Mitte November hat der Bundesrat den Vorentwurf eines Bundesgesetzes über die Plattform für elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) in die Vernehmlassung geschickt. Nach dem Willen der Regierung sollen die Parteien und ihre Anwälte künftig «über eine hochsichere zentrale Plattform» digital kommunizieren. Das gilt für Zivil- und Strafverfahren sowie Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Für Verwaltungsverfahren des Bundes gelten dieselben Regeln. Der Bundesrat behält sich allerdings vor, eine eigene Zustellplattform zu betreiben. Das sei gerechtfertigt, weil es sich um Verwaltungsverfahren und nicht um Justizverfahren im engeren Sinn handle. Den Kantonen steht es frei, die kantonalen Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren entsprechend anzupassen.
Die Plattform soll von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft betrieben werden. Bund und Kantone schliessen dazu einen Vertrag ab. Dieser tritt laut BEKJ in Kraft, sobald der Bund und mindestens 18 Kantone ihn genehmigt haben. Können sich Bund und Kantone nicht einigen, müssen sie separate Plattformen eröffnen.
Die Vorlage bringt Änderungen in zahlreichen Gesetzen: etwa der Zivil- und der Strafprozessordnung, dem Verwaltungsverfahrensgesetz und dem Anwaltsgesetz. Die Justizbehörden müssen die Akten neu elektronisch führen. Die Plattform soll den elektronischen Austausch von Eingaben, Verfügungen oder Akten gewährleisten. Sie kann auch weitere Dienste, etwa Video- oder Telefonkonferenzen ermöglichen.
Berufsmässige Vertreter von Parteien und Behörden sollen Dokumente nur noch über die Plattform austauschen dürfen. Anwälte brauchen gemäss Entwurf künftig zwingend eine elektronische Zustelladresse bei der neuen E-Justiz-Plattform – sonst werden sie aus dem Anwaltsregister gestrichen. Nur Privatpersonen dürfen weiterhin mit den Behörden auch auf Papier kommunizieren.
Nötig ist die umstrittene elektronische Identität
Wer ein Dokument übermittelt, erhält von der Plattform eine Quittung. Die Plattform stellt dem Empfänger das Dokument während sieben Tagen zum Abruf zur Verfügung. Der Absender bekommt eine Quittung über den erstmaligen Abruf oder über den allfälligen Nichtabruf. Ist die Plattform bei Ablauf einer Frist nicht erreichbar, so verlängert sich die Frist auf den folgenden Werktag, an dem die Plattform wieder erreichbar ist.
Benutzer der Plattform müssen sich laut Artikel 19 BEKJ zwingend mit einer elektronischen Identität (E-ID) ausweisen. Diese ist im E-ID-Gesetz geregelt, das am 7. März zur Abstimmung kommt. Danach soll die E-ID von privaten Unternehmen herausgegeben und verwaltet werden. Für Anwälte und Behörden würde mit dem BEKJ der private elektronische Ausweis obligatorisch. Lehnt das Stimmvolk am 7. März das E-ID-Gesetz hingegen ab, wäre die Kommunikationsplattform in der geplanten Form nicht umsetzbar.
Behördlicher Zwang verletzt Wirtschaftsfreiheit
Die Plattform erhebt von den Behörden Gebühren. Diese dürften sie wiederum mit den Verfahrenskosten auf die Parteien überwälzen. Der Bericht des Bundesrates zum Vorentwurf spricht von zusätzlichen Kosten von weniger als 20 Franken pro Verfahren.
Verschiedene Gruppen von Anwälten haben in der Vernehmlassung zum Gesetz Stellung genommen. Sie kritisieren insbesondere den Zwang, die Plattform zu benutzen. Das verstosse gegen mehrere Verfassungsnormen, etwa die Wirtschaftsfreiheit oder Rechtsgleichheit. Ein Obligatorium sei nicht notwendig. Ein weiterer Kritikpunkt: Es brauche stärkere Schutzbestimmungen für digitale Justizakten – etwa beim Amtsgeheimnis, in technischer Hinsicht und beim Datenschutz.
Wer seine Meinung beim Bundesamt für Justiz noch einbringen will, kann das bis am 26. Februar tun. Dann endet die Vernehmlassungsfrist.