Bundesgericht
Für gesunde Ernährung gibt es keinen Steuerabzug
Die Auslagen für eine ärztlich verordnete mediterrane Diät mitwenig Cholesterin können nicht als krankheitsspezifische Mehrkosten von den Steuern abgezogen werden. Laut dem Entscheid der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung unterscheidet sich die mediterrane Diät mit fettarmer Kost und viel Gemüse sowie Obst nicht grundsätzlich von der allgemein empfohlenen gesundheitsbewussten Ernährung, die voneinem grossen Teil der Bevölkerung befolgt wird. Der Begriff «Krankheitskosten» würde völlig konturlos, wenn er auch auf die Auslagen für die cholesterinarme Diät angewendet würde.
(2C_722/2007 vom 14. April 2008)
Massive Tempoüberschreitung ohne grosse Folgen
Das Bundesgericht erachtet es nur als einfache Verletzung der Verkehrsregeln, dass ein Autolenker die wegen der anhaltend hohen Feinstaubwerte auf den Berner Autobahnen 2006 vor-übergehend geltende Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 80 übersehen und um 57 Stundenkilometer überschritten hat (keine grobe Verkehrsregelverletzung gemäss Art. 90 Ziff. 2 SVG). Laut der Strafrechtlichen Abteilung darf von der objektiven nicht unbesehen auf die subjektive Schwere geschlossen werden, wenn das Schuldprinzip auch im Strassenverkehrsstrafrecht ernst genommen werden soll. Es stellt sich aufgrund der bis anhin klaren Praxis des Bundesgericht die Frage, ob es sich bei dem Entscheid um einen ganz speziellen, dann allerdings kaum hinreichend begründeten Einzelfall,einen Ausrutscher oder die Andeutung einer Praxisänderung handelt.
(6B_109/2008 vom 13. Juni 2008; keine BGE-Publikation)
Die Quote für Anerkennung als Schweizer Film ist zu starr
Das Bundesamt für Kultur (BAK) muss erneut prüfen, ob der Film «Love Made Easy» von Regisseur Peter Luisi als Schweizer Filmanerkannt werden kann (im Hinblick auf eine Gewährung der erfolgsabhängigen Filmförderung). Laut Bundesverwaltungsgericht ist die diesbezügliche Praxis des BAK zu streng, wenn es verlangt, dass mindestens 50 Prozent der künstlerischen und technischen Mitwirkung sowie der filmtechnischen Arbeiten von Schweizern oder in der Schweiz lebenden Personen oder Betrieben geleistet werden muss. Der Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 Bst. c FiG verlangt vielmehr eine Abwägung im Einzelfall, ob «soweit als möglich» auf schweizbezogene Mitwirkende zurückgegriffen wurde.
(C-5736/2007 vom 8. August 2008)
Drogenumsatz ist mehrwertsteuerpflichtig
Mehrwertsteuer muss auch auf Umsätze aus dem illegalen Betäubungsmittelhandel entrichtet werden. Laut dem Urteil der II.öffentlich-rechtlichen Abteilung darf der Bund Mehrwertsteuern auf den Umsätzen im Inland erheben, sofern diese nicht ausdrücklich von der Steuer ausgenommen sind. Dass nur legale Umsätze erfasst würden, werde nirgends bestimmt. Diese «steuerliche Wertneutralität» werde auch vom EuGH grundsätzlich anerkannt.
(2C_16/2008 vom 16 Mai 2008)
Verwendung von Schulakten bei Einbürgerung erlaubt
Die Einbürgerung junger Ausländer darf gestützt auf negativeEinträge in den Schulakten verweigert werden. Das Schwyzer Verwaltungsgericht war gestützt auf 66 Einträge in den Schulakten des Betroffenen über sein schlechtes Arbeits- und Sozialverhalten zum Schluss gekommen, dass er nicht über den im kantonalen Einbürgerungsgesetz geforderten tadellosen Leumundverfügt. Es hob seine von derGemeindeversammlung zuvor beschlossene Einbürgerung deshalb auf. Laut Bundesgericht zu Recht. Der Rückgriff auf die schulische Datensammlung ist nach Ansicht der Lausanner Richter verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Behörden sind auf genaue Angaben zu den Bewerbern angewiesen, was bei Jugendlichen und Schülern insbesondere bedeutet, auf ihr Verhalten in der Schule und um die Schule abzustellen.
(1D_17/2007 vom 2. Juli 2008)
Swissair-Gläubiger erhaltenweiteres Geld
Die Flughafenbetreiberin Unique und der Treibstofflieferant Air Total müssen der Swissair in Nachlassliquidation 18,5 beziehungsweise 4,3 Millionen Franken zurückzahlen. Die Swissair hatte Unique den Betrag zwei Tage nach dem Grounding und einen Tag vor der Bewilligung der provisorischen Nachlassstundung für ausstehende Flughafengebühren bezahlt. Im gleichen Zeitraum beglich sie die Rechnungen von Air Total. Die II. Zivilabteilung hat die paulianische Anfechtungsklage von Swissair-Liquidator Karl Wüthrich gutgeheissen und festgehalten, dass die Swissair durch die Zahlung andere Gläubiger geschädigt und dies auch in Kauf genommen hat, was für die Empfänger erkennbar gewesen ist.
(5A_37/2008 und 5A_469/2008 vom 4. September 2008; schriftliche Begründung ausstehend)
Auch die Aids-Hilfe istmehrwertsteuerpflicht
Die Aids-Hilfe Schweiz muss auf die Zahlungen des Bundesamtes für Gesundheit Mehrwertsteuern zahlen. Zwischen den beiden Parteien liegt aufgrund der Verträge betreffend die der Aids-Hilfe übertragenen Aufgaben ein Leistungsaustauschverhältnis vor, womit laut Bundesgericht die entsprechenden Zahlungen des BAG Entgeld darstellen und nicht Subventionen.
(2C_105/2008 vom 25. Juni 2008)
Bundesverwaltungsgericht
Ohne Stempeluhr gibt es keine Kurzarbeitsentschädigung
Damit Firmen Kurzarbeitsentschädigung beanspruchen können (Art. 31 AVIG), müssen sie laut Bundesverwaltungsgericht ein System zur Zeiterfassung führen. Eine blosse An- und Abwesenheitskontrolle genügt den Anforderungen von Art. 46b Abs. 1 AVIV nicht. Die Arbeitszeitkontrolle muss vielmehr Auskunft über die täglich tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden geben.
(B-7902/2007 vom 24. Juni 2008)
Unia haftet für Milde
Die Gewerkschaft Unia haftet als Trägerin der Arbeitslosenkasse Unia gegenüber der Eidgenossenschaft für 5700 Franken zu Unrecht ausbezahltem Arbeitslosengeld. Die Kasse hatte gegenüber einem Entlassenen darauf verzichtet, die Taggeld-Anspruchsberechtigung vorübergehend einzustellen, obwohl er ein Angebot zur dreimonatigen Verlängerung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlagen hatte. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts wäre ihm die vorläufige Fortführung der Beschäftigung zumutbar gewesen, was auch der Unia hätte bekannt sein müssen. Sie muss sich deshalb den Vorwurf einer Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten gefallen lassen.
(B-7909/2007 vom 21. August 2008)