Von den kürzlich gefällten Urteilen hat das Bundesgericht unter anderem folgende Entscheide zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung (BGE) vorgesehen:
Staats- und Verwaltungsrecht
Bei Beschwerden gegen strafprozessuale Haft gilt der Fristenstillstand (Art. 46 Abs. 1 BGG) nicht. (Zum materiellen Teil dieses Urteils, wonach der Haftrichter die Verhältnismässigkeit der Haft wegen Fortsetzungsgefahr umfassend zu prüfen, hat, siehe Seite 77ff. dieser Ausgabe.)
(1B_154/2007 vom 14. September 2007)
Die Kantone (hier Zürich) müssen umgehend dafür sorgen, dass Jugendliche die angeordnete oder verlängerte Untersuchungshaft bei einer kantonalen Instanz anfechten können (Art. 41 JStG).
(1B_156/2007 vom 23. August 2007)
Der Kanton Basel-Stadt darf Notaren verbieten, als Organe in einer Immobilienfirma tätig zu sein. Zulässig ist auch die Festlegung einer Altergrenze von 75 Jahren. Weiter sind die Vorschriften zulässig, wonach Beurkundungszeugen nicht Mitarbeitende des gleichen Notariatsbüros sein dürfen und die Register und Urkundensammlungen der Notare im Eigentum des Kantons stehen.
(2P.82/2006 vom 21. August 2007)
Das Bundesgericht erachtet das Zonenreglement der Gemeinde Günsberg als unzulässig. Es verbietet Mobilfunkantennen im Bereich von Sport- und Kinderspielplätzen. Das Urteil bestätigt, dass Gemeinden befugt sind, im Rahmen ihrer bau- und planungsrechtlichen Zuständigkeit und unter Beachtung des Bundesrechts Bau- und Zonenvorschriften für Mobilfunkantennen zu erlassen.
(1P.68/2007 vom 17. August 2007)
Jugendliche dürfen in der Untersuchungshaft auch nicht ausnahmsweise mit erwachsenen Inhaftierten in Kontakt kommen (Art. 6 JStG) . Die anders lautende Regelung des Kantons Basel-Stadt wurde aufgehoben.
(1P.7/2007 vom 7. August 2007)
Eine unkonventionelle Aktion der Zürcher Strafverfolgungsbehörden zur Rückführung eines deutschen Anlagebetrügers aus Santo Domingo in die Schweiz war keine völkerrechtswidrige Entführung. Gemäss dem Bundesgericht hat die Schweiz die Souveränität der Dominikanischen Republik nicht verletzt und weder Zwang, List, Drohung oder sonst welche üblen Polizeitricks angewandt.
(1B_87/2007 vom 22. Juni 2007)
Art. 20 Abs. 3 URG stellt eine ausreichend bestimmte gesetzliche Grundlage zur Erhebung einer Urheberrechtsgebühr für digitale Datenträger (zum Beispiel eines MP3-Player) dar. Digitale Speichermedien wie Harddisks oder Flash-Memories fallen grundsätzlich unter den Begriff des «Leerträgers», wenn sie zusammen mit einem Aufnahmegerät oder für einen entsprechenden Einsatz angeboten werden. Der von der Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten festgelegte Tarif ist inhaltlich zu schützen.
(unter anderem 2A.53/2006 vom 19. Juni 2007)
Begründung des Entscheides zur Verfassungswidrigkeit degressiver Steuertarife im Kanton Obwalden.
(2P.43/2006 vom 1. Juni 2007)
Der Besuch des Untergymnasiums wird vom Anspruch auf Grundschulunterricht (Art. 19 BV) nicht erfasst, womit auch kein Recht auf kostenlosen Transport besteht.
(2P.276/2005 vom 7. Mai 2007)
Zivilrecht
Die Veranlagung einer verjährten Steuerforderung ist anfechtbar und nicht nichtig.
(5_D.50/2007 vom 12. Juli 2007)
Das Rechtsbegehren bei der (neurechtlichen) Beschwerde in Zivilsachen darf sich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheides zu verlangen. Es muss ein Antrag in der Sache gestellt, also angegeben werden, welche Punkte angefochten und welche Abänderungen des vorinstanzlichen Entscheides verlangt werden, ansonsten das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht eintritt.
(4A_102/2007 vom 9. Juli 2007)
Bei der Beschwerde in Zivil-sachen im Rahmen eines Streits über ein Markeneintragungsgesuch muss die Streitwertgrenze von 30000 Franken (Art. 74 BGG) erreicht sein. Der Wert einer eher unbedeutenden Marke liegt laut Bundesgericht in der Regel zwischen 50000 und 100000 Franken.
(4A_116/2007 vom 27. Juni 2007)
Die Urheberrechtsgesellschaft Pro Litteris ist berechtigt, bei Medienbeobachtungsdiensten Urheberrechtsgebühren für die Erstellung elektronischer Pressespiegel zu erheben (Art. 19 Abs. 2 URG). Den Zeitungsverlagen bleibt es verwehrt, diesen Diensten die Herstellung der Pressespiegel zu verbieten oder mit ihnen direkt Verträge über die Entschädigung abzuschliessen.
(4C.73/2007 vom 26. Juni 2007)
Arbeitnehmervertreter dürfen im Rahmen des Kündigungsschutzes von Art. 336 Abs. 2 lit. b OR aus wirtschaftlichen Gründen entlassen werden, ohne dass der Betrieb dabei einen Restrukturierungsbedarf wegen schlechten Geschäftsganges klar nachweisen muss.
(4C.77/2007 vom 26. Juni 2007)
Eine Teilung des Pensionskassenguthabens bei Scheidung (Art. 122 und 123 ZGB) aus anderen als wirtschaftlichen Gründen darf vom Richter nur in Fällen offensichtlichen Rechtsmissbrauchs verweigert werden. Das ist nicht der Fall, wenn der beanspruchende Ehegatte seine Unterhaltspflichten und die Kinderbetreuung vernachlässigt hat. Rechtsmissbrauch würde etwa bei einer Scheinehe vorliegen.
(5C.224/2006 vom 14. Juni 2007)
Ein Vater haftet nicht dafür, dass seine drei und fünf Jahre alten Kinder mit ihrem Bob auf der Schlittelpiste eine alte Frau umgefahren haben (Art. 333 ZGB). Bobfahren stellt in diesem Alter eine grundsätzlich zulässige Betätigung dar, der Vater durfte die Kinder zusammen auf einem Schlitten fahren lassen und unten an der Piste warten.
(5C.41/2007 vom 14. Juni 2007)
Die Kosten für die stationäre Behandlung einer suchtkranken Person kann vom Gemeinwesen gegenüber den Eltern nicht im Rahmen der Verwandtenunterstützung (Art. 328 ZGB) eingefordert werden, wenn die Behandlung zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung hätte durchgeführt werden können. Beweispflichtig ist das Gemeinwesen.
(5A_56/2007 vom 6. Juni 2007)
Strafrecht
Wer Falschgeld herstellt und dieses in Umlauf bringt, macht sich neben Geldfälschung (Art. 240 StGB) auch des Absetzens von Falschgeld (Art. 242 StGB) sowie des Betrugs (Art. 146 StGB) schuldig.
(6S.101/2007 vom 15. August 2007)
Wer ungewollt auf dem Mobiltelefon angerufen wird und ein nichtöffentliches Gespräch zweier Personen am anderen Ende der Verbindung mithört (die Betroffene erhielt den Anruf einer Kollegin, die mit dem eingeschalteten Handy den laufenden Streit mit ihrem Chef dokumentieren wollte), macht sich nicht des Abhörens fremder Gespräche (Art. 179bis StGB) schuldig.
(6S.64/2007 vom 13. August 2007)
Die Frage lautet: Entreiss-Diebstahl (Art. 139 StGB) oder Raub (Art. 140 StGB)? Kann der Täter seinem Opfer den anvisierten Wertgegenstand handstreichartig entreissen, liegt blosser Diebstahl vor. Leistet das Opfer reflexmässig Widerstand, den der Täter mit Gewalt überwinden muss, handelt es sich um Raub.
(6S.510/2006 vom 17. Juli 2007)
Einer wegen Drogenverbrechen inhaftierten Person darf die bedingte Entlassung nicht einzig wegen der Schwere der begangenen Delikte verwehrt werden. Das Schutzbedürfnis der Bevölkerung gegenüber Drogendelikten darf laut Bundesgericht nicht verabsolutiert werden.
(6B_122/2007 vom 21. Juni 2007)
Für einen Warnentzug des Führerausweises in der Schweiz wegen Verkehrsdelikten im Ausland besteht keine ausreichende gesetzliche Grundlage. Der Gesetzgeber erhält von Lausanne detaillierte Vorgaben, wie die entsprechende Gesetzesregelung auszusehen hat.
(6A.106/2006 vom 14. Juni 2007)
Posttraumatische Belastungs- und Anpassungsstörungen infolge eines Schädel-Hirntraumas verlangen nicht per se die Begutachtung der Zurechnungsfähigkeit des Betroffenen im Falle einer Straftat. Der Umstand, dass die Person wegen ihrer Störung eine IV-Rente erhält, genügt für sich nicht, um ernsthafte Zweifel an ihrer Schuldfähigkeit zu begründen.
(6S.79/2007 vom 30. Mai 2007)
Sozialversicherungen
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung muss nicht für die Selbstbehandlung eines Arztes aufkommen.
(9C 43/2007 vom 7. August 2007)
Krankenkassen können von einem Spital einen Teil ihrer Leistungen zurückfordern, wenn die Klinik mehr Betten betreibt, als gemäss kantonaler Spitalplanung zulässig ist.
(K 70/06 vom 30. Juli 2007)
Früherer starker Tabakkonsum eines Asbestopfers schliesst eine Entschädigung der Suva für Berufskrankheiten nicht per se aus.
(U 249/06 vom 16. Juli 2007)
Die Verfügung über Kinderzulagen für einen Arbeitnehmer darf nicht dem Arbeitgeber zur Weiterleitung an den Angestellten zugestellt werden.
(8C 76/2007 vom 6. Juli 2007)
Die Ausrichtung einer Lebenspartnerrente durch eine öffentlich-rechtliche Pensionskasse (Publica) darf davon abhängig gemacht werden, dass die Lebenspartner zu Lebzeiten einen Unterstützungsvertrag eingereicht haben. Diesem kommt konstitutive Bedeutung zu.
(B 85/06 vom 6. Juni 2007)
(PJ)