Im März 2016 ist die Anwältin Olga Gisich aus der ­russischen Stadt Samara vom Sovetskiy District Court in Samara wegen Erpressung und Sach­beschädigung zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt ­worden. Amnesty International liegen Hinweise vor, dass ihr Verfahren nicht fair war. Gisich selbst hat ­gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt. 

Das Urteil zeigt, dass die russische Justiz nicht nur politische Gegner diszipliniert, sondern generell ­Leute, die unangenehm auffallen. Der Anwältin wurde zum Verhängnis, dass sie Klientinnen half, eine Klinik wegen unsorgfältiger Behandlung zu verklagen. 

Bei der Juristin selbst war nach einer Operation vor drei Jahren Gebärmutterkrebs im fortgeschrittenen ­Stadium diagnostiziert worden. Gisich aber holte bei einer ­anderen Klinik eine Zweitmeinung ein. Dort stellte sich heraus, dass der erste Befund falsch war und die Operation von einem inkompetenten Arzt ­durchgeführt worden war. Gisich ging gerichtlich ­gegen die Klinik vor und erhielt recht. 

Zum Verhängnis wurde der Anwältin, dass sie auch andere Frauen bei Klagen gegen die Klinik vertrat. Denn als sie versuchte, mit der Klinik eine ausser­gerichtliche Einigung zu erwirken, warf man ihr ­Erpressung vor und stellte sie vor Gericht. Im Laufe des Verfahrens wurde ihr zudem vorgeworfen, den Klinikleiter bedroht zu ­haben. Gisich ­wurde letztlich aufgrund von Aussagen von Ärzten der beklagten ­Klinik schuldig gesprochen und ­aufgrund der Angaben eines Mannes, der dank seiner Aussage einen beträchtlichen Straferlass in einem anderen Verfahren erhielt. Die Anwältin befindet sich nun seit anderthalb Jahren in Haft. Sie leidet an einer Reihe chronischer Erkrankungen. Im Gefängnis verschlechterte sich ihr Zustand, sie leidet an schweren Blutungen. Das ­Gefängnis erlaubt es ihren Angehörigen nicht, ihr ­Essen zu bringen, das ihrer Magen­erkrankung ­entspricht. Es besteht die Gefahr, dass Gisich die Haft nicht überlebt.