Verfassungsrecht
Grundrechte
Die Rechte von Kindern in Nothilfe. Stephanie Motz und Seraina Nufer, jusletter vom 18. März 2013.
Die Autorinnen zeigen, welche menschen- und kinderrechtlichen Vorgaben bei der Auslegung des Rechts auf Hilfe in Notlagen nach Art. 12 BV zu beachten sind. Sie analysieren die Rechte des Kindes auf Identität und Staatsangehörigkeit, kindesgerechte Unterbringung, Gesundheitsversorgung und Schulbildung.
Grenzenlose Staatswirtschaft? Raphael Kraemer und Andreas Stöckli, Recht 2013, S. 28 ff.
Ein neues kantonales Gesetz erlaubt der Glarner Monopolversicherung «Glarnersach» eine beschränkte Ausdehnung ihrer Tätigkeit über das Monopol hinaus, was Konkurrenten im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle bekämpften. Das Bundesgericht trat auf ihre Beschwerde ein, wies sie aber ab. Die Autoren erachten den Entscheid als falsch, insbesondere unter dem Aspekt des Versicherungsabkommens Schweiz–EU.
Verwaltungsrecht
Ausländer- und Asylrecht
Aufenthaltsbeendende Massnahmen im schweizerischen Ausländerrecht. Andreas Zünd und Thomas Hugi Yar, EuGRZ 2013, S. 1 ff.
Der Aufsatz durchleuchtet die Rechtsprechung des EGMR und jene des Bundesgerichts zu den verfassungsrechtlichen Schranken (Art. 8 EMRK) bei ausländerrechtlichen Massnahmen. Er schliesst mit einer Analyse der Ausschaffungsinitiative. Auch wenn der Entscheid Udeh gegen die Schweiz vom 13. April 2013, Nr. 12020/09, noch nicht berücksichtigt werden konnte, bietet der Aufsatz für den Praktiker einen enormen Fundus an verarbeiteter Rechtsprechung.
Umwelt-, Bau- und Planungsrecht
Die Zweitwohnungsverordnung. Emanuel Dettwyler, SJZ 2013, S. 89 ff.
Der Autor erläutert die Bestimmungen der Zweitwohnungsverordnung, die am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist. Er legt dar, weshalb zentrale Punkte verfassungswidrig sind. Zudem weist er auf verschiedene Ungereimtheiten der Verordnung hin und regt an, mit einem Ausführungsgesetz Klarheit zu schaffen.
Datenschutz
Schwerpunkt: Big Data. Diverse Autoren, digma 1/2013, S.1 ff.
Riesige Datenmengen, Big Data, sind billig und fast unbegrenzt reproduzierbar. Sechs Autoren befassen sich mit problematischen Aspekten dieser Thematik. Der Beitrag von Bruno Baeriswyl zeigt, weshalb Big Data ins Niemandsland des Datenschutzes zu liegen kommen. Er geht davon aus, dass grosse Datenmengen auch in anonymisierter Form einen Personenbezug haben. Dies hätte zur Folge, dass die Datenschutzgesetze auf alle Daten anzuwenden wären.
Steuerrecht
Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Tobias Rohner, jusletter vom 8. April 2013.
Die Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung und -betrug kann unter anderem nur dann strafbefreiend wirken, wenn sie vor deren Entdeckung durch die Steuerbehörde erfolgt. Der Beitrag zeigt, ab wann eine Steuerhinterziehung als entdeckt gilt und wie bei der Selbstanzeige vorzugehen ist, wenn nebst dem Steuerpflichtigen weitere Personen involviert waren.
Sozialversicherungsrecht
Unklare und nicht objektivierbare Beschwerdebilder – was kann und soll das Sozialversicherungsrecht tun? Ueli Kieser, HAVE 2013, S. 12 ff.
Der Autor skizziert, welche Überlegungen sich aus der neueren Bundesgerichtspraxis zu den sogenannten unklaren Beschwerdebildern für sozialversicherungsrechtliche Leistungen ergeben können.
Rechte ohne Pflichten? Zu einer Schwachstelle des Sozialversicherungsrechts. Erwin Murer, SZS 56/2012, S. 481 ff.
Der Autor bedauert die Anonymisierung und Entsolidarisierung im Sozialversicherungsbereich. Er
fordert ein Ende der «Schleudertraumaepidemie».
KVG und UVG
Caisse unique et opportunité de réorganiser l’assurance-maladie sociale. Jean-Louis Duc, SZS 57/2013, S. 1 ff.
Plädoyer für eine Einheitskasse im KVG. Anlässlich der dafür nötigen Gesetzesänderung könnten Mängel im KVG behoben werden, wie die Übernahme der Geburtsgebrechen, Mutterschaftsleistungen, Schwangerschaftsabbruch.
Strafrecht
Allgemeiner Teil
Die Sicherungseinziehung von Motorfahrzeugen. Jürg Krumm, AJP 2013, S. 375 ff.
Überblick über die Einziehungsformen mit Schwerpunkt Sicherungseinziehung. Erläuterung der neuen SVG-Bestimmung zur Einziehung von Fahrzeugen und der Alternativen zur Einziehung.
Strafrechtliche Produktehaftung. Sabine Gless, Recht 2013, S. 54.
Wann Nichtstun und Verschweigen strafrechtlich relevant sein könnten, hat der «Contergan-Fall» gezeigt, als ein Medikament auf dem Markt blieb, obschonHinweise auf seine verheerenden Folgen bestanden. Interessanter Artikel, der die relevanten Grundlagen entwickelt.
Privatrecht
Einleitungsartikel und Personenrecht
Wenn der Antirassismus staatlich sanktioniert wird. Tarek Naguib, Recht 2013, S. 13 ff.
Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus bezeichnete Aussagen des Thurgauer Jung-SVP-Politikers Benjamin Kasper als «verbalen Rassismus», was das Bundesgericht in 5A_82/2012 als Persönlichkeitsverletzung einstufte. Der Autor kritisiert diesen Entscheid als verfassungswidrig.
Persönlichkeitsrecht im Film. Kai-Peter Uhlig, AJP 2013, S. 327 ff.
Der Autor befasst sich kritisch mit der von der Lehre angenommenen Widerruflichkeit der Einwilligung, da für die damit verbundenen Probleme keine wirksame Abhilfe angeboten werde. Er befürwortet das Konzept einer unwiderruflichen Einwilligung, die durch das Übermassverbot von Art. 27 ZGB begrenzt würde.
Familienrecht
Der Konkretisierungsbedarf bei allgemeinen Rechtsgrundsätzen und/bzw. Generalklauseln des Privatrechts. Heinz Hausheer, AJP 2013, S. 336 ff.
An Beispielen existierender Generalklauseln in Art. 2 und Art. 125 ZGB und ihrer Handhabung in der Rechtsprechung zeigt der Autor, dass dem zur Zeit diskutierten Entwurf für einen Betreuungsunterhalt eine klare Leitlinie fehlt.
Haftpflichtrecht
Haftung für Phantombeschwerden? Vito Roberto und Sebastian Reichle, HAVE 2013, S. 3 ff.
Die Autoren lehnen eine privatrechtliche Haftung für organisch nicht nachweisbare Beschwerden aus Bagatellereignissen ab. Sie wollen die Aufgabe, angemessene Lösungen zu finden, allein dem Sozialversicherungsrecht zuweisen.
Pflichtversicherungsgesetz. Diverse Autoren, HAVE 2013, S. 50 ff.
Verschiedene Beiträge zum von der Schweizerischen Gesellschaft für Haftpflicht- und Versicherungsrecht vorgelegten Entwurf zu einem Pflichtversicherungsgesetz.
Kauf- und Mietrecht
Die fünfjährige Gewährleistungsfrist für bewegliche Sachen im Kaufrecht. Markus Vischer, jusletter vom 11. März 2013.
Seit 1. Januar 2013 gilt gemäss Art. 210 Abs. 2 OR unter bestimmten Umständen für Kaufverträge über bewegliche Sachen neu eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Der Gesetzeswortlaut wirft eine Vielzahl von Fragen auf, die nach Ansicht des Autors nur befriedigend beantwortet werden können, wenn zum Teil vom Regelungswortlaut abgewichen wird.
Arbeitsvertragsrecht
Rechtsprechung zum Arbeitsrecht 2012. Thomas Geiser, AJP 2013, S. 437 ff.
Überblick zur nationalen Rechtsprechungsentwicklung im Einzel- und Kollektivarbeitsrecht sowie im einschlägigen Prozessrecht, wobei der Einzelarbeitsvertrag im Vordergrund steht.
Werkvertrags- und Auftragsrecht
Auftrag oder Personalverleih? Christoph Senti, AJP 2013, S. 356 ff.
Die Qualifikation eines Vertrags als Auftrag oder Personalverleih hat für die Parteien weitreichende Wirkungen, wie der Autor zeigt.
Notariatsrecht
Drei Entscheide der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion. Der Bernische Notar, März 2012 1/2013, S. 1 ff.
Die Ausgabe beinhaltet je einen Berner Entscheid zur Fusion von Vereinen im Fusionsrecht, zur Vormerkung beim Rückfallsrecht bei Grundstückschenkungen und zum Disziplinarrecht bei der Vermittlung von Liegenschaften durch den Notar gegen Provision.
Handels- und Wirtschaftsrecht
Gesellschaftsrecht
Eigenkapitalbeschaffung bei Genossenschaften. Franco Taisch und Tizian Troxler, AJP 2013, S. 407 ff.
Der Beitrag zeigt die Probleme bei der Kapitalbeschaffung mit Anteilscheinen und mögliche Lösungen auf. Er diskutiert die Frage, ob Genossenschaften Eigenkapitalisierungsinstrumente sui generis schaffen dürfen.
«Abzocker»-Initiative umsetzen – aber wie? Daniel M. Häusermann, SJZ 2013, S. 153 ff.
Der Autor geht davon aus, dass das Parlament den Gesetzgebungsauftrag nicht unbesehen durch zwingende Vorschriften umzusetzen hat. Im Interesse der Aktionäre und unter Wahrung der Mitsprachemöglichkeit von Minderheitsaktionären soll Raum für statutarische Abweichungen bleiben.
Wettbewerbs- und Kartellrecht
Bilaterales Wettbewerbsrecht Schweiz–EU: Uneinheitlich, ineffizient und irrelevant? Christa Tobler, ZSR 2013 I, S. 3 ff.
Die Autorin zeigt: Wenige bilaterale Abkommen enthalten wettbewerbsrechtliche Regelungen, ein umfassendes bilaterales Wettbewerbsrecht fehlt. In der Praxis wird im Unternehmensbereich häufig auf einfacheres Recht (EU, EWR, nationales Recht) ausgewichen.
Die Revision des Kartellgesetzes – ein Zwischenbericht. Beat Zirlick, Bendicht Lüthi und Frank Stüssi, ZSR 2013 I, S. 27 ff.
Die Autoren liefern einen Überblick über die wesentlichen Inhalte der laufenden Gesetzesrevision und den Stand im Januar 2013.
Immaterialgüterrecht
Ein Leistungsschutzrecht für Verlage? Eine Klarstellung. Willi Egloff, medialex 1/13, S. 1 ff.
Im Schlepptau eines Gesetzesvorhabens in Deutschland, das Verlagen von Presseerzeugnissen ein Leistungsschutzrecht zuerkennen will, hat der Verband Schweizer Medien eine entsprechende Forderung erhoben. Der Autor zeigt deutlich, weshalb dieses an der Funktion des urheberrechtlichen Leistungsschutzes vorbeizielt.
Bank- und Börsenrecht
Schwerpunktheft – Zentralbanken und Systemstabilität. Diverse Autoren, SZW 2012, Nr. 6, S. 479 ff.
Das ganze Heft ist dem Thema «Zentralbanken und Systemstabilität» gewidmet. Neben dem Kernthema werden auch Fragen rund um die Notfallplanung bei systemrelevanten Finanzinstituten und der Einlagensicherung beleuchtet.
Verfahrens- und Vollstreckungsrecht
Strafprozessrecht
Die Unschuldsvermutung in der Medienberichterstattung. Daniel Glasl & Lucien Müller. ZSR 2013 I, S. 85 ff.
Nach einer Darstellung des wesentlichen Inhalts der Unschuldsvermutung untersuchen die Verfasser die Horizontalwirkung des Verfahrensgrundrechts insbesondere auf die Medienberichterstattung. Ferner befassen sie sich mit den Wirkungen einer Verletzung der Unschuldsvermutung.
Zivilprozessrecht
Die Widerklage nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung. Manuela Rapold und Reto Ferrari-Visca, AJP 2013, S. 387 ff.
Die Verfasser erachten die Regelung der Widerklage in der ZPO für lückenhaft und teilweise unbefriedigend. Sie machen Vorschläge zur Mängelbehebung de lege lata.
Der Immaterialgüterrechtsprozess am Bundesgericht. Kathrin Klett, sic! 3/2013, S.125 ff.
Das Einhalten der Rügepflicht erweist sich in Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgericht oft als Stolperstein und die Beschwerde wird mit einem Standardsatz für unbeachtlich erklärt: Es seien nicht nur bisher eingenommene Rechtsstandpunkte zu bekräftigen, vielmehr habe die Kritik an den fehlerhaften Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen. Welche Anforderungen für diese Auseinandersetzung zu erfüllen sind, legt die Autorin aufgrund neuerer Bundesgerichtsentscheide dar. Gleichzeitig liest sich ihr Beitrag wie eine Anleitung für das Verfassen von Beschwerdeschriften.
Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Und nochmals zum neuen Arrestgrund des definitiven Rechtsöffnungstitels: Klärende Worte des Bundesgerichtes. Georg Naegeli, jusletter vom 22. April 2013.
Der Autor erläutert das Urteil 5A_355/2012, in welchem das Bundesgericht viele Streitpunkte zum neuen Arrestgrund geklärt und auch entschieden hat, dass auch ausländische Nicht-LugÜ-Titel (inkl. Schiedsurteile) «definitive Rechtsöffnungstitel» sind.
Europarecht
Steuerrecht. Aktionsplan zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Mitteilungen der EU-Kommission. EUZ 2013, 50 ff.
Im Dezember hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -betrug vorgestellt. Dessen Massnahmen gegen Länder, die internationale Mindeststandards nicht einhalten, zielen auch auf die Schweiz.
Völkerrecht
Menschenrechte
Aufenthaltsbeendende Massnahmen im schweizerischen Ausländerrecht, insbesondere unter dem Aspekt des Privat- und Familienlebens. Andreas Zünd und Thomas Hugi Yar. EuGRZ 2013, S. 1 ff.
Der Beitrag beleuchtet die ausländerrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Lichte der vom EGMR entwickelten völkerrechtlichen Kriterien zu Art. 8 EMRK und empfiehlt sich dank des konzisen Überblicks über die relevante Kasuistik auch dem Praktiker.
Übriges Völkerrecht
Die eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» (Zuwanderungsinitiative) im Lichte des Freizügigkeitsabkommens und der bilateralen Zusammenarbeit mit der EU. Sebastian Heselhaus und Julia Hänni, SZIER 2013, S. 19 ff.
Basierend auf einer Studie, die die Autoren 2011 für die FDP Schweiz verfassten, führt der Beitrag die rechtlichen und politischen Konsequenzen einer Annahme der Zuwanderungsinitiative vor Augen. Er zeigt, welche Rolle die vieldiskutierte Ventilklausel dabei spielt.
Das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht aus der Sicht des Bundesgerichts. Astrid Epiney, jusletter vom 18. März 2013.
Im Urteil vom 12. Oktober 2012 erachtete das Bundesgericht den Widerruf der Niederlassungsbewilligung eines Drittausländers nach einer strafrechtlichen Verurteilung als Verletzung von Art. 8 EMRK. Hieran ändere auch Art. 121 Abs. 3–6 BV, die sogenannte Ausschaffungsinitiative, nichts, da dieser im Gesamtkontext der Verfassung auszulegen und nicht unmittelbar anwendbar sei und die EMRK als Völkerrecht grundsätzlich nationalem Recht vorgehe. Der Beitrag analysiert die grundsätzlichen Aussagen des Bundesgerichts und ihre Folgen.
Völkerrecht versus Landesrecht im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Christophe Herzig, jusletter vom 8. April 2013.
Auch dieser, allerdings wesentlich kürzere Beitrag, befasst sich aus Anlass des Bundesgerichtsurteils vom 12. Oktober 2012 mit dem Verhältnis von Landesrecht und Völkerrecht, wobei auch kurz auf die Rechtslage in Deutschland eingegangen wird.