Das kantonale Zivilprozessrecht wird zur Makulatur, wenn die schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) am 1. Januar 2011 in Kraft tritt - es sei denn, die Übergangsbestimmungen gewähren ihm noch einen kurzen Aufschub. Die ZPO hat den Zivilprozess aber nicht neu erfunden, sie hat teilweise bewährtes kantonales Recht übernommen. Wenn sie in manchen Kantonen dennoch etliche Neuerungen bringt, dann liegt das hauptsächlich an der bisher grossen kantonalen prozessualen Vielfalt.
1. Gerichtsstand am Erfüllungsort (Artikel 31 ZPO)
Die Vorteile eines Gerichtsstands am Erfüllungsort liegen auf der Hand: Die am Prozess beteiligten Parteien und das Gericht können sich an den Gegebenheiten vor Ort orientieren, die ihnen bekannt sind. Gleichwohl ist dieses Forum nicht unproblematisch, weil der Erfüllungsort erst einmal bestimmt werden muss. Neben den tatsächlichen Schwierigkeiten sind vorab dogmatische Probleme zu lösen: Zum Beispiel, ob auf den rechtlichen oder auf den faktischen Erfüllungsort oder sogar auf beide Orte abgestellt werden muss. Die ZPO geht nun von einer engen Auslegung des Erfüllungsortes aus, damit nicht zu viele Gerichtsstände geschaffen werden. Denn dies würde zu einem unerwünschten Forum Running führen. Nach der ZPO befindet sich der Erfüllungsort in Anlehnung an das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) ausschliesslich am Ort, an dem die charakteristische Leistung zu erbringen ist. Dabei wird davon ausgegangen, dass jeder Vertrag in der Regel nur eine charakteristische Leistung hat - was vielfach, gerade bei komplizierten Verträgen, nicht der Fall sein dürfte.
Damit soll erreicht werden, dass aus einem Vertrag nicht zahlreiche verschiedene Gerichtsstände abgeleitet werden können. Es kann daher künftig im Vertrag vereinbart werden, was die charakteristische Leistung aus dem Vertrag ist - dies kommt einer Gerichtsstandsvereinbarung gleich. Dabei kann von einer verdeckten Gerichtsstandsklausel gesprochen werden. Wenn eine solche Bestimmung im Vertrag fehlt, ist die charakteristische Leistung nach Artikel 74 des schweizerischen Obligationenrechts zu bestimmen.
Spezielle sozialpolitisch motivierte Gerichtsstände - das bleibt pro memoria zu erwähnen - können dadurch nicht derogiert werden. Die Gerichtsstände bei Konsumenten-, Miet-, Pacht- oder Arbeitsrechtsstreitigkeiten gehen als Leges speciales dem allgemeinen Vertragsgerichtsstand vor.
2. Schutzschriften (Artikel 270 ZPO)
Die kantonalen Prozessgesetze kennen den Begriff der Schutzschrift nicht. Gleichwohl wurden Schutzschriften - wenngleich anfangs erfolglos - bei Gerichten eingereicht. Das Zürcher Handelsgericht nimmt seit 1997 Schutzschriften entgegen (ZR 1997 Nummer 46). Viele Gerichte folgten später dieser Rechtsprechung. Sogar das Bundesgericht nahm - soweit überschaubar einmalig - eine Schutzschrift entgegen (BGE 129 II 286, wobei die Entgegennahme der Schutzschrift nur aus dem vollständigen Urteil hervorgeht: 1A.39/2003).
In der ZPO wurde nun das Institut der Schutzschrift aufgenommen. Wer künftig Grund zur Annahme hat, dass gegen ihn ohne vorgängige Anhörung die Anordnung einer superprovisorischen Massnahme, eines Arrestes oder anderer Massnahmen beantragt wird, kann gestützt auf Artikel 270 ZPO seinen Standpunkt vorsorglich in einer Schutzschrift, welche sechs Monate lang beachtet werden muss, darlegen.
3. Streitverkündungsklage (Artikel 81 f. ZPO)
Für die meisten Kantone ist die Streitverkündungsklage nach Artikel 81 f. ZPO neu. Mit dieser Klage wird ein Dritter nicht nur um Unterstützung in einem Prozessverfahren ersucht, sondern es wird gegen ihn direkt eine Gewährleistungsklage für den Fall erhoben, dass eine der Parteien im Hauptprozess unterliegen sollte. Als Beispiele für Gewährleistungsklagen können Ansprüche aus kauf- oder werkvertraglicher Sach- oder Rechtsgewährleistung angeführt werden.
Die Streitverkündungsklage führt aber nicht zu einem weiteren Prozess. Der bisherige Prozess wird einfach um eine Partei erweitert. Der Zweiparteienprozess wird zum Mehrparteienprozess, in dem jede Partei unabhängig ist. Weil die Streitverkündungsklage für die streitberufene Partei grössere Auswirkungen als die qualifizierte Streitverkündung haben wird, ist bei der Streitverkündungsklage zu prüfen, ob ein rechtliches Interesse daran gegeben ist. Dazu sind die Parteien anzuhören.
Die Vorteile der Streitverkündungsklage liegen auf der Hand: Vermeiden eines zweiten Prozesses (Regressprozess) und der damit zusammenhängenden Gefahr sich widersprechender Urteile im Haupt- und Regressprozess, Verfahrenssynergien (einmalige Sachverhaltsfeststellung, gleiches ins Bild gesetztes Gericht befindet auch über die Regressforderung und insgesamt geringere Kosten), wirkungsvollerer Beitrag der streitberufenen Partei, weil sie als Partei im Prozess verbindlich eingebunden ist, und Rechtssicherheit für die streitberufene Partei hinsichtlich des Regressanspruchs.
Insgesamt kann sich dadurch eine namhafte Kosten- und Ressourcenersparnis für die Parteien und das Gericht ergeben. Trotzdem ist die Streitverkündungsklage nicht ganz unproblematisch. So zwingt sie beispielsweise die dritte Person unter Umständen zur Prozessführung an einen fremden Gerichtsstand. Ausserdem hat sie für den hängigen Hauptprozess notwendigerweise Verzögerungen und Komplikationen zur Folge: Das Prozessthema und damit auch der Prozessstoff werden erweitert, was sich auf die Dauer des Beweisverfahrens auswirkt. Deshalb ist diese Verfahrensoption nicht voraussetzungslos und nicht in allen Prozessarten zulässig.
Die Einführung des Instituts der Streitverkündungsklage ist unter Würdigung der Vor- und Nachteile jedoch zu befürworten. Damit wird die Streitverkündung effektiver, und die ZPO sieht keine Möglichkeit vor, die verpasste Teilnahme eines Streitgenossen zu korrigieren. Künftig ist weder ein nachträglicher Prozessbeitritt noch eine Beiladung möglich, wie dies heute einzelne kantonale Prozessrechte vorsehen.
4. Obligatorische Schlichtung (Artikel 197 ZPO)
Dem Entscheidverfahren geht ein Schlichtungsversuch vor einer Schlichtungsbehörde voraus (Artikel 197 Absatz 1 ZPO). Dieses Schlichtungsobligatorium erfährt jedoch zahlreiche Ausnahmen, welche in Artikel 198 ZPO aufgelistet sind. Diese Ausnahmen sind nicht brisant, soweit sich daraus kein zeitlicher Druck zur Klageeinreichung ergibt. Bei Klagen, die binnen einer bestimmten Frist (Beispiel: Arrestprosequierungsklage) eingereicht werden müssen, reicht es bislang in der Regel noch aus, das Schlichtungsgesuch zu stellen, um so die Klagefrist zu wahren. Bei den nachfolgenden Fällen wird das künftig nicht mehr genügen, weil einige Klagen nicht dem Schlichtungsobligatorium unterliegen. Dies führt - unter Umständen ungewollt - zu einer Beschleunigung der Verfahren, wie etwa der Erlass vorsorglicher Massnahmen oder diverse SchKG-Klagen verdeutlichen.
Künftig sollte eine Klage im Zeitpunkt des Gesuchs um Erlass vorsorglicher Massnahmen bereits gut vorbereitet sein, wenn es vor Rechtshängigkeit der Klage gestellt wird. Wird das Gesuch gutgeheissen, so wird der Richter gestützt auf die neue ZPO eine Frist zur Einreichung der Klage ansetzen, verbunden mit der Androhung, dass die angeordneten Massnahmen bei ungenutztem Ablauf der Frist ohne Weiteres dahinfallen.
Mit der Ansetzung der Frist zur Klageeinreichung durch das Gericht entfällt aber das Schlichtungsverfahren (Artikel 198 Buchstabe h ZPO). Das bedeutet, dass die vollständig ausgefertigte Klage direkt beim Gericht eingereicht werden muss (Artikel 62 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 221 Absatz 1 ZPO). Diese Beschleunigung kann abgewendet werden, indem vor dem Gesuch um Erlass von vorsorglichen Massnahmen ein Schlichtungsgesuch gestellt wird, womit die Klage rechtshängig gemacht wird (Artikel 62 Absatz 1 ZPO).
Die Beschleunigung dürfte sich vor allem in Verfahren um Eintragung des gesetzlichen Bauhandwerkerpfandrechts auswirken, weil in diesen Verfahren faktisch immer vorprozessuale Massnahmen erforderlich sind. Da es sich um eine richterliche Frist handelt, hat die gesuchstellende Partei immerhin die Möglichkeit, eine Erstreckung zu erhalten. Der Umstand, dass der Massnahmenrichter eine Frist zur Klage ansetzen muss, kann aber auch genutzt werden, um die Schlichtungsverhandlung zu vermeiden. Dies setzt jedoch voraus, dass eine Massnahme angeordnet wird. Ansonsten muss trotz Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen ein Schlichtungsverfahren durchlaufen werden.
Sodann unterliegen die Klagen nach Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG), die nach geltendem Recht im beschleunigten Verfahren zu beurteilen sind - vergleiche Artikel 25 Ziffer 1 SchKG -, nicht dem Schlichtungsobligatorium. Neu werden in diesem Katalog die Aussonderungs- und die Admassierungsklage nach Artikel 242 SchKG aufgenommen, weil sie die Zusammensetzung des Vollstreckungssubstrats beeinflussen (Artikel 198 Buchstabe e Ziffer 5 ZPO). Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Prozess binnen sechs Monaten seit Anhebung der Klage von der letzten kantonalen Instanz erledigt werden kann. Die Klagefrist beträgt in diesen Fällen lediglich zwanzig Tage, was zum bisherigen Verlauf eine erhebliche Beschleunigung darstellt, weil in dieser Frist eine vollständige Klage eingereicht werden muss.
5. Prosequierung (Artikel 209 ZPO)
Kommt es während des Schlichtungsverfahrens zu keiner Einigung, hält die Schlichtungsbehörde dies im Protokoll fest und erteilt die Klagebewilligung (Artikel 209 Absatz 1 ZPO). Diese berechtigt die Klägerschaft während drei Monaten zur Einreichung der Klage beim Gericht (Artikel 209 Absatz 2 ZPO).
Die Prosequierungsfrist ist aber nicht immer gleich lang. So beträgt sie bei Miete und Pacht - auch landwirtschaftlicher - lediglich dreissig Tage (Artikel 209 Absatz 2 ZPO). Gesetzliche und gerichtliche Prosequierungsfristen bleiben vorbehalten. Zu denken ist dabei vor allem an die Arrestprosekutionsklage (Artikel 279 SchKG). Der Gläubiger muss somit nicht nur binnen zehn Tagen das Schlichtungsgesuch stellen, sondern es ist auch die zehntägige Prosequierungsfrist zu wahren.
6. Rechtshängigkeit (Artikel 62 ZPO) und Klagerückzug (Artikel 65 ZPO)
Der Beginn der Rechtshängigkeit ist bislang in den kantonalen Prozessgesetzen unterschiedlich geregelt. Die Rechtshängigkeit wurde aber meist an das gleichzeitige Vorhandensein der Fortführungslast geknüpft. Die ZPO weicht nun von dieser Verknüpfung ab, indem mit Eintritt der Rechtshängigkeit die Klägerschaft nicht zeitgleich mit der Fortführung des Verfahrens belastet wird. Die Klage kann nämlich ohne Zustimmung der Gegenseite jederzeit bis zu deren Zustellung an die Gegenpartei ohne Rechtsverlust - unter Vorbehalt der Verwirkungsfristen - zurückgezogen werden (Artikel 65 ZPO).
Der Klagerückzug kann jedoch bereits im Stadium des Schlichtungsverfahrens zum Rechtsverlust führen, wenn dieser nicht unter dem Vorbehalt der Wiedereinbringung erfolgt (Artikel 208 Absatz 2 ZPO). Nach Zustellung der Klage an die Gegenpartei ist ein Rückzug unter Vorbehalt ausgeschlossen, aber immerhin mit Zustimmung der Gegenseite noch möglich.
Die Rechtshängigkeit wird mit Einreichung eines Schlichtungsgesuchs, einer Klage, eines Gesuchs oder eines gemeinsamen Scheidungsbegehrens begründet (Artikel 62 Absatz 1 ZPO). Die Rechtshängigkeit tritt mit der Übergabe des entsprechenden Schriftstückes an die Schweizerische Post ein.
Vereinzelt dürfte auch die Meinung vertreten werden, dass die Rechtshängigkeit erst eintritt, wenn das Gesuch bei der entsprechenden Stelle eingeht oder - sogar in Anlehnung an Artikel 65 ZPO - mit Zustellung an die Gegenseite. Dass die Frist mit Übergabe der Rechtsschrift an die Schweizerische Post gewahrt wird, ist meines Erachtens jedoch sachgerecht: Wer eine Frist zu wahren hat, muss auch die Möglichkeit haben, ohne Mitwirkung Dritter die Rechtshängigkeit herbeizuführen, um so die Frist zu wahren. Die fristbelastete Partei soll nicht der Sorgfalt Dritter, auf welche sie keinen Einfluss nehmen kann, ausgesetzt sein.
7. Kostenvorschuss (Artikel 98 ZPO)
Die kantonalen Prozessordnungen sehen beim Vorschuss für Gerichtskosten sehr unterschiedliche Regelungen vor. Mehrheitlich wird der Vorschuss für die mutmasslichen Gerichtskosten von der Klägerschaft bezogen. Andere Kantone haben von beiden Parteien einen je anteilsmässigen Vorschuss verlangt oder sogar gänzlich darauf verzichtet.
Die ZPO sieht nun vor, dass das Gericht von der klagenden Partei einen Vorschuss bis zur Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten einfordern kann (Artikel 98 ZPO). Die Gerichtskosten werden dann - ungeachtet des Ausgangs des Verfahrens, also auch für den Fall des Obsiegens - mit diesem Vorschuss verrechnet. Damit wird die Rechtsdurchsetzung erschwert: Die Bonität des Beklagten wird so bei der Frage, ob überhaupt prozessiert werden soll, noch bedeutender. Dies wird sich besonders bei Klagen mit sehr niedrigem Streitwert auswirken, weil bei solchen Klagen die Gerichtskosten den Streitwert oft übersteigen. Die einseitige Kostenvorschuss- und Verrechnungspflicht der Gerichte hat mehrere Konsequenzen: Erstens ist das Prozessrisiko bei kleinem Streitwert enorm gross. Zweitens können im Unterschied zu den kantonalen Regelungen keine Wertschriften oder Versicherungspolicen als Sicherheit hinterlegt werden, weil diese später nicht verrechnet werden können.
8. Prüfung der Prozessvoraussetzungen (Artikel 60 ZPO)
Das Gericht prüft laut Artikel 60 ZPO von Amtes wegen, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind. Dieser Grundsatz gilt mit Inkraftsetzung der ZPO - im Gegensatz zu mehreren kantonalen Zivilprozessordnungen - uneingeschränkt. Somit wird künftig nicht mehr unterschieden zwischen den von Amtes wegen zu prüfenden Eintretensvoraussetzungen und solchen, die durch eine Partei auf Einrede oder Einwendung hin geprüft werden. Es kann zudem nicht mehr darauf gehofft werden, dass die Gegenpartei verpasst, rechtzeitig eine Einrede zu erheben, was zu einem Nichteintretensentscheid führen würde - zumal der Hinweis auf eine fehlende Prozessvoraussetzung jederzeit geltend gemacht werden kann. Vorbehalten bleibt allerdings die weiterhin zu erhebende Einrede der örtlichen Unzuständigkeit (Artikel 18 ZPO).
9. Veräusserung des Streitgegenstandes (Artikel 83 ZPO)
Bei der Veräusserung des Streitobjekts während laufendem Verfahren sehen die kantonalen Zivilprozessordnungen unterschiedliche prozessuale Folgen vor. Nur in vereinzelten Kantonen hat die Veräusserung keinen Einfluss; die Partei, welche den Streitgegenstand veräussert, führt den Prozess einfach im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung weiter, oder die Partei, welche den Streitgegenstand erwirbt, ist lediglich berechtigt, unter Zustimmung der Gegenpartei in den Prozess einzutreten.
Laut ZPO kann der Erwerber eines Streitgegenstandes einfach in das Prozessverfahren eintreten, ohne dass es hierfür die Zustimmung der Gegenpartei erfordert. Dies ergibt aus prozessökonomischen Gründen Sinn, weil sonst nach der Veräusserung der Prozess wegen der fehlenden Aktiv- oder Passivlegitimation abgewiesen werden müsste.
10. Respektstunde
Einige Kantone sahen eine Respektstunde von Gesetzes wegen oder gestützt auf gefestigte Rechtsprechung vor. Die ZPO kennt keine Respektstunde. Grundsätzlich treten daher die Säumnisfolgen unverzüglich ein, wenn eine Partei nicht pünktlich zur Verhandlung erscheint. Es wird - unter Beachtung des verfassungsmässigen Verbots des überspitzten Formalismus - Aufgabe der Rechtsprechung sein, die Voraussetzungen herauszuarbeiten, unter deren Einhaltung die Gerichte Verspätungen der Parteien zu tolerieren haben.
11. Entscheidung über Austrittsleistungen (Artikel 281 Absatz 1 ZPO)
Artikel 281 Absatz 1 ZPO wird für alle Kantone eine Neuerung bringen. Kommt keine Einigung über die Teilung der Austrittsleistung der Pensionskasse (BVG) zustande, stehen aber die mutmasslichen Austrittsleistungen fest, so entscheidet das Scheidungsgericht nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuchs (ZGB) über das Teilungsverhältnis nach den Artikeln 122f. ZGB beziehungsweise Artikel 22 und 22a Freizügigkeitsgesetz.
Das Gericht legt den zu überweisenden Betrag fest und holt bei den beteiligten Einrichtungen der beruflichen Vorsorge unter Ansetzung einer Frist die Bestätigung darüber ein, ob die in Aussicht genommene Regelung durchführbar ist. Diese neue Vorschrift wird das Scheidungsverfahren erheblich beschleunigen, weil das Scheidungsgericht dann sowohl über das Teilungsverhältnis zwischen den Eheleuten als auch neu über den zu überweisenden Betrag entscheidet.
12. Vollstreckbare öffentliche Urkunde (Artikel 347 ff. ZPO)
Die vollstreckbare öffentliche Urkunde ist im schweizerischen Zivilprozessrecht neu. Diese öffentliche Urkunde, welche Leistungen jeder Art enthalten darf, kann wie ein Entscheid vollstreckt werden. Der Begriff der öffentlichen Urkunde ist ein bundesrechtlicher. Es bestimmen jedoch die Kantone, in welcher Weise auf ihrem Gebiet die öffentliche Urkunde hergestellt wird (Artikel 55 Absatz 1 Schlusstitel ZGB).
Sodann ist bei der Vollstreckung einer öffentlichen Urkunde zwischen einer Urkunde über eine Geldleistung einerseits und einer Urkunde über eine andere Leistung andererseits zu unterscheiden. Lautet die Urkunde über eine Geldleistung, so ist sie einem definitiven Rechtsöffnungstitel gleichgestellt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass im Gegensatz zu einem herkömmlichen definitiven Rechtsöffnungstitel zwar nur sofort beweisbare, dafür aber auch materielle Einreden erhoben werden können. Zudem bleibt die jederzeitige gerichtliche Beurteilung vorbehalten. Damit wird deutlich, dass die vollstreckbare öffentliche Urkunde, welche sich stark an das deutsche Prozessrecht anlehnt, nicht so recht in unser Geldvollstreckungssystem passt und ihr Nutzen möglicherweise gering sein wird.
Lautet die Urkunde über eine andere Leistung, so ist zwar im Vergleich zum Vorentwurf kein Vorverfahren auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel durch die Urkundsperson mehr vorgesehen. Gleichwohl schreibt die ZPO vor, wie eine Urkunde über eine andere Leistung zu vollstrecken ist. Auf Antrag der berechtigten Person erhält die verpflichtete Partei eine beglaubigte Kopie der Urkunde unter Ansetzung einer Erfüllungsfrist von zwanzig Tagen.