2015 haben Oksana Sokolovskaya und ihr Berufs­kollege Yuri Grabovski in einem stark politisierten Fall die Rechtsvertretung der beiden russischen Staatsbürger Yevgeny Yerofeyev beziehungsweise Aleksander Aleksandrov übernommen. Die beiden Russen wurden im Mai 2015 von ukrainischen Truppen in der Region Lugansk im Osten der Ukraine aufgegriffen, nachdem sie in einem Gefecht zwischen ukrainischen und separatistischen Truppen verletzt worden waren. Die ukrainischen Behörden beschuldigen sie, ­russische Soldaten zu sein. Der Fall erinnert – unter umgekehrten Vorzeichen – an den bekannten Schauprozess gegen die ukrainische Kampfpilotin Nadija Sawtschenko in Russland. 

Sowohl Oksana Sokolovskaya und Yuri Grabovski berichteten nach der Übernahme der Verteidigung von Schikanen und Einschüchterungsversuchen. Sie gehen davon aus, dass sie so daran gehindert ­werden sollen, ihre Mandanten wirksam zu vertreten. So wurde im Juni 2015 ein Strafverfahren gegen ­Oksana Sokolovskaya eingeleitet, in dem sie wegen schwerer Körperverletzung bei einem häuslichen Streit im Juli 2014 angeklagt wurde. Das Verfahren ist immer noch hängig. Sokolovskaya sagt, die Vorwürfe gegen sie seien konstruiert, um sie davon abzu­halten, ihre legitime Arbeit als Anwältin auszuüben.

Yuri Grabovski wurde am Abend des 6. März 2016 letztmals lebend gesehen. Am 25. März wurde seine Leiche in einem Waldstück ausserhalb Kiews ge­funden. Damit muss auch Oksana Sokolovskaya um ihr Leben fürchten. Nach dem «Verschwinden» von Yuri Grabovski hat Sokolovskaya bei den Behörden beantragt, in ein staatliches Schutzprogramm auf­genommen zu werden. Ihrem Antrag auf staatlichen Schutz wurde am 21. März 2016 durch eine gericht­liche Entscheidung stattgegeben, am 28. März 2016 hat man ihr schliesslich Leibwächter der ukrainischen Sicherheitsbehörde zur Seite gestellt.