Wenig Rechtsmittel erfolgreich
Das Bundesgericht hat im vergangenen Jahr 11,4 Prozent der eingegangenen Rechtsmittel gutgeheissen und 4 Prozent an die Vorinstanzen zurückgewiesen. Das heisst: 85 Prozent der Rechtsmittel waren beim Bundesgericht erfolglos. Das geht aus dem kürzlich erschienenen Jahresbericht hervor. Am höchsten war die Erfolgsquote bei den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten (Gutheissungen und Rückweisungen: 17 Prozent), am niedrigsten in Zivilsachen (10,6 Prozent). Die strafrechtliche Abteilung hiess 15 Prozent der Beschwerden gut. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren wurde jede zehnte der in Lausanne oder Luzern eingereichten Beschwerden gutgeheissen. Interessanterweise waren die Zahlen bei den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, den Zivil- und Strafsachen praktisch gleich: Sie bewegten sich zwischen 9,9 und 10,8 Prozent. Im Jahr 2006 waren zwischen 11,3 und 17,7 Prozent der Rechtsmittel beim Bundesgericht erfolgreich.
Die Geschäftslast veränderte sich im vergangenen Jahr praktisch nicht. Eingänge und Erledigungen bewegten sich im Rahmen der vorangegangenen vier Jahre. Die durchschnittliche Prozessdauer betrug laut Jahresbericht gut vier Monate (131 Tage, Vorjahr 151 Tage). Das Bundesgericht kommentiert: «Die Geschäftslast kann von den Abteilungen zwar innert angemessener Frist, aber nicht in der erforderlichen Tiefe bewältigt werden».
In organisatorischer Hinsicht beschlossen die Bundesrichter Ende 2009, die Abteilungen so zusammenzusetzen, dass nie Richter und Richterinnen derselben politischen Partei über eine absolute Mehrheit verfügen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Jahr 2009 sieben Fälle materiell beurteilt, die vom Bundesgericht als letzte nationale Instanz entschieden worden waren. In fünf Fällen hat Strassburg eine Verletzung der Konvention festgestellt. res.
Interlaken hat nicht alle Wünsche erfüllt
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg ertrinkt in der Beschwerdeflut. Die Schweiz hat deshalb die Europarats-Mitgliederländer im Februar zu einer Konferenz nach Interlaken eingeladen (plädoyer 1/10). Das Resultat der Konferenz ist eine Deklaration mit Massnahmen. Wie anzunehmen war, haben sich die Staaten gegen eine Aufstockung des Budgets entschieden. Ebenso wenig wollten sie die umstrittenen Massnahmen wie Anwaltszwang, Gerichtsgebühren oder obligatorische Benutzung von Englisch und Französisch einführen.
Hingegen haben sie sich für einen Filtermechanismus ausgesprochen, um unzulässige Beschwerden effizient, schnell und angemessen zu erledigen.
EGMR-Richter Mark Villiger hat die Konferenz positiv erlebt und findet es «sehr eindrücklich», dass die Staaten fünf verschiedene Fristen festgelegt haben, um die Deklaration umzusetzen: «Das zeigt, dass die Staaten wollen, dass dieser Prozess weitergeht.» So sollen erste Massnahmen bereits bis Juni 2011 umgesetzt und in fünf Jahren eine Bilanz gezogen werden. Bis Ende 2019 will man entscheiden, ob weitere grundsätzliche Reformen nötig sind.
Villiger freut sich über die Einführung des Filtermechanismus. Allerdings: Dieser wurde in der Deklaration nicht genauer umschrieben, und das bezeichnet der Richter als Problem. ch
Kommunikation à la Bundesgericht
Anfang 2008 hat das Bundesgericht informiert, dass die Stelle der Medienbeauftragten erstmals besetzt sei. Nach vier Monaten nahm die Inhaberin wortlos den Hut.
Im Herbst 2008 hat das Gericht deshalb eine zweite Adjunktenstelle geschaffen, die mit der Öffentlichkeitsarbeit betraut ist. Laut Sabina Motta, Adjunktin des Generalsekretärs, werde die Funktion durch sie und ihren Stellvertreter Lorenzo Egloff wahrgenommen.
Statt einer Medienbeauftragten haben also die beiden Adjunkten des Generalsekretärs die entsprechenden Aufgaben, übernommen - mit der Kommunikation dieser Neuerung hat es allerdings nicht so ganz geklappt. rz