Der heute 79-jährige Edmund Schönenberger war Anfang der Siebzigerjahre Mitbegründer des Zürcher Anwaltskollektivs. Bekannt wurde er durch seinen Einsatz für die Insassen psychiatrischer Kliniken, für die sich vorher kaum ein Anwalt interessiert hatte. Als Mitbegründer der ­Vereine Psychex und Psychexodus setzt er sich seit über 40 Jahren für Menschen ein, die gegen ihren Willen in einer psychiatrischen ­Anstalt untergebracht und behandelt werden. Wenn er heute schreibt, die «globale Zwangspsychiatrie der letzten 140 Jahre hat die Inquisition oder den ­Holocaust – auch was die Zahl der Toten anbelangt – weit in den Schatten gestellt», löst das Kopfschütteln aus. ­Darauf angesprochen, antwortet er: «Mir ist klar, ich kann nicht nachvollzogen werden.» Das wäre nur möglich, wenn jemand selbst über ­Monate in Zuchthäuser, psychiatrische Anstalten und Heime ­hineingesehen hätte «und ein paar Hundert Zwangspsychiatrisierte angehört und verteidigt hat».

Obwohl über 34 000 solche Dossiers durch seine Hände gegangen sind, hat Schönenberger den Humor nicht verloren. Er sei ein Vierteljahrhundert durch das Schweizer ­Erziehungssystem gehirngewaschen worden: «Danach glaubte ich, im besten Land der Welt zu leben.» Erst als Anwalt sei er «auf die Welt gekommen». «Die Vermarktung der westlichen Länder als Demokratien ist zum wohl gelungensten Betrug der Menschheitsgeschichte zu zählen.» Kommt der Mann in Fahrt, ist er kaum aufzuhalten – selbst per Videochat.

Schönenberger lebt seit 27 Jahren weitgehend als Selbstversorger auf einem kleinen Hof «in einem hinter­serbischen Bauernkaff». Sein Tagesablauf: «Acht Stunden Schlaf, zwei Stunden für die Organisation von Speis, Trank und Holz zum Kochen und Heizen.» 14 Stunden würden ihm bleiben, um via die neuen ­Kommunikationsmittel «insbesondere die Befreiung psychiatrisch Versenkter weiterhin zu organisieren». Er unterzeichnet seine Beschwerden weiterhin mit «Sein eigener Souverän».