Die Schweiz hat die Todesstrafe abgeschafft – in Untersuchungshaft sterben aber im Durchschnitt jedes Jahr fünf Beschuldigte. Im Zeitraum von 2003 bis 2012 waren insgesamt 51 Untersuchungshäftlinge aus dem Leben geschieden.

Strafvollzugsexperte Benjamin F. Brägger sieht einen wesentlichen Grund dafür im Inhaftierungsschock: «Bei Menschen, die vorher noch nichts mit der Justiz zu tun hatten, ist er besonders gross.» Das gelte insbesondere für Inhaftierte, die ­einen hohen sozialen Status und Prestige zu verlieren hätten wie etwa Kaderangestellte. Würden auch noch die Medien über einen Fall berichten, falle der Betroffene häufig in ein Loch.

Brägger kritisiert aber auch die Haftbedingungen: «Auch diese führen dazu, dass es in Untersuchungshaft zu so vielen Suiziden kommt.» Die Untersuchungshaft sei die strengste Haftform, obwohl die Unschuldsvermutung gelte. «Grundsätzlich ist man da 23 Stunden pro Tag mit einem Fernsehgerät eingesperrt.»

Zudem fehlt es laut Brägger  oft an Personal. Und die Untersuchungsgefängnisse sind meist stark gefüllt bis überfüllt. Um die Anzahl ­Suizide in Untersuchungshaft zu verringern, müsste der Bund laut Brägger auch für die Unter­suchungshaft Bausubventionen bezahlen – wie dies für den Strafvollzug gilt. Bisher seien nur die Kantone für die U-Haft zuständig. Mit den Bausubventionen könnte der Bund Mindeststandards verlangen.