Den zweibändigen Werken ist neben dem behandelten Rechtsgebiet nur gemein, dass sie auf dem neuesten Stand von Rechtsprechung und Literatur sind.
Im Basler Kommentar sind nebst den Artikeln des SchKG auch das Bundesgesetz über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts (70 Seiten) sowie die Bestimmungen über die Insolvenzentschädigung (Artikel 51-58) aus dem Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (35 Seiten) kommentiert.
Hervorzuheben sind die zahlreichen Querverweise und - im Vergleich zu anderen Kommentaren - beträchtlichen Ausführungen zu angrenzenden, im Kontext ebenfalls relevanten Rechtsgebieten. Auch die Auswirkungen der neuen Zivilprozessordnung sowie des revidierten Lugano-Übereinkommens auf das SchKG werden eingehend beleuchtet. Abgerundet wird die integrale Darstellung durch viele Hinweise auf Rechtsprechung und Literatur. Für den Praktiker führt kein Weg an dieser umfassenden, mit einer hohen Informationsdichte aufwartenden Neuauflage vorbei.
Komplett anders präsentiert sich das in universitären Kreisen seit mehr als zehn Jahren bekannte Lehrbuch von Karl Spühler und Annette Dolge. Auf das Wichtigste beschränkt und unter Ausblendung gewisser strittiger Punkte gibt es eine erste Einführung ins SchKG. Viele Schemen und Übersichten über die Verfahrensabläufe und die Voraussetzungen für einzelne Verfahrensschritte erleichtern den Zugang. Am Ende der Kapitel finden sich Kontrollfragen mit Antworten, ein Anhang enthält Formulare und Urteile, wie sie im SchKG-Alltag üblich sind.
Das Ganze wird auflockernd illustriert durch den in Geldnot steckenden Jean-Pierre Sanssou und seinen Gläubiger Luigi Franchi, die Richter Vincentinus, Quirinus und Lucius sowie das Betreibungsamt als Pleitegeier.
Das Werk eignet sich fürs Stu-dium, aber auch für Nicht-Juristen. Den Jus-Studenten wird jedoch der Beizug weiterer Lehrbücher empfohlen, um sich vertieft mit der Materie auseinanderzusetzen. Kurt Berger
Besprochene Bücher:
Adrian Staehelin / Thomas Bauer / Daniel Staehelin (Hrsg.)
Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I / II
2. Auflage
Helbing Lichtenhahn Verlag, Basel 2010, 3030 Seiten, Fr. 648.-
Karl Spühler / Annette Dolge
Schuldbetreibungs- und Konkursrecht I / II
5. Auflage
Schulthess Verlag, Zürich 2011, zusammen 484 Seiten, Fr. 160.-
Strassenverkehrsrecht
René Schaffhauser (Hrsg.)
Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2010
Schriftenreihe des Instituts für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis IPR-HSG, Band 72, St. Gallen 2010, 612 Seiten, Fr. 148.-
Nichtjuristischen Disziplinen will das Herausgeberkomitee mehr Gewicht geben und präsentiert für das Jahr 2010 entsprechend einen bunten Strauss an Themen mit einer Schnittstelle zum Strassenverkehrsrecht: So das Blackout am Steuer aus verkehrsmedizinischer Sicht, Fahren mit ADHS und Ritalin, Diskriminierung von Drogen gegenüber Alkohol bei Fahreignungsgutachten, Fahrzeugelektronik als stumme Zeugin in der Unfallanalyse oder ausländerrechtliche Folgen von Verkehrsdelikten. Von den strassenverkehrsrechtlichen Beiträgen ist Manfred Dählers breite Palette relevanter Urteile bestechend. Hardy Landolt beleuchtet die Adäquanz im Zivilrecht und der Sozialversicherung einschliesslich mittelbarer Unfallverletzung, Bernd Hecker zeigt, wie Raser in Deutschland angepackt werden.
Bewertung: Lesestoff mit Unterhaltungs- und Bildungswert, im Alltag nützlich. kpf
Urheberrecht
Reto M. Hilty
Urheberrecht, 1. Auflage
Stämpfli Verlag, Bern 2011, 413 Seiten, Fr. 88.-
Das Urheberrecht als Reservat der Schöngeister ist Geschichte. Die real existierenden Kommunikationstechnologien haben Interessenslagen geschaffen, die dem Gedanken des Urheberschutzes zuwiderlaufen. Der Autor erwähnt nicht nur die Industrie, sondern auch die Verfechter des ungehinderten Zugangs zu jeglicher Art von Informationen, Bildern und Tönen im Internet. So ist die ursprünglich als Fortsetzung des Lehrbuchs von Manfred Rehbinder gedachte Abhandlung zu einem Hintergrundwerk geworden, das auf zentrale Inhalte und die letzte Revision des Urheberrechts eingeht, Grundlagen für ein neues System des Urheberrechts aufzeigt und historische Hintergründe berücksichtigt - Letzteres kommt oft zu kurz.
Bewertung: Interessant für das Verständnis des Urheberrechts in seinen Zusammenhängen. reb
Haftpflichtrecht
Bernhard Stehle
Der Versorgungsschaden. Dogmatik und Berechnung, AISUF Band 299
Schulthess Verlag, Zürich 2010, 384 Seiten, Fr. 82.-
Der Autor geht in seiner Dissertation einem schwierigen haftpflichtrechtlichen Thema, der Berechnung des Versorgungsschadens, auf den Grund: Wie hoch der zu leistende Schadenersatz an die Versorgten ist, bringt auch bestandene Haftpflichtexperten ins Grübeln. Stehle untersucht die dogmatischen Grundlagen und zeigt auf, dass es sich bei diesem um einen ersatzfähigen Reflexschaden in Form eines reinen Vermögensschadens handelt. Nachdrücklich vertritt der Autor, dass der Schaden so konkret und so genau wie möglich zu berechnen ist - mit der Folge, dass es kompliziert wird: Steuernachteile sind ebenso zu berücksichtigen wie das Scheidungsrisiko oder künftige Lohnentwicklungen. Immerhin werden die Berechnungen an einem Musterfall durchgespielt, was sehr anschaulich ist.
Bewertung: Ein wertvolles Werk mit Inputs etwa zur Lohnentwicklung oder zur Spar- und Versorgungsquote. kpf
Strafvollzug
Franz Riklin / Andrea Baechthold (Hrsg.)
Sicherheit über alles? Chancen und Risiken des «Risk Assessment» im Strafvollzug und in der Bewährungshilfe
Stämpfli Verlag, Bern 2010, 110 Seiten, Fr. 46.-
Das Werk umfasst die Materialien der Tagung der «Fachgruppe im Strafwesen» der Caritas Schweiz aus dem Jahr 2009.
Verantwortliche aus Strafvollzug, Justiz und Sozialarbeit finden Gehör und schildern - durchaus kritisch - die sich ihnen stellenden Problemfelder bei der Beurteilung des Rückfallrisikos von Tätern. Illustrativ werden Instrumentarien zur Risikoanalyse vorgestellt und die verschiedenen Methoden einzelner Kantone skizziert. Dem Leser wird schnell bewusst, dass trotz grosser Professionalisierung in den vergangenen zwanzig Jahren nach wie vor Grundsatzfragen zu beantworten sind
und eine grosse Methodenvielfalt herrscht.
Bewertung: Interessant als Einführung. ph
Verfahrenspsychologie
Markus Müller
Psychologie im öffentlichen Verfahren
Stämpfli Verlag, Bern 2010, 173 Seiten, Fr. 30.-
Das Recht kann seine Aufgabe nur erfüllen, wenn die Rechts-normen und die Entscheide der Gerichte von den Rechtsunter-worfenen verstanden werden. Der Autor geht den Voraussetzungen für diese Akzeptanz rechtlicher Verdikte nach, und zwar mit dem Fokus auf staats- und verwaltungs- rechtliche Akte. Hier stehen sich Staat und Bürger gegenüber - das Machtgefälle ist gross. Umso wichtiger ist die formale Legitimität des Verfahrens: Die Rechtsunterworfenen sollen einen Ent-
scheid als fair und gerecht erfahren. Das bedingt unter anderem Neutralität der Gerichte, Unab-
hängigkeit der Richter, gegenseitigen Respekt, Transparenz des Verfahrens und Nachvollzieh-
barkeit der Begründungen. Der Autor zeigt mit dem Finger auf den wunden Punkt vieler Verfahren: den menschlichen Faktor.
Bewertung: Ein Muss für Richter, Gerichtsschreiber und Verwaltungsjuristen. res
Beschaffungsrecht
Stefan Suter
Der Abbruch des Vergabeverfahrens
Helbing Lichtenhahn Verlag,
Basel 2010, 242 Seiten, Fr. 64.-
Der Abbruch eines öffentlichen Beschaffungsverfahrens ist nicht selten und führt immer wieder zu Problemen. Diese Dissertation untersucht die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen. Bei der Darstellung der Abbruchvoraussetzungen wird auch das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Vergaberecht und Privatrecht aufgezeigt. Zu Recht wird hier die Frage verneint, ob eine privatrechtliche Kontrahierungspflicht und somit ein Verbot zum Verfahrensabbruch hergeleitet werden kann. Die gesetzlichen Grundlagen werden für den Praktiker hilfreich konkretisiert, bevor der Autor im Hauptteil auf die einzelnen zulässigen Abbruchgründe näher eingeht.
Bewertung: Eine Lücken füllende Dissertation zu einem in der Praxis wichtigen Thema. me
Arbeitsrecht
Alfred Blesi
Die Freistellung des Arbeitnehmers. Ein Handbuch für die Praxis, 2. Auflage
Schulthess Verlag, Zürich 2010, 215 Seiten, Fr. 82.-
Mit der zweiten Auflage verstärkt das Werk den Fokus auf die Praxis. Der wissenschaftliche Teil ist im Vergleich zur Erstauflage von 2000 reduziert worden, die Rechtsfolgen einer Freistellung sind noch umfassender beleuchtet. Die übersichtliche Gliederung erlaubt es, die praktischen Konsequenzen einer Freistellung einfach zu erfassen, beispielsweise in Bezug auf den Lohn, einen Aufhebungsvertrag oder die Treuepflicht. Das Buch eignet sich für betroffene Arbeitnehmer, für Personalverantwortliche und Juristen gleichermassen. Über die zahl-reichen Verweise auf Urteile und Literatur wird dem Leser eine umfassende Hilfestellung in der komplexen, gesetzlich kaum geregelten Materie geboten. Nützlich sind die Freistellungserklärung und -vereinbarung im Anhang.
Bewertung: Sehr empfehlenswert. kub
Strafwesen
Franz Riklin
Was ist uns das Strafwesen wert? Notwendigkeit
und Grenzen des Sparens
Stämpfli Verlag, Bern 2010, 90 Seiten, Fr. 40.-
Mit den Materialien einer Tagung der «Fachgruppe im Strafwesen» der Caritas Schweiz aus dem Jahr 2008 versuchen sich Vertreter aus Politik, Justiz, Advokatur und Lehre in zahlreichen Beiträgen an der Beantwortung der eingangs gestellten Frage. Leider erweist sich diese als zu gross, als dass sie in den jeweils nur knapp ein paar Seiten langen «Statements» befriedigend beantwortet oder gar nur ausgeleuchtet werden könnte. So finden sich Denkanstösse für eine Kostensenkung im Gerichtsbetrieb mittels Vereinheitlichung der IT oder Ausführungen zu kostensparenden Vollzugsformen neben rechtsphilosophischen Ausführungen zu Sinn und Zweck der Strafe - die Autoren beziehungsweise deren Tagungsbeiträge bleiben aber an der Oberfläche und enthalten wenig Neues.
Bewertung: Für den Praktiker wenig ergiebig. ph