Gerangel um Einsicht in eine geheime IV-Checkliste
Eine bis vor kurzem geheime Checkliste des Bundesamtes für Sozialversicherungen soll Betrugsfälle in der Invalidenversicherung (IV) aufdecken helfen. Die IV-Stellen filtern damit bei neuen Gesuchen und bei der Überprüfung laufender Renten mutmassliche Betrüger heraus. Die Liste nennt 19 Risikofaktoren. Verdächtig macht sich danach etwa ein Gesuchsteller, der einen Migrationshintergrund hat, seine IV-Anmeldung erst nach Aussteuerung bei der Arbeitslosenversicherung einreicht oder ein Schleudertrauma geltend macht.
Um die BSV-Kriterien einer sachlichen Überprüfung zu unterziehen, hatten zwei Anwälte im Herbst 2008 gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz die Herausgabe der Liste verlangt. Erfolglos. Selbst nach Empfehlung des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten auf Herausgabe der Liste (vgl. Seite 55), blieb das BSV stur. Jetzt ist die Sache vor Bundesverwaltungsgericht hängig.
Sieben Kriterien der Liste waren schon länger bekannt, die übrigen hat die «Aargauer Zeitung» im Juli publik gemacht. Peter Kaufmann, Vertrauensanwalt des Schleudertraumaverbandes, hält mit Blick auf die Zukunft an der Beschwerde fest: «Sollte die Liste abgeändert werden, müsste man sie erneut vom BSV herausverlangen.» sci
Anwaltsverband wirbt für SuisseID
Der Schweizerische Anwaltsverband (SAV) wirbt bei seinen Mitgliedern intensiv für die SuisseID, eine Chipkarte im Kreditkartenformat, die gleichzeitig auch Anwaltsausweis sein soll. Laut Michael Hüppi vom SAV sollen bisher rund 1200 Ausweise bestellt worden sein. Unter diese Zahl fallen allerdings auch all die Chipkarten, welche die Anwälte und Anwältinnen für ihre Mitarbeiter bestellt haben.
Wie viele Kanzleien heute schon bereit sind, auf die SuisseID zu setzen, kann der SAV zurzeit nicht eruieren. Unter den Mitgliedern ist die Skepsis gross: Sie lebten bisher auch ohne Anwaltsausweis ganz gut. Und das Interesse an der elektronischen Übermittlung von Rechtschriften war bisher trotz entsprechenden Möglichkeiten sehr gering (plädoyer 6/09).
Die elektronische Signatur mit der SuisseID ist rechtsgültig und der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. Zusätzlich ist die Karte im Kreditkartenformat mit einem Zeitstempel versehen. Als weitere Vorteile seines kombinierten Angebots nennt der SAV die erhöhte Sicherheit im E-Mail-Verkehr. Hüppi ist überzeugt, dass die elektronische Signatur künftig nicht mehr wegzudenken ist. Angesprochen auf die umstrittene Sicherheit der SuisseID gegen Hackversuche, verweist der SAV auf das Staatssekretariat für Wirtschaft. Dieses schliesse einen Missbrauch weitgehend aus. stoc
76 von 100 000
In der Schweiz sind von 100 000 Einwohnern 76 inhaftiert. In den USA liegt die Quote zehnmal höher (753), wie eine Studie des Centre for Economic Policy Research in London zeigt. Spitzenplätze belegen auch Polen (224) und Mexiko (209). Frankreich (99) und Deutschland (90) liegen im Mittelfeld. Am wenigsten Inhaftierte haben Japan (63) und Island?(44). England (153)?hat eine Strafrechtsreform lanciert, um die Zahl der Inhaftierten zu senken. tom
Rückblende
Staatsschutz: Was ihr der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) zeigte, sei «immer im legalen Rahmen» gewesen, so Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf in plädoyer 2/10. Die Geschäftsprüfungskommission befand: Bei der Mehrheit der 80 000 «Drittpersonen» entsprach die Fiche «nicht den rechtlichen Vorgaben».
Erbrecht: «Im Erbrecht besteht Revisionsbedarf», so plädoyer 3/10. Nun hat eine überparteiliche Gruppe von Ständeräten einen Vorstoss für eine liberale Pflichtteilsregelung eingereicht.
Pflichtverteidigung: Bei ungenügender Verteidigung muss ein Gericht einschreiten (plädoyer 3/10). Nun hat im Horgener Zwillingsmordprozess Strafverteidiger Thomas Fingerhut als neuer Anwalt Nichtigkeitsbeschwerde angekündigt.