1. Rechtsgrundlagen
1.1 Verfassung
Die Bundesverfassung befasst sich in Art. 64a BV ausdrücklich mit der Weiterbildung.1 Diese Bestimmung gibt dem Bund den Auftrag und die Kompetenz, Grundsätze über die Weiterbildung festzulegen,2 und bildet die Verfassungsgrundlage für die Förderung der Weiterbildung durch den Bund.3 Während der Bund Grundsätze zur Weiterbildung aufstellen muss, schreibt die Verfassung dem Bund nicht keine Förderung vor, sondern überlässt den Entscheid dem Gesetzgeber.
Soweit der Bund die Weiterbildung fördern will, lässt die Verfassung auch die Mittel für diese Förderung offen. Sie kann durch finanzielle Beiträge oder auf andere Weise erfolgen. Zurzeit liegt dem Parlament ein Gesetzesentwurf vor, der die Förderung der Weiterbildung durch den Bund regeln und diese als Teil des lebenslangen Lernens im Bildungsraum Schweiz stärken soll.4 Das zeigt auch, dass sich lebenslanges Lernen nicht nur auf die Weiterbildung beziehen kann.
Es wäre allerdings verfehlt, in Art. 64a BV die einzige Verfassungsgrundlage für Bundesnormen zur Weiterbildung zu sehen. Grundlagen finden sich vielmehr in den unterschiedlichsten Zusammenhängen, was sich auch in der Gesetzgebung spiegelt. Die Weiterbildung kann verschiedene Funktionen haben und entsprechend zur Erreichung unterschiedlichster Verfassungsziele eingesetzt werden. Dabei braucht sie in der Verfassung nicht ausdrücklich als Mittel erwähnt zu werden. Die berufsorientierte Weiterbildung erhält die Arbeitsmarktfähigkeit einer Person, damit sie den Lebensunterhalt durch Arbeit bestreiten kann. Insofern dient die Weiterbildung dem Erreichen der in der Bundesverfassung verankerten Sozialziele.5 Wohl ergeben sich aus diesen Sozialzielen keine zusätzlichen Kompetenzen des Bundes und es können auch keine Leistungsansprüche gegenüber dem Staat abgeleitet werden.6 Die Bestimmung verpflichtet aber den Bund im Rahmen seiner sonstigen Kompetenzen und subsidiär zur persönlichen Verantwortung und zu privaten Initiativen,7 diesen Sozialzielen Rechnung zu tragen. Die Weiterbildung – und damit auch deren Förderung – ist ein sehr effizientes Mittel dafür.
Erstaunlicherweise kommen diese Ziele der Weiterbildung im Entwurf zu einem neuen Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) nicht zum Ausdruck. Weder bei der Umschreibung der Ziele8 des neuen Gesetzes noch bei den Grundsätzen9 wird der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit aufgeführt. Im Zusammenhang mit der Verbesserung der Chancengleichheit erwähnt Art. 8 Bst. d wohl, dass mit der Weiterbildung «die Arbeitsmarktfähigkeit gering qualifizierter Personen» verbessert werden soll. Die Einschränkung auf «gering qualifizierte Personen» verkennt aber, dass auch hochqualifizierte Personen mit Blick auf den schnellen technischen und wirtschaftlichen Wandel der Weiterbildung bedürfen, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu bewahren. Gerade hochspezialisierte Arbeitnehmer laufen Gefahr, wegen ihrer Qualifikation auf einem schmalen Fachgebiet in die Arbeitslosigkeit zu stürzen.
Nicht subsidiär, sondern primär – aber ergänzend zur privaten Initiative – ist der Bund bei der Invalidenversicherung und Arbeitslosenversicherung zuständig.10 Bei beiden besteht ein direkter Zusammenhang mit der Arbeitsmarktfähigkeit. Weiterbildung ist ein wesentliches Element zur Vermeidung von Versicherungsfällen. Der Bund kann im Rahmen dieser Sozialversicherungen somit auch die Weiterbildung regeln. Soweit es darum geht, dabei das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu regeln, stützt er sich auf seine Zuständigkeit zur Regelung der Arbeitsverhältnisse.11 Soweit er dafür zivilrechtliche Mittel einsetzt, ist die Zuständigkeit des Bundes für das gesamte Zivilrecht und das Zivilprozessrecht zu beachten.12 Der Bund hat zudem in weiteren Bereichen eine Förderzuständigkeit, insbesondere bei Sport, Kultur im Allgemeinen, Sprachen und Film.13 Häufig umfasst diese Förderung auch die Unterstützung der Weiterbildung in der einen oder anderen Form.14
Die berufliche Weiterbildung dient schliesslich auch dem Schutz Dritter oder der Umwelt. Das ist der Fall, wenn eine bestimmte Tätigkeit besondere Fähigkeiten und Kenntnisse voraussetzt, die sich wandeln. Für solche Tätigkeiten genügt der Nachweis einmal erworbener Fähigkeiten nicht. Vielmehr ist es notwendig, dass die betroffenen Personen auf dem neusten Stand des Wissens bleiben und sich neue Fähigkeiten aneignen.
Soweit der Schutz Dritter und der Umwelt zu den Aufgaben des Bundes gehört, kann es sich sehr wohl als notwendig erweisen, dass der Bund auch die entsprechende Weiterbildung regelt und gegebenenfalls unterstützt.
1.2 Gesetze, Verordnungen
Im Anhang zum Bericht des EVD über eine neue Weiterbildungspolitik des Bundes von 200915 sind die Normen des Bundesrechts zusammengestellt, die sich zur Weiterbildung äussern. Sie finden sich über das ganze Bundesrecht verstreut in den unterschiedlichsten Zusammenhängen und nicht nur in den Gesetzen zur Berufsbildung und zu den tertiären Bildungsanstalten. Zudem hat der Bundesrat dem Parlament einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) mit Botschaft vom 15. Mai 2013 unterbreitet,16 das eine Förderung der Weiterbildung durch den Bund regeln soll.
Soweit der Schutz Dritter oder der Umwelt zu den Aufgaben des Bundes gehört, finden sich in den entsprechenden Gesetzen Normen zur Weiterbildung. Sie können von einer blossen Förderung durch den Bund bis hin zu einer eigentlichen Verpflichtung zur Weiterbildung gehen, vorab in der Luftfahrt und den Medizinalberufen,17 aber auch in vielen weiteren Bereichen. Die Gesetze unterscheiden in der Regel nicht danach, ob die weiterzubildende Person in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber steht oder nicht. Sie halten vielmehr fest, dass die verantwortliche Person innerhalb des Betriebes über die nötige Aus- und die nötigen Weiterbildungen verfügen muss. In der Regel wird der Betriebsinhaber in die Verantwortung genommen.
Staatliche Subventionen sind schliesslich auch die Steuerbegünstigungen. Solche finden sich bei der Mehrwertsteuer und sowohl bei der direkten Bundessteuer wie auch bei der Harmonisierungsgesetzgebung bezüglich der Abzugsfähigkeit von Berufskosten.18
Im Arbeitsrecht19 selbst finden sich nur ganz wenige Bestimmungen. Ausdrücklich wird die Weiterbildung nur bei der öffentlich-rechtlichen Definition der Arbeitszeit erwähnt.20 Es geht dort um die Frage, wann die Zeit für Weiterbildungen bei der Ermittlung der höchstzulässigen Arbeitszeiten mitgerechnet werden muss.
Das Arbeitsvertragsrecht enthält keine allgemeine Bestimmung, die berufliche Weiterbildungen regelt. Der Lehrvertrag betrifft die berufliche Grundausbildung, nicht die Weiterbildung. Zudem ist die Ausbildung sein Zweck.21 Vorliegend geht es aber um Arbeitsverträge, deren Zweck einzig die Arbeitsleistung ist. Die Weiterbildung soll nur nebenbei erfolgen. Nur im Bereich der Jugendarbeit besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Bildungsurlaub.22 Er betrifft aber nur die unentgeltliche ausserschulische Jugendarbeit, nicht die Weiterbildung an sich.
Mit Blick auf die geringe Normendichte des schweizerischen Rechts verwundert es nicht, dass eine ausdrückliche Regelung fehlt. Mit Art. 328 OR verfügt das Arbeitsvertragsrecht über eine genügend offene und flexible Bestimmung, um Regeln zur Weiterbildung bilden zu können. Nach dieser Bestimmung hat die Arbeitgeberin die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zum Schutze von dessen Leben und Gesundheit die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind, soweit diese ihr mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung billigerweise zugemutet werden können. Zu den durch diese Bestimmung geschützten Persönlichkeitsrechten gehört auch das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers.23 Für die Frage, welche Ansprüche aus Art. 328 OR bezüglich der Weiterbildung abgeleitet werden können, sind die sehr allgemeine Fassung dieser Norm und ihr Umfeld zu beachten. Insbesondere ergeben sich gewisse Schlüsse aus dem Umstand, dass und der Art und Weise, wie der Anspruch auf Urlaub für Jugendarbeit in Art. 329e OR geregelt ist. Zudem wird sich aus dem neuen Bundesgesetz über die Weiterbildung ausdrücklich die Verpflichtung der öffentlichen und privaten Arbeitgeber ergeben, die Weiterbildung ihrer Angestellten zu begünstigen. Daraus können folgende Schlüsse gezogen werden:25
- Es besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf unbezahlten Urlaub. Ausnahmen sind je nach Art der Weiterbildung möglich.26
- Beim Umfang des Urlaubs kann man sich am Urlaub für Jugendarbeit orientieren, wo maximal eine Arbeitswoche vorgesehen ist. Der Umstand, dass ein Urlaub für eine Weiterbildung nur aus der allgemeinen Fürsorgepflicht abgeleitet werden kann und nicht ausdrücklich geregelt ist, spricht eher für einen Anspruch kürzerer Dauer. Dagegen führt die Berufsorientierung des Urlaubs zu einem engeren Zusammenhang mit dem konkreten Arbeitsverhältnis, was für eine längere Dauer spricht. Sie muss im Einzelfall aufgrund der Art der Weiterbildung und der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses bestimmt werden.
- Aus den allgemeinen Regeln über das Weisungsrecht der Arbeitgeberin und dem Zusammenspiel zwischen Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin und Treuepflicht des Arbeitnehmers ergibt sich, dass sich die Parteien über den Zeitpunkt des Weiterbildungsurlaubs zu verständigen haben.
- Die Arbeitgeberin darf – analog zum Urlaub für Jugendarbeit27 – eine Bestätigung über den tatsächlichen Besuch der entsprechenden Weiterbildung verlangen. Die Arbeitgeberin hat aber keine Sanktionsmöglichkeit, wenn der Arbeitnehmer den Kurs zwar besucht, aber Prüfungen nicht besteht.
2. Arbeitszeit, Lohn
Neben der Frage, ob grundsätzlich ein Anspruch besteht, eine Weiterbildung zu besuchen, stellt sich die Frage, ob diese als Arbeitszeit anzurechnen ist. Dabei sind zwei Problemkreise zu unterscheiden. Es ist möglich, dass ein und dieselbe Stunde in einem Zusammenhang als Arbeit zählt und im anderen nicht.
2.1 Arbeitsvertragsrecht
Zum einen ist relevant, ob es sich um Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsvertragsrechts handelt, also ob der Arbeitnehmer mit dem Besuch der Weiterbildung der Arbeitgeberin eine vertragliche Leistung erbringt. Trifft dies zu, ist die entsprechende Zeit zu entschädigen, weil die Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag immer entgeltlich ist.28 Dies folgt aus Art. 319 OR.
Wie hoch dieser Lohn ist, bestimmen die Parteien gemeinsam. Haben sie sich auf nichts Abweichendes geeinigt, ist – soweit es sich um Arbeitszeit handelt – der gleiche Lohn geschuldet wie für die sonstige Arbeit. Somit können auch Überstunden gemäss Art. 321c OR entstehen, die ohne andere Vereinbarung mit einem Zuschlag zu entschädigen sind.
2.2 Arbeitsgesetz
Zum andern ist zu klären, ob es sich um Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsgesetzes handelt. Das Arbeitsgesetz schreibt Maximalarbeitszeiten vor.29 Sie können zwar unter bestimmten Voraussetzungen überschritten werden.30 Solche Überzeit ist zusätzlich und mit einem Zuschlag zu entschädigen, sofern sie nicht durch Freizeit innert einer angemessenen Zeit ausgeglichen wird.31 Überdies muss die Arbeitszeit in einer bestimmten Weise über die Woche verteilt werden, Nacht- und Sonntagsarbeit ist grundsätzlich verboten.32 Gehört die Weiterbildung zur Arbeitszeit, gelten diese Regeln auch für die Weiterbildung.
Art. 13 Abs. 4 ArGV 1 hält fest, dass eine Weiterbildung dann als Arbeitszeit zählt, wenn sie auf Anordnung der Arbeitgeberin besucht wird oder von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist. Diese Regelung umfasst nicht nur die entsprechenden Lehrveranstaltungen, sondern auch die für eine Vor- und Nachbereitung aufgewendete Zeit.
2.3 Arbeitsplatzspezifische Weiterbildung
Arbeitsplatzspezifische Weiterbildungen werden von der Arbeitgeberin angeordnet, soweit sie nicht bereits vom Gesetz vorgeschrieben sind. Die Anordnung braucht nicht ausdrücklich zu erfolgen, sondern kann sich aus den Umständen ergeben, zum Beispiel wenn sich ein Angestellter zu einer arbeitsplatzspezifischen Weiterbildung anmeldet und die Arbeitgeberin davon erfährt und nicht darauf reagiert. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass solche Weiterbildungen stets im unmittelbaren Interesse der Arbeitgeberin liegen.
Weil der Arbeitsvertrag zwingend entgeltlich ist, können die Parteien auch nicht vereinbaren, dass diese Weiterbildung ohne Lohn erfolgt. Da aber die Lohnhöhe von den Parteien frei bestimmt werden kann,33 ist es zulässig zu vereinbaren, dieser Lohn sei im übrigen Lohn inbegriffen.
Es liegt auf der Hand, dass die Abgrenzung zwischen arbeitsplatzspezifischer und anderer beruflicher Weiterbildung im Einzelfall schwierig sein kann. Das hat aber keinen Einfluss darauf, dass diesem Kriterium entscheidende Bedeutung zukommt.
2.4 Allgemeine Weiterbildungen
Geht es um eine nicht arbeitsplatzspezifische Weiterbildung, handelt es sich grundsätzlich um eine Freizeitbeschäftigung, nicht um Arbeit. Umfang und Intensität der Weiterbildung sind dabei ohne Bedeutung. Um eine Freizeitbeschäftigung handelt es sich, weil der Zusammenhang mit einem konkreten Arbeitsverhältnis fehlt – selbst dann, wenn die Weiterbildung für die Arbeit nützlich ist, was häufig vorkommt. Anders verhält es sich laut Arbeitsgesetz,34 wenn eine Weiterbildung durch die Arbeitgeberin angeordnet wurde oder sie gesetzlich vorgeschrieben ist.
Die gleiche Regel wie für das ArG muss auch für das Arbeitsvertragsrecht gelten. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, seine Arbeitszeit zur Verfügung zu halten. Die Arbeitgeberin konkretisiert die zu erbringende Leistung im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung. Beschliesst der Arbeitnehmer selbst, eine Weiterbildung zu besuchen, hält er in dieser Zeit seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung; wenn die Arbeitgeberin demgegenüber die Weiterbildung bestimmt, befolgt er diese Weisung im Rahmen seiner Arbeitspflicht und erbringt seine vertragliche Leistung. Entsprechend ist es zu entlöhnende Arbeitszeit.35 Vom Umfang her kann es sich um Überstunden handeln, die – andere Vereinbarungen vorbehalten – mit Zuschlag zu entschädigen sind, sofern kein Ausgleich durch Freizeit stattfindet.36
3. Kosten
3.1 Allgemeine Regeln
Art. 327a Abs. 1 OR schreibt vor, dass die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer alle für die Ausführung der Arbeit notwendigen Auslagen zwingend zu ersetzen hat. Abreden, nach denen der Arbeitnehmer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu tragen hätte, sind nichtig.37 Daher muss die Arbeitgeberin auch für die Weiterbildungskosten aufkommen, die zur Berufsausübung nötig sind.
Ob eine Weiterbildung notwendig ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Die Notwendigkeit gemäss Gesetz kann sich aus drei Gründen ergeben:
- Wenn sie vom Gesetz vorgeschrieben ist. Wie dargelegt, gibt es Bereiche, in denen der Gesetzgeber zum Schutze Dritter oder der Öffentlichkeit eine dauernde Weiterbildung vorschreibt.38
- Für die Ausübung der konkreten Tätigkeit ist die Weiterbildung aber auch notwendig, wenn sie von der Arbeitgeberin vorgeschrieben oder verlangt wird. Es liegt auf der Hand, dass sie dann auch die Kosten tragen muss.39
- Die Notwendigkeit kann sich auch aus deontologischen Regeln ergeben. In gewissen Berufen setzten die Verbände entsprechende Standards. Können diese Standards als allgemein anerkannt betrachtet werden und verlangen sie eine stete Weiterbildung, so ist sie für eine korrekte Ausübung des Berufes notwendig. Entsprechend hat die Arbeitgeberin für die Kosten aufzukommen. Art. 328 Abs. 2 OR verpflichtet die Arbeitgeberin ausdrücklich auch zu jenen Vorkehren, «die nach der Erfahrung notwendig» sind, und nicht nur zu den gesetzlich vorgeschriebenen.
Aus Art. 327a OR muss der Umkehrschluss gezogen werden, dass Kosten für eine Ausbildung, die nur wünschbar oder sinnvoll, aber weder von Gesetz noch Berufsverbänden vorgeschrieben und von der Arbeitgeberin auch nicht angeordnet worden ist, von dieser nicht zu übernehmen sind.40 Eine Übernahmepflicht setzt eine Vereinbarung voraus,41 die selbstverständlich auch stillschweigend geschlossen werden kann.
Heikel wird die Abgrenzung, wenn für eine Ausbildung keine gesetzliche oder deontologische Notwendigkeit besteht und sie auch nicht von der Arbeitgeberin angeordnet wurde, sie aber als ausschliesslich arbeitsplatzspezifisch qualifiziert werden muss. In diesem Fall kommt sie direkt der Arbeitgeberin zugute. Sofern die Arbeitgeberin Kenntnis von der entsprechenden Weiterbildung hatte, muss sie deshalb die Kosten übernehmen. Abweichende Vereinbarungen sind ausgeschlossen.42 Will die Arbeitgeberin für die Kosten nicht aufkommen, so hat sie eine Weisung zu erteilen, die Weiterbildung nicht zu besuchen.
3.2 Ausbildungs- und Einarbeitungskosten
Viele Stellen setzen eine bestimmte Ausbildung voraus. Im Gegensatz zu einer Weiterbildung müssen solche Ausbildungen abgeschlossen sein, bevor die eigentliche Tätigkeit überhaupt aufgenommen werden kann. Hier genügt die Notwendigkeit nicht dafür, dass die Kosten von der Arbeitgeberin übernommen werden müssen. Mangels anderer Vereinbarung besteht eine solche Pflicht nur, wenn die Ausbildung arbeitsplatz- oder betriebsspezifisch ist.
Kosten für eine sogenannte Einarbeitung hat die Arbeitgeberin in jedem Fall zu übernehmen.43
3.3 Rückforderung nach Kündigung
Muss die Arbeitgeberin nach den dargelegten Grundsätzen zwingend die Kosten für eine Weiterbildung übernehmen, so kann sie das Geld nicht zurückverlangen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird. Anders sieht es aus, wenn die Arbeitgeberin die Rückerstattung von Kosten rein vertraglich übernommen hat. Eine Rückerstattungspflicht setzt stets eine Vereinbarung voraus, die formlos geschlossen werden kann, aber von der Arbeitgeberin im Einzelfall zu beweisen ist.
In der Lehre und der Rechtsprechung ist umstritten, in welchem Umfang solche Vereinbarungen zulässig sind.44 Schranken ergeben sich aus den Regeln über die zwingende Kostentragung für notwendige Weiterbildungen und aus dem Verbot übermässiger Bindungen45 sowie der formellen und materiellen Kündigungsparität.46
4. Weitere Folgen
Es stellen sich selbstverständlich eine Vielzahl weiterer arbeitsrechtlicher Fragen. So ist zu fragen, ob der Ferienanspruch auch während der Zeit einer Weiterbildung wächst und in welchem Umfang der Arbeitnehmer für die Weiterbildung auch Material der Arbeitgeberin verwenden kann. Für die Antworten ist grundsätzlich von den gleichen Überlegungen auszugehen wie für die Frage der Arbeitszeit, des Lohnes und der Kosten. Eine Vertiefung dieser Fragen ist hier jedoch nicht möglich.
Zu beachten ist schliesslich, dass die Weiterbildung auch Fragen in an das Arbeitsrecht angrenzenden Rechtsgebieten stellt. Zu denken ist insbesondere an das Steuerrecht und an das Sozialversicherungsrecht. Mit Ersterem lassen sich in jedem Fall gewisse Anreize für eine Weiterbildung schaffen, auch wenn sie von der Arbeitgeberin nicht bezahlt wird. Allerdings ist zu beachten, dass die Möglichkeit von Steuerabzügen sich auf die Einkommensschichten unterschiedlich auswirkt. Steuerabzüge dürften insbesondere bei jenen Bevölkerungsschichten Anreize schaffen, die schon jetzt die vorhandenen Weiterbildungsangebote überdurchschnittlich in Anspruch nehmen, während sie bei jenen, die die Weiterbildung am nötigsten haben, wenig Wirkung zeigen werden.47
Das Sozialversicherungsrecht geht demgegenüber erheblich weiter, indem es dem Versicherungsnehmer eigentliche Weiterbildungsobliegenheiten auferlegt, die überdies von der Versichertengemeinschaft jedenfalls teilweise bezahlt werden. Damit ein Arbeitsloser Leistungen der Arbeitslosenversicherung beanspruchen kann, muss er an arbeitsmarktlichen Massnahmen teilnehmen, die seine Vermittlungsfähigkeit fördern.48 Solche Weiterbildungen und Umschulungen sind ausdrücklich auch vorgesehen für Personen, die zwar noch nicht arbeitslos, aber unmittelbar von einer Arbeitslosigkeit bedroht sind.49 Die Arbeitslosenversicherung übernimmt die entsprechenden Kosten ganz oder teilweise. Soll der Arbeitnehmer einen solchen Kurs besuchen können, muss die Arbeitgeberin ihm aber dafür einen Urlaub gewähren. Insoweit ist wohl ein Anspruch des Arbeitnehmers gegeben.
Auch die Invalidenversicherung sieht zu Recht solche Obliegenheiten vor. Der Grundsatz «Eingliederung vor Rente» verlangt, dass eine Person mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung sich gegebenenfalls umschult oder weiterbildet, um an einem ihren Fähigkeiten angepassten Arbeitsplatz weiter am Erwerbsleben teilhaben zu können. Schon bei der Früherfassung, welche den bisherigen Arbeitsplatz dem Versicherten erhalten oder die Eignung für einen neuen Arbeitsplatz innerhalb oder ausserhalb des bisherigen Betriebes schaffen soll, kann der Besuch von Ausbildungskursen angeordnet werden.50 Auch hier fragt sich somit, ob die betroffene Person in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer gegenüber ihrer Arbeitgeberin Anspruch auf einen Bildungsurlaub hat, wenn sie von der Sozialversicherung in ihrer Eigenschaft als Versicherungsnehmer zum Kursbesuch verpflichtet wird.51
Ist eine Invalidität bereits eingetreten, hat der Versicherte sogar Anspruch auf eine Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Erwerbsfähigkeit so erhalten oder verbessert wird.52 Bei einer Teilinvalidität kann auch in diesen Fällen sehr wohl ein Arbeitsverhältnis weiterbestehen, sodass die Umschulung nur möglich ist, wenn der Arbeitnehmer dafür von seiner Arbeitgeberin einen Urlaub erhält. Auch hier kann insoweit ein Anspruch angenommen werden.
Zweifellos sind weitere solche Konstellationen bei anderen Sozialversicherungszweigen und den Privatversicherungen zu finden. Die allgemeine Schadenminderungspflicht kann sehr wohl eine Weiterbildung von einem Geschädigten erfordern. Auf diese Fragen kann hier aber nicht näher eingegangen werden.
5. Verpflichtung
5.1 Pflichten der Arbeitgeberin
Eine Verpflichtung, dem Arbeitnehmer einen Weiterbildungsurlaub zu gewähren, kann sich aus dem Gesetz, einem Gesamtarbeitsvertrag oder aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Das Gesetz sieht solche Verpflichtungen in Spezialgesetzen vor, wenn Betriebe bestimmte Produkte herstellen, bei denen eine Qualitätssicherung für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit von Bedeutung ist.53 Schreibt das Gesetz für bestimmte Berufe eine besondere Weiterbildung vor, so
- hat die Arbeitgeberin ihre Arbeitnehmer anzuweisen, diese Ausbildungen zu besuchen,
- handelt es sich bei der aufgewendeten Zeit um Arbeitszeit, für die ein Lohnanspruch besteht,
- hat die Arbeitgeberin die Kosten der Weiterbildung zu tragen.
Ist die Weiterbildung in einem Gesamtarbeitsvertrag oder Einzelarbeitsvertrag geregelt, so richtet sich die Frage, ob die Arbeitgeberin zur Gewährung eines Bildungsurlaubs verpflichtet ist und welche Rechte sich aus dem Besuch einer Weiterbildung ergeben, nach diesem Vertrag. Grundsätzlich besteht Vertragsfreiheit. Handelt es sich jedoch um eine notwendige oder von der Arbeitgeberin angeordnete Weiterbildung, sind die Kosten in jedem Fall von der Arbeitgeberin zu übernehmen und die aufgewendete Zeit stellt zu entlöhnende Arbeitszeit dar. In gewissen Wirtschaftsbereichen ist die Weiterbildung in den Gesamtarbeitsverträgen ausführlich geregelt und sozialpartner-schaftlich organisiert.
Besteht kein gesetzliches Obligatorium für eine Weiterbildung, setzen aber die allgemein anerkannten Regeln des entsprechenden Berufs oder Gewerbes eine Weiterbildung voraus, so ist davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin eine Pflicht zur Gewährung und Bezahlung der Weiterbildung trifft, wie wenn eine gesetzliche Vorschrift bestünde. Es ist dem Arbeitnehmer nicht zumutbar, seine Arbeit in Verletzung der anerkannten Berufsregeln auszuüben.
Die Rechtsordnung anerkennt solche deontologischen Sorgfaltspflichten und sanktioniert ihre Verletzung, zum Beispiel im Haftpflichtrecht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund fehlender beruflicher Kenntnisse einen Dritten schädigt.54 In der Praxis begründet ein Gericht eine Haftung kaum ausdrücklich damit, dass sich jemand nicht weitergebildet habe. Es lassen sich aber viele Fälle finden, bei denen jemand haftete, weil er seine Arbeit nicht auf dem neusten Stand der Technik ausübte. Das ist jedoch die Folge einer fehlenden Weiterbildung. Die Verpflichtung zur Gewährung eines Bildungsurlaubs kann sich auch aus dem Sozialversicherungsrecht ergeben. Allerdings werden dabei die Sozialversicherungen die Kosten übernehmen und wohl auch für den Unterhalt während der Weiterbildung Leistungen erbringen. Letztere können erheblich unter dem Lohn liegen, der gemäss Arbeitsvertrag geschuldet ist.
Diesfalls ist wohl anzunehmen, dass die von der Sozialversicherung angeordnete Weiterbildung, Umschulung oder Ausbildung eine in der Person des Angestellten liegende Arbeitsverhinderung darstellt, die nach Art. 324a OR zu einer Lohnfortzahlungspflicht für eine beschränkte Zeit führt.
Wie aufgezeigt, erfasst die Fürsorgepflicht nach Art. 328 OR auch das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers,55 sodass sehr wohl ein Anspruch auf Weiterbildung im Arbeitsverhältnis besteht. Als Beispiel wird oft der Fall des Setzers angeführt, der beim Aussterben des Bleisatzes Anspruch auf Umschulung auf andere Satzmethoden hatte.56 Ein solches Aussterben eines Berufes ist aber ein schleichender Prozess. Es lässt sich kaum bestimmen, in welchem Zeitpunkt der Anspruch auf eine Umschulung besteht. Daher lässt sich die Fälligkeit des Anspruchs nicht festhalten und er kann nicht durchgesetzt werden. Daraus sollte aber nicht geschlossen werden, dass der Anspruch nicht besteht. Es lässt sich aber wohl immer nur im Nachhinein feststellen, dass die Arbeitgeberin ihren Verpflichtungen aus der Fürsorgepflicht nicht nachgekommen ist.
Überdies lässt sich aus der allgemeinen Umschreibung der Fürsorgepflicht nicht schliessen, wie weit der Anspruch geht. Während kaum bestritten werden kann, dass die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer einen Urlaub gewähren muss, damit er eine für sein wirtschaftliches Fortkommen zentrale Weiterbildung besuchen kann, wird sich nur in Ausnahmefällen begründen lassen, dass die Arbeitgeberin rein aufgrund ihrer Fürsorgepflicht die Kosten der Weiterbildung tragen und während ihrer Dauer den Lohn weiter bezahlen muss. Der Anspruch ist mit Blick auf diese Schwierigkeiten zahnlos.
Auch das neue Bundesgesetz über die Weiterbildung57 bringt da keine Abhilfe. Der Gesetzesentwurf hält nur fest, dass die öffentlichen und privaten Arbeitgeberinnen die Weiterbildung ihrer Angestellten zu begünstigen haben. Wie der Bundesrat in der Botschaft ausdrücklich festhält, stellt die Bestimmung nur einen Appell an die Arbeitgeberinnen dar, es lässt sich dem Entwurf kein allgemeines Weiterbildungsobligatorium entnehmen.58
5.2 Pflichten des Arbeitnehmers
Eine gesetzliche Weiterbildungspflicht kann auch den Arbeitnehmer treffen, wenn sonst die entsprechende Arbeit gar nicht geleistet werden darf. Bezüglich der Rechtsgrundlagen gelten die gleichen Überlegungen wie bei der Verpflichtung der Arbeitgeberseite.59 Die Arbeitgeberin konkretisiert diese Pflicht in aller Regel durch eine Weisung.
Der Arbeitnehmer hat Weisungen nach Treu und Glauben zu befolgen, sofern sie im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen bleiben und zumutbar sind.60 Grundsätzlich haben sich Weisungen der Arbeitgeberin auf das Verhalten im Betrieb zu beschränken. Die Lehre und die Rechtsprechung sind sich aber einig, dass ausserbetriebliche Weisungen zulässig sind, soweit sie sich auf die Treuepflicht des Arbeitnehmers stützen können.61
Entsprechend sind Weisungen zum Besuch einer Weiterbildung nur dann zulässig, wenn die Ausbildung dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin auch zugemutet werden kann. Das ist im Einzelfall durch eine Interessenabwägung zu beurteilen, wobei jeweils die folgenden Unterscheidungen zu beachten sind:62
- Handelt es sich um eine betriebsinterne Weiterbildung, kann sich die Arbeitgeberin ohne Weiteres auf Art. 321d OR abstützen. Als betriebliche Weisung ist eine Weiterbildung nach ähnlichen Kriterien zu beurteilen wie die vorübergehende Zuweisung einer anderen Arbeit.63
- Soll die Weiterbildung extern, aber innerhalb der Arbeitszeit erfolgen, ist mehr Zurückhaltung am Platz. Es handelt sich nicht mehr um eine streng betriebliche Weisung. Der Arbeitnehmer wird durch die Weisung zu Aussenkontakten verpflichtet, die in der Regel nicht von seinen vertraglichen Pflichten abgedeckt werden. Für die Beurteilung der Ausbildung ist deshalb nicht nur die Art der Ausbildung, sondern vielmehr auch jeweils der Ort der Durchführung zu berücksichtigen. Namentlich gilt es zu beachten, ob dem Arbeitnehmer ein Reiseaufwand entsteht, der unter Umständen selbst dann nicht zumutbar ist, wenn er durch die Arbeitgeberin vergütet wird.
- Soll die Weiterbildung ausserhalb der ordentlichen Arbeitszeit erfolgen, ist die Zumutbarkeit nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie bei den Überstunden oder der Verlegung der ordentlichen Arbeitszeit. Wenn eine Weisung der Arbeitgeberin vorliegt, diese Weiterbildung zu absolvieren, handelt es sich in jedem Fall um Arbeitszeit.64 Die Weisung hat in solchen Fällen auch zur Folge, dass in jedem Fall die Arbeitgeberin die Kosten tragen muss.65
6. Mögliche künftige Regelungen
6.1 Anspruch auf Bildungsurlaub
Eine Möglichkeit für eine Regelung de lege ferenda besteht darin, einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf eine bestimmte Anzahl Tage Bildungsurlaub im Jahr vorzuschreiben. Das Gesetz hat die Modalitäten des Bezuges und Grundsätze über die Art der Weiterbildung festzulegen, zudem ist zu regeln, ob die Arbeitgeberin die Kosten zu übernehmen hat.
Die Kosten könnten auch über Beiträge an einen Fonds gedeckt werden, die von Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch zu tragen wären. Die Weiterbildung könnte dann – wenigstens teilweise – durch die Sozialpartner getragen werden. Solche Lösungen sind eher auf gesamtarbeitsvertraglicher als auf gesetzlicher Grundlage zu suchen. Sie werden in gewissen Branchen schon lange erfolgreich praktiziert. Das Gesetz könnte solche Vereinbarungen fördern, indem es diese Möglichkeit für Gesamtarbeitsverträge ausdrücklich vorsieht und deren Allgemeinverbindlicherklärung vereinfacht.
Eine abgeschwächte Form dieses Anspruches könnte auch darin bestehen, dass das Gesetz bei der Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin die schon heute bestehende Verpflichtung ausdrücklich erwähnt, für das wirtschaftliche Fortkommen des Arbeitnehmers namentlich durch Weiterbildungen zu sorgen.
6.2 Anspruch gegenüber dem Staat
Ein Anspruch könnte auch in dem Sinne vorgesehen werden, dass der Staat dem Einzelnen die Kosten für Weiterbildung bezahlen muss, das heisst, dass ein Anspruch gegenüber dem Staat besteht. Der Anspruch wäre selbstverständlich im Einzelnen zu regeln. Denkbar sind Weiterbildungsgutscheine, die in einem gewissen Umfang angespart und für die Kosten oder den Unterhalt während einer Weiterbildung eingesetzt werden können. Der Anspruch liesse sich nach Einkommen abstufen. Damit handelt es sich um eine Art Stipendien.
6.3 Anspruch der Sozialversicherung
Mit Blick auf die Kosten, die der Allgemeinheit entstehen können, wenn jemand mangels Weiterbildung aus dem Erwerbsprozess ausscheidet, könnte auch vorgesehen werden, dass die Sozialversicherungen, namentlich die IV und die Arbeitslosenversicherung, einen Regressanspruch gegenüber den ehemaligen Arbeitgeberinnen eines Versicherten erhalten, wenn sie diesem eine Um- oder Weiterbildung bezahlen müssen, um eine Arbeitslosigkeit oder eine Arbeitsunfähigkeit abzuwenden oder zu mindern.
Es könnte sodann vorgesehen werden, dass sich die Arbeitgeberin dem Regressanspruch entziehen kann, wenn sie nachweist, dass sie während des Arbeitsverhältnisses für eine regelmässige Weiterbildung gesorgt hat.
6.4 Reine Förderungsmassnahmen
Der Gesetzgeber kann selbstverständlich auch eine blosse Förderung von Weiterbildungsangeboten durch Finanzhilfen aller Art an verschiedene Weiterbildungsinstitutionen oder deren Nutzer vorsehen. Diese Lösung ist allerdings weder originell noch innovativ. Sicherlich bietet es auch einen gewissen Vorteil, wenn die Steuern in grosszügigem Umfang die Kosten für die Weiterbildung als Aufwand beim Erwerbseinkommen anerkennen.
Allerdings führt die Steuerprogression dazu, dass Personen mit hohem Einkommen erheblich mehr profitieren als Wenigverdiener. Personen ohne Einkommen haben davon gar nichts.
7. Folgerungen
Bereits im geltenden Recht bestehen teilweise Verpflichtungen der Arbeitgeberinnen, Weiterbildungen zu bezahlen und Urlaube für Weiterbildungen zu gewähren. Für gewisse Berufe sind diese Ansprüche spezialgesetzlich genau geregelt.
In manchen Branchen sehen Gesamtarbeitsverträge Ansprüche vor und regeln die Kosten. Auch aus der Fürsorgepflicht ergibt sich ein allgemeiner Anspruch auf Weiterbildung. Er ist aber zu wenig konkret, als dass er wirksam durchgesetzt werden könnte.
Eine Konkretisierung und Generalisierung dieses Anspruchs de lege ferenda würde die für die Wirtschaft und Gesellschaft wichtige Weiterbildung fördern. Sie würde aber auch Kosten, die heute von der Allgemeinheit und vom Arbeitnehmer getragen werden, zumindest teilweise den Arbeitgebern auferlegen.
Bei der Schaffung einer Regressmöglichkeit für Sozialversicherungen wäre sehr genau zu überlegen, wie die Voraussetzungen des Regressanspruches gesetzlich zu umschreiben sind. Eine konkretere Umschreibung schafft Rechtssicherheit, kann aber auch zu einem formalisierten Leerlauf führen. Zweck der Norm wäre, dass sich die Betriebe sinnvoll und überlegt für die Weiterbildung engagieren. Kaum sinnvoll wäre, im Einzelfall den Nachweis einer Kausalität zwischen fehlender Weiterbildung und Arbeitslosigkeit/Invalidität zu verlangen.
Es ist auch möglich, die Weiterbildung ausschliesslich durch Subventionen und andere Finanzhilfen zu fördern. Diese zweifellos am wenigsten innovative Lösung hat überdies den Nachteil, dass es schwierig ist, dafür zu sorgen, dass diese Finanzhilfen wirklich jenen zugute kommen, die eine Weiterbildung am nötigsten haben.
Der Bund verfügt über die verfassungsmässige Grundlage, um arbeitsvertragliche Regelungen zur Weiterbildung aufzustellen. Sie können bis hin zu einem zwingenden Anspruch gehen. Dem Gesetzgeber steht ein grosses Ermessen zu. So lässt sich aus der Verfassung nicht ableiten, dass der Bund Weiterbildungsregeln aufstellen muss, Seine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Unterstützung der Weiterbildung will der Bund nun mit dem Weiterbildungsgesetz wahrnehmen.66 Es ist eine politische und nicht eine rechtliche Frage, wie weit der Bundesgesetzgeber mit der Regelung gehen will.
01 Zu beachten ist auch Art. 67 Abs. 2 BV, der die Erwachsenenbildung betrifft.
02 Art. 64a Abs. 1 BV.
03 Art. 64a Abs. 2 BV.
04 Art. 1 Entwurf des Bundesgesetzes über die Weiterbildung (WeBiG); Botschaft und Entwurf des Bundesrates vom 15. Mai 2013; BBl 2013 3729 ff.; Curia Vista 13.038.
05 Art. 41 Abs. 1 Bst. d BV.
06 Art. 41 Abs. 3 und 4 BV.
07 Art. 41 Abs. 1, Ingress BV.
08 Art. 4 E WeBiG.
09 Art. 5 ff. E WeBiG.
10 Art. 111 ff. BV.
11 Art. 110 Abs. 1 BV, insbesondere Bst. b.
12 Art. 122 Abs. 1 BV.
13 Art. 68 ff. BV.
14 So z.B. auch im Bereich des Films.
15 Bericht EVD über eine neue Weiterbildungspolitik des Bundes, S. 39 ff.
16 BBl 2013 3729 ff.; Curia Vista 13.038.
17 Art. 122g LFV [748.01]; Art. 40 MedBG [SR 811.11]; Art. 53 und 56 Transplantationsgesetz [SR 810.21].
18 Art. 18 MWSTG [SR 641.20]; Art. 26 DBG [SR 642.11].
19 Ich beschränke mich im Folgenden auf die privatrechtlichen Anstellungen.
20 Art. 13 Abs. 4 ArGV 1.
21 Art. 344 OR.
22 Art. 329e OR.
23 Streiff/von Kaenel/Rudolph, N. 7 zu Art. 328 OR; Staehelin, N. 9 zu Art. 328 OR; zum Recht auf wirtschaftliche Entfaltung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vgl. BGE 123 III 193; 131 III 102.
24 Art. 5 Abs. 2 E WeBiG.
25 Vgl. Geiser, recht 1996, Rz. 2.7.
26 Vgl. nachfolgend 2.3 f.
27 Art. 329e Abs. 4 OR.
28 Duc/Subilia, N. 10 zu Art. 319 OR; Wyler, S. 48 f.; Tercier, Rz. 2966.
29 Art. 9 ArG.
30 Art. 12 ArG.
31 Art. 13 ArG.
32 Art. 10 f. ArG.
33 Ausnahmen können sich aus Gesamtarbeitsverträgen oder aus besonderen Gesetzesbestimmungen ergeben.
34 Art. 13 Abs. 4 ArGV 1.
35 Stöckli/Rehbinder, N. 5 zu Art. 329 OR.
36 Nef, SZS 1993, S. 60 f.; Geiser, recht 1996, S. 29, Rz. 2.4.
37 Art. 327a Abs. 4 OR; vgl. Streiff/von Kaenel/ Rudolph, N. 2 und 9 zu Art. 327a OR.
38 Vorne 2.2 und hinten 4.
39 Wyler, S. 289; JAR 1998, S. 162.
40 Streiff/von Kaenel/Rudolph, N. 7 zu Art. 327a OR; Wyler, S. 289.
41 Duc/Subilia, N. 6 zu Art. 327a OR; Wyler, S. 289; Stöckli/Portmann, N. 3 zu Art. 327a OR.
42 Wyler, S. 289; Portmann, N. 3 zu Art. 327a OR.
43 Portmann, N. 3 zu Art. 327a OR.
44 Streiff/von Kaenel/Rudolph, N. 7 zu Art. 327a OR und N. 3 zu Art. 335a OR; Wyler, S. 289 ff.; Portmann, N. 4 zu Art. 327a OR; Geiser, recht 1996, S. 33 Rz. 2.22.; BGer 4A_90/2009 vom 25.5.2009, E. 4; BGer 4P.264/2001 vom 10.1.2002; JAR 1991, S. 203 (BL); JAR 1999, S. 327 (ZH).
45 Art. 27 ZGB.
46 Art. 335a OR; vgl. dazu: Geiser, recht 1996, S. 31 ff. Rz. 2.16 ff.
47 Backes-Gellner, S. 43.
48 Art. 17 Abs. 3 Bst. a in Verbindung mit Art. 60 AVIG.
49 Art. 60 Abs. 2 Bst. b AVIG.
50 Art. 7d Abs. 2 Bst b IVG.
51 Art. 7d Abs. 3 IVG hält nur fest, dass gegenüber der Invalidenversicherung kein Anspruch auf solche Massnahmen besteht.
52 Art. 17 Abs. 1 IVG.
53 Vgl. vorne 2.2.
54 Art. 41 ff. OR.
55 Vorne 1.2.
56 Streiff/von Kaenel, N. 7 zu Art. 328 OR; Staehelin, N. 9 zu Art. 328 OR.
57 Entwurf WeBiG, BBl 2013 3729 ff.; Curia Vista 13.038.
58 Botschaft des Bundesrates, BBl 2013 3773.
59 Vorne 4.
60 Art. 321d OR.
61 Staehelin, N. 11 zu Art. 321d OR.
62 Geiser, recht 1996, Rz. 2.4.
63 Streiff/von Kaenel/Rudolph, N. 7 zu Art. 321 OR.
64 Art. 13 ArgV 1.
65 Vorne 3.1.
66 Entwurf WeBiG; BBl 2013 3729 ff.; Curia Vista 13.038.