Abbruch der VVG-Totalrevision: «Zehn Jahre Arbeit vernichtet»
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Plädoyer 1/13
04.02.2013
Letzte Aktualisierung:
04.10.2013
Die Detailberatung der Totalrevision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) sollte eigentlich in der Wintersession stattfinden. In letzter Minute hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) mit einer bürgerlichen Zweidrittelmehrheit das Geschäft aber an den Bundesrat zurückgewiesen und eine Teilrevision gefordert. Der Nationalrat folgte der WAK - im Januar auch die WAK des Ständerates. Mitglieder der VVG-Expertenkommission hatten ...
Die Detailberatung der Totalrevision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) sollte eigentlich in der Wintersession stattfinden. In letzter Minute hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) mit einer bürgerlichen Zweidrittelmehrheit das Geschäft aber an den Bundesrat zurückgewiesen und eine Teilrevision gefordert. Der Nationalrat folgte der WAK - im Januar auch die WAK des Ständerates. Mitglieder der VVG-Expertenkommission hatten in einem offenen Schreiben (Have 4/2012) appelliert, auf die Rückweisung zu verzichten: «Mit einer Teilrevision lassen sich die grundlegenden Mängel des Gesetzes nicht beseitigen.»
Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo (SP, LU), Mitglied der WAK-N und Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, ist empört über das Vorgehen der Bürgerlichen. Für sie ist klar: Die Versicherungen haben lobbyiert. Enttäuscht ist auch Stephan Fuhrer, Professor für Privatversicherungsrecht, Mitglied der VVG-Expertenkommission und Mitunterzeichner des Schreibens. «Mit dem Entscheid wurden zehn Jahre Arbeit vernichtet», sagt er. «Das neue VVG wäre ein modernes Gesetz mit Konsumentenschutz geworden. Heute versteht man das VVG nur, wenn man die Rechtsprechung kennt.» Es könnte passieren, dass andere, den ganzen Finanzmarkt betreffende Gesetze wie das neue Finanzdienstleistungsgesetz «auf die Besonderheiten des Versicherungsmarktes keine Rücksicht mehr nehmen und Regelungen Gesetz werden, die weiter gehen, als das verworfene VVG gegangen wäre». ch
Large Praxis bei Anonymisierung von Urteilen
Einige Gerichte geben Urteile mit den vollen Namen der Parteien an Journalisten weiter, mit dem Auftrag, die Entscheide zu anonymisieren. Diese Delegation der Verantwortung klappt allerdings nicht immer: So veröffentlichte das Schweizer Fernsehen im November auf der Homepage ein Urteil mit allen Namen - gut sichtbar mit den Hinweisen «Cause célèbre» und «Parteien anonymisieren». Erst auf Intervention des betroffenen Klägers beim Fernsehen und bei Google verschwand das Faksimile vom Netz.
Warum anonymisiert das Bundesgericht die Urteile nicht vor der Herausgabe an die Journalisten? Laut Mediensprecherin Sabina Motta zeige die Erfahrung, dass die Journalisten die Namen meist nicht bekannt gäben, auch wenn sie diese kennen.
Am Bundesverwaltungsgericht werden laut Rocco R. Maglio akkreditierte Journalisten zu Beginn der Zusammenarbeit in einem persönlichen Gespräch an die Standesregeln erinnert. Zurzeit sind es 36 Medienschaffende, die sich zudem gemäss einem Merkblatt zu verpflichten haben, «anderen Journalisten oder Dritten diese Informationen nicht weiterzuleiten».
Am Obergericht Zürich sind gar 300 Gerichtsberichterstatter akkreditiert. Ob ein Urteil anonymisiert wird oder nicht, wird im Einzelfall entschieden. Sprecherin Andrea Schmidheiny weiss, dass akkreditierte Journalisten bei der Herausgabe von nicht anonymisierten Urteilen grosszügiger behandelt würden als andere nicht am Verfahren beteiligte Dritte. rmb
Zeugen erhalten besseren Schutz
Seit dem 1. Januar können aussagebereite Zeugen auch ausserhalb der Verfahrenshandlungen und nach Abschluss eines Strafverfahrens geschützt werden. Dazu hat das Bundesamt für Polizei eine neue Zeugenschutzstelle eröffnet. Fedpol rechnet mit rund einem Dutzend Fällen pro Jahr, vor allem aus dem Bereich organisierte Kriminalität, Terrorismusbekämpfung und Menschenhandel. Die Palette möglicher Massnahmen ist breit: Von der Unterbindung von Einschüchterungsversuchen bis zum Aufbau einer neuen Identität. rmb