Die strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat ein Urteil des Zürcher Obergerichts aufgehoben, weil es in antizipierter Beweiswürdigung Anträge des Verteidigers zu Unrecht abwies. Es ging um ein klassisches Vier-­Augen-Delikt.

Der Verteidiger beantragte bei den unteren Instanzen erfolglos eine gerichtliche Befragung der Geschädigten sowie ein aussagepsychologisches Gutachten. Das Bundesgericht stellte klar: In einer Aussage-gegen-Aussage-Situation mit ungeklärtem mentalem Gesundheitszustand des Opfers erscheine eine unmittelbare Beweisabnahme durch das Gericht als notwendig. Dies umso mehr, als sich im konkreten Fall eine persönliche Befragung schon deshalb aufgedrängt habe, um den Antrag des Verteidigers auf psychologische Begutachtung der Geschädigten zu entscheiden. Ohne persönlichen Eindruck dürfe das Gericht den Antrag auf Begutachtung nicht ­abweisen (6B_1251/2014 vom 1. Juni 2015).