Verfassungsrecht
Grundrechte
Bestand und Umfang der Sozialrechte in der Schweiz (Ulrich Meyer / Eva Siki), SZS 54/2010, S. 407 ff.
Tour d'Horizon über die sozialen Grundrechte wie Chancengleichheit, Sozialziele oder Schutz von Behinderten; Umsetzung der Sozialrechte in der Schweiz allgemein und in den einzelnen Kantonen.
Verwaltungsrecht
Ausländer- und Asylrecht
Le phénomène des déplacés environnementaux et leur statut en droit international et européen (Gaëtan Blaser), ASYL 1/2011, S. 15 ff.
Können sich Klimaflüchtlinge auf Garantien des internationalen Rechts berufen? Braucht es neue Instrumente auf nationaler oder internationaler Ebene?
Umwelt-, Bau- und Planungsrecht
Die Kostenverteilung bei der Anwendung von Art. 3 AltlV (Alexander Rey), Baurecht 2010, S. 202 ff.
Bei der Veränderung eines belasteten Standortes darf eine spätere Sanierung nicht erschwert werden. Es ist umstritten, ob bei Kosten von Massnahmen der AltlV die Kostenverteilungsregel von Art. 32d USG Anwendung findet. Der Autor legt dar, weshalb die Regel nicht anwendbar ist.
Steuerrecht
Missbrauch der Zweiten Säule als steuerbegünstigtes Kontokorrent? Kritische Würdigung von BGE 2C_658/2009 (Henk Fenners / Ariste Baumberger), Steuerrevue 2/2011, S. 129
Das Bundesgericht erachtete die Einzahlung in eine Pensionskasse weniger als drei Jahre vor dem Bezug einer Kapitalleistung als rechtsmissbräuchlich, auch wenn formal noch eine kleine Rente im Umfang der Einzahlung ausbezahlt wurde. Der Entscheid schreckt einmal mehr die Beraterbranche auf (siehe auch ASA 79, S. 685, 691 und 700).
Sozialversicherungsrecht
AHV, IV, EL und ALV
Der Beweiswert psychiatrischer Gutachten in der Invalidenversicherung unter besonderer Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (Susanne Bollinger). jusletter vom 31. Januar 2011 (www.jusletter.ch)
Wann darf ein psychiatrisches Gutachten als beweistauglich angesehen werden? Welche Konsequenzen lassen sich aus den unterschiedlichen Ansätzen von Psychiatrie und Recht ableiten? Analyse anhand der Bundesgerichtspraxis.
Nicht jede Tätigkeit stellt die gleichen Anforderungen an die psychischen Fähigkeiten! Führt der beste Weg durch die Abkürzung oder den Dschungel? (Felix Schwarzenbach) SZS 54/2010, S. 317 ff.
Ärztlicher Blick eines psychiatrischen Gutachters der medizinischen Abklärungsstelle Zentralschweiz auf die Rechtsprechung zu «nicht objektivierbaren» Gesundheitsschäden. Bei der Arbeitsfähigkeit sei der Fokus mehr darauf zu legen, welche Fähigkeiten (Konzentration, Antrieb, Kreativität etc.) der Patient noch mitbringe und welche Tätigkeiten damit noch möglich seien. Lesenswert.
BVG
Das Anrechnungsprinzip als Grundelement der umhüllenden beruflichen Vorsorge im «Zerrspiegel» der Rechtsprechung (Markus Moser), SZS 55/2011, S. 58 ff.
Bei sogenannten umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen wird nicht klar zwischen obligatorischen und überobligatorischen Leistungen unterschieden. Der Autor beleuchtet die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichts, gemäss welcher bei nachträglicher Erhöhung des IV-Grads eine Anrechnung der bisherigen Rente zu erfolgen hat; im Rahmen der Schattenrechnung müssen lediglich die obligatorischen Mindestvorgaben des BVG eingehalten werden.
Übrige Sozialversicherungen
Das vergessene Sozialversicherungsverhältnis (Erwin Murer), SZS 54/2010, S. 495 ff.
Das Sozialversicherungsverhältnis ist nicht nur ein Recht der Versicherten auf Leistungen, sondern ein zweiseitiger Vertrag mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Der vertraglichen Natur soll künftig wieder mehr Beachtung geschenkt werden, fordert der Autor.
Strafrecht
Allgemeiner Teil
Die Wiedergutmachung nach Art. 53 StGB (Céline Schenk), jusletter vom 24. Januar 2011 (www.jusletter.ch)
Durch den Fall «Nef» erlangte die Wiedergutmachung nach Art. 53 StGB innert kürzester Zeit Berühmtheit. Die Autorin zeigt auf, warum die auf den ersten Blick unproblematisch erscheinende Bestimmung bei genauerem Hinsehen erhebliche Gefahren und Unklarheiten in sich birgt.
Übriges Strafrecht (inkl. Strafvollzug & Kriminologie)
Hungerstreik im Strafvollzug (Adrian Krähenmann / Andreas Schweizer / Tobias Tschumi), jusletter vom 10. Januar 2011 (www.jusletter.ch)
Ausgehend vom Hungerstreik von Bernard Rappaz prüft der Beitrag, ob die Freiheitsstrafe ausnahmsweise in Form eines Hausarrestes vollzogen werden dürfte. Dazu die Erörterung grundrechtlicher Aspekte der Zwangsernährung sowie der Frage, ob die Ärzte am Genfer Unispital verpflichtet gewesen wären, der Anordnung zur Zwangsernährung Folge zu leisten.
Privatrecht
Einleitungsartikel und Personenrecht
Sportrecht: Vom (Spannungs-) Verhältnis von Sport und Recht (Martin Kaiser), AJP 2011, S. 192 ff.
Versuch einer Einordnung des vielfältigen Sportrechts im Rechtssystem, wobei der Autor ein eigenes Rechtsgebiet postuliert.
Familienrecht
Zukunft der Psychiatrie:
ambulante Zwangsbehandlungen? (René Bridler / Jürg Gassmann) ZKE 2011, S. 1 ff.
Die Möglichkeit der ambulanten Zwangsbehandlung im neuen Erwachsenenschutzrecht kann laut den Autoren als fragwürdig und rückwärtsgewandt aufgefasst werden. Sie sehen keine eindeutigen Vorteile im Vergleich zu den üblichen Standardbehandlungen.
Wirkungsvolle Zusammenarbeit - der Beitrag der Sozialarbeit in der Fachbehörde (Christoph Heck), ZKE 2011, S. 17 ff.
Das neue Erwachsenenschutzrecht sieht eine interdisziplinäre Fachbehörde vor. Der Autor zeigt nicht nur den möglichen Beitrag der Sozialarbeit auf, sondern befasst sich mit den grundsätzlichen Anforderungen an eine erfolgreiche interdisziplinäre Facharbeit.
Neue Aufgaben, Rollen, Disziplinen, Schnitt- und Nahtstellen: Herausforderungen
des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts (Daniel Rosch), ZKE 2011, S. 31 ff.
Die personellen und strukturellen Voraussetzungen für die Interdisziplinarität sowie die Planung einer entsprechenden Kooperation.
Kindesschutz interdisziplinär - Beiträge von Pädagogik und Psychologie (Martin Inversini), ZKE 2011, S. 47 ff.
Pädagogik und Psychologie sowie der Beitrag einer wissenschaftlich fundierten psychosozialen Diagnostik zur Interdisziplinarität.
Die Stellung der Medizinalberufe im neuen Erwachsenenschutzrecht (Peter Breitschmid / Caroline Wittwer), jusletter vom 31. Januar 2011 (www.jusletter.ch)
Die Auswirkungen des ab 1. Januar 2013 geltenden Rechts für die Medizinalberufe und Institutionen wie Spitäler und Heime. Patientenverfügungen, fürsorgerische Unterbringung und der Aufenthalt in Wohn- und Pflegeeinrichtungen berühren zentrale Fragen eines Personenschutzrechts, das Würde und Selbstbestimmung einen hohen Stellenwert einräumt. Die Verfeinerung und Perfektionierung bedeutet indirekt eine Haftungsverschärfung.
Der Vorentwurf zur Revision des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung: Lösungen für alte Probleme (Alexandra Rumo-Jungo), FamPra 1/2011, S. 1 ff.
Elf Jahre nach der Scheidungsrechtsvision soll den in der Praxis zu Tage getretenen Schwächen begegnet werden. Neu soll als Stichtag für die Teilung die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens gelten. Die Teilung des Vorsorgeguthabens soll sowohl vor wie auch nach Eintritt eines Vorsorgefalls erfolgen und der Teilungsbetrag proportional aus dem obligatorischen und überobligatorischen Teil geäufnet werden können.
Die Scheidungsrechtsrevision aus Sicht der Vorsorgepraxis (Markus Moser), FamPra 1/2011, S. 40 ff.
Der Geschäftsführer der Pensionskasse Novartis analysiert die von der Expertenkommission vorgelegten Bestimmungen über den
Vorsorgeausgleich (Art. 122-124 ZGB). Die geplante Teilung von Vorsorgemitteln bei bestehendem Vorsorgefall findet er problematisch.
Die familienbezogene Rechtsprechung der sozialrechtlichen Abteilungen des Bundesgerichts im Jahre 2009 (Susanne Leuzinger-Naef), FamPra 1/2011, S. 131 ff.
Überblick über die höchstrichterlichen Urteile, etliche davon zum Vorsorgeausgleich bei Scheidung. Die abstrakte Normenkontrolle zeigte, dass die kantonalen Ausführungsgesetze zum Familienzulagengesetz nur teilweise bundesrechtskonform sind.
Obligationenrecht
Allgemeiner Teil
Zum Selbstbestimmungsrecht des Vorsorgenden, Kritische Bemerkungen zu BGE 134 III 385 (Sandra Hotz), jusletter vom 14. Februar 2011 (www.jusletter.ch)
Die Tragweite des Selbstbestimmungsrechts eines für seine künftigen rechtlichen und persönlichen Verhältnisse Vorsorgenden. Die kritische Auseinandersetzung mit BGE 134 III 385 zeigt, wie schwierig die Balance zwischen (künftigem) Erwachsenen- und «Erbenschutz» sein kann.
Haftpflichtrecht
BGE 136 V 279: Die Abschaffung einer rechtlichen Privilegierung und ihre
Folgen für das soziale Unfallversicherungs- und das Haftpflichtrecht (Thomas Germann), SZS 55/2011, S. 1 ff.
Der Autor schlägt vor, die seit BGE 136 V 279 im Sozialversicherungsrecht geltende Vermutung, die Beschwerden nach Schleudertrauma seien überwindbar, auch ins Haftpflichtrecht zu übernehmen. Was im Sozialversicherungsrecht richtig ist, könne im Haftpflichtrecht nicht falsch sein.
Arbeitsvertragsrecht
Berufskleidung im Arbeitsrecht - Vorschriften, Kostentragung, Depot (Roland Müller / Manuel Stengel), AJP 2011, S. 222 ff.
Die Berufskleidung am Arbeitsplatz wirft praktische, bisher kaum abgehandelte Fragen auf. Dieser Beitrag mit Empfehlungen für die Praxis schliesst die Lücke.
Soziale Netzwerke und Arbeitsverhältnis (Urs Egli), jusletter vom 17. Januar 2011 (www. jusletter.ch)
Arbeitsrechtliche Aspekte sozialer Netzwerke, Nutzungsverbote und Screening von Stellenbewerbern im Internet. Mit Vorschlägen, wie Unternehmen soziale Netzwerke arbeits- und datenschutzrechtlich konform nutzen können.
Publikation von Eigentumsbeschränkungen - neue Regeln (Meinrad Huser), Baurecht 2010, S. 164 ff.
Öffentlich-rechtliche Beschränkungen von Grundeigentum sollen neu in einem öffentlich zugänglichen System dokumentiert werden. Geplante Informationsmöglichkeiten - Grundbuch, Kataster nach Geoinformationsgesetz und weitere kantonale Informationsgefässe - und die Rechtsfragen.
Handels- und Wirtschaftsrecht
Gesellschaftsrecht
Die Geschäftsführung bei
der GmbH: Schnittstellen zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht (Christoph Senti), AJP 2011, S. 18 ff.
Mögliche Ausgestaltungen der Geschäftsführung einer GmbH; Erläuterung, wann beim Geschäftsführer ein faktisches Arbeitsverhältnis vorliegt und welche Probleme die Doppelstellung des Geschäftsführers als Organ und Arbeitnehmer der GmbH stellt.
Das Gesellschaftsrecht 2010 (Walter A. Stoffel), SZW 1/2011, S. 68 ff.
Kompetenter Überblick über die massgeblichen gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen in Bund und Kantonen von 2010. Eine Fundgrube für Gesellschaftsrechtler.
Der Ausschluss aus einer Personengesellschaft ohne wichtige Gründe (Daniel Staehelin / Ralf Michael Straub), AJP 2011, S. 27 ff.
Die Autoren prüfen, ob Vertragsklauseln, die einen Ausschluss ohne wichtige Gründe vorsehen, rechtsgültig sind. Sie bejahen die Frage unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauchsverbots und von Artikel 27 Absatz 2 ZGB im Einzelfall.
Wettbewerbs- und Kartellrecht
Mit verdeckten Ermittlern und Whistleblowern gegen Kartellsünder? (Olivier Schaller / Stefan Keller) sic! 2/2011, S. 71 ff.
Whistleblowern im Schweizer Recht, insbesondere Kartellverwaltungsrecht, Erörterung der Rolle verdeckter Ermittler, Agents Provocateurs und Selbstanzeiger. Gründe, weshalb das Kartellverwaltungsrecht die entsprechenden Bestimmungen der schweizerischen Strafprozessordnung nicht einfach übernehmen kann. Lösungsansätze, um den Spielraum der Wettbewerbsbehörden zu erweitern und die Informationen von Denunzianten besser zu nutzen.
Verfahrens- und Vollstreckungsrecht
Das einzelrichterliche Verfahren nach Art. 108 BGG (Roger Grünvogel), AJP 2011, S. 59 ff.
Stark an der Praxis orientierte interessante Darstellung des Anwendungsbereichs und erster Erfahrungen mit der Einzelrichterzuständigkeit nach Art. 108 BGG.
Elektronischer Rechtsverkehr nach VeÜ-ZSSchK (Peter Guyan / Lukas Huber), AJP 2011, S. 74 ff.
Gute Einführung in die Regelung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Verordnung über die elektronische Übermittlung im Rahmen von Zivil- und Strafprozessen sowie von Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren. Gründe, warum nicht mit einer baldigen Abkehr von der bisherigen Verfahrenskultur zu rechnen ist.
Strafprozessrecht
Das Verhältnis des abgekürzten Verfahrens zur Einstellung durch Wiedergutmachung (Petra Schoenmakers), recht 1/2011, S. 20 ff.
Übersicht über das neue abgekürzte Verfahren der Strafprozessordnung, das unter gewissen Bedingungen zum Zuge kommt. Abgrenzung zur schon seit dem 1. Januar 2007 existierenden Einstellung durch Wiedergutmachung. Mit praktischer Übersichtstabelle.
Das Rechtsmittelsystem der Schweizerischen Strafprozessordnung - Beschwerde,
Berufung, Revision (Niklaus Oberholzer), AJP 2011, S. 39 ff.
Guter Überblick zum Rechtsmittelsystem nach dem seit 1. Januar 2011 geltenden Recht.
Wenn polizeiliche Ermittler im Chatroom in Teufels Küche kommen - oder wie das Bundesgericht neue Probleme geschaffen hat (Daniel Jositsch / Angelika Murer Mikolásek), AJP 2011, S. 181 ff.
Die Autoren kritisieren die mit BGE 134 IV 266 erfolgte Praxisänderung zum BVE und zeigen mögliche Lösungsansätze auf.
Zivilprozessrecht
Schriftliche Zeugenaussagen (Mark Schweizer / Christian Eichenberger), jusletter vom 28. Februar 2011 (www.jusletter.ch)
Schriftliche Aussagen eines Zeugen, die Aufschluss über tatsächliche Verhältnisse geben und im Hinblick auf einen Zivilprozess abgegeben wurden («witness statements») können nach Auffassung der Verfasser als Urkunde im Sinne von Art. 177 ZPO gewürdigt werden. Praktische Bedeutung haben sie im Massnahmeverfahren, bei dem Zeugenbefragungen grundsätzlich ausgeschlossen sind. Dort können sie, soweit glaubwürdig, geeignet sein, zusammen mit anderen Beweisen den Sachverhalt glaubhaft zu machen.
Zulässigkeit und Schranken der negativen Feststellungswiderklage im vereinfachten Verfahren nach schweizerischer ZPO (Philipp Gremper / Jakob Martin), AJP 2011, S. 90 ff.
Der Beitrag legt dar, warum die negative Feststellungswiderklage im vereinfachten Verfahren nur sehr eingeschränkt zulässig ist, was nach Auffassung der Autoren die Waffengleichheit zwischen Teilkläger und Beklagtem in Frage stellt. Als Alternative schlagen sie eine separate negative Feststellungswiderklage im ordentlichen Verfahren unter Ausklammerung des rechtshängigen Teilklagebetrags vor.
Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Die eidgenössische Zivilprozessordnung: Auswirkungen auf das SchKG (Hans Reiser), BlSchK 6/2010, S. 229 ff.
Der Artikel - die schriftliche Fassung eines Vortrags - bietet einen äusserst rudimentären Überblick über die Auswirkungen der neuen ZPO auf das SchKG. Mehr aber (leider) nicht.
Rechtsprechung zum Arrest im Jahre 2010: Eine Übersicht (Hans Reiser), BlSchK 1/2011, S. 12 ff.
Der Autor berichtet über vier Bundesgerichtsurteile und zwei Entscheide des Obergerichtes des Kantons Zürich zum Arrest, die im letzten Jahr gefällt wurden.