Die Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) lässt in einem Scheidungsverfahren vieles offen und erweist sich in der Anwendung wenig bürgernah. Entsprechend vielfältig und für Rechtsuchende oft nicht abschätzbar ist die praktische Umsetzung bei den Gerichten. Nachfolgend sollen einige wenige Aspekte des Verfahrens aus der Sicht des Gerichts näher beleuchtet werden, ohne damit die Richtigkeit oder wenigstens die Angemessenheit abweichender Auffassungen in Zweifel zu ziehen.
Inhalt der Einigungsverhandlung Bei der Scheidungsklage und bei der ihr verfahrensrechtlich gleichgestellten Klage auf Abänderung oder Ergänzung des Scheidungsurteils (Artikel 284 Absatz 3 ZPO) ist vorab zur Einigungsverhandlung (Artikel 291 ZPO) vorzuladen. Diese Verhandlung weist einen formellen und einen informellen Aspekt auf. Im formellen Teil ist das Gericht von Amtes wegen gestützt auf die Untersuchungsmaxime (Artikel 277 Absatz 3 ZPO) gehalten abzuklären, ob ein Scheidungsgrund nach Artikel 114/115 ZGB besteht, und falls nicht, ob die beklagte Partei mit der Scheidung einverstanden ist. Das verlangt eine entsprechende richterliche Befragung der Parteien, verbunden mit einer allenfalls kurzen Stellungnahme oder Erläuterung des Scheidungsgrundes durch die Parteivertreter - ähnlich einer Instruktionsverhandlung nach Artikel 226 ZPO. Eigentliche Parteivorträge oder Beweisabnahmen sind in diesem Verfahrensstadium ausgeschlossen, zumal dazu auch nicht vorgeladen wurde. Der formelle Teil entfällt naturgemäss bei der Abänderungs- und Ergänzungsklage, da keine isolierte Abklärung des Abänderungs- oder Ergänzungsgrundes (zum Beispiel Arbeitslosigkeit des Abänderungsklägers) beziehungsweise kein Einverständnis der beklagten Partei dazu denkbar ist.
Anschliessend folgt als informeller Teil der richterliche Einigungsversuch (Einverständnis mit der Scheidung und/oder Einigung bezüglich der Scheidungsfolgen beziehungsweise der Abänderungs-/Ergänzungsbegehren) - ähnlich einer Schlichtungs- beziehungsweise Vergleichsverhandlung (Artikel 124 Absatz 3 ZPO).
Vergleichsbemühungen setzen indessen einen gewissen Kenntnisstand des Gerichts voraus. Da die Scheidungsklage beziehungsweise die Abänderungs- oder Ergänzungsklage ohne Begründung rechtshängig gemacht werden kann (Artikel 290 ZPO), bedarf es der richterlichen Erfragung nicht nur der Anträge der Parteien, sondern auch deren Begründung, insbesondere der Darlegung des massgebenden Sachverhalts. Insoweit ist auch eine kurze Stellungnahme und Erläuterung durch die Parteivertreter zulässig und geboten, aber nicht ein eigentlicher Parteivortrag oder gar ein Verlesen von Plädoyernotizen. Letzteres widerspräche dem Charakter einer Vergleichsverhandlung (Artikel 124 Absatz 3 ZPO). Wie erwähnt sind die Parteien auch nicht verpflichtet, sich auf einen Parteivortrag vorzubereiten.
Steht der Scheidungsgrund nicht fest, stimmt aber die beklagte Partei der Scheidung zu (mit oder ohne Einigung über die Scheidungsfolgen), bildet die nach Artikel 111/112 ZGB zwingende Anhörung praxisgemäss formellen Teil der Einigungsverhandlung (Artikel 292 Absatz 1 ZPO in Verbindung mit Artikel 287 ZPO); die Durchführung einer förmlichen Anhörung ist indes auch an einem späteren Verhandlungstermin möglich. Steht der Scheidungsgrund hingegen fest, ist ein Verfahrenswechsel ausgeschlossen, selbst wenn die beklagte Partei mit der Scheidung einverstanden ist und anlässlich der Einigungsverhandlung eine (teilweise) Einigung über die Scheidungsfolgen erzielt wird (Artikel 292 Absatz 2 ZPO), womit - jedenfalls nach der Gesetzessystematik - auch eine Anhörung zu den vereinbarten Scheidungsfolgen entfällt. Wird eine solche gleichwohl als erforderlich erachtet, ist sie zweckmässigerweise wiederum im Rahmen der Einigungsverhandlung durchzuführen.
Protokollierung der Einigungsverhandlung Nach Artikel 235 Absatz 1 ZPO ist in jedem Verfahren ein Protokoll zu führen. Die Einigungsverhandlung ist eine solche gerichtliche Verhandlung, weshalb immer ein Protokoll im Sinne eines Verfahrensprotokolls zu führen ist (Ort, Zeit, Anwesende, Parteierklärungen, richterliche Anordnungen etc.).
Der formelle Teil - die richterliche Befragung und die Antworten der Parteien zum Scheidungsgrund beziehungsweise das Einverständnis der beklagten Partei zur Scheidung sowie gegebenenfalls die Anhörung anlässlich der Einigungsverhandlung (Artikel 292 Absatz 1 ZPO in Verbindung mit Artikel 287 ZPO) - ist daher zwingend zu protokollieren.
Der informelle Teil - die richterlichen Vergleichsbemühungen sowie allfällige Ausführungen, Stellungnahmen und Erläuterungen der Parteien - unterliegt einem Protokollierungsverbot (Artikel 205 Absatz 1 ZPO analog).
Führen die Vergleichsgespräche zu einer vollständigen Einigung beziehungsweise zum Abschluss einer Scheidungskonvention, fehlen häufig Angaben im Protokoll über die (gegebenenfalls konkretisierten) Rechtsbegehren, über die Standpunkte der Parteien und über den der Vereinbarung zugrunde liegenden Sachverhalt. Dies kann in einem späteren beziehungsweise erneuten Abänderungsverfahren hinderlich sein, weil die Grundlagen des abzuändernden Entscheides aus den Akten nicht ersichtlich sind.
Wohl sind gemäss Artikel 282 Absatz 1 ZPO die notwendigen Angaben zu den Finanzen im Scheidungsurteil beziehungsweise neu auch im Abänderungs- und Ergänzungsentscheid aufzunehmen. Solche Zahlenangaben bedürfen aber gelegentlich der näheren Konkretisierung beziehungsweise der Erläuterung des zugrunde liegenden Sachverhalts. Soweit daher zufolge fehlender Protokollierung solche näheren Angaben in den Akten fehlen, müssen diese detailliert, aussagekräftig und nachvollziehbar in der Scheidungskonvention beziehungsweise in der Abänderungsvereinbarung enthalten sein.
Hinsichtlich der elterlichen Sorge und des persönlichen Verkehrs ist es kaum praktikabel, ergänzende Angaben über deren Grundlagen in die Scheidungskonvention beziehungsweise in die Abänderungsvereinbarung aufzunehmen. Hier rechtfertigt es sich, anlässlich der Einigungsverhandlung auch ohne Verfahrenswechsel eine Anhörung zu den vereinbarten Scheidungsfolgen (Artikel 287 ZPO; Artikel 111 ZGB) durchzuführen beziehungsweise die Parteien zu den der richterlichen Genehmigungspflicht unterliegenden Offizialpunkten (Kinderbelange) der Abänderungsvereinbarung zu befragen. Da die Anhörung beziehungsweise die richterliche Befragung der Protokollierungspflicht unterliegt, können die Grundlagen für die Regelung der Kinderbelange in den Akten festgehalten werden. Schliesslich besteht die Möglichkeit, die Grundlagen der Vereinbarung, soweit sie sich nicht aus ihr selber ergeben, mit ausdrücklichem Einverständnis der Parteien in einer zusammenfassenden Protokollnotiz festzuhalten.
Verzicht auf Einigungsverhandlung Ein Verzicht auf die Einigungsverhandlung, weil die beklagte Partei im Ausland oder unbekannt abwesend ist oder aufgrund eines übereinstimmenden Antrags der Parteien, ist nicht zulässig, wie das Bundesgericht entschieden hat (Urteil 5A_871/2011 vom 12. April 2011, im Nachgang zu BGE 137 III 380); dies in Übereinstimmung mit der insoweit klaren gesetzlichen Regelung, wonach dem Gericht die Pflicht zur Abklärung des Scheidungsgrundes beziehungsweise des Einverständnisses der beklagten Partei mit der Scheidung obliegt, womit gegebenenfalls auch bestimmt wird, ob ein Wechsel zum Verfahren bei gemeinsamem Scheidungsbegehren nach Artikel 292 Absatz 1 ZPO zu erfolgen hat.
Anträge im Teileinigungsbegehren Beim Teileinigungsbegehren (Artikel 112 ZGB) müssen die Anträge zu den strittigen Scheidungsfolgen nicht zwingend bereits im Scheidungsbegehren genannt werden (Artikel 286 Absatz 2 ZPO: «kann»). Dies gilt im Grundsatz auch für die Anhörung. Werden gleichwohl Anträge gestellt - ob im Begehren oder anlässlich der Anhörung -, sind sie nicht präjudizierend. Lediglich der Antrag auf Regelung der Scheidungsfolgen durch das Gericht (Artikel 286 Absatz 1 ZPO) ist bindend. Eine Klageänderung, das heisst neue oder geänderte Anträge zu den Scheidungsfolgen, ist bis zur Hauptverhandlung unbeschränkt möglich (Artikel 227 in Verbindung mit Artikel 230 ZPO).
Verteilung der Parteirollen im Annexverfahren Von durchaus praktischer Relevanz ist die Frage der Parteibezeichnung und der Parteirollenverteilung bei Einleitung des Annexverfahrens im Teileinigungsverfahren (Artikel 112 ZGB; Artikel 288 Absatz 2 ZPO) beziehungsweise bei der Scheidungsklage (Artikel 291 Absatz 3 ZPO beziehungsweise Artikel 292 Absatz 1 ZPO in Verbindung mit Artikel 288 Absatz 2 ZPO).
Das Gesetz äussert sich zur Frage der Parteibezeichnung nicht. Das Annexverfahren bildet Teil des ordentlichen Scheidungsverfahrens nach Durchführung der Anhörung beziehungsweise der Einigungsverhandlung (anders als das separate Verfahren bei Abtrennung des Güterrechts gemäss Artikel 283 Absatz 2 ZPO). Es besteht daher kein Anlass, im Verlauf ein und desselben Prozesses die Parteibezeichnung zu ändern.
Bei der Parteirollenverteilung im Annexverfahren ist zwischen Teileinigungsbegehren (Artikel 112 ZGB) und Scheidungsklage zu differenzieren. Beim Teileinigungsbegehren ergibt sich aus der Kann-Formulierung in Artikel 288 Absatz 2 ZPO, dass dieser Punkt der Disposition der Parteien unterliegt oder wenigstens das Gericht den Parteien die entsprechende Befugnis einräumen kann. Anlässlich der Anhörung sind die Parteien zu befragen, wem zuerst Frist für die Klagebegründung anzusetzen ist, und bei beidseitigem Einverständnis ist entsprechend zu verfahren. Sind sich die Parteien nicht einig, muss das Gericht die Parteirollen verteilen. Massgebliches Kriterium für die Zuweisung der Klägerrolle ist die Frage, wer vom andern etwas fordert (Unterhalt, BVG oder aus Güterrecht). Es kann daher erforderlich sein, dass trotz fehlender gesetzlicher Verpflichtung die Anträge wenigstens in groben Zügen im Rahmen der Anhörung gestellt werden müssen. Bei einem gegenseitigen beziehungsweise gleichwertigen Rechtsbegehren oder bei strittigen Anträgen nur hinsichtlich der Kinderbelange liesse es sich vertreten, ausnahmsweise beiden Parteien gleichzeitig Frist anzusetzen. Spätestens in der Hauptverhandlung (Artikel 228 ZPO) muss aber darüber entschieden werden, wer als erster den Parteivortrag hält.
Bei der Scheidungsklage (Artikel 290 ZPO) entspricht die Parteirollenverteilung der Parteibezeichnung. Wer die Scheidungsklage rechtshängig machte, hat (nach gescheiterter Einigung) die Klagebegründung nachzureichen. Beim Verfahrenswechsel von der Scheidungsklage zum gemeinsamen Begehren gemäss Artikel 292 Absatz 1 ZPO wäre es dogmatisch vertretbar, die Parteirollen gestützt auf Artikel 288 Absatz 2 ZPO neu zu verteilen und gegebenenfalls auch die Parteibezeichnungen umzukehren. Sinnvoller und praktikabler ist aber auch hier, der bisherigen Parteibezeichnung entsprechend derjenigen Partei die Klägerrolle zuzuweisen und ihr Frist für die Klagebegründung anzusetzen, welche das Verfahren ursprünglich einleitete.
Das Annexverfahren ohne Rechtsvertreter Von grosser praktischer Bedeutung ist die Frage, wie beim Annexverfahren vorzugehen ist, wenn eine Partei nicht rechtskundig vertreten beziehungsweise wenn sie unbeholfen oder fremdsprachig ist und daher eine gehörige Klagebegründung beziehungsweise Klageantwort nicht zu erwarten ist.
Die Durchführung des Schriftenwechsels im Annexverfahren ist grundsätzlich zwingend und kann nicht durch eine mündliche Befragung beziehungsweise Verhandlung ersetzt werden (Artikel 219 ZPO in Verbindung mit Artikel 221 ZPO). Diese gesetzliche Regelung ist wenig überlegt; sie überfordert unbeholfene Parteien offensichtlich. Als Lösungsansatz böte sich an, die Klagebegründung und die Klageantwort im Rahmen einer entsprechenden richterlichen Befragung anlässlich der Anhörung/Einigungsverhandlung mündlich zu erstatten und zu Protokoll zu nehmen. Diese Lösung ist sachdienlich, widerspricht aber dem klaren gesetzlichen Wortlaut. Hinzu kommt, dass die Parteien nicht zu einem Parteivortrag vorgeladen wurden, sich allenfalls nicht entsprechend vorbereiteten, namentlich nicht alle erforderlichen Unterlagen beschaffen konnten, (bei Abwesenheit der beklagten Partei) die klagende Partei privilegiert sowie gegen die Verhandlungsmaxime (Artikel 277 Absatz 1 ZPO) verstossen wird, womit sich die Frage der Befangenheit des Gerichts stellt.
Zulässig und sinnvoll ist demgegenüber eine ausführliche Erklärung beziehungsweise Belehrung anlässlich der Anhörung beziehungsweise der Einigungsverhandlung, wie eine Rechtsschrift abzufassen ist und was sie zu enthalten hat. Darüber hinaus dürfen an die Eingaben der Parteien keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden, zumal anlässlich der Hauptverhandlung weitere mündliche Vorträge vorgesehen sind. Schliesslich kann bei einer unzureichenden (nicht aber bei einer fehlenden) Rechtsschrift eine Nachfrist zur Verbesserung angesetzt werden unter der Andro-hung, dass die Eingabe andernfalls als nicht erfolgt gilt (Artikel 132 Absatz 1 ZPO analog). Wenn alles nichts hilft, bleibt als Ausweg die Instruktionsverhandlung (Artikel 226 ZPO), an der in Ausübung der richterlichen Fragepflicht (Artikel 56 ZPO) die Grundlagen erfragt werden können. Soweit es um Kinderbelange und die berufliche Vorsorge geht, ist ein solches Vorgehen aufgrund der Untersuchungsmaxime unproblematisch, heikel jedoch bei dem von der Verhandlungsmaxime beherrschten nachehelichen Unterhalt und beim Güterrecht (Artikel 277 Absatz 1 und 3 ZPO).
Säumnisfolgen im Annexverfahren Wird im Annexverfahren die Klagebegründung nicht innert Frist erstattet, fragt sich, welche Säumnisfolgen gelten beziehungsweise welche vorgängig anzudrohen sind.
Bei der Scheidungsklage (Artikel 290 ZPO) ist sowohl bei feststehendem Scheidungsgrund (Artikel 291 Absatz 2 ZPO und Artikel 292 Absatz 2 ZPO) als auch bei nicht feststehendem Scheidungsgrund mit oder ohne Einverständnis der beklagten Partei mit der Scheidung (Artikel 291 Absatz 3 ZPO; Artikel 292 Absatz 1 ZPO) das Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben (Artikel 291 Absatz 3 Satz 2 ZPO).
Beim Teileinigungsbegehren (Artikel 288 Absatz 2 ZPO) sind die Säumnisfolgen gesetzlich nicht geregelt. Eine analoge Anwendung von Artikel 291 Absatz 3 Satz 2 ZPO, nämlich Abschreibung des Verfahrens zufolge Gegenstandslosigkeit, rechtfertigt sich indessen aus praktischen Gründen. Allerdings hat es so die betreffende Partei in der Hand, durch blosse Untätigkeit auf den Scheidungspunkt beziehungsweise auf die bisherige Teilvereinbarung einseitig zurückzukommen beziehungsweise das Teileinigungsbegehren einseitig hinfällig zu machen, obwohl nach herrschender Lehre nach durchgeführter Anhörung die Bindungswirkung bereits eingetreten ist.
Verzicht auf Fristansetzung für Klagebegründung Liegt bereits anlässlich der Anhörung beziehungsweise der Einigungsverhandlung eine vollständige Rechtsschrift mit Begründung zu den Scheidungsfolgen beziehungsweise zur Scheidungsklage vor, fragt sich, ob auf die Ansetzung einer Frist zur Klagebegründung verzichtet werden kann.
Die Einreichung einer Begründung zu den Scheidungsfolgen beim Teileinigungsbegehren beziehungsweise bei der Scheidungsklage ist fakultativ (Artikel 290 ZPO beziehungsweise Artikel 286 Absatz ZPO). Vor Einleitung des Annexverfahrens gestellte Anträge sind - wie erwähnt - nicht präjudizierend, was auch für deren Begründung gelten muss. Namentlich können im Rahmen der Anhörung beziehungsweise der Einigungsverhandlung neue Erkenntnisse gewonnen werden, die Anlass für eine Änderung oder Ergänzung der Klageschrift geben.
In die gleiche Richtung weist das bereits erwähnte Urteil des Bundesgerichts 5A_871/2011 vom 12. April 2012 hin, worin festgehalten wird, dass die betreffende Partei die bereits begründete Scheidungsklage allenfalls als nicht vollständig und nicht abschliessend verstanden haben möchte beziehungsweise dass sie diese aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse anlässlich der Einigungsverhandlung ergänzen möchte. Hinzu kommt, dass eine Klageänderung anlässlich der Hauptverhandlung bloss noch unter den einschränkenden Bedingungen von Artikel 230 Absatz 1 ZPO (neue Tatsachen und Beweismittel) möglich ist. Würde auf eine Fristansetzung für die Klagebegründung verzichtet, so wäre damit diejenige Partei benachteiligt, die bereits freiwillig eine Klagebegründung eingereicht hat.
Selbstverständlich kann aber anlässlich der Anhörung beziehungsweise der Einigungsverhandlung ein Verzicht auf eine entsprechende Fristansetzung zu Protokoll erklärt und alsdann sofort Frist für die Klageantwort angesetzt werden.
Selbständige Klagen in Kinderbelangen Kontrovers beurteilt und von Gericht zu Gericht verschieden gehandhabt wird die Frage, ob den selbständigen Klagen in Kinderbelangen ein Schlichtungsverfahren vorausgeht. Solche Klagen unterliegen dem vereinfachten Verfahren (Artikel 295 ZPO), das ein Schlichtungsverfahren vorsieht (Artikel 197 ZPO). Indessen entfällt dieses bei den Personenstandsklagen (Artikel 198 lit. b ZPO).
Personenstandsklagen sind Feststellungs- beziehungsweise Gestaltungsklagen, die die Abstammung des Kindes von einem Elternteil betreffen. Unterhaltsklagen sind Forderungsklagen, die die Unterhaltspflicht der Eltern beziehungsweise den Unterhaltsanspruch des Kindes betreffen.
Demnach entfällt ein Schlichtungsverfahren und die Klage ist direkt beim Gericht einzureichen bei der Klage auf Feststellung des Kindsverhältnisses (Artikel 261 ZGB, Vaterschaftsklage), allenfalls verbunden mit der Unterhaltsklage (Artikel 279 ZGB). Letztere ist bloss eine zulässige objektive Klagehäufung (Artikel 90 ZPO; vgl. auch Artikel 303 Absatz 2 ZPO), wobei vorrangige Bedeutung dem Feststellungsbegehren (Personenstand) zukommt. Ferner entfällt das Schlichtungsverfahren bei der Klage auf Anfechtung des Kindsverhältnisses (Artikel 256 ZGB, Ehelichkeitsanfechtung).
Demgegenüber ist nach der insoweit klaren gesetzlichen Vorgabe das Schlichtungsverfahren zwingend bei der reinen Unterhaltsklage und der Mündigenunterhaltsklage (Artikel 275 ZGB). Wird vor der Schlichtungsbehörde bei unmündigen Kindern eine Einigung erzielt, ist eine solche - gleich wie beim aussergerichtlichen Unterhaltsvertrag - erst mit der Genehmigung durch die zuständige Vormundschaftsbehörde verbindlich (Artikel 287 Absatz 1 und 3 ZGB). Nur wenn keine Einigung erzielt werden kann, ist die Klagebewilligung auszustellen und dem Gericht innert Frist einzureichen.