Er arbeitet auch heute noch den ganzen Tag. Der emeritierte Professor Walter Kälin sagt das mit einem ­Lächeln. Er beginnt zu erzählen. Erstens habe er seit der Emeritierung 2015 zusammen mit seinen Mit­autoren vier Lehrbücher für Neuauflagen über­arbeitet. Zweitens erhielt er Beratungsaufträge im Bereich ­intern vertriebener Personen. Der 67-Jährige ist im Auftrag der Uno regelmässig in Somalia und in der Ukraine tätig. Im Januar weilte er im Auftrag der Schweiz für zwei Wochen in Myanmar. Kälin ­arbeitete dort mit der Regierung an einer Strategie zur Schliessung der Lager in Rakhine, in denen vertriebene Muslime interniert sind. Zudem ist er Präsident der «Plattform für Katastrophenver­treibung», einer Initiative mehrerer Staaten. Da gehe es darum, konkrete Präventions- und Schutzmassnahmen umzusetzen.

Kälin hatte Recht in Freiburg, Bern und Cambridge (USA) studiert. «In meiner Lizentiatsprüfung hatte ich die besten Noten im Privatrecht», sagt er zu plädoyer. Schon damals habe ihn aber das öffentliche Recht mehr interessiert. Es sei weniger dogmatisch. «Man ist näher an den aktuellen Herausforderungen und der Politik.» Ab 1985 war Kälin bis zu seiner Emeritierung Professor an der Universität Bern. Daneben ­arbeitete er als Gutachter und für Expertenkommissionen. Von 2011 bis 2015 war er Direktor des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte.

In jungen Jahren war Kälin Verfassungsrechtler. «Ich war etwa bei den Revisionen der Bundesver­fassung und der Berner Kantonsverfassung stark ­involviert.» Dies habe sich mit der Zeit geändert: Der Professor lehrte mehr und mehr im internationalen Recht. Er beschäftigte sich mit Völkerrecht, dem internationalen Menschenrechtsschutz, dem Flüchtlingsrecht und verwandten Rechtsgebieten.

Neben der Juristerei liest der 67-Jährige gerne ­Bücher über Archäologie und antike Hochkulturen. «Soeben habe ich ein spannendes Buch über das Ende der römischen Republik gelesen.»