Seit Anfang Jahr mailt Swiss­medic registrierten Journalisten vierteljährlich eine Liste aller neuen Strafbescheide, Strafverfügungen und Einstellungsverfügungen, die das Schweizerische Heilmittelinstitut erlassen hat. Die Liste ist zwar anonymisiert, enthält aber Angaben zum Fall. 

Gestützt darauf können Medienschaffende während drei Monaten ­gezielt einzelne Entscheide anfordern. Strafbescheide und Strafverfügungen werden – sofern rechtskräftig – in nicht-anonymisierter Form zugemailt. Einstellungsverfügungen erhalten die Journalisten nur anonymisiert, ausser wenn die Einstellung aus Opportunitäts- oder Verjährungsgründen erfolgte. Nicht rechtskräftige Entscheide werden nicht zugemailt (aber offenbar auf der Liste aufgeführt).

Entscheidend für das Funktionieren dieser neuen Regelung wird sein, wie detailliert Swissmedic die Fälle in der Liste umschreibt. Denn die Journalisten müssen sich über die Tragweite ein Bild machen können. Zudem verpflichtet Swissmedic ­re­gistrierte Journalisten, sich «an ­Auf­lagen bzw. Weisungen der Swissmedic zu halten, inbesondere solche zur Wahrung der Persönlichkeits­rechte betroffener Personen respektive schutzwürdiger Geheimhaltungs­interessen betroffener Unternehmen». 

Auch da wird sich zeigen müssen, wie restriktiv Swissmedic dies handhabt. Weiter ist offen, wie Swissmedic Gesuche behandelt, mit denen Journalisten Zugang zu Strafentscheiden verlangen, die älter als drei Monate sind.

Zu bedauern ist, dass Journalisten keinen Zugang zu nicht-rechtskräftigen Strafentscheiden erhalten. Damit verletzt Swissmedic das Verkündigungsgebot von Artikel 30 Absatz 3 der Bundesverfassung. Diese Bestimmung orientiert sich nämlich an der mündlichen Urteilsverkündigung, wo der anwesenden Öffentlichkeit Urteile kundgetan werden, die notabene nicht rechtskräftig sind. 

Doch trotzdem ist die neue Zugangsregelung des Heilmittelinstituts ein wichtiger Schritt zu mehr ­Justiz­öffentlichkeit, an der sich die ­kantonalen Staatsanwaltschaften ein Vorbild nehmen können. 

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