Am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg sind die Erfolgschancen extrem klein: Über 90 Prozent der Beschwerden werden für unzulässig erklärt – und dies oft aus materiellen Gründen.

In den letzten Jahren erhöhte Strassburg die Hürden für die Beschwerdeführer weiter: Wer die formellen Voraussetzungen nicht genau einhält, blitzt ohne Prüfung des Inhalts der Beschwerde im Schnellverfahren ab. 

Das erlebten mehrere Anwälte, die vom EGMR in kurzen Briefen informiert wurden, dass ihre Beschwerde nicht geprüft werde, weil sie Artikel 47 der Verfahrens­ordnung sowie die Erläuterungen zum Beschwerdeformular nicht eingehalten hätten. 

Bei den vermeintlichen Ver­stössen han­delte es sich in einem Fall um eine falsch kopierte Seite im Anhang zur Beschwerde. In ­einem anderen Fall war die Vollmacht nicht auf dem Beschwerdeformular selbst, sondern auf ­einem separaten Dokument unterschrieben. Eine weitere Beschwerde wurde gar nicht erst geprüft, weil die Erläuterungen auf den – grundsätzlich erlaubten – Zusatzseiten vom Gerichtshof als Fortsetzung der materiellen ­Argumente angesehen wurden und nicht als ergänzende Erläuterungen. 

Immerhin kann in solchen Fällen dem EGMR eine nachgebesserte Beschwerde eingereicht werden. Möglich ist das aber nur innerhalb der Beschwerdefrist von sechs Monaten. Es empfiehlt sich daher, Beschwerden mindestens einen Monat vor Fristablauf abzusenden. 

Rückfragen an das Gericht sind zwecklos. Bei der Zurückweisung der Eingaben wegen formellen Mängeln heisst es in der Mitteilung an die Rechtsvertreter jeweils: «Der Gerichtshof wird auf schriftliche oder telefonische Anfragen im Zusammenhang mit der Unvollständigkeit dieser Akte nicht antworten.»