Jean-Pierre Garbade, 74, Rechtsanwalt, ist der erfolgreichste Verteidiger vor Bundesgericht. Dies ermittelte ein Statistiker auf der Datenverarbeitungsplattform Kaggle.com. Die Auswertung berücksichtigte die Entscheide der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts ab Inkrafttreten der eidgenössischen Strafprozessordnung 2011 bis Ende Juni 2020. Das Rating umfasst alle Anwälte, die mindestens neun Beschwerden einreichten. Bei Garbade wurden von 14 Beschwerden 8 gutgeheissen (57 Prozent). Die Statistik räumt augenzwinkernd ein, am «erfolgreichsten» sei natürlich der Anwalt, der schon vor den kantonalen Gerichten Erfolg gehabt habe.
Garbades hohe Gutheissensquote in Lausanne ist umso eindrücklicher, als der Genfer Anwalt seit neun Jahren auf den Philippinen lebt. Er verwaltet hauptberuflich ein Ferienresort südlich von Manila, hat aber noch immer ein Büro in Genf. Garbade ist nach eigener Aussage noch vorwiegend für «Stammkunden oder Anwaltskollegen» im Einsatz. Seinen letzten grossen Prozess in einem Tamil-Tiger-Fall führte er 2018 am Bundesstrafgericht in Bellinzona. Er endete mit einem Freispruch.
Alexander Kmentt, 58, österreichischer Botschafter, wirbt für den Beitritt der Schweiz zum Atomwaffenverbotsvertrag der Uno. Der Vertrag ist seit 2021 in Kraft, 92 Staaten haben ihn bereits unterzeichnet. Die Schweiz ratifizierte ihn noch nicht. Der Bundesrat zögert, obwohl die Schweiz 2017 in der Uno-Generalversammlung mit 121 weiteren Staaten für den Atomwaffenverbotsvertrag stimmte – gegen massiven Widerstand der USA und weiterer Nato-Staaten wie etwa Deutschland.
Kmentt übte sich anlässlich seines kürzlichen Vortrags am Europa-Institut in Zürich in nobler Zurückhaltung. Als Diplomat könne er sich nicht direkt zur Frage äussern, ob die Schweiz dem Vertrag beitreten solle. Er wolle ja keinen bilateralen Konflikt provozieren. «Aber als Nachbar der Schweiz und als Vertragsstaat des Verbotsvertrags kann ich natürlich nur bestätigen, dass Österreich sich das wünschen würde.» Kmentt ist Präsident der ersten Konferenz der Vertragsstaaten und gilt als Gründervater des Atomwaffenverbotsvertrags. Die Fakten würden beweisen, dass nukleare Abschreckung keine Konflikte verhindere, sondern die Gefahr dafür erhöhe. Der Vertrag richte sich nicht gegen eine Staatengruppe, sondern «gegen die grausamste Massenvernichtungswaffe der Welt».
Christian Dussey, 57, Direktor des Nachrichtendiensts des Bundes (NDB), nimmt es mit der rechtlichen Grundlage für die geheimdienstlichen Tätigkeiten nicht so genau. In einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» und «Le Temps» räumte er ein, dass der NDB teilweise rechtswidrig gehandelt habe. Dafür war er vom Parlament bereits gerügt worden. Doch Dussey sieht in der Schelte eine Chance. Er verwies auf die laufende Revision des Nachrichtendienstgesetzes. «Wir hoffen, dass wir bald eine Rechtsgrundlage haben werden, die der heutigen Realität Rechnung trägt, insbesondere im Cyberbereich.» Mit andern Worten: Was dem Geheimdienst heute verboten ist, soll morgen dank der Revision zulässig sein.
Generell scheint der NDB eine lockere Haltung zum Legalitätsprinzip zu haben. Die Einhaltung des Nachrichtendienstgesetzes und seiner Verordnungen sei zwar extrem wichtig, meinte Dussey. Ein Teil der Arbeit des NDB liege jedoch in einer «Grauzone». Mit der Revision des Nachrichtendienstgesetzes will der Bundesrat dem NDB eine Rechtsgrundlage geben, um insbesondere die geheime Beschaffung von Informationen auszuweiten.