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Plädoyer 1/12
23.01.2012
Letzte Aktualisierung:
04.10.2013
Staatsanwälte haben es schwerer als Richter
Staatsanwälte sind durch ihren Beruf stärker belastet und beansprucht als Richter. Dies zeigt eine Studie der Psychologin Revital Ludewig und der Juristin Bianca de Matteis, die in der Zeitschrift «Forum Poenale» veröffentlicht wurde (Ausgabe 4/11). So hätten Staatsanwälte signifikant mehr Schwierigkeiten mit Anwälten und würden unter deren Druckversuchen leiden. Auch berichten Staatsan...
Staatsanwälte haben es schwerer als Richter
Staatsanwälte sind durch ihren Beruf stärker belastet und beansprucht als Richter. Dies zeigt eine Studie der Psychologin Revital Ludewig und der Juristin Bianca de Matteis, die in der Zeitschrift «Forum Poenale» veröffentlicht wurde (Ausgabe 4/11). So hätten Staatsanwälte signifikant mehr Schwierigkeiten mit Anwälten und würden unter deren Druckversuchen leiden. Auch berichten Staatsanwälte signifikant häufiger von Schwierigkeiten mit Vorgesetzten oder von Mobbing-Situationen.
Die Folgen: 92,6 Prozent der 682 befragten kantonalen Staatsanwälte und Bundesanwälte gaben an, dass sie nach der Arbeit nicht abschalten können, 93,7 Prozent klagen über Übermüdung. Als Strategie zur Bewältigung geben die Staatsanwälte an erster Stelle soziale Unterstützung an, an zweiter Stelle Sport und Zeit für sich selber. Das Geschlecht hat offenbar kaum einen Einfluss auf die Befindlichkeit. «Einzig bei der Belastung durch ‹häufigen Kontakt mit Opfern› zeigte sich, dass Männer damit etwas weniger gut zurechtkommen als Frauen», so die Autorinnen.
Dass es Staatsanwälte in ihrem Beruf schwerer haben als Richter führen die Autorinnen unter anderem darauf zurück, dass die Strafverfolger eine grössere unmittelbare Nähe zu den Fällen hätten. Dies erfordere psychologisches Geschick - während Richter eher Akten studieren oder Parteien befragen würden. ch
Rückblende
- Keine finanziellen Anreize für Umzug
Doch keine finanziellen Anreize für die Angestellten des Bundesverwaltungsgerichts für den Umzug nach St. Gallen: Das Parlament hat den entsprechenden Kredit in der Wintersession abgelehnt (plädoyer 4/11). Der Präsident des Bundesgerichts, Lorenz Meyer, mochte sich im Parlament nicht für die finanziellen Anreize einsetzen, da eine rechtliche Grundlage dafür fehle. Er beantragte, der nationalrätlichen Finanzkommission zu folgen und den Budgetposten um 1,935 Millionen Franken zu kürzen. Die ständerätliche Finanzkommission wollte den Budgetposten «Umzug des Bundesverwaltungsgerichts nach St. Gallen» nur um 600 000 Franken beschneiden. vb
- Allianz steigt aus Prozessfinanzierung aus
Die Allianz finanziert keine neuen Prozesse mehr. «Die Prozessfinanzierung gehört nicht zum Kerngeschäft der Versicherung», so der Vertreter der Prozess-Finanz der Allianz in der Schweiz, Hans Weissberg: «Die Konzernspitze in München hat beschlossen, das Geschäft aufzugeben. Das betrifft alle denen die Allianz Prozessfinanzierungen angeboten hat.» Keine Rolle hätten finanzielle Gründe gespielt (plädoyer 2/03 und 4/11). Das Geschäft sei überall gut gelaufen. vb
Englisch prozessieren am Patentgericht - und im Aargau
Englisch erobert die Welt, das Bundespatentgericht und den Kanton Aargau. Die im September 2011 gewährleistete neue Aargauer Kantonsverfassung bestimmt, dass «Behörden und Amtsstellen auch in englischer Sprache» verkehren können. Urs Hodel, Leiter Justizverwaltung des Aargauer Obergerichts, schätzt die praktische Bedeutung jedoch als gering ein: «Vor den aargauischen Gerichten wird wohl auch in Zukunft kaum je englisch gesprochen werden.»
Anders am Bundespatentgericht: «Die Mitglieder müssen Englisch beherrschen», sagt Gerichtspräsident Dieter Brändle. Das Bundespatentgerichtsgesetz hält nämlich fest, dass diese Sprache vor Gericht benutzt werden kann. Einigen sich die Parteien darauf, werde wohl auch die Verhandlung auf Englisch geführt, sagt Brändle. Urteil und prozessleitende Entscheide ergehen aber in einer schweizerischen Amtssprache. vb