Inhalt
Plädoyer 04/2017
25.06.2017
Die US-Armee bombardiert in Afghanistan ein Spital von Médecins Sans Frontières. Steht dies im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht? Professor John Cerone und die meisten Studenten diskutieren den Fall zuerst theoretisch. Dann meldet sich ein Kommilitone, der acht Jahre für die USA in Afghanistan im Einsatz war, unter anderem als Berater im afghanischen Justizministerium. Er schildert, wie komplex die Realität des Kriegs ist und w...
Die US-Armee bombardiert in Afghanistan ein Spital von Médecins Sans Frontières. Steht dies im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht? Professor John Cerone und die meisten Studenten diskutieren den Fall zuerst theoretisch. Dann meldet sich ein Kommilitone, der acht Jahre für die USA in Afghanistan im Einsatz war, unter anderem als Berater im afghanischen Justizministerium. Er schildert, wie komplex die Realität des Kriegs ist und wie schwierig, das humanitäre Völkerrecht mitten in der Nacht, im Nebel, unter Lebensgefahr richtig anzuwenden.
Diese Erfahrung ist typisch für Kurse an der Fletcher School of Law and Diplomacy in Boston. Die Studenten dieser Graduate School kommen aus Ländern wie Abchasien, Kolumbien oder Afghanistan und haben bereits für das japanische Finanzministerium oder für Transparency International in Russland gearbeitet. In den Gesprächen mit ihnen habe ich viel gelernt.
Ich verbringe in Boston zwei Semester im Rahmen des neuen Double Degrees mit dem Master in International Law der HSG St. Gallen. Der Fokus des LL.M.-Programms an der Fletcher School liegt eher auf dem Völkerrecht – eine perfekte Ergänzung meines bisherigen Studiums an der HSG mit einem wirtschaftlichen Schwerpunkt.
Zudem ist es eine Bereicherung, die akademische Kultur der USA kennenzulernen. Das Verhältnis der ausgezeichneten Professoren zu den Studenten ist persönlicher als in Europa, der Unterrichtsstil ist offener und philosophischer. Wann wäre es wichtiger gewesen, die amerikanische Seele zu verstehen, als zum Zeitpunkt der Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der USA? Boston und New England bieten den perfekten Ausgangsort, um die alten Eliten der Vereinigten Staaten verstehen zu lernen. Die Region ist auch ein pulsierendes, liberales Zentrum der Wissenschaft, voller junger Akademiker, die sich mit der Zukunft befassen. Diese Kombination macht den Charme Bostons aus. Der Indian Summer bot die perfekte Kulisse für mein inspirierendes, aber auch arbeitsreiches Herbstsemester an der Fletcher School.
Marlene Schenck, 25, macht im Double Degree den Master in International Law (MIL) an der Universität St. Gallen und den LL.M. an der Fletcher School of Law and Diplomacy in Boston. Im Herbst wird sie ein weiteres Semester in Boston verbringen und danach eine Festanstellung mit Bezug zum Völkerrecht suchen.