Verfassungsrecht
Grundrechte
Der Inhalt des Anspruchs auf ausreichende und unentgeltliche Sonderschulung und seine prozessuale Geltendmachung. Andrea Aeschlimann-Ziegler, jusletter vom 21. Januar 2013.
Analyse von BGE 138 I 162 und Urteil 2C_930/2011 vom 1. Mai 2012. Die Autorin behandelt den Anspruch auf ausreichende, unentgeltliche Sonderschulung von Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung.
Politische Rechte
Die parlamentarische Ermächtigung im Immunitätsverfahren. Thomas Sägesser, Zbl 2013, S. 75 ff.
Der gute Überblick über die verschiedenen Immunitätsregelungen auf Bundesebene zeigt auf, dass die Regelungen prozessualer Fragen lückenhaft sind. Der Autor postuliert, die Richtlinien der Kommissionen durch eine Regelung auf Verordnungsstufe abzulösen und eine einzige, gemeinsame Immunitätskommission der Räte zu schaffen.
Verwaltungsrecht
Ausländer- und Asylrecht
Symbolik im Asylgesetz? Deserteure und politische Aktivität. Stefanie Seiler,
Asyl 2013/1, S. 3-13.
Deserteure sollen nach dem Willen des Parlaments kein Asyl mehr erhalten. Letztlich handelt es sich um eine symbolische Norm, da die meisten Deserteure als politisch Verfolgte weiterhin Asyl erhalten werden. Die Autorin analysiert scharfsinnig Schädlichkeit und Grenzen solcher Gesetzgebung.
Der Schutz von Menschenhandelsopfern im Asylsystem. Nula Frei, Asyl 2013/1, S. 14-23.
Zur Erkennung von Opfern des Menschenhandels im Asylverfahren bedarf es einer Sensibilisierung und einer erhöhten Abklärungspflicht. Die Vorbringen potenzieller Opfer sind in Dublin-Verfahren wie auch im Verfahren zur Abklärung der Flüchtlingseigenschaft und im Wegweisungsverfahren besonders sorgfältig zu prüfen.
Steuerrecht
Musterfall: Frühzeitiger Altersrücktritt - Idealtypische Konstellationen und Planungsmöglichkeiten. Peter Lang und Max Ledergerber, Steuerrevue 2013, S. 34 ff.
Oft wollen Arbeitnehmer, die kurz vor dem Rentenalter entlassen werden, zuerst Arbeitslosengelder und erst danach die Rente beziehen. Das ist nicht immer einfach.
Besonderheiten bei der Anfechtung der Ermessensveranlagung. Henk Fenners und Martin E. Looser, AJP 2013, S. 33 ff.
Die Autoren erörtern die bei einer Anfechtung zu beachtenden Besonderheiten und die daraus resultierenden Anforderungen an die Einsprache.
Übriges Verwaltungsrecht
Das Auskunftsrecht nach DSG - Inhalt und Einschränkung im Vorfeld eines Zivilprozesses. Nicolas Bracher und Eyal I. Tavor, SJZ 2013, S. 45 ff.
Die Autoren prüfen, welche Interessen vorhanden sein müssen, damit Auskunftspflichtige Daten zurückbehalten dürfen - zum Beispiel auch ein überwiegendes eigenes oder ein Interesse von Dritten.
Pikettdienst unter Art. 8a ArGV 2. Manuel Stengel und Sandra Brändli, AJP 2013, S. 55 ff.
Die Autorinnen fordern, der Begriff der «zwingenden Gründe» für eine kurze Interventionszeit sei restriktiv zu interpretieren.
Telemedizin und ärztliches Rezept. Thomas Poledna und Kerstin Noëlle Vokinger, AJP 2013, S. 223 ff.
Die Gründe, weshalb Telemediziner das Ausstellen eines Rezepts nicht an den Apotheker delegieren dürfen, ausser bei nicht verschreibungspflichtigen Mitteln und bei Einzelmedikamenten im Notfall.
«Siamesische Zwillinge»: Wir - einer von uns - ich? Anmerkungen zum Konzept der Person und dessen physischer Verfasstheit. Andrea Büchler und Birgit Christensen, jusletter vom 28. Januar 2013.
Ausgehend von einem englischen Gerichtsurteil, das die Trennung von verbundenen Zwillingen gegen den Willen der Eltern anordnete, untersuchen die Autorinnen die Situation im Schweizer Recht und die Auswirkungen biomedizinischer Entwicklungen. Interessant, aber anspruchsvoll.
Sozialversicherungsrecht
Zur medizinischen und sozialrechtlichen Beurteilung von Personen mit andauernden somatoformen Schmerzstörungen und ähnlichen Krankheiten im Verfahren der Invalidenversicherung.
Jörg Paul Müller, jusletter vom 28. Januar 2013.
Kritik an der sogenannten «Schmerzrechtsprechung» des Bundesgerichts. Der Autor zeigt auf, dass sie in ihrer Komplexität nicht verstanden wird, zu irrigen Argumentationen bei kantonalen Gerichten führt und die Rechtssicherheit beeinträchtigt.
Strafrecht Besonderer Teil
Der revidierte Insidertatbestand. Nicolas Leu, AJP 2013, S. 261 ff.
Analyse des revidierten Insidertatbestands, der ins Bundesgesetz über Börsendelikte und Marktmissbrauch überführt wurde.
Übriges Strafrecht
Zehn Jahre Internationaler Strafgerichtshof. Christian Tomuschat, EuGRZ 2012, S. 673.
Der Verfasser zeigt Schwachpunkte bei der Auswahl des Personals, dem Verfahren der Befassung, dem Vorverfahren, der Beteiligung der Opfer und beim Treuhandfonds für die Opfer auf und sieht Lösungen durch die Überprüfung der Verfahrensregeln und flexible Auslegung der Verfahrens- und Beweisordnung.
Privatrecht
Familienrecht
Der Vorentwurf zur Revision des Kindesunterhalts: ein erster Schritt. Alexandra Rumo-Jungo und Sandra Hotz, FamPra 1/2013, S. 1 ff.
Die zivilstandsunabhängige Ausgestaltung des Kindesunterhalts und die Ablösung des Betreuungsunterhalts vom nachehelichen Unterhalt bedeuten zwei zentrale Verbesserungen. Der Beitrag schlägt einen einheitlichen minimalen Betreuungsunterhalt von 750 Franken vor.
Internationale Kindesentführung - Wie ist das HKÜ auszulegen? Rechtshilfe versus individuelles Kindeswohl. Karin Meyer und Lucie Mazenauer, FamPra 1/2013, S. 57 ff.
Der Beitrag analysiert die Grundsätze, die bei der Auslegung des Haager Übereinkommens heranzuziehen sind, und diskutiert die Frage, ob die sofortige Rückführung oder aber das Wohl des einzelnen Kindes der ausschlaggebende Faktor sein soll.
Der grenzüberschreitende Familienrechtsfall (Schweiz-Frankreich). Gabrielle Bodenschatz Schmid,
FamPra 1/2013, S. 78 ff.
Die Wahl des Scheidungsforums hat grundlegende Auswirkungen für die Nebenfolgen der Ehescheidung, insbesondere auf den nachehelichen Unterhalt, die Kinderbelange und die Vorsorgeansprüche. Die Basler Rechtsanwältin erörtert sie anhand eines konkreten Falles zwischen der Schweiz und Frankreich.
Rechtsmittel in konventionsbasierten Scheidungsverfahren. Philip R. Bornhauser, FamPra 1/2013, S. 111 ff.
Analyse in Bezug auf die jeweiligen Scheidungsverfahren nach Art. 111 oder 112 ZGB und Anfechtungsmöglichkeit bei Fällen, in denen sich die Parteien während des kontradiktatorischen Verfahrens über die strittigen Nebenfolgen vergleichsweise einigten.
SISP. Supervision in Trennungs- und Scheidungsprozessen. Beatrice Kobel, Emanuel Feurer, Simone Schild und Daniel Gutschner, FamPra 1/2013, S. 124 ff.
Erörterung des vom Institut für Forensik und Rechtspsychologie in Bern entwickelten Programms SISP mit seinem Fokus auf das kindliche Wohl und andere Hilfestellungen für Familien.
Es ist Zeit für «Elternzeit und Elterngeld» in der Schweiz. Jürg Krummenacher, FamPra 1/2013, S. 143 ff.
Der ehemalige Präsident der Eidgenössischen Koordinationskommission für Familienfragen stellt den detaillierten Modellvorschlag der Kommission vor.
Schnittstellen zwischen Güter- und Erbrecht, mit einem Seitenblick auf die Behandlung von Guthaben in der Zweiten und in der gebundenen Dritten Säule a. Daniel Trachsel, AJP 2013, S. 169 ff.
Überblick aus Praktikersicht zu den güterrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zum Zweck einer optimalen Nachfolgeplanung im familiären Kontext.
Schwerpunktheft «Neues Kindes- und Erwachsenenschutzrecht». Diverse Autoren, ZBl 2013, S. 1 ff.
Schwerpunktnummer mit Beiträgen zur Umsetzung des neuen Bundesrechts in den Kantonen Aargau, Bern, Schaffhausen und Zürich.
Kauf- und Mietrecht
Die Abgrenzung von CISG und nationalem Recht im Beweis- und Verjährungsrecht am Beispiel des Bundesgerichtsurteils 4A_753/2011 vom 16. Juli 2012. Marc André Mauerhofer, AJP 2013, S. 239 ff.
Analyse des Bundesgerichtsentscheids, gemäss dem sich die Beweislast nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf bestimmt.
Werkvertrags- und Auftragsrecht
Les nouveaux délais de prescription de l'action en garantie (CO 371 et CO 210). Pascal Pichonnaz, SJZ 2013, S. 69 ff.
Der Autor analysiert die Änderungen im Werkvertragsrecht, die bei beweglichen Werken, die bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert werden, die Garantie regelt.
Die «Sennhof-Affäre» - Mängelrüge auch gegen Ingenieur. Thomas Siegenthaler, Baurecht 2012, S. 193 ff.
Der Autor schildert anhand eines Prozesses der Stadt Winterthur gegen Planer, deren Leistungen sie für mangelhaft hielt, die verschärfte Praxis des Bundesgerichts. Die Stadt Winterthur verlor den Prozess, weil sie die Mängel der Planerleistungen nicht rechtzeitig gerügt hatte.
Notariatsrecht
Rechtsprechung und ausgewählte Rechtsfragen 2012. Roland Pfäffli, Der Bernische Notar 4/2012, S. 381 ff.
Die Entwicklung in den Bereichen ZGB, OR und Abgaberecht aus Notarensicht.
Handels- und Wirtschaftsrecht
Gesellschaftsrecht
Aktuelle Entwicklungen in der Vergütungslandschaft des Finanzplatzes Schweiz.
Hans Caspar von der Crone und Valentin Jentsch, SZW 2012, Nr. 5, S. 377 ff.
Die Autoren analysieren die Vergütungssysteme der Schweizer Finanzinstitute und stellen in Frage, ob das Finma-Vergütungsrundschreiben, die Initiative oder der Gegenvorschlag wirklich viel zu bewirken vermögen. Auch nach Annahme der Initiative lesenswert.
Wettbewerbs- und Kartellrecht
Änderung des Schweizerischen Kartellgesetzes: eine Kritik. Henrique Schneider, sic! 1/2013, S. 17ff.
Diskussionsbeitrag zur bundesrätlichen Teilrevisionsvorlage des Kartellgesetzes aus der Feder des Ressortleiters Wirtschaftspolitik beim Schweizerischen Gewerbeverband. Kritik am anvisierten Teilkartellverbot mit Beweislastumkehr.
Bank- und Börsenrecht
Das Finanzmarktaufsichtsrecht Mitte 2011 bis Mitte 2012. Peter Nobel, SZW 2012, Nr. 5, S. 450 ff.
In einem ersten Teil beleuchtet der Autor die Weissgeldstrategie und internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich. In einem zweiten Teil geht er auf die Änderung des Geldwäschereigesetzes sowie Neuerungen im Kollektivanlagenrecht ein. Interessant für Praktiker sind die Entscheide: Sowohl Finma-Verfügungen als auch Bundesgerichtsentscheide werden kurz zusammengefasst.
Verfahrens- und Vollstreckungsrecht
Strafprozessrecht
Die erweiterten Beschlagnahmeverbote zum Schutz des Anwaltsgeheimnisses insbesondere im neuen Strafverfahren. Peter Burckhardt und Roland M. Ryser, AJP 2013, S. 159 ff.
Die Autoren erläutern den Schutzbereich von Artikel 264 StPO in der voraussichtlich im Frühling in Kraft tretenden Fassung. Dabei stellen sie fortbestehende Schutzlücken fest. Ferner vergleichen sie die strafprozessuale Regelung mit anderen Verfahrensgesetzen und geben Hinweise auf eine «best practice» für Unternehmen.
Zivilprozessrecht
Die Partei- und Prozessfähigkeit von Kindern und Jugendlichen sowie ihr Anspruch auf rechtliches Gehör. Christoph A. Herzig, AJP 2013, S. 182 ff.
Der Beitrag zeigt auf, dass Kinder und Jugendliche gleich wie Erwachsene parteifähig, jedoch nur sehr eingeschränkt prozessfähig sind. Bei Urteilsfähigkeit soll ihnen der volle Gehörsanspruch zustehen. Der Verfasser postuliert im Kontext der Fragestellung auch die Ratifikation des 3. fakultativen Zusatzprotokolls zur UN-KRK.
Die neue Binnenschiedsgerichtsbarkeit - Gerichtspraxis zu Art. 353-399 ZPO. Christian Oetiker und Peter Hostansky, AJP 2013, S. 203 ff.
Darstellung der Praxis, wobei die Autoren die Gerichtsentscheide fast durchwegs positiv beurteilen.
Prüfung der Prozessvoraussetzungen durch Schlichtungs-behörden. Boris Müller, AJP 2013, S. 69 ff.
Der Autor nimmt eine Gesetzeslücke in der ZPO an, die im Sinn der Bejahung der Prüfungspflicht der Schlichtungsbehörden zu schliessen sei. Dabei stellt er auch die Auffassungen in Literatur und Praxis dar.
Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Zur Arrestprosequierung im nationalen und internationalen Kontext. Jolanta Kren Kostkiewicz und Illja Penon, BlSchK 6/2012, S. 213 ff.
Die Revision trat am 1. Januar 2011 in Kraft. Die Autoren erläutern die Prosequierung des Arrests.
Europarecht
Die Rechtsprechung des EuGH zum Aufenthaltsrecht Drittstaatsangehöriger - auf dem Weg zur Achtung der Kompetenzverteilung bei der Gewährleistung von Grund-rechten? Eva Julia Lohse, EuGRZ 2012, S. 693.
Der Aufsatz analysiert die Urteile Carpenter, Zhu/Chen, Ruiz Zambrano, Metock, McCarthy, Dereci und Iida zum Thema der gemischtstaatlichen Familie (Familien aus Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen) kritisch und zeigt dabei die sich aktuell aus dem Zusammenspiel der EMRK, des Unionsrechts und der nationalen Vorschriften ergebende Lösung.
Die Ausgestaltung der Europäischen Bürgerinitiative - eine vertane Chance? Sebastian Heselhaus, EUZ 2013, 4 ff.
Nachdem die EU-Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative (EBI-Verordnung) am 1. April 2012 in Kraft getreten ist, skizziert der Autor deren Funktionsweise und einen ersten Anwendungsfall betreffend einen europaweiten Atomausstieg. Dabei werden die Unterschiede zur schweizerischen Volksinitiative herausgearbeitet.
Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen durch die unternehmerische Freiheit gemäss Art. 16 der Europäischen Grundrechtecharta. Thorsten Sasse, EuR 2012, S. 628 ff.
Der Beitrag untersucht, wann eine juristische Personen in der EU grundrechtlichen Schutz geniesst. Aus Schweizer Sicht interessant ist, dass auch juristische Personen aus Drittstaaten als Träger von Grundrechten in Frage kommen.
Völkerrecht
Menschenrechte
Absolutes Bettelverbot gleichheitswidrig und verletzt Art. 10 EMRK (Kommunikationsfreiheit). Magdalena Pöschl, EuGRZ 2012, S. 762 ff.
In ihrer Besprechung eines Urteils des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom 30. Juni 2012 (G 155/10) zeigt die Autorin, mit welcher Argumentation der VfGH in einem absoluten Bettelverbot einen Verstoss gegen Art. 10 Abs. 1 EMRK (Kommunikationsfreiheit) erkannte. Der Kläger war im vorliegenden Fall ein Rom. Die grundrechtlichen Überlegungen des VfGH sind auch insofern interessant, als in Bezug auf die Bettelei von Roma auch in der Schweiz gewisse Kreise nach Bettelverboten rufen.
Übriges Völkerrecht
Die Gerichtsstandsklausel in den AGB von Facebook aus schweizerischer Sicht. Christian Arnold,
SZIER 2012, S. 613 ff.
Obwohl der Autor zum Schluss gelangt, dass Schweizer Gerichte trotz anderslautender Gerichtsstandsklauseln in den AGB von Facebook auf entsprechende Klagen eintreten müssten, schliesst der Aufsatz mit dem ernüchternden Fazit, dass Entscheide von Schweizer Gerichten gegen Facebook de facto kaum vollstreckbar wären.