Bundesgericht
Aufsichtsanzeige von Bundesverwaltungsrichter
Das Bundesgericht hat die Aufsichtsanzeige von Bundesverwaltungsrichter Fulvio Haefeli abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist. Der Richter hatte mangelnde Arbeitsleistungen von Richterkollegen in den beiden Asylabteilungen moniert. Zudem sei der Präsidentin seiner Abteilung (IV) zu verbieten, ihm mehr Dossiers als anderen zuzuweisen, indem sie am entsprechenden Computerprogramm seinen Arbeitsgrad mit mehr als 100 Prozent eingebe. Er forderte von den Leitungen der Asylabteilungen zudem ein Konzept, wie alte Verfahren bis Ende Jahr abgebaut werden könnten.
Was die Frage der Fallzuteilung betrifft, ist die Anzeige gegenstandslos geworden, da die Beantwortung der Zulässigkeit des geplanten Vorgehens der Verwaltungskommission des Bundesverwaltungsgericht zum Entscheid vorgelegt worden ist, deren Entscheid sich die Betroffenen unterworfen haben. In Bezug auf die Effizienz der beiden Asylabteilungen ist diese Frage Gegenstand der ständigen Kommunikation der beiden Gerichte. Es besteht kein Grund, diese Frage im Rahmen eines formellen Aufsichtsverfahrens zu beurteilen.
(12T_4/2008 vom 16. Februar 2009)
Ausweiskontrolle vor Gerichtsverhandlung
Vor Gerichtsverhandlungen dürfen bei drohenden Störungen (hier durch VgT-Anhänger) die Ausweise von Besuchern kontrolliert und ihre Namen aufgenommen werden. Da daraus Rückschlüsse auf die Anschauungen der Zuschauer oder ihre Zugehörigkeit zu bestimmten Vereinigungen gezogen werden können, ist die Aufbewahrung solcher Listen laut der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts allerdings aus Sicht des Daten- und Persönlichkeitsschutzes problematisch und könnte auch den Öffentlichkeitsgrundsatz verletzten. Im konkreten Fall (Beschwerde des VgT-Präsidenten Erwin Kessler abgewiesen) hat der Gerichtspräsident aber glaubhaft dargelegt, dass die Liste nach der Verhandlung vernichtet worden ist.
(1C_332/2008 vom 15. Dezember 2008)
Therapierbarkeit und «chemische Kastration»
Das Berner Obergericht muss gestützt auf ein neu zu erstellendes Gutachten nochmals darüber entscheiden, ob aufgrund der «chemischen Kastration» eines mehrfachen Sexualstraftäters nicht doch eine Therapiemöglichkeit besteht und auf seine Verwahrung verzichtet werden kann. Es hatte sich auf die Angaben eines Gutachters gestützt, der mit der fraglichen Behandlung keine Erfahrung hat und zum Schluss gekommen war, dass die «chemischen Kastration» nur eine vage Hoffnung darstelle und an der Rückfallgefahr nichts ändere. Das Bundesgericht verweist dagegen auf den Therapiebericht des behandelnden Arztes, wonach die bisherigen Erfolge ermutigend sind, der Mann im erreichten Zustand keine Sexualdelikte mehr begehen kann und eine Psychotherapie effektiver ist.
(6B_645/2008 vom 3. Februar 2009)
Bundesverwaltungsgericht
Neuentscheid zu Nazi-Entschädigung
Die Bundesbehörden müssen prüfen, ob ein heute 75-jähriger Mann als mögliches Opfer des Nazi-Regimes eine Entschädigung erhält. Der Schweizer Vater des Mannes war 1942 in Paris von den Nazis verhaftet worden und später in Gefangenschaft gestorben. Ein Onkel hatte im Namen des Betroffenen bereits 1945 ein Entschädigungsgesuch gestellt. Die zuständige Kommission stellte das Verfahren 1961 ein, ohne den Sohn des Getöteten jemals kontaktiert zu haben. Auch über die Einstellung selber wurde er nicht informiert. Auf sein Gesuch um Neuprüfung trat das EDA 2006 nicht ein. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Beschwerde nun gut geheissen. Laut den Richtern in Bern wurde seinerzeit mit der Nichteröffnung des Einstellungsentscheides eine Rechtsverweigerung begangen, weshalb der Fall von der heutigen Kommission für ausländische Entschädigungen neu zu prüfen sei.
(A-4013/2007 vom 22. Dezember 2008)
Unzulässige Sponsorenwerbung durch SRG
Die SRG muss wegen unzulässiger Sponsorenwerbung für die UBS im Rahmen der Alinghi-Berichterstattung des Schweizer Fernsehens (SF) 211000 Franken der erzielten Einnahmen abgeben. Die UBS hatte beim America’s Cup von 2007 in Valencia sowohl das Segelteam Alinghi als auch die drei Sondersendungen von SF gesponsert.
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt die Ansicht des Bakom, dass im Billboard der Sendungen primär auf das Sponsoren-Engagement der UBS für die Alinghi und nicht für die Fernsehsendungen hingewiesen wurde. Das laufe auf unzulässige Imagewerbung für die UBS hinaus. Die Einziehung der Einnahmen musste das Bakom der «Wiederholungstäterin» SRG nicht vorgängig androhen. Einen vergleichbaren Verstoss hat die SRG in Bezug auf die Sponsorentätigkeit des TCS für die Sendungen «einfachluxuriös» und «Meteo» begangen. Dafür muss sie Einnahmen von 341000 Franken abgeben.
(A-3364/2008vom 18. Februar 2009 undA-1625/2008 vom 3. Februar 2009)
Keine Hörgerätebeschaffung durch Ausschreibung
Die Sozialversicherungswerke (AHV und IV) dürfen Hörgeräte nicht mittels Ausschreibung direkt beschaffen, um damit Kosten zu sparen. Laut Bundesverwaltungsgericht ist auf Gesetzesstufe (Art. 27 IVG) vorgegeben, dass Hörgeräte mittels Tarifverträgen zu beschaffen sind. Eine Systemänderung hin zur öffentlichen Ausschreibung verlange eine entsprechende Gesetzesänderung. Eine formell-gesetzliche Grundlage wäre im Übrigen auch aus demokratischer Sicht angezeigt, da dem Wechsel hin zu Ausschreibungen erhebliche wirtschaftspolitische Bedeutung zukommt und mit Widerstand von Seiten Betroffener zu rechnen ist.
(B-6177/2008 vom 13. Februar 2009)
Verbot für «Mitarbeiter-Check»
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Auskunftsdatei Dun & Bradstreet auf Antrag des Eidgenössischen Datenschützers vorsorglich verboten, über den «Mitarbeiter-Check» weiter Daten zu Stellenbewerbern anzubieten (etwa Betreibungsauskünfte, frühere Wohnadressen; die Firma hatte das Angebot schon zuvor eingestellt). Bis Mitte März muss der Datenschützer eine entsprechende Empfehlung erlassen und innert weiterer zwei Monaten dem Gericht zur Genehmigung vorlegen. Nach Ansicht der Richter in Bern kann die Datenweitergabe die Persönlichkeit Betroffener verletzen. Die Informationen sind in der Regel zur Beurteilung der Eignung eines Stellenbewerbers weder geeignet noch erforderlich. Trotz der Bereitschaft der Firma zur Kooperation kann auf das vorsorgliche Verbot nicht verzichtet werden.
(A-8028/2008 vom 14. Januar 2009)