Bundesgericht
Keine Waffen für Verkehrssünder
Strassenverkehrsdelikte können die Beschlagnahmung von Waffen bei der betroffenen Person rechtfertigen (Hinderungsgrund gemäss Art. 8 Abs. 2 lit. d zweite Variante Waffengesetz, WG). Der Beschwerdeführer hatte zwei Strafregistereinträge unter anderem wegen FiaZ. Mit Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der vom WG erfassten Gegenstände erscheint es laut Bundesgericht sachgerecht, dass sich Personen, die Waffen besitzen wollen, als besonders zuverlässig erweisen. Die Zuverlässigkeit kann ihnen abgesprochen werden, wenn sie wiederholt Vergehen oder Verbrechen begangen haben. Dass es sich dabei um Strassenverkehrsgesetz-Vergehen handelt, spielt keine Rolle.
(2C_125/2009 vom 4. August 2009)
Rechtsverweigerung beim Entzug des Wirtepatents
Die Zürcher Volkswirtschafts-direktion hat beim Entzug von Gastwirtschaftspatenten Rechtsverweigerung begangen. Laut Zürcher Praxis darf pro Betrieb nur ein Patent ausgestellt werden. Wird ein Patent entzogen, kann während des laufenden Rechtsmittelverfahrens kein neues ausgestellt werden. Eine Wirtin hatte deshalb auf Aufforderung der Behörden bis zum rechtskräftigen Entscheid über den Entzug auf ihr Patent verzichtet, damit ihr früherer Betrieb von jemand anderem weitergeführt werden kann. Ihr Verzicht hatte zur Folge, dassdie Volkswirtschaftsdirektion den von ihr erhobenen Rekurs gegen den Patententzug als gegenstandslos abschrieb.
Laut Bundesgericht ist es unzumutbar, wenn jemand entweder auf die Weiterführung des Betriebs während dem Rechtsmittelverfahren oder dann auf eine gerichtliche Beurteilung des Patententzugs verzichten muss. Dies läuft auf eine formelle Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) hinaus.
(2C_780/2008 vom 15. Juni 2008)
Download von Kinderpornografie bleibt «Herstellung»
Das Bundesgericht bleibt bei seiner 2004 begründeten Praxis, wonach das Herunterladen und Speichern von harter Pornografie aus dem Internet als «Herstellung» entsprechender Darstellungen (Art. 197 Abs. 3 StGB, maximal drei Jahre Freiheitsstrafe) zu qualifizieren ist und nicht bloss als Besitz (Art. 197 Abs. 3 bis StGB, maximal ein Jahr Freiheitsstrafe).
Nach Ansicht der Mehrheit der Richter der strafrechtlichen Abteilung besteht kein Anlass, auf die vor fünf Jahren begründete und in der Lehre zum Teil heftig kritisierte Praxis zurückzukommen. Die Minderheit von zwei der fünf Richter hatte den Download entsprechend dem Wortlaut des Besitztatbestandes als Beschaffung «über elektronische Mittel» qualifizieren wollen. Gemäss dem Sitzungsentscheid muss es indessen dabei bleiben, dass mit dem Download und dem Speichern harter Pornografie eine Kopie des ursprünglichen Materials hergestellt wird.
(Öffentliche Beratung vom 16. September 2009 im Verfahren 6B_289/2009; schriftliche Begründung ausstehend)
Keine Entschädigung für Angst vor Erkrankung
Die Angst vor dem Ausbruch einer asbestbedingten schweren Erkrankung reicht nicht aus, um eine Integritätsentschädigung der Suva beanspruchen zu können. Der Betroffene hatte zwischen 1961 und 1997 bei der Eternit AG gearbeitet. Erstmals 1979 wurde ein Schatten auf der Lunge entdeckt, der von der Suva grundsätzlich als berufsbedingte Veränderung der Pleura (Lungenfell) anerkannt wurde, ohne dass eine eigentliche Krankheit ausgebrochen wäre. 2006 lehnte die Suva die Ausrichtung einer Integritätsentschädigung ab. Laut Bundesgericht vermögen die verständlichen Ängste und das nachvollziehbare Unbehagen, die mit der Diagnose einer asbestbedingten Pleuraveränderung einhergehen, nicht die Intensität zu erreichen, die zur Zusprechung einer Integritätsentschädigung wegen Schädigung der psychischen Integrität vorausgesetzt wird.
(8C_92/2009 vom 4. August 2009)
Betrug mit vermeintlichem Ecstasy
Ein Mann aus Schaffhausen hat sich mit dem Verkauf von gefälschten Drogen des Betruges schuldig gemacht. Er hatte einer Dealergruppe ein im Internet gekauftes Aufbaupräparat als angebliches Ecstasy und Amphetamin angedreht. Laut Bundesgericht hat er die Abnehmer mit seinem Schweigen über die tatsächliche Beschaffenheit der Ware im Sinne des Betrugs tatbestandes getäuscht.
(6B_316/2009 vom 21. Juli 2009)
Kein Freipass bei Verfolgung von Verkehrssünder
Die Verfolgung eines Verkehrssünders auf der Autobahn rechtfertigt es nicht, dass die Polizei ihrerseits die Verkehrsregeln missachtet. Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines Aargauer Polizisten wegen grober Verkehrsregelverletzung bestätigt, der in seinem zivilen Polizeifahrzeug im dichten Morgenverkehr auf der A1 zu wenig Distanz auf die vorausfahrenden Wagen eingehalten hatte, um einenAutolenker zu verfolgen und zu stellen, der rechts überholt hatte.
Laut Bundesgericht kann sich der Beamte nicht darauf berufen, sich auf einer dringlichen Dienstfahrt befunden zu haben. Weder sei der verfolgte Fahrer geflüchtet, noch sei es darum gegangen, ein Menschenleben zu retten oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden.
(6B_288/2009 vom 13. August 2009)
Bundesverwaltungsgericht
Biometrische Daten für Hallenbadbesuch
Betreiber von privaten Freizeitanlagen dürfen biometrische Daten von ihren Nutzern nicht zentral speichern. Das Bundesverwaltungsgericht stützt die Ansicht des Eidgenössischen Datenschützers, wonach die Speicherung der Fingerabdrücke auf einer Smartcard, die im Besitz des Nutzers bleibt, weniger stark in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen eingreift. Die zentrale Speicherung ist daher unverhältnismässig, persönlichkeitsverletzend und nicht datenschutzkonform.
Der Fall betrifft ein Hallenbad in Schaffhausen, dass zur Eindämmung von Missbräuchen mit Dauerkarten von den Abo-Inhabern digital komprimierte Daten der Fingerabdrücke erhebt, die in einer Datenbank zentral gespeichert werden. Beim Eintritt ins Bad muss der Gast seine Karte ins Lesegerät schieben und seinen Finger auf einen Scanner legen, worauf ein Datenabgleich erfolgt.
(A-3908/2008 vom 4. August 2009)
Nur Kurzbegründung der Sicherheitsprüfung
Bundesstellen müssen sich damit zufrieden geben, dass sie über das Resultat der Sicherheitsprüfung eines Angestellten nur in groben Zügen informiert werden. Eine ausführliche Begründung mit Details aus dem Privatleben der Betroffenen ist laut Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das angestrebte Ziel der inneren Sicherheit unverhältnismässig. Allerdings benötigt die ersuchende Stelle Angaben zur Art des allenfalls festgestellten Sicherheitsrisikos. Das kann mit einer Kurzbegründung erfolgen, also etwa der Angabe, dass die geprüfte Person erpressbar sein könnte. Falls der betroffene Angestellte auch mit einer Kurzbegründung nicht einverstanden ist, kann er seine Zustimmung zur Überprüfung widerrufen, dies allerdings mit der Konsequenz, dass der Arbeitgeber diesem Rückzieher in Bezug auf das Sicherheitsrisiko entsprechend Rechnung trägt.
(A-3627/2009 vom 21. August 2009)
Kein CH-Pass aus diplomatischen Gründen
Das Bundesamt für Migration (BFM) hat der algerischen Frau eines früheren FIS-Kadermannes die Zustimmung zur Einbürgerung (Art. 12 Abs. 2 BüG) zu Recht verwehrt. Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Ansicht des BFM, dass die Verleihung des Schweizer Bürgerrechts an die Betroffene wegen dem Hintergrund ihres Gatten die Beziehung der Schweiz zu Algerien beeinträchtigen könnten (Art. 14 Abs. d BüG, Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz). Der Bundesrat hatte dem Mann 2002 unter Androhung der Ausweisung jegliche Propaganda und Unterstützung für terroristische Aktivitätenuntersagt, nachdem er zum interimistischen Leiter des Exekutivkomitees der FIS im Auslandernannt worden war. Laut Gericht und BFM könnte auch eine allfällige Ausweisung des Mannes erschwert werden, wenn die restliche Familie das Schweizer Bürgerrecht erhalten würde.
(C-1124/2006 vom 21. August 2009)
(PJ)