanz über zehn Jahre internationaler Strafgerichtshof mit einem anderen Fokus.
Die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - eine Annäherung an Abgabe- und Verweisungspraxis. Christiane Schmaltz, EuGRZ 2012, S. 606 ff. Die Autorin untersucht die Verfahren innerhalb des EGMR zur Abgabe (Art. 30 EMRK) und zur Verweisung (Art. 43 EMRK) einer Rechtssache an die Grosse Kammer. Sie stellt dabei einen Mangel an Transparenz und Vorhersehbarkeit fest. Letztlich hänge eine Abgabe oder Verweisung an die Grosse Kammer davon ab, ob der EGMR mit einem Entscheid der Grossen Kammer die politischen Wogen zu glätten hoffe - so geschehen im sogenannten Kruzifixurteil (Lautsi / Italien, Nr. 30814/06) - oder aber im Gegenteil befürchte, ein Entscheid der Grossen Kammer würde die Konfrontation weiter anheizen.