Bei 540 von 2310 abgeschlossenen Verdachtsfällen konnte die Invalidenversicherung (IV) im vergangenen Jahr einen Versicherungsmissbrauch nachweisen. Das teilte kürzlich das Bundesamt für Sozialversicherungen mit. Deshalb würden umgerechnet 390 ganze Renten weniger ausgezahlt. Dies bedeute hochgerechnet eine Einsparung von insgesamt rund 144 Millionen Franken.

Gestützt auf die entsprechende Medienmitteillung des Bundesamts titelte die Boulevardzeitung «Blick»: «540 IV-Betrüger entlarvt.» Doch ein Versicherungsmissbrauch ist noch kein Betrug. Der Begriff «Betrüger» in der Schlagzeile «ist falsch», sagt Harald Sohns, Kommunikationsleiter beim Bundesamt für Sozialversicherungen. Er bedauert, dass die Mitteilungen immer wieder zu Missverständnissen führen. «Wir geben uns alle Mühe, diese Sachen korrekt darzustellen und sie speziell gründlich zu erklären – gerade weil in den Medien immer wieder sehr unsorgfältig über die Missbrauchsfälle berichtet wird.» Das Bundesamt wisse zwar, dass der Begriff Missbrauch nicht ganz zutreffe. Sohns: «Aber wir haben bis jetzt keinen besseren Begriff gefunden.» Von den 540 Fällen habe die IV nur bei 30 Fällen Straf­anzeige erstattet. Wie solche Verfahren ausgehen würden, wisse die IV nicht. Sohns konnte deshalb die Frage von plädoyer nicht beantworten, wie viele Fälle von nachgewiesenem IV-Missbrauch auch Betrugsfälle im strafrechtlichen Sinne sind.