Nein, aber sie wird sich verändern. Die Junge FDP des Kantons Freiburg und Initiativen in den Kantonen Zürich und Graubünden haben die Abschaffung der Kirchensteuern für juristische Personen gefordert. Die kantonalen Parlamente haben die Streichung bisher immer mit komfortablen Mehrheiten abgelehnt. Die Kirchen wollten dennoch mehr zu den thematischen Hintergründen wissen. Das Institut für Religionsrecht der Universität Freiburg hat deshalb aufgrund eines Auftrags der römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz und des Schweizerischen evangelischen Kirchenbundes eine Studie erstellt.
In mehreren Kantonen gibt es Neuerungen im Kirchenrecht. So beispielsweise in der Verfassung des Kantons Waadt vom 14. April 2003. Diese kennt keine Kirchensteuer, aber eine Finanzierung der anerkannten Kirchen als juristische Personen des öffentlichen Rechts. Als Gegenleistung bieten die Kirchen gemeinnützige Arbeit. Es handelt sich quasi um eine Leistungsvereinbarung.
Ähnlich haben die Kantone Zürich und Luzern ihre Totalrevisionen der Verfassungen und der Kirchengesetzgebung genutzt, um eine Zweckbestimmung für die Kirchensteuern juristischer Personen einzuführen. Entsprechend der Meinung eines Teils der Lehre sehen diese neuen Gesetzgebungen vor, dass die anerkannten Kirchen als juristische Personen des öffentlichen Rechts den Erlös der Kirchensteuern nicht für Gottesdienste benutzen dürfen. Die Einnahmen sind für gemeinnützige Leistungen wie Soziales oder Kulturelles einzusetzen.
Ulrich Cavelti, Professor für öffentliches Recht in St. Gallen, geht davon aus, dass eine Leistungsvereinbarung die Möglichkeit eröffnen würde, die Kirchensteuer von juristischen Personen beizubehalten. Damit liesse sich der Kritik bezüglich der Verletzung der Religionsfreiheit, der Gleichbehandlung (im Gegensatz zu den natürlichen Personen, die eine solche Steuer auch verweigern können) und der staatlichen religiösen Neutralität begegnen.
Die Frage ist aber, ob die Kirchen einen solch gezielten Einsatz der Mittel befürworten. Erstaunlicherweise wurde die entsprechende Frage im Rahmen einer Umfrage unter den Kirchen generell negativ beantwortet. Die Kirchen machen keine Unterscheidung beim Einsatz der Mittel, egal ob sie von juristischen oder persönlichen Personen stammen. Solange ihnen nichts vorgeschrieben wird, möchten sie eine gewisse Freiheit beibehalten. Ich denke deshalb, dass der Weg der negativen Zweckbestimmung wie im Kanton Zürich effizienter ist: Die Kirchensteuern von natürlichen Personen sind für kultische Zwecke vorgesehen. Diese Regelung erlaubt eine weiter gefasste Zweckbestimmung der Kirchensteuern von juristischen Personen für Medienarbeit, soziale Aktivitäten, Baufonds, Personalausbildung, Ausbildung von Religionslehrern etc. Hinzu kommt, dass die Definition der juristischen Person in jedem Kanton anders ist - so gehören im Kanton Schwyz sogar Investmentfonds dazu.
Zu diskutieren ist allenfalls, ob man den Kreis der Empfänger der Kirchensteuern vergrössern müsste auf die Religionsgemeinschaften, die neu in der Schweiz sind.
In den Kantonen Zürich und Waadt fand eine Neuverteilung der Gelder statt. Damit sollten die Summen, die für die evangelisch-reformierte und die römisch-katholische Kirche bestimmt sind, gerechter verteilt werden.
Das Bundesgericht beurteilt Kirchensteuern juristischer Personen seit 130 Jahren als mit der Religionsfreiheit vereinbar. Man muss nicht davon ausgehen, dass es diese Haltung nächstens ändern wird.
René Pahud de Mortanges, ordentlicher Professor für Rechtsgeschichte und Kirchenrecht an der Universität Freiburg.