Den Anwalt zum Gärtner machen
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Plädoyer 3/10
21.06.2010
Corinna Hauri
Die Swisslawlist, eine E-Mail-Selbsthilfegruppe für Anwälte, konfrontiert ihre Leser täglich mit Kniffligem aus dem Rechtsalltag: Verjährungsfragen, Teilungsvorschriften in einem Testament oder Prozessrechtliches. Und manchmal auch mit etwas Bodenständigem: «Eine scheinbar einfache Frage», schrieb da ein Berner Anwalt vor wenigen Wochen: «Der Klient will in seinem Garten einen Bambus setzen, der 5 Meter hoch werden kann.»
Der ...
Die Swisslawlist, eine E-Mail-Selbsthilfegruppe für Anwälte, konfrontiert ihre Leser täglich mit Kniffligem aus dem Rechtsalltag: Verjährungsfragen, Teilungsvorschriften in einem Testament oder Prozessrechtliches. Und manchmal auch mit etwas Bodenständigem: «Eine scheinbar einfache Frage», schrieb da ein Berner Anwalt vor wenigen Wochen: «Der Klient will in seinem Garten einen Bambus setzen, der 5 Meter hoch werden kann.»
Der geneigte Leser sollte bezüglich Grenzabstand weiterhelfen. Botanisch sei die Frage klar: Bambus ist ein Gras. Doch der kantonale Gesetzgeber helfe nachbarrechtlich nur bei Bäumen oder Sträuchern weiter.
Der Tipp einer Kollegin folgt innert weniger Minuten: «Meine völlig unjuristische Bemerkung: Empfehlen Sie Ihrem Klienten eine Rhizomsperre (Wurzelsperre)». Denn «das Wurzelwerk von Bambus ist äusserst aktiv und beachtet Grenzabstände nicht.» Auch der nächste Kollege kennt sich aus: «Aus eigener Erfahrung weiss ich», schreibt er, lege Bambus «ein Wurzelgeflecht an, das sich mit der Zeit über Dutzende Meter erstreckt und den Boden wie armiert erscheinen lässt.»
Unter dem Titel «Cave Bambum» (Achtung vor dem Bambus) schreibt ein Dritter: Aus «höchstpersönlicher Erfahrung» wisse er, dass sich Bambus nur mit einem Bagger vertilgen lasse. Und driftet auf xenophobe Pfade ab: «Die Einfuhr virulenter Exoten hat oft unangenehme Folgen, nicht nur im Gartenbau.»
Doch gefragt war ja eigentlich der Grenzabstand für einen Bambus von fünf Metern. Zu dieser juristischen Frage waren die Antworten eher mager. Immerhin: «Gemäss unserer Stadtgärtnerei ist der Bambus zu den Sträuchern zu zählen», schreibt eine Winterthurerin. Doch: «Im Tessin hat in den fünfziger Jahren das Obergericht in einem Nachbarstreit Bambus allerdings zu den Bäumen gerechnet», steht in einem weiteren Beitrag.
Als «wirklich hilfreich» empfand der Fragesteller auf Nachfrage übrigens die Überlegung eines Thuner Kollegen, den Bambus aufgrund der gleichen Höhe wie einen Obstbaum zu behandeln. Diesen Abstand von drei Metern habe er denn auch seinem Klienten empfohlen, zumal der gleiche auch für überhohe Sträucher gelte.
Und noch etwas hat der Berner Anwalt auf diesem Weg gelernt: «Beim nächsten Problem in meinem Garten frage ich als Erstes die Swisslawlist.»