Eigentlich sollten sich die IV-Stellen mit den Versicherten längst auf die Experten einigen. Das verlangte das Bundesgericht für medizinische Gutachten in einer oder zwei Fachdisziplinen vor neun Jahren (BGE 137 V 210). In der Praxis bestimmten die IV-Stellen den Gutachter dennoch meist ­allein. 

Doch nun lassen immer mehr Kantone die Versicherten mitentscheiden. Die SVA Zürich etwa publiziert auf ihrer Webseite seit längerer Zeit eine Liste mit Gutachtern. Laut dem Zürcher Anwalt Pierre Heusser macht die IV-Stelle einen Vorschlag. Wer nicht einverstanden sei, könne einen anderen Experten aus der Liste wählen, den die IV akzeptiere. Anwalt Holger Hügel aus Zürich begrüsst das Zürcher ­Modell, kritisiert aber: «Die Auswahl an Experten auf der Liste ist ­dürftig.» Je nach Kombination an Fachdisziplinen gebe es keine echte Wahl. 

Auch in den Kantonen Aargau, Bern und St. Gallen heisst es auf Anfrage, Versicherte könnten aus einer Liste einen Experten wählen, der dann mit dem Gutachten beauftragt werde. Bern veröffentlicht die Liste auf der Webseite. Im Aargau und in St. Gallen erhält man laut den kantonalen IV-Stellen die Auswahl aber nur im Einzelfall.

Rechtsanwalt Rainer Deecke aus Zug kritisiert die höchst un­gleiche Praxis in den einzelnen Kan­tonen als «unbefriedigend». In Zürich sei es einfach, sich auf einen Gutachter zu einigen. In den Kantonen Luzern, Schwyz oder Zug beisse man hingegen auf Granit.