Statistische Zahlen fehlen. Doch ein Blick in die betriebliche Praxis zeigt, dass viele Arbeitsverhältnisse heutzutage nicht mehr durch die klassische Kündigung einer Vertragspartei aufgelöst werden, sondern dass sich die Vertragspartner auf einen Aufhebungsvertrag einigen. Manche Arbeitgeber haben sich sogar zum Prinzip gemacht, dass sie bei einer sich abzeichnenden Trennung einem Angestellten routinemässig zuerst einen Aufhebungsvertrag vorlegen, bevor sie den Weg über die Kündigung beschreiten.
Rechtstechnisch erfolgt die Auflösung via Aufhebungsvertrag also nicht mehr durch die Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechts wie bei der Kündigung, sondern durch Übereinkunft, also genau so, wie der Arbeitsvertrag zu Beginn geschlossen worden ist. Dass dieser Auflösungsmodus – auch wenn er in den arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts (Art. 319–362 OR) keinen Niederschlag gefunden hat – zulässig ist, ist unbestritten. Es ist dies nichts anderes als ein Anwendungsfall eines fundamentalen Prinzips der schweizerischen Rechtsordnung, der allgemeinen Vertragsfreiheit von Art. 19 OR.1 Damit ist auch gesagt, dass die Parteien bei der zeitlichen Festlegung der Beendigung frei sind. Sie können diesen Zeitpunkt zum Beispiel auf das Ende der hypothetisch anwendbaren Kündigungsfrist, auf einen beliebigen Zeitpunkt davor oder sogar per sofort festsetzen.
Es sind vor allem Arbeitgeber, die den Aufhebungsvertrag gegenüber einer auszusprechenden Kündigung bevorzugen. Das hat handfeste Gründe. Hat der Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag einmal unter Dach und Fach, drohen beispielsweise weder krankheitsbedingte Sperrfristerstreckungen (Art. 336c OR) noch Anfechtungen wegen missbräuchlicher Kündigung (Art. 336 OR), um nur zwei solcher Vorteile zu erwähnen.2 Das Bundesgericht hat mehrfach den Grundsatz bestätigt, dass Aufhebungsverträge auch während einer bereits bestehenden Sperrfrist gültig geschlossen werden können, also zum Beispiel während Krankheit oder Schwangerschaft, sofern damit nicht gerade die Umgehung des Kündigungsschutzes – oder anderer zwingender Gesetzesbestimmungen – bezweckt werde.3
Aber auch für Angestellte kann der Aufhebungsvertrag die bevorzugte Wahl sein. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sie dank einer vorzeitigen Vertragsauflösung ihre Traumstelle antreten können, die ihnen sonst verwehrt bliebe, weil der Aufhebungsvertrag bei der Formulierung der Austrittsmodalitäten im Arbeitszeugnis mehr Spielraum lässt oder – vor allem bei Kaderangestellten oder in der Finanzbranche sehr verbreitet – wenn im Aufhebungsvertrag eine Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt bei vollem Lohn vorgesehen wird. Dazu kommt der psychologische Aspekt, dass die Parteien mindestens formal auf Augenhöhe auseinandergehen und so niemand als der Geschasste dasteht. Schliesslich erlaubt es der Aufhebungsvertrag, für beide Parteien Rechtssicherheit zu schaffen, indem in aller Regel nicht nur das Vertragsende fixiert wird, sondern im Sinne einer Gesamtbereinigung gleich alle noch offenen Pendenzen, Rechte und Pflichten bis zum Austritt geregelt werden, inklusive Saldoklausel. Die Parteien wissen so frühzeitig, woran sie sind, während bei der Kündigungsvariante oft noch viele Fragen und Unwägbarkeiten offenbleiben.
So beliebt der Aufhebungsvertrag aus diesen Gründen ist: Ein Blick in die einschlägige Rechtsprechung zeigt, dass da und dort Fallstricke drohen, bei deren Nichtbeachtung rechtliche Unbill bis hin zum Totalabsturz droht, das heisst die Nichtigkeit des Aufhebungsvertrags und damit eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer. Einige dieser Klippen sollen im Folgenden anhand der neueren Judikatur etwas näher beleuchtet werden.
1. Fehlende Formvorschriften
Das Gesetz sieht keine Formvorschriften für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags vor, sodass auch mündlich oder konkludent getroffene Vertragsaufhebungen möglich sind.4 Allerdings geben die Vertragsparteien mit einem Aufhebungsvertrag die mit dem Arbeitsvertrag angestrebte, auf Dauer angelegte Bindung und – insbesondere der Arbeitnehmer – verschiedene Schutzrechte auf, so im Bereich des zeitlichen und sachlichen Kündigungsschutzes und des Arbeitslosenversicherungsrechts. Lehre und Rechtsprechung fordern daher zu Recht, dass die Willensäusserung zu einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung speziell klar und eindeutig sein muss.5 Besonders zur Annahme einer konkludenten Vertragsaufhebung bedarf es unzweifelhafter Umstände,6 die von den Gerichten nur zurückhaltend angenommen werden. Einen solchen seltenen Fall bejahte das Arbeitsgericht Zürich, nachdem ein Verkaufsdirektor an seinem eigenen Abschiedsapéro teil- und daselbst ein Abschiedsgeschenk entgegennahm. Zum Apéro wurde mit der Bemerkung «he’s leaving the company» eingeladen, was der Arbeitnehmer unwidersprochen liess. Daraus sowie aus seiner Teilnahme am Apéro und seinem übrigen Verhalten (zum Beispiel Abgabe des Büroschlüssels, Laptops und Blackberrys) schloss das Arbeitsgericht auf eine einvernehmliche Vertragsbeendigung.7
Ungenügend für die Annahme eines Aufhebungsvertrages ist die ausbleibende Reaktion des Vertragspartners auf eine unrechtmässige Kündigung oder die Bestätigung des Empfangs derselben.8 So versuchte ein Arbeitgeber in einem Prozess vor dem Arbeitsgericht Zürich vergeblich, eine ungerechtfertigte fristlose Entlassung in einen Aufhebungsvertrag umzudeuten, weil der Angestellte den Erhalt der fristlosen Kündigung bestätigt habe.9 In einem jüngeren Entscheid ging das Bundesgericht bei einer Gegenzeichnung einer Kündigung mit Freistellung von einer einvernehmlichen Regelung der Kündigungsmodalitäten aus, nicht aber von einem Aufhebungsvertrag. Die Sperrfristen nach Art. 336c OR blieben damit anwendbar.10
Dieser letzte Aspekt ist zu betonen: Längst nicht jede Vereinbarung, die unter den Vertragsparteien im Umfeld der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses abgeschlossen wird, ist ein Aufhebungsvertrag. In vielen Fällen – wie auch im eben zitierten – regeln die Parteien nur die Austrittsmodalitäten, was ohne weiteres auch bei einer Vertragsbeendigung auf dem Wege der Kündigung möglich und auch verbreitet ist.
Es ist daher strikt zwischen einem eigentlichen Aufhebungsvertrag und der blossen Regelung von Kündigungsmodalitäten zu unterscheiden. In der Praxis wird hier bei der Vertragsredaktion gelegentlich gesündigt, indem in ein und demselben Dokument einerseits von «einvernehmlicher Vertragsaufhebung» oder gar «Aufhebungsvertrag» gesprochen wird, gleichzeitig aber auch von «Kündigung», «Kündigungsfrist» oder Ähnlichem die Rede ist. Ein Auslegungsstreit ist in solchen Fällen spätestens dann programmiert, wenn zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses und dem Endtermin ein Sperrfristentatbestand eintritt. Diesfalls hängt alles davon ob, ob die Vertragsbeziehung nun durch eine Vereinbarung – ohne Sperrfristenschutz – oder durch eine (Arbeitgeber-)Kündigung – mit Sperrfristenschutz – zu Ende geht.
2. Notwendige Überlegungsfrist
Immer dann, wenn der Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber vorgelegt wird (was die Regel ist), verlangt das Bundesgericht in einer mittlerweile als gefestigt zu bezeichnenden Rechtsprechung, dass dem Arbeitnehmer eine genügend lange Überlegungsfrist eingeräumt wird.11 Der Arbeitnehmer dürfe bei der Unterzeichnung nicht überrumpelt werden.12 Eine dogmatische Grundlage für das Erfordernis einer solchen Überlegungsfrist ist allerdings nicht ersichtlich und wird vom Bundesgericht auch nicht dargelegt.13
Unklar bleibt weiter, wie lange denn im konkreten Fall die Überlegungsfrist dauern muss, bei deren Fehlen nachträglich eine Unwirksamkeit des geschlossenen Aufhebungsvertrags droht: einmal darüber schlafen? Eine Woche? Zehn Tage? Eine weitere Frage bleibt ebenso ungeklärt: Kann sich im Nachhinein nur der Arbeitnehmer auf das Fehlen einer solchen Frist berufen oder auch der Arbeitgeber?
In der Praxis führt das Erfordernis einer Überlegungsfrist zu einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit, zumal die Parteien vor einem Dilemma stehen: Wenn sie den Aufhebungsvertrag zu früh abschliessen, droht beiden Seiten noch während Monaten, wenn nicht sogar Jahren, eine nachträgliche Unverbindlichkeit mit Rückversetzung in den ursprünglichen Stand.
Warten sie dagegen mit dem Abschluss zu, müssen beide Parteien damit rechnen, dass es sich die andere doch wieder anders überlegt und sie den gefundenen Konsens wieder aufkündigt. Dazu kommt, dass sich – wollte man dem Bundesgericht folgen – eigentlich konsequenterweise die Frage anschlösse, ob beim Abschluss des Arbeitsvertrags nicht mindestens so gute Gründe für das Erfordernis einer Überlegungsfrist sprechen. Immerhin begibt sich der Arbeitnehmer mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags in ein persönliches Unterordnungsverhältnis mit umfassender Weisungsgewalt des Arbeitgebers, während der Aufhebungsvertrag unter diesem Gesichtspunkt gerade die Befreiung aus diesem Korsett bewirkt und insofern deutlich weniger einschneidend ist.
Bei börsenkotierten Unternehmen schliesslich – wenn eine Trennung von einem Verwaltungsrats- oder Geschäftsleitungsmitglied ansteht oder via Freistellung faktisch bereits vollzogen ist – tritt das Problem hinzu, dass die Marktteilnehmer umgehend zu informieren sind (sogenannte Ad-hoc-Publizität), sodass ein mehrtägiges Zuwarten mit der Bekanntgabe, bis der Aufhebungsvertrag nach Ablauf der Bedenkfrist unterzeichnet werden kann, börsenrechtlich mindestens kritisch ist.14
Vor allem aber kann es – ganz unabhängig von diesen Bedenken – nur Sache des Gesetzgebers sein, einen so grundsätzlichen Einbruch in die Vertragsfreiheit zu normieren, genau so, wie er es beispielsweise mit dem Widerrufsrecht nach Art. 40a ff. OR für Haustürgeschäfte getan hat. Dies gilt umso mehr, als der allgemeine Teil des Obligationenrechts mit den Bestimmungen über die Übervorteilung (Art. 21 OR) und die Willensmängel (Irrtum, Täuschung, Drohung; Art. 23 ff. OR) Instrumente zur Verfügung stellt, die selbstverständlich auch auf arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge anzuwenden sind, wenn die entsprechenden Tatbestände erfüllt sind. Diese Bestimmungen lassen durchaus Raum, um im konkreten Fall bei ihrer Anwendung der besonderen Interessenlage und dem für Arbeitsverhältnisse typischen Machtgefälle Rechnung zu tragen. Dazu kommt, dass Arbeitnehmende zusätzlich geschützt sind, wenn sich der Aufhebungsvertrag im Lichte der Lehre gleichwertiger Zugeständnisse materiell als unangemessen beziehungsweise als Gesetzesumgehung erweist.15
Mit anderen Worten stellt bereits der bestehende rechtliche Rahmen den berechtigten Schutzgedanken sicher, den das Bundesgericht mit seiner Bedenkfrist verfolgt, nämlich den Arbeitnehmer vor Druck beziehungsweise materiell einseitig zu seinen Lasten eingegangenen Vertragsaufhebungen zu schützen. Das Zurückgreifen auf eine rechtlich kaum begründbare, durch Richterrecht geschaffene Überlegungsfrist erweist sich auch unter diesem Gesichtspunkt als verzichtbar.
Zu Recht hat daher das Tribunal Cantonal des Kantons Waadt die Rechtsprechung des Bundesgerichts relativiert und einen Aufhebungsvertrag für verbindlich erklärt, der in einer einzigen längeren Sitzung unterzeichnet wurde, wobei der Arbeitnehmer selbst Änderungsvorschläge anbrachte und keinerlei Druckversuchen ausgesetzt war.16 Gleiches muss gelten, wenn der Abschluss des Aufhebungsvertrags per Post oder E-Mail erfolgt und der Schlussfassung, wie das in der Praxis häufig der Fall ist, Sitzungen oder Korrespondenzen zwischen den Parteien oder ihren Anwälten vorangegangen sind, etwa durch Austausch verschiedener Vertragsversionen.
3. Gegenseitige Zugeständnisse
Wie bereits erwähnt, führt der Abschluss eines Aufhebungsvertrags dazu, dass wesentliche arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen, welche eine Kündigung des Arbeitgebers beziehungsweise einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzen (zum Beispiel der Kündigungsschutz oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall), nicht mehr zum Tragen kommen. Der Arbeitnehmer, der einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, riskiert also, dass er Schutzbestimmungen, die das Gesetz für den Kündigungsfall zu seinen Gunsten aufstellt, verlustig geht. Umgekehrt kann genau dieser Umstand Arbeitgeber verlocken, Angestellte zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu verleiten. Es braucht wenig Vorstellungskraft, um zu erkennen, dass hier ein Missbrauchspotenzial lauert.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich und berechtigt, dass die Gerichte – angeführt vom Bundesgericht – in strittigen Fällen eine materielle Inhaltsprüfung des Aufhebungsvertrags vornehmen. Dabei ist dogmatisch umstritten, aber im praktischen Ergebnis meist nicht sehr entscheidend, ob sich diese Prüfungsbefugnis auf das Verzichtsverbot von Art. 341 Abs. 1 OR oder auf die Lehren zur Gesetzesumgehung (Art. 2 Abs. 2 ZGB) stützen lässt.17 In Anlehnung an seine Rechtsprechung zu Art. 341 Abs. 1 OR, wonach diese Bestimmung trotz ihres relativ zwingenden Charakters echten Vergleichen mit gegenseitigen Zugeständnissen nicht im Wege steht, spricht das Bundesgericht in diesem Zusammenhang von gegenseitigen Zugeständnissen, die vorliegen müssten.18
Es geht stark verkürzt darum, dass der Verlust des Arbeitnehmers zum Beispiel auf Sperrfristenschutz oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch Gegenleistungen des Arbeitgebers im Aufhebungsvertrag angemessen aufgewogen wird, etwa durch eine Zusatzzahlung. Was das konkret bedeutet, das heisst in welchem Umfang der Arbeitgeber eine Gegenleistung erbringen muss, um dem Erfordernis ausreichender gegenseitiger Konzessionen zu genügen, lässt sich nur im Einzelfall anhand der konkreten Umstände beurteilen. Es hat sich dazu bis heute auch noch keine gefestigte Praxis herausgebildet. Tendenziell ist die Rechtsprechung in den letzten Jahren aber zugunsten des Arbeitnehmerschutzes strenger geworden.19
Die teilweise gehörte Faustregel, der Aufhebungsvertrag müsse dem Arbeitnehmer mindestens den Gegenwert jener Ansprüche zukommen lassen, die ihm im Falle einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung zugestanden hätten (also insbesondere der Lohn während der hypothetischen Kündigungsfrist), kann eine gewisse Orientierungshilfe bieten, doch sollte ihre Aussagekraft nicht überschätzt werden. Richtig ist sicherlich, dass eine sehr kurzfristige Vertragsaufhebung oder eine solche während sich bereits abzeichnender oder sogar schon eingetretener Sperrfrist im Regelfall nach erhöhten Gegenleistungen ruft.
Umgekehrt bestehen geringere Anforderungen, ja kann je nach den konkreten Umständen auch die sofortige Auflösung ohne weitere Zusatzleistungen durchaus zulässig sein, wenn der Arbeitgeber zum Beispiel wegen einer schweren Pflichtverletzung fristlos kündigen könnte,20 wenn der Arbeitnehmer von sich aus und aus freiem Willen einen kurzfristigen Austritt wünscht oder er von einer Freistellung bis zum Austrittstermin profitiert.21 Es kommt dabei zwar wesentlich, aber nicht nur auf die materiellen Leistungen an, sondern auch darauf, ob der Arbeitnehmer selber ein Interesse am Abschluss des Aufhebungsvertrags hat. Teilweise wird auch in Anschlag gebracht, von wem die Initiative dafür ausging.22 Das Bundesgericht wendet diese von ihm entwickelten Grundsätze analog auch auf einvernehmliche Verkürzungen der Arbeitszeit an.23
4. Unzulässiger Aufhebungsvertrag
Noch wenig geklärt ist, welche Rechtsfolge Platz greift, wenn sich ein Aufhebungsvertrag als Gesetzesumgehung und damit als unzulässig erweist. Das Bundesgericht hat in mehreren Entscheiden Nichtigkeit angenommen, womit dem Aufhebungsvertrag jede Wirkung abgesprochen wird. Die Parteien seien in die Lage zurückzuversetzen, in der sie wären, wenn sie den Aufhebungsvertrag nicht abgeschlossen hätten.24 Diese Rechtsauffassung kann dazu führen, dass sich die Parteien nach einem jahrelangen Rechtsstreit unvermittelt wieder als Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenüberstehen.
Demgegenüber votiert ein Teil der Lehre dafür, dass das Arbeitsverhältnis gleichwohl wie im Falle einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung (Art. 337c OR) als beendet anzusehen sei, dass dem Arbeitnehmer aber die umgangenen gesetzlichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Ansprüche zum Beispiel auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (Art. 324a OR) oder Sperrfristenerstreckung (Art. 336c OR) erhalten bleiben.25 Abzustellen ist dabei nicht etwa auf die vertraglichen, sondern auf die zwingenden gesetzlichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Kündigungsfristen, da nur diese Objekt einer unzulässigen Umgehungshandlung bilden können.26
Unabhängig von diesen Fragen fällt schliesslich auf, dass gemessen an der starken Verbreitung arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge recht wenige Urteile bekanntgeworden sind, welche eine nachträgliche Infragestellung der Verbindlichkeit des Vertrags zum Gegenstand hatten. Dies dürfte ein Indiz dafür sein, dass die Macht des Faktischen, dass beide Parteien den Vertrag einmal unterzeichnet haben und sich dadurch gebunden fühlen, nicht unterschätzt werden darf.
Wolfgang Portmann / Roger Rudolph, Art. 335, N 27, in: Heinrich Honsell et al. (Hrsg.), Basler Kommentar Obligationenrecht I, Art. 1–529 OR, 6. Aufl., Basel 2015; vgl. auch Art. 115 OR.
Dies, weil ein Aufhebungsvertrag keine Kündigung ist und die Sperrfristen (Art. 336c OR) bzw. die Missbrauchsanfechtung (Art. 336 OR) zwingend eine ausgesprochene Kündigung voraussetzen.
Statt vieler: BGer 8C_368/2011 vom 25.8.2011, E. 2.2; weitere Praxis bei Ullin Streiff / Adrian von Kaenel /
Roger Rudolph, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319 – 362 OR, 7. Auflage, Zürich 2012, Art. 335 OR, N 10; vgl. zum neusten Stand der Rechtsprechung Adrian von Kaenel / Roger Rudolph, elektronischer Update-Service zum Praxiskommentar,
www.schulthess.com/arbeitsvertrag, Update zu Art. 335 OR, N 10.
Für den Bereich des öffentlichen Dienstrechts hat das Verwaltungsgericht Zürich in den Urteilen VB.2014.00739 und VB.2015.00018 vom 30.9.2015 postuliert, dass Aufhebungsverträge im öffentlichen Dienst die Schriftform erfüllen müssten. Ausnahmen seien aber möglich, wenn der Private das von der Gemeinde schriftlich vorgelegte Angebot konkludent akzeptiere.
Ausführlich dazu sowie zum Folgenden mit Quellennachweisen Streiff / von Kaenel / Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 10.
BGer 4A_187/2010 vom 6.9.2010, E. 2.5; BGer 4A_474/2008
vom 13.2.2009, E. 3.1, «de manière claire et irréfutable».
Entscheid AN110026 des Arbeitsgerichts Zürich vom 2.12.2013; weiteres Beispiel Entscheid AH140089 des Arbeitsgerichts Zürich vom 30.3.2015; Gegenbeispiel Entscheid des Cour de Justice Genf vom 11.1.2013 in JAR 2014, S. 414; detaillierte Praxisübersicht bei Streiff / von Kaenel /
Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 10.
BGer 4A_474/2008 vom 13.2.2009, E. 3.2, BGer vom 8.1.1999 in JAR 2000, S. 276; vgl. zur abzulehnenden Konversion in solchen Fällen Streiff / von Kaenel / Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 10.
Entscheid AH120155 des Arbeitsgerichts Zürich vom 30.4.2013.
BGer 4A_362/2015 vom 1.12.2015 = ARV 2016, S. 100; vgl. auch Urteil 400 12 132 des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 14.8.2012, wo die Arbeitgeberin vergeblich versuchte, aus der Unterzeichnung eines Formulars zur Anmeldung von Familienzulagen durch den Arbeitnehmer dessen Zustimmung zu einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung herzuleiten.
BGer 4A_376/2010 vom 30.9.2010, E. 3 = ARV 2011, S. 28 = JAR 2011, S. 308;
BGer 4A_103/2010 vom 16.3.2010, E. 2.2; vgl. auch Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 18.7.2013 in JAR 2014, S. 464.
BGer 4A_495/2007, 4A_497/2007, 4A_415/2008 und 4A_431/2008 vom 12.1.2009, E. 4.3.1.1.
Vgl. die weiterführende Kritik an dieser Rechtsprechung bei Streiff /
von Kaenel / Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 10.
Vgl. Art. 53 SIX-Kotierungsreglement sowie Art. 5 ff. der Richtlinie betr. Ad-hoc-Publizität.
Dazu weiter hinten.
Entscheid des Tribunal Cantonal Waadt vom 18.6.2010 in JAR 2011, S. 586, E. III.b.aa.
Vgl. zum Meinungsstand Portmann /
Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 29 ff.
Statt vieler BGer 4A_103/2010 vom 16.3.2010, E. 2.2; BGer 4A_376/2010 vom 30.9.2010, E. 3 = ARV 2011, S. 28 = JAR 2011, S. 308, «concessions réciproques»; ferner BGer 8C_368/2011 vom 25.8.2011, E. 2.2.; Portmann /
Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N. 31, sprechen sich dafür aus, dass anstelle des Kriteriums der gegenseitigen Zugeständnisse darauf abzustellen sei, ob der Arbeitnehmer ein vernünftiges Interesse am Abschluss des Aufhebungsvertrags hatte.
Vgl. für eine Rechtsprechungsübersicht Streiff / von Kaenel /
Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 10.
Vgl. dazu zwei neuere Fälle aus der kantonalen Praxis in von Kaenel /
Rudolph, a.a.O, Art. 335 OR, N 10; Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 18.7.2013 in JAR 2014, S. 464; Urteil VB.2012.00747 des Verwaltungsgerichts Zürich vom 20.2.2013.
Das Bundesgericht hat Vertragsaufhebungen ohne Einhaltung der Kündigungsfrist, bei denen der Arbeitgeber auf die Arbeitsleistung und der Arbeitnehmer auf Lohn während der Kündigungsfrist verzichtet, in verschiedenen Fällen für zulässig erachtet (z. B.
BGer 4C.185/2001 vom 16.1.2001 in JAR 2002, S. 305 = ARV 2002, S. 26, JAR 2001, S. 327;
BGE 118 II 58, E.2b). Anders hat es in BGer 4C.250/2001 vom 21.11.2001 entschieden, weil nach Art. 324 OR die Lohnzahlung ohnehin geschuldet sei, doch bleibt dabei unbeachtet, dass der Verzicht auf die Arbeitsleistung freiwillig ist und die Interessenlage daher nicht an Art. 324 OR gemessen werden kann. Weiterführend zu dieser Fragestellung Streiff / von Kaenel /
Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 10.
Quellennachweise bei Streiff /
von Kaenel / Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 10.
BGer 4A_187/2010
vom 6.9.2010, E. 2.5.
Exemplarisch BGer 4A_495/2007 vom 12.1.2009, E. 4.3 = ARV 2009, S. 134; vgl. auch BGer 4A_376/2010 vom 30.9.2010.
Portmann / Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 29; vgl. auch Streiff / von Kaenel / Rudolph, a.a.O., Art. 335 OR, N 10; weiterführend Wolfgang Portmann, Der Aufhebungsvertrag im Individualarbeitsrecht, Rz 25 f., in: Jusletter vom 20.1.2003, wo allerdings für den Fall von Art. 336c Abs. 2 Halbsatz 1 Nichtigkeit angenommen wird.
Portmann, a.a.O., Rz 26.