Ende 2011 waren 17 761 Stiftungen im Handelsregister eingetragen. Diese Zahl erscheint im Vergleich zu 194 289 Aktiengesellschaften und 133 104 GmbHs nicht als enorm hoch, übertrifft aber immerhin deutlich die Gesamtzahl der 12 825 eingetragenen Kollektivgesellschaften und der 7085 eingetragenen Vereine. Ein Blick zu unserem nördlichen Nachbarland Deutschland zeigt überdies, dass dort Ende 2011 insgesamt 18 946 Stiftungen eingetragen waren. Unter Berücksichtigung der mehr als acht Mal so grossen Fläche Deutschlands und der mehr als zehn Mal so grossen Bevölkerung ist die relative Bedeutung des Stiftungswesens in der Schweiz sehr beachtlich.
Daran ändert auch nichts, dass «nur» rund 12 500 der eingetragenen Stiftungen in der Schweiz klassische oder gewöhnliche Stiftungen sind, während es sich bei rund 5000 um Personalfürsorgestiftungen handelt. Der Rest entfällt auf eintragungsberechtigte, aber nicht verpflichtete kirchliche beziehungsweise Familienstiftungen. Ein Handelsregistereintrag auf freiwilliger Basis kann die Teilnahme am Rechtsverkehr erleichtern, indem mit der Hilfe eines Handelsregisterauszuges die Existenz einer solchen Stiftung und die Zeichnungsberechtigung für dieselbe viel einfacher nachgewiesen werden kann, als dies für eine nicht eingetragene Familien- oder kirchliche Stiftung der Fall ist.
Rund 3500 von diesen rund 12 500 klassischen Stiftungen stehen unter eidgenössischer Aufsicht, haben also einen kantons- oder landesübergreifenden Wirkungskreis. Die restlichen Stiftungen werden kantonal oder kommunal überwacht. Dabei ist in den vergangenen Jahren ein deutlicher Trend zu eidgenössisch überwachten Stiftungen festzustellen. Dies heisst, dass vermehrt Stiftungen zu Kantons- oder die Landesgrenzen überschreitenden Anliegen errichtet werden.
Die Gesamtzahl aller registrierten Stiftungen in der Schweiz war in den vergangenen Jahren leicht rückläufig. Die Zahl der klassischen Stiftungen alleine nimmt demgegenüber seit einiger Zeit jährlich um ein paar Hundert zu. Die Abnahme der Gesamtzahl von eingetragenen Stiftungen betrifft einzig die Kategorie der Personalfürsorgestiftungen. Diese zählten 1973 rund 17 000 Einheiten und haben bis heute auf noch rund 5000 abgenommen. Das ist aufs Erste erstaunlich, weil die Bedeutung der beruflichen Vorsorge und ihrer Rechtsträger als eigenständige Disziplin beständig zunimmt. Damit einher geht aber auch eine erhöhte Komplexität und Regulierungsdichte, welcher sich diese Stiftungen ausgesetzt sehen. Zahlreiche Zusammenschlüsse, Liquidationen, Übertragungen auf andere Rechtsträger und Versicherungslösungen sind die Folge. Nicht jede Unternehmung leistet sich heute ihren eigenen Rechtsträger für ihre Personalfürsorge, sondern Kooperation und Koordination und unabhängige Dienstleister sind gefragt.
Eine Reihe von beachtlichen Interessenvertretungen1 und von Institutionen mit wissenschaftlichem Anspruch2 nebst diversen Dienstleistern zeigt das grosse und steigende Interesse, das den Stiftungen als typischen Exponenten des Nonprofit-Bereichs oder des dritten Sektors zukommt.3 Die Grenzen zum ersten beziehungsweise zweiten Sektor sind zunehmend durchlässig.4 Neu ist hingegen, dass sich Stiftungen zur Verfolgung ihrer Zwecke unternehmerischer Ansätze bedienen, wie das namentlich bei der «Venture Philantropy» der Fall ist. In eine ähnliche Richtung zielen Bestrebungen, das Stiftungswesen zu professionalisieren, und letztlich auch die direkte wirtschaftliche Zweckverfolgung von Stiftungen.5
1. Stiftungsrecht
1.1 Grundlagen im ZGB
Das klassische Stiftungsrecht ist im ZGB geregelt, das seit hundert Jahren in Kraft steht. Erst vor verhältnismässig kurzer Zeit, nämlich per 1. Januar 2006 und nochmals per 1. Januar 2008 kam es zu Teilrevisionen des Stiftungsrechts, sieht man einmal von Änderungen beziehungsweise Ergänzungen ab, die ausschliesslich Personalfürsorgestiftungen betreffen. Die erste Teilrevision war primär steuerrechtlich von Bedeutung und hat zivilrechtlich einige Klarstellungen und Neuerungen gebracht. Auch die zweite Teilrevision hat das bewährte Stiftungsrecht nicht substanziell geändert. Insoweit sind diese Revisionen Ausdruck einer modernen Gesetzgebungshektik, die in den vergangenen Jahren einige Teile des ZGB erfasst hat.
1.2 Teilrevision von 2006
Mit Wirkung per 1. Januar 2006 ist eine erste Teilrevision6 in Umsetzung der im Jahre 2000 lancierten parlamentarischen Initiative Schiesser7 erfolgt. Die bemerkenswerteste zivilrechtliche Änderung war die Einführung eines Zweckänderungsvorbehaltes8 in Art. 86 a ZGB. Seither findet sich routinegemäss in neu errichteten Stiftungsurkunden ein Vorbehalt, wonach der oder die Stifter frühestens nach Ablauf von zehn Jahren den Zweck unter gewissen Modalitäten ändern können. Da seit der Inkraftsetzung dieser Neuerung noch keine zehn Jahre vergangen sind, kamen auf diesen Vorbehalt gestützte Zweckänderungen bisher noch nicht vor.
Gleichzeitig hat der Gesetzgeber die nach wie vor gemeinhin als Stiftungsrat bezeichnete ehemalige Verwaltung zum obersten Stiftungsorgan umbenannt und unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde in Art. 86 b ZGB entsprechend den von der Praxis entwickelten Grundsätzen normiert, wodurch diesbezüglich mehr Transparenz besteht. Ferner wurde eine grundsätzliche Buchführungs- und Revisionsstellenpflicht eingeführt und wurden Massnahmen bei Verschuldung und Zahlungsunfähigkeit vorgesehen (Art. 83 a, 83 b und 84 a ZGB). Schliesslich wurde klargestellt, dass die Aufhebungskompetenz für Familien- und kirchliche Stiftungen beim Gericht liegt und nicht beim obersten Organ oder bei einer Destinatärsversammlung oder einem ähnlichen Gremium (Art. 88 Abs. 2 ZGB) und dass Stiftungen letztwillig auch erbvertraglich und nicht ausschliesslich durch einseitige letztwillige Verfügung errichtet werden können.9
Parallel hierzu und von grösserer praktischer Tragweite erfolgte eine Revision steuerrechtlicher Bestimmungen.10 Insbesondere der Abzug für freiwillige Leistungen an steuerbefreite gemeinnützige Organisationen wurde bei der direkten Bundessteuer von bisher 10 Prozent auf 20 Prozent der Einkünfte angehoben und von Geldleistungen auf Sach- beziehungsweise Naturalleistungen ausgedehnt.11 Sodann hat das Mehrwertsteuergesetz geklärt, welche Beiträge an gemeinnützige Organisationen steuerbegründenden Gegenleistungscharakter im Sinne von Bekanntmachungsdienstleistungen haben.12
1.3 Teilrevision 2008
In einem Akt überrollender Gesetzgebung13 haben die Räte im Dezember 2005, also noch vor Inkrafttreten der vorerwähnten Revision per 1. Januar 2006 eine weitere Teilrevision beschlossen, die per 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist.14 Sie betraf in erster Linie Umstellungen von Gesetzesartikeln und einige Anpassungen im ZGB. Besonders zu erwähnen ist die Einführung rechtsformunabhängiger Revisions- und Rechnungslegungsvorschriften,15 die inhaltlich mit dem von der Bundesversammlung am 23. Dezember 2011 verabschiedeten revidierten Rechnungslegungsrecht16 bereits wieder überholt sind. Dieses soll künftig für alle juristischen Personen mit differenzierenden Anforderungen je nach der wirtschaftlichen Bedeutung gelten und es wird vom ZGB künftig auf eine sinngemässe Anwendung der obligationenrechtlichen Bestimmungen über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung verwiesen.17
Bei organisatorischen Mängeln wurde 2008 die Rechtsfigur des Sachwalters eingeführt18 und gleichzeitig der Beistand für Stiftungen19 abgeschafft. Schliesslich kam es zu einer bemerkenswert überflüssigen Bestimmung zum Verhältnis zur Aufsichtsbehörde,20 deren Inhalt sich darin erschöpft, dass die Revisionsstelle der Aufsichtsbehörde eine Kopie des Revisionsberichtes sowie aller wichtigen Mitteilungen der Stiftung zu übermitteln hat.
1.4 Weitere Änderungen
Die Praxis hat in den vergangenen Jahren weitere schleichende Änderungen gebracht, die ihren Niederschlag jedenfalls nicht auf Gesetzesstufe gefunden haben. Dazu gehört zum Beispiel das Erfordernis, dass alle Stiftungsräte im Handelsregister einzutragen sind, was früher nur für die zeichnungsberechtigten Stiftungsräte verlangt wurde.21 Sodann muss das oberste Stiftungsorgan heute aus natürlichen Personen bestehen,22 während früher Stiftungen mit juristischen Personen als Stiftungsrat oder oberstes Organ vorgekommen sind.23 Als Liquidatoren, Revisoren, Konkursverwalter und Sachwalter sind demgegenüber auch juristische Personen, Personengesellschaften oder Einzelunternehmen eintragungsfähig.24
Derzeit noch in Bearbeitung steht eine Motion von Ständerat Luginbühl25 vom 30. März 2009 zur Steigerung der Attraktivität der Stiftungslandschaft Schweiz.
2. Staatliche Aufsicht
2.1 Allgemein
Die klassische Stiftung ist die einzige juristische Person des schweizerischen Privatrechtes, die qua Rechtsform und damit unabhängig von dem, was sie bezweckt und tut, einer staatlichen Aufsicht untersteht. Demgegenüber werden zum Beispiel Banken, Effektenhändler, Börsen, Versicherungen und kollektive Kapitalanlagen wegen ihrer Tätigkeit staatlich überwacht, welche Aufsicht der Finma obliegt.26
Ausgenommen von der Stiftungsaufsicht sind kirchliche und Familienstiftungen,27 von denen der Gesetzgeber annahm, dass sie einerseits von der Kirche oder von der Familie beziehungsweise den Familiendestinatären genügend überwacht sind und überdies der intime Charakter und geringe Kontakt im Rechtsverkehr mit Dritten keine staatliche Beaufsichtigung rechtfertigt. Über «Anstände privater Natur»28 wacht bei Familienstiftungen der Zivilrichter, der dadurch eine punktuelle oder antragsbezogene Aufsicht wahrnimmt.
Der Grund für eine allgemeine staatliche Aufsicht über die klassischen Stiftungen liegt im Mangel an menschlicher Unterlage, da Stiftungen im Gegensatz zu allen anderen Rechtsformen des Privatrechtes keine Mitglieder mit Eigentumsinteressen haben, die zum Rechten sehen und sich mit Mehrheit durchsetzen können. Die Aufsicht dient öffentlichen und privaten Interessen. Private Interessen stehen bei der Um- und Durchsetzung des Stifterwillens und der Verwendung des Stiftungsvermögens gemäss Stiftungszweck im Vordergrund. Öffentliche Interessen überwiegen bezüglich der Kontrolle von gesetzeskonformem und sittlichem Verhalten der Stiftungsorgane, die sich überdies an die Stiftungsurkunde und allfällige Reglemente zu halten haben.
2.2 Zuständigkeit
Wie einleitend erwähnt und in Art. 84 ZGB normiert, stehen Stiftungen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. Der Zweck und die räumliche Ausdehnung der Stiftungstätigkeit sind massgebend und es ist dasjenige Gemeinwesen zuständig, das die Aufgabe der Stiftung am ehesten übernehmen müsste, wenn diese nicht bestünde.29 Für Stiftungen von Kantons- beziehungsweise Landesgrenzen übergreifender Bedeutung ist der Bund zuständig, diese Aufgabe nimmt das Generalsekretariat des Eidgenössischen Departementes des Innern wahr.30 Gegenwärtig untersteht mehr als ein Viertel der klassischen Stiftungen der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht.31 Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen. Sie haben jedoch auch die Möglichkeit, in ihren Einführungsgesetzen zum ZGB die innerkantonale Zuständigkeit so zu regeln, dass Stiftungen, deren Wirkungskreis sich auf eine Gemeinde beschränkt, von dieser wahrzunehmen sind. Dies ist zum Beispiel im Kanton Zürich der Fall.
Mit Wirkung per 1. Januar 2012 hat die sogenannte BVG-Strukturreform die Aufsicht über Personalvorsorgestiftungen mit dem Hauptziel reformiert, Transparenz und Governance (Führung und Kontrolle) bei der Durchführung und Vermögensverwaltung von Vorsorgeeinrichtungen zu stärken.32 Die Direktaufsicht über die Vorsorgeeinrichtungen liegt neu bei verwaltungsunabhängigen regionalen beziehungsweise kantonalen Aufsichtsbehörden mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit, die über der Oberaufsicht einer verwaltungsunabhängigen Behördenkommission stehen.
Die BVG-Strukturreform blieb infolge der in zahlreichen Kantonen bestehenden funktionalen Verbindung der BVG-Aufsicht mit der Aufsicht über klassische Stiftungen nicht ohne Einfluss auf Letztere. So hat zum Beispiel der Kanton Zürich ein neues Gesetz über die BVG- und Stiftungsaufsicht (BVSG) erlassen, das sowohl BVG-Stiftungen als auch klassische, kantonal beaufsichtigte Stiftungen betrifft. Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft haben bei dieser Gelegenheit ihre Stiftungsaufsicht in die BSABB, BVG- und Stiftungsaufsicht beider Basel mit Sitz in Basel, zusammengelegt. Ähnlich haben sich die kantonalen Aufsichtsbehörden der Kantone Waadt, Neuenburg, Jura und Wallis in die Autorité de surveillance LPP et des fondations de Suisse occidentale mit Sitz in Lausanne zusammengeschlossen.
Bereits vor der BVG-Strukturreform haben einige Kantone die Aufgaben der Stiftungsaufsicht auf dem Konkordatsweg zum Beispiel in der Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht (ZBSA) mit Sitz in Luzern oder der Ostschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht mit Sitz in St. Gallen zusammengeführt. Diese Zusammenschlüsse galten jeweils vorbehaltlos für Personalfürsorgestiftungen, während einzelne Kantone die Hoheit über die Aufsicht von klassischen Stiftungen weiterhin selber ausüben, so zum Beispiel die Kantone Graubünden, Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden, Glarus, die Innerschweizer Kantone Uri und Obwalden oder Zürich.33
Inhaltlich sollte sich durch diese Koordination kantonaler Stiftungsaufsichten nichts Grundlegendes ändern. Dennoch darf man eine gewisse Vereinheitlichung der Praxis erwarten und die Mitwirkungspflichten der überwachten Stiftungen und die Eingriffsbefugnisse der Behörden dürften in diesem Rahmen eine Verstärkung erfahren. Interessanterweise schreibt der Kanton Zürich in diesem Zusammenhang ein obligatorisches Verzeichnis aller Stiftungen mit Sitz im Kanton vor, das überdies elektronisch zugänglich gemacht werden soll.34
2.3 Grundsätze
Die Aufsicht ist eine Rechts- oder Rechtmässigkeitskontrolle und keine Fachaufsicht. Das Bundesgericht hat unlängst35 seine Praxis bestätigt, wonach die Aufsichtsbehörden ihr Ermessen nicht an die Stelle desjenigen der Stiftungsorgane stellen dürfen. Vielmehr haben sie erst dann einzuschreiten, wenn die Stiftungsorgane ihren Gestaltungs-, Entscheidungs- und/oder Umsetzungsspielraum über- oder unterschreiten.36 Wie alles staatliche Handeln hat sich die Aufsichtsbehörde bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und der Subsidiarität von Eingriffen zu halten. Nach Massgabe des Verhältnismässigkeitsprinzips hat sie im Ergebnis das mildeste Mittel einzusetzen, das den gewünschten Erfolg bewirkt. Überdies darf die Behörde nur dann handeln, wenn die Stiftungsorgane keine Handlungsmöglichkeit haben oder sie diese nicht ordnungsgemäss ausüben. In diesem Sinne ist das Handeln der Aufsichtsbehörde subsidiär.
2.4 Aufsichtsmittel
Das Eingreifen der Aufsichtsbehörde ist entweder präventiv, also auf die Verhinderung von Fehlleistungen angelegt, oder repressiv auf deren Korrektur ausgerichtet.
Zu den präventiven Aufsichtsmitteln gehören Vorschriften über die Vermögensanlage, die dem obersten Stiftungsorgan (Stiftungsrat) obliegende Pflicht zur jährlichen Berichterstattung und Einreichung von Reglementen und deren Änderungen.
Obwohl in der Schweiz aufgrund des sogenannten Register- oder Normativsystems die Errichtung einer Stiftung ohne Beteiligung der Aufsichtsbehörde möglich ist, ziehen es viele Berater vor, eine Stiftungsurkunde und zugehörige Reglemente vor der Errichtung einer Stiftung der voraussichtlich zuständigen Aufsichtsbehörde zur Vorprüfung zu unterbreiten. Die Behörde hat dabei präventiv die Möglichkeit, auf Mängel oder vermeintliche Mängel namentlich der Stiftungsurkunde hinzuweisen. Dabei liegt nahe, dass sich beispielsweise die Eidgenössische Stiftungsaufsicht (EDI) bei der Vorprüfung von ihr unterbreiteten Entwürfen gerne an ihren eigenen Musterurkunden und Reglementen orientiert. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Allerdings nutzt die Behörde zuweilen die Gelegenheit um Formulierungen vorzuschlagen, die ihre eigene künftige Arbeit unterstützen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sie eine Formulierung zur Aufnahme in die Stiftungsurkunde vorschlägt, nach welcher die Revisionsstelle nicht nur die Zahlen und deren Grundlagen, sondern auch das Einhalten der Stiftungsurkunde und -reglemente durch die Organe generell überprüfen soll.37 Diese erweiterte Überwachung ist meines Erachtens nicht Aufgabe der Revisionsstelle, die die Buchführung und Jahresrechnung prüfen soll und sich auf Bemerkungen zu beschränken hat, die im Abschluss der Stiftung ihren Niederschlag finden.
Zu den präventiven Aufsichtsmitteln gehört auch die im Rahmen der Teilrevision eingeführte Bestimmung von Art. 83 c ZGB, wonach die Revisionsstelle der Aufsichtsbehörde eine Kopie des Revisionsberichts sowie aller wichtigen Mitteilungen an die Stiftung übermittelt.
Zu den repressiven Aufsichtsmitteln gehören Nachfragen, Mahnungen, Verwarnungen, Verweise, die Aufhebung von Entscheiden der Stiftungsorgane, Ersatzvornahmen und Bussen.38 Überdies sind Sanktionen bei der Nichtbeachtung von Weisungen, Strafanzeige oder in schweren Fällen eine Absetzung der Stiftungsorgane denkbar.39 Besteht ein Mangel in der Organisation, kann die Aufsichtsbehörde die in Art. 83 d ZGB vorgesehenen Massnahmen ergreifen und insbesondere bei Untätigkeit der Stiftungsorgane das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen oder gar das Vermögen einer anderen Stiftung mit möglichst gleichartigem Zweck zuwenden. Letztlich sind gestützt auf Art. 85 oder 86 ZGB Organisations- oder Zweckänderungen ins Auge zu fassen, falls nur so dem wirklichen Stifterwillen zum Durchbruch zu verhelfen ist.
2.5 Aufsichtsbeschwerde
In vielen Fällen erfährt die Aufsichtsbehörde von wirklichen oder vermeintlichen Missständen über rechtsschutzsuchende Personen. Gestützt auf Art. 84 Abs. 2 ZGB, wonach die Aufsichtsbehörde dafür zu sorgen hat, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird, können Beschwerdeberechtigte pflichtwidriges Verhalten der Stiftungsorgane auf dem Beschwerdeweg der Aufsichtsbehörde mitteilen und Abhilfe verlangen. Steht demgegenüber ein Anspruch auf Leistung gegen die Stiftung im Vordergrund, kann der oder die Betroffene den zivilrechtlichen Klageweg wählen. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Rechtsmitteln ist zuweilen schwierig vorzunehmen.40
Bei der Stiftungsaufsichtsbeschwerde ist die Frage nach der Aktivlegitimation, also danach, wer zu einer Beschwerde berechtigt ist, zentral. Die Rechtsprechung will einerseits eine jedermann offenstehende Popularklage verhindern, jedoch andererseits all jene Personen zur Beschwerde zulassen, die einmal in die Lage kommen können, eine Leistung oder anderen Vorteil von der Stiftung zu erlangen41 beziehungsweise die ein persönliches, direktes oder aktuelles Interesse haben.
Jakob42 regt an, die Beschwerdelegitimation an ein berechtigtes Interesse zu knüpfen. Bei Destinatären, Gläubigern, Organmitgliedern und Stiftern wäre ein berechtigtes Interesse in jedem Fall anzunehmen. Wer lediglich ein abstraktes Interesse am Stiftungsgebaren hat, wäre demgegenüber nicht beschwerdeberechtigt. Hingegen würden nachträgliche Zustifter oder Spender zur Beschwerde zugelassen, wenn sie geltend machen, ihre Beiträge hätten keine bestimmungsgemässe Verwendung gefunden.43
Jedermann kann demgegenüber bei der Aufsichtsbehörde eine Anzeige einreichen, die zu behandeln ist, auch wenn der Anzeiger weder Partei des Verfahrens ist noch eine Weiterzugsmöglichkeit hat.
2.6 Gemischte Stiftungen
Für Stiftungen mit gemischter Ausrichtung, also zum Beispiel gemischte klassische und Familienstiftungen stellt sich die Frage, ob und inwieweit sie der Aufsicht unterstehen. Anerkannt ist, dass grundsätzlich eine gemischte Stiftung zu beaufsichtigen ist, sofern der klassische Stiftungszweck nicht nachgelagert ist, also zeitlich erst nach familienbezogenen Zwecken zum Tragen kommt.
Weniger klar ist, wie weit die Aufsicht über gemischte Stiftungen geht. Einige kantonale Aufsichtsbehörden neigen der Auffassung zu, dass sie sich in Familienbelange nicht einzumischen haben und entsprechende Anliegen der punktuellen richterlichen Stiftungsaufsicht gemäss Art. 87 ZGB überlassen können. Diese Haltung werden sie insbesondere dann einnehmen, wenn Beschwerdeführer versuchen, mittels Stiftungsaufsichtsbeschwerde die Aufsichtsbehörde für familienbezogene Interessen zu instrumentalisieren. Andererseits kann die Aufsichtsbehörde die Augen nicht verschliessen, wenn zum Beispiel Fragen der Vermögensanlage zur Beurteilung stehen, welche sich auf die Möglichkeit, klassische, gemeinnützige Zwecke zu verfolgen, ebenso auswirken wie auf die Erfüllung von familienbezogenen Zwecken.
Aufgrund der geschilderten Unklarheiten erstaunt wenig, dass in letzter Zeit kaum mehr Stiftungen errichtet werden, deren Zwecke gemischt familienbezogen und klassisch sind. Falls der Stifter Familienmitglieder in bestimmtem Umfang vorweg begünstigen möchte, kann er dies mit Sonderrechten, das heisst gegenüber dem Stiftungszweck vorbehaltenen Rechten auf Zeit, tun oder Vermögen unter entsprechenden Auflagen oder zum Beispiel unter lebzeitiger oder auf bestimmte Dauer festgelegter Nutzniessung zugunsten bestimmter Personen in eine ansonsten im Übrigen klassische Stiftung einbringen.
3. Stiftungsvermögen
3.1 Allgemein
Stiften heisst hingeben von Vermögenswerten zu einem besonderen Zweck. Das Stiftungsvermögen ist demnach ein wesentlicher Bestandteil der Stiftung. Woraus das Vermögen zu bestehen hat, schreibt das Gesetz nicht vor. Aus der Zweckbindung ergibt sich jedoch, dass das Stiftungsvermögen geeignet sein muss, um den Stiftungszweck zu verfolgen. Für Geldmittel wird das praktisch immer zutreffen, sofern sie der Höhe nach angemessen44 sind. Bei anderen Vermögenswerten muss eventuell vorweg eine Verwertung und damit Umwandlung von Vermögenswerten in für die Zweckverfolgung geeignete Aktiven erfolgen.
3.2 Vermögensverwaltung
Bezüglich der Verwaltung von Stiftungsvermögen schlägt die Eidgenössische Stiftungsaufsicht in ihrer Musterurkunde folgende Formulierung vor: «Das Stiftungsvermögen ist nach anerkannten kaufmännischen Grundsätzen zu verwalten. Das Risiko soll verteilt werden. Dabei darf aber das Vermögen nicht durch spekulative Transaktionen gefährdet werden, muss jedoch nicht mündelsicher angelegt werden.»45 Wer sich an diese Vorgaben hält, wird jedenfalls mit der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht nicht ins Gehege kommen. Ob ein Vermögensverzehr zulässig ist, hat das oberste Stiftungsorgan durch Auslegung zu ermitteln. Im Übrigen gilt auch hier der Vorrang des Stifterwillens.46 Gegen eine Anordnung, das Vermögen sei über einen Zeitraum von x Jahren für die Stiftungszwecke aufzubrauchen, ist ebenso wenig einzuwenden wie gegen eine Formulierung, wonach der Stiftungsrat nach eigenem Ermessen entscheidet, ob und in welchem Ausmass Stiftungsvermögen zur Zweckverwirklichung herangezogen werden darf.47
4. Professionalisierung
In den vergangenen Jahren ist auch im Bereiche der Stiftungen viel von Professionalisierung die Rede. Sie betrifft nicht nur, aber auch die Vermögensseite der Stiftung. Definitionsgemäss bedeutet Professionalisierung Verlagerung von Aufgaben aus dem Bereich der Familie, des Ehrenamtes oder der Freiwilligkeit heraus und hin zu einer bezahlten Berufstätigkeit, die spezielles Wissen und Können und damit Kompetenz voraussetzt. Ziel ist letztlich eine Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung.
Das heisst nun aber weder, dass Stiftungen in der Vergangenheit nicht professionell gearbeitet hätten, noch dass professionelles Verhalten unbedingt Bezahlung voraussetzt. Vielmehr hat die Forderung nach Professionalität allgemein, so auch für Stiftungen, in den vergangenen Jahren zugenommen. Gemeint ist damit häufig, dass jedenfalls das oberste Stiftungsorgan den Anforderungen zu genügen hat, die üblicherweise an bezahlte Berufspersonen gestellt werden, auch wenn kein oder nur eine bescheidenes Entgelt fliesst.
Das Stiftungswesen lebt sehr stark vom Gedanken der Ehrenamtlichkeit. Unentgeltliche Tätigkeit gilt für Stiftungsräte als üblich.48 Die Steuerbehörden setzen sie in der Regel für die Gewährung der Steuerbefreiung wegen gemeinnütziger Zweckverfolgung voraus. Zwar dürfen Geschäftsführer und sonstige Angestellte oder Beauftragte ohne Schaden für die Steuerbefreiung eine marktgerechte Entschädigung erhalten. Das gilt auch für Vermögensverwalter und für die Revisionsstelle, Buchhalter etc., einzig das oberste Stiftungsorgan wird demgegenüber in der Regel auf Fronarbeit verpflichtet. Ähnlich und lapidar schreibt die Eidgenössische Stiftungsaufsicht, dass Stiftungsräte grundsätzlich ehrenamtlich arbeiten. Die Schweizerische Zertifizierungsstelle für gemeinnützige, Spenden sammelnde Organisationen (Zewo),49 macht ihr Gütesiegel unter anderem davon abhängig, dass Stiftungsräte bis zu rund hundert Stunden im Jahr unentgeltliche Arbeit leisten.
Der Ruf nach Professionalisierung und damit nach beruflicher Tätigkeit steht mit diesen Anforderungen in einem Spannungsverhältnis. Auf der einen Seite wird damit vom obersten Stiftungsorgan erwartet, dass seine Leistung professionell ist und damit dem Standard bezahlter Arbeit entspricht. Auf der anderen Seite wird jedoch ein Entgelt ausgerechnet auf der obersten Verantwortungsstufe der Stiftungen in Frage gestellt.
Dazu kommt etwas Weiteres, dass nämlich gerade diese oberste Ebene, also das oberste Stiftungsorgan, für Schaden haftet, welcher widerrechtlich, verschuldet sowie adäquat verursacht entsteht. Zwar sieht Art. 99 Abs. 2 OR eine Haftungsmilderung vor, wenn ein Geschäft für den Haftenden keine Vorteile bezweckt. Diese Haftungsminderung wird im Schrifttum kontrovers beurteilt und namhafte Autoren stellen sich auf den Standpunkt, dass ein ehrenamtlicher Stiftungsrat sich nicht auf eine entsprechende Haftungsminderung berufen kann. In einer kürzlich erschienenen, der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit des ehrenamtlichen Vereinsvorstandes gewidmeten Dissertation50 meint die Autorin zwar, Ehrenamtlichkeit tauge durchaus als Reduktionsgrund. Sie empfiehlt jedoch gleichzeitig, sich nicht zu fest darauf zu verlassen. Eine jüngste, 2012 erschienene Studie aus der CEPS-Forschung- und-Praxisreihe51 setzt sich eingehend und differenzierend mit der Praxis und Problematik dieses Themas auseinander.
Last but not least gehört auch der verstärkte Ruf nach Governance52 in das Kapitel der Professionalisierung. Der Begriff hielt im Umfeld von Gesellschaften als Corporate Governance Einzug und findet als Foundation Governance angepasst auch auf Stiftungen und vergleichbare Organisationen Anwendung. Letztlich geht es dabei um einen rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Kontrolle einer Stiftung. Dieser Rahmen kann institutionalisiert53 oder individuell, auf die konkreten Bedürfnisse einer Stiftung zugeschnitten sein und in Urkunde oder Reglementen Eingang finden.
5. Venture-Philanthropie
Eine weitere Annäherung von wirtschaftlichem und gemeinnützigem Denken zeigt sich bei der in der Schweiz noch wenig erforschten Venture-Philanthropie. Bei ihr geht es nach Schönenberg54 darum, dass sich gemeinnütziges oder philanthropisches Handeln an Praktiken von Venture-Kapitalisten orientieren und um den Transfer ökonomischer Handlungsmaximen in den Non-ProfitSektor.55 Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass mit kapitalistischen, betriebswirtschaftlich durchdachten Methoden Gutes besser getan wird als mit der blossen Vergabe von Mitteln.
Venture-Philanthropie lässt sich anhand einer Reihe von Merkmalen charakterisieren. Dazu gehören die Bereitschaft, Neues zu versuchen und zu experimentieren, ein Fokus auf messbare Ergebnisse, indem mit den Geförderten Ziele oder Benchmarks vereinbart und deren Erreichung überprüft wird und der Mitteleinsatz flexibel und nach Massgabe von messbaren Ergebnissen erfolgt.
Damit einher geht eine vergleichsweise lange Dauer von Projekten von bis zu mehreren Jahren. Zu den eingesetzten Mitteln gehören typischerweise nicht bloss buchhalterisch erfassbares Geld, sondern auch Intellekt und Humankapital. Ziel ist etwa die Kapazitätsbildung auf Seiten der Empfänger, die ein starkes Engagement der Venture-Philanthropie betreibenden Personen erforderlich macht, zum Beispiel verbunden mit der Einsitznahme in Gremien von geförderten Unternehmen. Praxis und Wissenschaft in der Schweiz sind daran, erste Erfahrungen und Erkenntnisse zu diesem noch nicht stark erforschten Themenkreis zu sammeln.
6. Wirtschaftlicher Zweck
Lange war strittig, ob und wie weit sogenannte Unternehmensstiftungen zulässig sind. Das Bundesgericht hat vor rund zehn Jahren in einem Leitentscheid56 klargestellt, dass ein wirtschaftlicher Stiftungszweck57 zulässig ist. Damit sind Stiftungen, bei denen das gewidmete Vermögen ganz oder zum grossen Teil aus einem Unternehmen oder einer massgebenden Beteiligung besteht, höchstrichterlich abgesegnet, auch wenn Einzelfragen noch klärungsbedürftig sein mögen. Stiftungen können somit Unternehmen zur Finanzierung ihrer philanthropischen oder auch zum direkten Betreiben ihrer Zwecke (zum Beispiel eine Behindertenwerkstätte, ein Altersheim oder Spital) einsetzen.
7. Familienstiftungen
Familienstiftungen werden soweit ersichtlich seit Jahrzehnten nur noch vereinzelt neu errichtet.58 Es gibt gute Gründe für dieses Mauerblümchendasein der Familienstiftung in der modernen Nachlassplanung. Professor Brückner59 schreibt zu Recht, Familienstiftungen hätten angesichts der hohen Steuerlast bei der Errichtung und der anschliessenden jährlichen Besteuerung von Einkommen und Vermögen sowie angesichts der Beschränkung ihrer Tätigkeit gemäss Art. 335 Abs. 1 ZGB und der heute vorhandenen Netze praktisch keinen Sinn mehr. Einzig für die Bestreitung von Kosten der Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familienangehörigen, aber nicht für allgemeine Lebensbedürfnisse, also nicht zu Unterhalts- oder Genusszwecken, können schweizerische Familienstiftungen errichtet werden.
Dieses enge Korsett des Art. 335 ZGB wird in jüngerer Zeit vermehrt in Frage gestellt60 und ergibt namentlich angesichts eines im Jahr 2009 ergangenen internationalprivatrechtlichen Bundesgerichtsentscheides61 heute kaum mehr Sinn. Nach diesem Entscheid sind ausländische, in casu eine liechtensteinische Unterhaltsstiftung von den Schweizer Behörden und Gerichten aufgrund der international privatrechtlichen Inkorporationstheorie anzuerkennen, selbst wenn sie aus der Schweiz heraus errichtet wurden, ihr Vermögen hier verwaltet wird und ihre Destinatäre in der Schweiz ansässig sind.
Demgemäss ist Art. 335 ZGB keine loi d'application immediate und steht ausländischen Gebilden62 nicht entgegen. Wir stehen damit vor der paradoxen Situation, dass hiesige Rechtssubjekte mit der Hilfe einer liechtensteinischen Stiftung das umsetzen dürfen, was ihnen das ZGB in Art. 335 verwehrt.63 Es erstaunt daher nicht weiter, dass verschiedentlich angeregt worden ist, diese überholte Gesetzesbestimmung zu revidieren beziehungsweise neu zu justieren.64
8. Ausblick
Diese kurze Tour d'Horizon über aktuelle Themen im Umfeld der Stiftungen zeigt ohne Anspruch auf Vollständigkeit, dass das Stiftungswesen lebt und zahlreiche rechtliche Herausforderungen bestehen. Die Ausgestaltung als mitgliedslose, gleichsam sich selbst gehörende juristische Person führt zu einigen Besonderheiten, etwa im Zusammenhang mit der qua Rechtsform vorgeschriebenen staatlichen Aufsicht und damit verbundenen Rechtsmitteln, insbesondere die Aufsichtsbeschwerde.
Fehlende Eigentümer bedeuten auch, dass die Errichtung einer Stiftung mit besonderer Sorgfalt zu planen und umzusetzen ist, weil es keine Mitglieder- oder Generalversammlung gibt, die Urkunde oder Statuten laufend dem sich verändernden Umfeld anpassen kann. Vielmehr unterliegt die Stiftung dem Trennungs- oder Erstarrungsprinzip.65 Der in der Urkunde festgelegte Stifterwille ist für die Dauer der Stiftung zentral. Der Stiftungsrat hat sich an diesen Stifterwillen zu halten und es bedarf qualifizierter Gründe, damit er mit der Hilfe oder durch Verfügung der Aufsichtsbehörde Änderungen der Organisation, des Zweckes oder sogenannt unwesentlicher Art vornehmen kann.66 Ungeachtet dieser Besonderheiten bestehen zahlreiche Berührungspunkte zu anderen Rechtsträgern und Herausforderungen, die die Stiftungen mit anderen Rechtsformen teilen.
1 Zu erwähnen sind namentlich die Verbände, die sich den Interessen der Stiftungen widmen. Die breit ausgerichtete proFonds, Dachverband gemeinnütziger Stiftungen (www.profonds.org), ehemals Arbeitsgemeinschaft Gemeinnütziger Stiftungen AGES, vertritt sämtliche gemeinnützigen Stiftungen bzw. Organisationen. Demgegenüber ist Swissfoundations (www.swissfoun
dations.ch) auf die Förderstiftungen ausgerichtet. Ferner ist auf den Verband Swissfundraising hinzuweisen, der auf die professionelle und ethische Mittelbeschaffung fokussiert und auf die Schweizerische Gesellschaft der Fundraising Fachleute (SGFF) zurückgeht.
2 Das 2008 auf Initiative von Swissfoundations, dem Verband der Schweizer Förderstiftung als universitärer Thinktank ins Leben gerufene Centre for Philanthropy Studies an der Universität Basel (www.ceps.unibas.ch) und das Institut für Verbands-, Stiftungs- und Genossenschaftsmanagement VMI an der Universität Freiburg (www.vmi.ch) erforschen laufend die schweizerische Stiftungslandschaft und publizieren ihre Ergebnisse in Studien zu aktuellen Themen. Parallel hierzu hat Prof. Dominique Jakob an der Uni Zürich ein Zentrum für Stiftungsrecht (www.zentrum-stiftungs recht.uzh.ch) als universitäre Anlaufstelle für am Stiftungsrecht interessierte Personen aufgebaut, welches u.a. eine Reihe «Schriften zum Stiftungsrecht» herausgibt.
3 Der Non-Profit-Bereich umfasst Vereine, Verbände, Stiftungen, Interessengemeinschaften und andere Arten von Non-Profit-Organisationen (NPO) und kann allgemeiner als Gemeinnützigkeit, sofern volkswirtschaftlich relevant organisiert, umschrieben werden.
4 Nichts grundsätzlich Neues ist darin zu sehen, dass wirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen zum Beispiel aus Anlass eines Jubiläums Stiftungen zu gemeinnützigen Zwecken errichten, so wie das kürzlich die UBS zu ihrem 150-jährigen Bestehen mit der in Errichtung begriffenen und angekündigten UBS Foundation of Economics in Society (vgl. NZZ Nr. 92 vom 20.4.2012, S. 15, «Eine Spritze für den Forschungsplatz») oder früher etwa die Ricola-Unternehmung mit der Ricola Foundation (www.ricolafoundation.org) getan haben.
5 Siehe dazu nachstehend Ziffern 3, 4 und 5.
6 Siehe dazu insgesamt Thomas Sprecher, Die Revision des schweizerischen Stiftungsrechts, Zürich 2006.
7 00.461 - Parlamentarische Initiative vom 14.12.2000 eingereicht im Ständerat von Fritz Schiesser, Revision des Stiftungsrechts.
8 Siehe Parisima Vez, «Thesen zu einem neuen Stiftungsverständnis», in: ZBJV 2007, insb. 229 ff.
9 Siehe BGE 105 II 253 ff. und 96 II 273 ff. zum alten Recht.
10 Siehe Gotthard Steinmann, «Das neue Stiftungsrecht - ein Überblick über die zivilrechtlichen sowie steuerlichen Neuerungen», in: StR 2005, S. 466 ff., und die vom März 2008 datierten Praxishinweise zuhanden der Kantonalen Steuerverwaltungen der Arbeitsgruppe Steuerbefreiung der Schweizerischen Steuerkonferenz zum Thema Abzugsfähigkeit von freiwilligen Zuwendungen und Zweckänderungsvorbehalt im Zusammenhang mit dem revidierten Stiftungsrecht (www.steuerkonferenz.ch).
11 Art. 33 a DGB. Nach wie vor nicht abzugsfähig ist demgegenüber die Freiwilligenarbeit.
12 Heute MWSTG Art. 3 lit. i i.V.m. Art. 18 Abs. 1 lit. d.
13 Siehe dazu Arthur Meier-Hayoz / Peter Forstmoser, Gesellschaftsrecht, 10. Aufl., Bern 2006, Vorwort V.
14 Es handelt sich dabei im Kern um eine Reform des Gesellschaftsrechtes mit zahlreichen Auswirkungen auf Stiftungen, siehe Andrea Büchler / Dominique Jakob, Kurzkommentar ZGB, Basel 2012 (zit. Kurzkommentar ZGB), vor 80-89 a N 4.
15 Art. 83 b Abs. 3 und 83 a Abs. 2 ZGB.
16 Am 23.12.2011 hat das Parlament das neue Recht der kaufmännischen Buchführung und Rechnungslegung verabschiedet. Diese Bestimmungen ersetzen den bisherigen 32. Titel des Obligationenrechts. Die Referendumsfrist ist am 13. April 2012 abgelaufen. Das Datum der Inkraftsetzung ist noch nicht bekannt. Laut Übergangsbestimmungen werden die neuen Gesetzesbestimmungen erstmals für das Geschäftsjahr Anwendung finden, das zwei Jahre nach Inkrafttreten beginnt, also voraussichtlich für das Geschäftsjahr 2015. Siehe auch Botschaft vom 21.12.2007, BBl 2008, S. 1589.
17 Rev. Art 83 a ZGB (noch nicht in Kraft).
18 Art. 83 d ZGB.
19 Alt Art. 393 Ziffer 4 ZGB; vgl. dazu Bernhard Schnyder, «Tod eines Mauerblümchens - zum Abschied der juristischen Personen aus dem schweizerischen Vormundschaftsrecht», in: FS Riemer (Bern 2007), S. 351 ff.
20 Art. 83 c ZGB.
21 Art. 95 lit. i HRegV, in Kraft seit 1.1.2008. Nicht zeichnungsberechtigte und nicht im Handelsregister eingetragene Stiftungsräte gab es früher namentlich bei Stiftungen mit internationaler Strahlkraft und weltweit bekannten Persönlichkeiten im Stiftungsrat.
22 Art. 120 HRegV, in Kraft seit 1.1.2008 und dazu Praxismitteilung EHRA 4/09 vom 17.12.2009 Ziff. 4.
23 In einem weiteren Bereich ist dem Vernehmen nach das Eidgenössische Handelsregisteramt als Aufsichtsbehörde über die kantonalen Handelsregisterämter daran, eine Praxis zu bilden. Es geht um die Frage, ob bei auf freiwilliger Basis im Handelsregister eingetragenen Familienstiftungen die Kompetenz zu Urkundenänderungen und insbesondere zu Umstrukturierungen beim obersten Stiftungsorgan oder beim Gericht liegt. Die Aufhebung von Familienstiftungen fällt heute aufgrund von Art. 88 Abs. 2 ZGB in die Zuständigkeit der Gerichte. Ebenso sind die Gerichte für Anstände privatrechtlicher Natur (Art. 87 Abs. 2 ZGB) zuständig, was eine punktuelle Aufsicht der Gerichte bzw. eine antragsmässige Zuständigkeit begründet. Im nichtstreitigen Bereich gibt es über die erwähnte Aufhebungsbefugnis hinaus keine gesetzliche Grundlage für eine richterliche Zuständigkeit. Dennoch ist die Frage umstritten. Verneinend neuerdings Jakob in: Kurzkommentar ZGB, Art. 87 N 8; zum Meinungsstand BSK ZGB I-Grüninger, Art. 87 N 12 ff.).
24 Art. 120 HRegV.
25 09.3344.
26 Die Eidg. Finanzmarktaufsicht Finma bewilligt den Betrieb von der Aufsicht unterstellten Unternehmen und Organisationen, sie überwacht die Beaufsichtigten in Bezug auf die Einhaltung der Gesetze, Verordnungen, Weisungen und Reglemente sowie auf die dauernd einzuhaltenden Bewilligungsvoraussetzungen. Die Finma spricht bei Bedarf und nach Massgabe des Gesetzes Sanktionen aus, leistet Amtshilfe und reguliert. Zudem ist sie für die Anerkennung von Selbstregulierungen zuständig.
27 Art. 87. Abs. 1 ZGB.
28 Art. 87 Abs. 2 ZGB.
29 BGE 120 II 374 E.3.
30 Gemäss Art. 3 Abs. 2 lit a. der Organisationsverordnung für das Eidgenössische Departement des Innern (OV-EDI - SR 172.212.1) vom 28. Juni 2000 erfüllt das Generalsekretariat u.a. die Aufgabe der Aufsicht über die dem Bund unterstehenden gemeinnützigen Stiftungen. Gemeint sind damit alle eidg. überwachten Stiftungen, also auch solche, welche nicht gemeinnützig tätig sind.
31 Per Ende 2011 waren 3561 Stiftungen eidgenössisch überwacht.
32 Siehe Christina Ruggli-Wüest, «Neue Aufsichtsorganisation aufgrund der Strukturreform», in: Der Schweizer Treuhänder 2011, S. 360 ff.
33 Die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich (BVS) ist die kantonale Aufsichtsbehörde über Vorsorgeeinrichtungen und Einrichtungen, die nach ihrem Zweck der beruflichen Vorsorge dienen, mit Sitz im Kanton Zürich oder im Kanton Schaffhausen. Weiter beaufsichtigt sie klassische Stiftungen, die nach ihrer Bestimmung dem Kanton Zürich angehören.
34 § 15 des Gesetzes über die BVG- und Stiftungsaufsicht (BVSG) vom 11. Juli 2011 (833.1).
35 Urteil 5A_232/2010 vom 16. September 2010.
36 Kurzkommentar ZGB, Art. 83 N 12 ff.
37 Die entsprechende Formulierung in der auf der Homepage des EDI (am 23.4.2012) aufgeschalteten Musterurkunde für Stiftungen mit gesamtschweizerischem oder internationalem Charakter lautet: Der Stiftungsrat wählt eine unabhängige, externe Revisionsstelle nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen, welche das Rechnungswesen der Stiftung jährlich zu überprüfen und über das Ergebnis dem Stiftungsrat einen detaillierten Prüfungsbericht mit Antrag zur Genehmigung zu unterbreiten hat. Sie hat ausserdem die Einhaltung der Bestimmungen der Statuten (Urkunde und Reglement(e) der Stiftung) zu überwachen. Die Revisionsstelle hat bei Ausführung ihres Auftrages wahrgenommene Mängel dem Stiftungsrat mitzuteilen. Werden diese Mängel nicht innert nützlicher Frist behoben, hat die Revisionsstelle nötigenfalls die Aufsichtsbehörde zu orientieren.
38 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C_2403/2006 E.4.3 vom 30.7.2007.
39 Urteil des Bundesgerichts 5 A_274/2008 E.5.1 vom 19.1.2009.
40 Kurzkommentar ZGB, Art. 84 N 9 f.; siehe hierzu das Urteil B-1854/2011 des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.10.2011.
41 BGE 107 II 385 E.4.
42 Kurzkommentar ZGB, Art. 84 N 12.
43 Ebda.
44 A.a.O., Art. 80 N 6.
45 www.edi.admin.ch/esv.
46 Kurzkommentar, Art. 80 N 15.
47 Eine ausgleichende Vergabepolitik mit vergleichsweise grosszügigen Leistungen in schwierigen Zeiten und Zurückhaltung in normalen Zeiten kann durchaus sinnvoll sein, und es gibt Stiftungen, die diese Philosophie in Krisenzeiten, wenn die Bedürfnisse der Destinatäre steigen, bewusst anwenden, auch wenn dann die Ertragslage der Stiftung möglicherweise ebenfalls angespannt ist.
48 Art. 394 Abs. 3 OR.
49 www.zewo.ch.
50 Tina Putschert, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des ehrenamtlichen Vereinsvorstandes, Diss. Zürich 2012, insb. Rz 199.
51 Band 5, Die Honorierung der obersten Leitungsorgane von Nonprofit-Organisationen - eine Situationsanalyse und Diskussionsgrundlage von Kaspar Müller und Daniel Zöbeli.
52 Kurzkommentar ZGB, Art. 83 N 18 ff.
53 Bekannt sind derzeit zwei Codes: der auf Förderstiftungen zugeschnittene Swiss Foundation Code (www.swissfoundations.ch/de/swiss-foundation-code) und der auf Spenden sammelnde Hilfswerke zugeschnittene Swiss NPO-Code (www.swiss-npocode.ch).
54 Vgl. Daniela Schönenberg, Venture Philanthropie - Zulässigkeit und haftungsrechtliche Konsequenzen für Schweizer Stiftungen und deren Organe, Diss. Basel 2011.
55 A.a.O., S. 6 f.
56 BGE 127 III 337 ff.
57 Vgl. Harold Grüninger, «Unternehmensstiftung», in: Entwicklungen im Gesellschaftsrecht V (Hrsg. Peter V. Kunz, Florian S. Jörg und Oliver Arter), Bern 2010, S. 19 ff., mit Verweisen auf einige kritische Stimmen, insb. auf Paul Eitel, «Die Stiftung als Instrument zur Perpetuierung von Aktiengesellschaften?», in: FS Riemer, Bern 2007, S. 79, welcher die Frage stellt (S. 94 f.), ob es sich tatsächlich rechtfertigen lässt, dem Unternehmer mit dem personenrechtlichen Instrument der Unternehmensstiftung die Schaffung eines perpetuum mobile zum Zwecke der Unternehmenserhaltung zu gestatten und damit mehr zu ermöglichen, als ihm anhand
des - für die Umsetzung solcher Zwecke doch wohl «prädestinierten» - aktienrechtlichen Instrumentariums möglich ist.
58 So zum Beispiel die auf freiwilliger Basis im Handelsregister eingetragene Fondation de la famille de Dominique Alvazzi (Eintrag 23.9.2005) in Yverdon-les-Bains; die am 18.7.2007 mit Sitz in Freienbach SZ eingetragene Familienstiftung Kuster-Bleisch, die u.a. «Kustertreffen» organisiert, Stammbaumforschung betreibt und Beiträge an in Not geratene Familienmitglieder leistet, oder die Asbach-Familienstiftung, die am 22.4.2008 mit Sitz in Zug errichtet wurde.
59 Christian Brückner, Schweizerisches Beurkundungsrecht, Zürich 1993, Rz 2319.
60 Z.B. von Michael Hamm / Stefanie Peters, «Die Schweizerische Familienstiftung - ein Auslaufmodell?», in: successio 2008, S. 248; Peter Max Gutzwiller, «Die Zulässigkeit der schweizerischen Unterhaltsstiftung», in: AJP 2010, S. 1559 ff.
61 BGE 135 III 614, vgl. dazu u.a. Oliver Arter, «Ausländische Familienunterhalts-Stiftungen», in: successio 2011, 125 ff.
62 Der erwähnte Bundesgerichtsentscheid betraf eine liechtensteinische Stiftung. M.E. gilt er jedoch mutatis mutandis auch für korrekt errichtete und betriebene ausländische Trusts. So Jakob Picht, «Der trust in der Schweizer Nachlassplanung und Vermögensgestaltung. Materiellrechtliche und internationalprivatrechtliche Aspekte nach der Ratifikation des HTÜ», in: AJP 2010, S. 856 ff., insb. S. 863.
63 Siehe Thomas Sprecher, «Braucht die Schweiz ein neues Vehikel zur privatnützigen Vermögensperpetuierung?», in: Perspektiven des Stiftungsrechts in der Schweiz und in Europa (Hrsg. Jakob), Basel 2010, S. 183 ff., insb. S. 187 f.
64 Kurzkommentar ZGB, Art. 335 N 21 f.; Hans-Rainer Künzle, «Familienstiftung - Quo vadis?», in: FS Riemer (Bern 2007), S. 173 ff.
65 Dazu Kurzkommentar ZGB, Art 86 a N 2.
66 Art. 86 ff. ZGB.