plädoyer: 2019 wurden die beschleunigten Asylverfahren eingeführt. Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte hat die neue Praxis untersucht und beurteilt die Qualität der Asylentscheide als «zufriedenstellend» und die der Rechtsvertretung als «gut». Teilen Sie diese Meinung?
Stefan Frost: Die neuen Verfahren bedeuten einen massiven Fortschritt. Das Asylgesetz sieht für jede schutzsuchende Person das Recht auf eine unentgeltliche Rechtsvertretung vor. Das gab es im Asylbereich zuvor nicht. Auch die Beschleunigung des Verfahrens kommt den Betroffenen entgegen. Ich hatte noch keinen Klienten, der gerne länger auf den Asylentscheid gewartet hätte.
Nora Riss: In Sachen Tempo gab es sicher Fortschritte. Allerdings hatten die Verfahren zuvor extrem lange gedauert. Nun geht es manchmal fast zu schnell. Die gesetzlich garantierte Rechtsvertretung für jeden Asylsuchenden macht die Gefahren, die das rasche Verfahren mit sich bringt, nicht immer wett. Man muss sich darüber im Klaren sein: Es gibt in der Schweiz kaum ein anderes Verfahren, bei dem so viel auf dem Spiel steht wie im Asylverfahren. Nämlich die Frage, ob jemand im schlimmsten Fall in ein Land zurückgeschickt wird, wo er gefoltert oder einem Krieg ausgesetzt wird.
plädoyer: Reicht die Note «zufriedenstellend» für die Qualität solch schwerwiegender Entscheide?
Riss: «Zufriedenstellend» bedeutet in der Schule die Note 4 oder 4–5. Das ist eindeutig zu wenig, wenn man sich vor Augen hält, dass es um Menschenleben geht.
Frost: Ich bin Angestellter der Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not, nicht des Staatssekretariats für Migration (Sem). Ich kann also nicht für das Sem sprechen. Ich meine: Die Evaluation zeigt, dass das System funktioniert und dass ein positiver Asylentscheid inzwischen im Durchschnitt in weniger als 50 Tagen gefällt wird. Trotzdem ist klar, dass es sowohl beim Sem wie auch in Sachen Rechtsschutz noch Verbesserungspotenzial gibt. Wir sind aber sehr froh über die vorliegende Evaluation und würden es auch begrüssen, wenn es fortlaufend ein Monitoring gäbe. Nur so kann sich das System verbessern.
plädoyer: Das Kompetenzzentrum für Menschenrechte stellte in rund einem Drittel der untersuchten Dossiers erhebliche Mängel fest. Leidet die Sorgfalt unter dem raschen Verfahren?
Frost: Dies war so, als das Verfahren neu eingeführt wurde. Zu viele Fälle wurden im beschleunigten Verfahren behandelt. Unsere Beschwerden waren in überdurchschnittlich vielen Fällen erfolgreich. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dann aber in einem Grundsatzentscheid fest, dass Fälle, bei denen weitere Abklärungen nötig sind, nicht im beschleunigten Verfahren behandelt werden dürfen. Das wurde so umgesetzt. Das zeigen die Statistiken und nun auch die Evaluation.
Riss: Es werden immer noch zu viele Fälle im beschleunigten Verfahren behandelt. Gerade wenn ein medizinischer Sachverhalt abgeklärt werden müsste, nimmt man sich oft nicht die notwendige Zeit dafür. Auch in Fällen von Menschenhandel oder sexueller Gewalt ist das der Fall.
Frost: Mit der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration pflegen wir in Fällen von Menschenhandel eine sehr gute Zusammenarbeit. Die Erkennung von Opfern von Menschenhandel hat sich dadurch stark verbessert. Früher lebten Betroffene teils über Jahre in Asylunterkünften, ohne dass jemand hinschaute und ihre Probleme wahrnahm. Nun steht ihnen ab Beginn des Asylverfahrens eine Interessenvertretung zur Seite. Zusätzlich haben wir eine Anlaufstelle, die fünf Tage pro Woche geöffnet ist. Es gibt eine Fachperson für unbegleitete Minderjährige, geschultes Personal im Umgang mit besonders vulnerablen Personen und eine breite Vernetzung.
Riss: Selbst für eine Person ausserhalb eines Asylverfahrens beträgt die Wartefrist für einen Termin beim Psychiater in der Regel zwei Monate. Bei Asylsuchenden mit psychischen Problemen ist es deshalb praktisch unmöglich, innerhalb eines Monats einen Asylentscheid zu fällen. Die Folge davon ist, dass eine Überweisung an einen Psychiater nur dann erfolgt, wenn ein Betroffener an der Schwelle zu einer Fürsorgerischen Unterbringung steht. Abgesehen von solchen schweren Akutfällen ist die psychologische Betreuung in den Bundesasylzentren ungenügend.
Frost: Nach der Einführung der neuen Verfahren führten die gesetzlichen Rechtsvertreter in verschiedenen Fällen Beschwerde, weil unter anderem der medizinische Sachverhalt zu wenig abgeklärt schien. In der Folge kassierte das Bundesverwaltungsgericht deswegen mehrere Entscheide, darauf reagierte das Staatssekretariat für Migration. Es gibt neu psychiatrische Fachpersonen, die den Bundesasylzentren angeschlossen sind und dort Sprechstunden durchführen. Und nach meiner Erfahrung ist zumindest in der Region Zürich, für die ich sprechen kann, der Zugang zu medizinischer Versorgung rasch gewährleistet. Sollte dies einmal nicht der Fall sein, ist es die Pflicht von uns Rechtsvertretern, dem Sem vertiefte medizinische Abklärungen zu beantragen.
Riss: Die Frage ist, ob das Sem solchen Anträgen zustimmt. Dafür muss der medizinische Sachverhalt nämlich erst einmal «verfahrensrelevant» sein. Überspitzt formuliert kann es zum Beispiel heissen: «Der Betroffene hat zwar eine leichte posttraumatische Belastungsstörung, auf das Asylverfahren hat das aber keinen Einfluss.» Dass eine solche Störung einen massiven Einfluss auf das Aussageverhalten der Person und damit auch auf den Ausgang des Verfahrens haben kann, wird nicht berücksichtigt.
plädoyer: Nora Riss, Sie gehören dem Bündnis unabhängiger Rechtsarbeit im Asylbereich an. Ist Stefan Frost Ihrer Meinung nach nicht unabhängig?
Riss: Es geht mir nicht darum, Stefan Frost oder andere gesetzliche Rechtsvertreter anzugreifen. Aber es gibt in der Tat ein Problem im System: Die Rolle der gesetzlichen Rechtsvertreter im Asylverfahren ist nicht ganz klar, einige von ihnen verstehen sich als Helfer bei der Erstellung des Sachverhalts. Ein Rechtsvertreter soll aber einzig und allein seinem Klienten und dessen Interessen verpflichtet sein.
Frost: Wir werden nicht vom Sem bezahlt. Das Geld für den Rechtsschutz mag vom Staat kommen, meinen Lohn erhalte ich aber von der Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not, einer kleinen Nichtregierungsorganisation. Zu meinen Berufspflichten gehört es, meinen Job unabhängig auszuüben. Ich bin in keiner Form dem Sem verpflichtet, sondern allein den Interessen der Schutzsuchenden.
Riss: Es stellt sich die Frage, wie die Asylsuchenden die Rolle der gesetzlichen Rechtsvertreter interpretieren. Wenn man die Büros im gleichen Gebäude hat wie das Sem und mit Sem-Mitarbeitern in der Kaffeepause spricht, vielleicht sogar Witze macht, kann der Anschein einer Verbandelung entstehen – gerade bei Leuten, die in ein fremdes Land geflüchtet und ohnehin unsicher sind.
Frost: Die Behauptung, wir würden mit Sem-Mitarbeitern in die Kaffeepause gehen, ist ein Märchen. Die Evaluation der SKMR attestiert den Rechtsvertretern in Bern und Zürich ein klares Rollenverständnis.
plädoyer: Stellen Sie von Seiten der Asylsuchenden Vorbehalte fest?
Frost: Das Asylverfahren ist komplex. Unser Job ist es, den Schutzsuchenden verständliche und nachvollziehbare Informationen zu geben. Dazu gehört es auch, unsere Funktion klarzumachen. Gemäss meiner Erfahrung gelingt uns dies in der Regel sehr gut. Im Alltag werde ich als Vertreter nicht gefragt, ob ich unabhängig sei. Meine Klienten wollen von mir vielmehr wissen, was ich für sie tun kann. Ihr Vertrauen definiert sich über mein Handeln und meine Kommunikation.
Riss: Es fällt uns immer wieder auf, dass sich Betroffene an uns als externe Stelle wenden, weil sie zu den gesetzlichen Rechtsvertretern kein Vertrauensverhältnis herstellen konnten. Das hat auch stark mit den häufigen Handwechseln zu tun, dem Übergang des Mandats von einem Rechtsvertreter an einen anderen. Diese Praxis ist ein grosses Problem. Im Asylverfahren müssen die Betroffenen teils Informationen offenlegen, die sehr persönlich oder traumatisierend sind.
Frost: Die Evaluation zeigt tatsächlich, dass die Zahl der Handwechsel relativ hoch ist und diese problematisch sein können. Wir werten derzeit aus, zu welchem Zeitpunkt Handwechsel im Verfahren stattfinden und wie wir sie zusätzlich vermeiden können. Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinkriegen. Es ist primär eine Planungs-, keine Ressourcenfrage, da viele Rechtsvertreter Teilzeit arbeiten. Falls nötig, müssen wir beim Sem Fristerstreckungen beantragen, damit dieselbe Person, die zum Beispiel bei der Anhörung zugegen war, mit dem Schutzsuchenden auch den Entscheidentwurf besprechen kann.
Riss: Das SKMR kommt aber klar zum Schluss: So wie das System jetzt ausgestaltet ist, lassen sich Handwechsel nicht vermeiden. Das hat mit den kurzen Fristen zu tun. Man hat das Verfahren stark beschleunigt und als Ausgleich die Rechtsvertreter geschaffen. Aber der Takt wird vom Sem vorgegeben. Die Spiesse sind nicht gleich lang. Das Sem entscheidet, ob Fristen erstreckt werden und ob jeweils Rücksicht darauf genommen wird, wenn die zuständige Rechtsvertretung an einem bestimmten Tag unabkömmlich ist.
Frost: Der Takt ist gesetzlich vorgegeben, aber es gibt einen Ermessensspielraum, den das Sem ausschöpfen muss. Das SKMR hat dem Sem in seiner Evaluation ja auch empfohlen, Fristerstreckungsgesuche zur Vermeidung von Handänderungen kulant zu behandeln. Ich gehe davon aus, dass das Sem diese Empfehlungen ernst nehmen wird.
plädoyer: Laut Evaluation tritt das Bundesverwaltungsgericht auf eine beachtliche Anzahl Beschwerden ein, obwohl sie zuvor von den gesetzlichen Vertretern als aussichtslos beurteilt wurden. Stefan Frost, fehlt Ihnen manchmal die Zeit für eine Beschwerde, obwohl eine solche angezeigt wäre?
Frost: Ob die Rechtsvertreter eine Beschwerde erheben oder nicht, hat in der Region Bern und Zürich, für die ich sprechen kann, nichts mit dem Faktor Zeit zu tun. Wenn es Zweifel an der Korrektheit eines Asylentscheids gibt, bieten wir immer eine Beschwerde an. Und die Qualität unserer Rechtsschriften wird in der Evaluation ausdrücklich als positiv hervorgehoben – selbst bei Stellungnahmen, für die wir nur 24 Stunden Zeit hatten. Wir weisen auch stets auf die Möglichkeit hin, sich für eine Zweitmeinung an externe Rechtsvertreter zu wenden. Die Evaluation zeigt dann ja auch, dass der Anteil an erfolgreichen Beschwerden von Externen marginal ist bei Fällen, bei denen die gesetzliche Rechtsvertretung keine Beschwerde anbot.
Riss: Laut Evaluation wurden immerhin 37 Prozent aller erfolgreichen Beschwerden in Asylverfahren von Externen oder den Klienten selbst eingereicht. Das ist zu viel – alle diese Fälle dürfte es eigentlich gar nicht geben. Man kann die Situation der Asylsuchenden nicht mit jener anderer Rechtsuchenden vergleichen, die ihren Anwalt frei wählen können. In abgelegenen Asylzentren wie zum Beispiel im luzernischen Glaubenberg haben die Betroffenen keine Möglichkeit, auf die Schnelle eine externe Rechtsvertretung zu bestellen. Sie sind dort auf die gesetzlichen Rechtsvertreter angewiesen.
Frost: Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass die gesetzliche Rechtsvertretung jeder Person, die an Leib und Leben bedroht ist, bei Hinweisen auf einen fehlerhaften Asylentscheid eine Beschwerde anbietet. Selbst wenn es beispielsweise um Dublin-Wegweisungen nach Kroatien geht, bieten wir Beschwerden an – obwohl das Gericht diese in der Regel als aussichtslos einstuft. Auf diese Weise tragen wir auch zur Rechtsfortbildung bei. Jeder Fall wird von uns sorgfältig analysiert und die Frage, ob eine Beschwerde erhoben wird oder nicht, unterliegt dem Vieraugenprinzip. Wir sind da gänzlich unabhängig, Vorgaben seitens des Sem oder Kostendruck gibt es nicht. Wenn aber ein Klient einfach sagt, «ich will länger in der Schweiz bleiben, weil ich mehr Zeit brauche», dann fällt dies aus dem Rahmen unseres gesetzlichen Mandats. Selbst in solchen Fällen weisen wir aber auf die Möglichkeit hin, sich an einen externen Rechtsvertreter zu wenden.
plädoyer: Die Asylsuchenden leben nach ihrer Ankunft in der Schweiz in den Bundesasylzentren. Ist für sie der Zugang zu den externen Rechtsvertretern überhaupt gewährleistet?
Riss: Bei einer Beschwerdefrist von zehn oder gar nur fünf Tagen ist das sehr schwierig. Wir werden meist erst nach einem negativen Asylentscheid aufgesucht – in der Regel nicht am ersten Tag der Beschwerdefrist, sondern erst nach ein paar Tagen. Befindet sich das Asylzentrum dann noch an einem abgelegenen Ort, wird es wahnsinnig kompliziert. Auch wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, ist der Zugang zum Recht schwierig: Da wollen die Betroffenen zum Beispiel wissen, wie die Ausschaffung abläuft. Ansprechpersonen für solche Fragen gibt es dann nicht mehr.
Frost: Auf der Berner Rechtsberatungsstelle arbeiten nebst Juristen auch andere Berater. An sie können sich Personen nach Abschluss des Verfahrens wenden. Wir versuchen dann zu unterstützen und zu vernetzen, so gut wir können.
plädoyer: Nora Riss, Sie plädieren dafür, die Beschwerdefristen in allen Verfahrensarten auf 30 Tage zu erstrecken. Kann man dann überhaupt noch von einem beschleunigten Verfahren sprechen?
Riss: Längere Beschwerdefristen sind nötig, damit wir unsere Arbeit überhaupt machen können. Interessant ist, dass die Fristen in der Coronakrise auf 30 Tage erhöht wurden und das Eidgenössische Justizdepartement in einer Evaluation zum Schluss kam, dass dies nicht zu einer Verlängerung der Verfahren führte. Es hat kaum Einfluss auf die Verfahrensdauer, ob die Beschwerdefrist 10 oder 30 Tage beträgt. Zentral ist, dass die Asylsuchenden genug Zeit haben, sich an eine externe Vertretung zu wenden.
Frost: Ich würde mich nicht gegen längere Fristen wehren. Es ist aber nicht so und im System auch nicht vorgesehen, dass ein Schutzsuchender in jedem Fall eine externe Rechtsvertretung aufsuchen muss. Wie erwähnt bieten wir gesetzlichen Rechtsvertreter eine Beschwerde an, wenn Zweifel an der Korrektheit eines Entscheids bestehen. Nach meiner Erfahrung reichen die Fristen aus, um eine solche Beschwerde zu erheben.
plädoyer: Wo würden Sie ansetzen, wenn Sie am heutigen Asylverfahren etwas ändern könnten?
Frost: Ich würde am System, so wie es im Moment austariert ist, nicht herumschrauben. Die gesetzlichen Rechtsvertreter haben sich bewährt. Punktuell gibt es Verbesserungspotenzial: Bei den angesprochenen Handwechseln zum Beispiel. Oder wenn es um Weiterbildungen oder die Koordination zwischen den Regionen geht. Aber generelle Kritik kann ich nicht äussern. Ich bin überzeugt, dass das Verfahren den Betroffenen dient. Das Asylsystem ist kein Migrationssteuerungssystem, sondern ein Schutzsystem. Und die Schutzquote zeigt, dass es funktioniert. Die Anzahl positiver Asylentscheide ist hoch.
Riss: Es gibt viele Bereiche, um die es nicht gut bestellt ist. Die regionalen Unterschiede sind gigantisch. Ob der Rechtsschutz effektiv gewährleistet ist, hängt davon ab, in welchem Zentrum ein Betroffener landet. Das ist eine Lotterie. Und dass es in 40 von 120 Fällen zu eklatanten Fehlern kam, spricht eigentlich dafür, das beschleunigte Verfahren nur noch bei offensichtlich positiven Fällen anzuwenden. Auch habe ich den Eindruck, dass es sich um ein Schönwettersystem handelt: Die Asylzahlen sind zurzeit sehr tief. Dennoch lautet das Fazit des SKMR gerade einmal «zufriedenstellend». Wie wird es ausfallen, wenn die Asylzahlen dereinst stark ansteigen sollten?
Stefan Frost, 34, ist Jurist und arbeitet in Zürich als Fachverantwortlicher für den Rechtsschutz bei der Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not, einer vom Bund beauftragten Leistungserbringerin gemäss Asylgesetz.
Nora Riss, 31, ist Juristin und arbeitet als Rechtsberaterin und Projektleiterin Pikett Asyl für die Zürcher Freiplatzaktion. Die Freiplatzaktion gehört dem Bündnis unabhängiger Rechtsarbeit im Asylbereich an.
Beschleunigte Asylverfahren, verbesserte Rechtsvertretung
Im März 2019 wurde das neue Asylgesetz in Kraft gesetzt. Es sieht ein beschleunigtes Verfahren in einem Bundesasylzentrum vor, bei dem innert 100 Tagen ab Einreichung des Asylgesuchs ein rechtskräftiger Asylentscheid vorliegen muss. Falls der Sachverhalt nicht ausreichend erstellt ist, wird der Fall dem erweiterten Verfahren zugeteilt. Dieses wird in den Kantonen durchgeführt und dauert bis zu einem Jahr.
Das beschleunigte Verfahren ist eng getaktet: So soll innert acht Tagen ab Anhörung ein Asylentscheid vorliegen, die Beschwerdefrist gegen diesen beträgt sieben Arbeitstage. Alle Asylsuchenden haben Anspruch auf eine kostenlose Beratung und Rechtsvertretung. Die entsprechenden Leistungserbringer, die diese Rechtsberater stellen, werden vom Staatssekretariat für Migration (Sem) beauftragt.
Asylsuchende können sich auch an eine externe Rechtsvertretung wenden. Sie tun das in der Regel dann, wenn negative Asylentscheide vorliegen und die gesetzlichen Rechtsvertreter von einer Beschwerde absehen.
Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) hat jüngst die Umsetzung der neuen Verfahren im Auftrag des Sem ausgewertet. Besonderes Augenmerk legte es auf den Rechtsschutz und die Entscheidqualität. Untersucht wurden 120 Einzelfalldossiers. In 40 davon wurden Mängel festgestellt. Die juristische Qualität der Sem-Asylentscheide beurteilte das SKMR als «zufriedenstellend». Die Qualität des Rechtsschutzes und damit der gesetzlichen Rechtsvertretung zusammenfassend als «gut». Allerdings stellte es teils deutliche Qualitätsunterschiede zwischen den Regionen fest.