Steht bei einem Jus-Studenten ein Austauschsemester an, ist die Destination nicht selten das ausschlaggebende Kriterium. Dabei stehen ihm zwei Möglichkeiten offen: Entweder er macht von einem Partnerabkommen seiner Universität Gebrauch, oder er organisiert seinen Aufenthalt am Ort seiner Wahl selbst und nimmt einen grösseren administrativen Aufwand in Kauf. Bei einem Partnerabkommen vereinbaren die beteiligten Institute eine bestimmte Anzahl Studienplätze, die von Studenten des Partners belegt werden können.
Neben der Destination und dem administrativen Aufwand spielt auch das Monetäre eine wichtige Rolle. So bezahlen Studenten, die über ein Partnerabkommen in ein Austauschsemester gehen, die Studiengebühren in der Regel an der Heimuniversität. Je nach Destination hat das grosse Unterschiede zur Folge. Ein Aufenthalt an einer englischen oder nordamerikanischen Universität ist für viele Studenten attraktiv und dank den Partnerabkommen auch erschwinglich.
Die Chance, dass sich die Traumdestination unter den Partneruniversitäten befindet, ist bei den rechtswissenschaftlichen Fakultäten der Schweizer Hochschulen unterschiedlich gross. Während der Zürcher oder Luzerner Student weltweit aus Dutzenden von Universitäten aussuchen kann, ist die Auswahl zum Beispiel in Basel deutlich kleiner. Dahinter stehen unterschiedliche Internationalisierungsstrategien. Ein Überblick:
Zürich: «Eine Belebung für den Uni-Alltag»
In Zürich, so Michaela Sweet, Mobilitätsbeauftragte der rechtswissenschaftlichen Fakultät, funktioniert die internationale Vernetzung auf verschiedene Art und Weise: «Einerseits versuchen wir, bestehende Kontakte von Fakultätsmitgliedern zu nutzen. Andererseits überlegen wir uns auch, welche Universitäten für unsere Studenten attraktiv sein könnten, und kontaktieren dort die zuständigen Personen.» So ist für die 3500 Zürcher Jus-Studenten eine Auswahl von über fünfzig Partnerabkommen entstanden, weitere sind in Planung. Die grosse Auswahl, von der die Zürcher Studenten profitieren, bringt einen entsprechenden Aufwand mit sich. «Eine stetige Pflege aller Kontakte ist leider nicht möglich, doch auch nicht unbedingt nötig», erklärt Sweet. «Wichtig ist, dass die Kontakte dort gepflegt werden, wo ein reger Austausch stattfindet.»
Trotz der grossen Auswahl peilen Zürcher Studenten vorwiegend die grossen westeuropäischen Städte Paris, Berlin und Barcelona an - obwohl die Universitäten in Osteuropa ein attraktives Programm bieten, wie Sweet versichert.
Die Bilanz der aufgenommenen und entsandten Studenten präsentiert sich dementsprechend nicht bei jeder Universität ausgeglichen. Eine Notwendigkeit, «brachliegende» Partnerschaften zu beenden, verneint Sweet allerdings. «Die Erasmusabkommen haben feste Laufzeiten.» Eine Kündigung liegt oft auch nicht unbedingt im Sinn der Universität, denn sie profitiert laut Sweet auch dann, wenn keine eigenen Studenten ans Partnerinstitut entsandt werden. «Die Austauschstudenten beleben den Uni-Alltag und sorgen für positiven Austausch auf vielen Ebenen.»
Luzern: «Austauschzahlen sind meist ausgeglichen»
Auch die rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Luzern versucht, ihren knapp 1400 Studenten eine breite Auswahl an Partnerinstituten zu bieten. Dabei achtet sie beim Abschluss von neuen Abkommen gemäss Chantal Vögeli, Leiterin des International Relations Office, vor allem auf die akademische Qualität des Partners. Weitere Kriterien sind die Lage, die Betreuungsverhältnisse und die Infrastruktur. Diese Anforderungen erfüllen in Luzern gut fünfzig Universitäten aus aller Welt. Zu den beliebtesten Destinationen der Luzerner Studenten zählen Universitäten in Nordamerika, Australien sowie die boomende asiatische Wirtschaftsmetropole Singapur. Doch auch mit allen andern Partneruniversitäten wird laut Vögeli ein reger Austausch gepflegt. «Wir versuchen schon beim Abschluss des Abkommens, den Austausch zu antizipieren. Dies führt dazu, dass die Bilanzzahlen in der Regel ausgeglichen sind.» Dass ein Vertrag einmal ausgesetzt oder nicht mehr erneuert wird, schliesst Vögeli nicht aus, ohne jedoch auf Einzelheiten einzugehen.
Basel: «Wir setzen auf enge persönliche Kontakte»
Partnerschaftsverträge gekündigt wurden bei der Rechtsfakultät der Universität Basel schon länger nicht mehr, im Gegenteil: «Wir haben in den vergangenen Jahren viele neue Abkommen geschlossen», sagt Patrick Ebnöther vom Dekanat der rechtswissenschaftlichen Fakultät. «Normalerweise werden die Abkommen von unseren Dozenten angeregt, die über persönliche Kontakte mit der betreffenden Universität verfügen. Dies stellt schon einmal eine gewisse Qualität sicher», erklärt Ebnöther die Strategie seiner Universität. «Wir möchten mit unseren Partneruniversitäten ein gutes und enges Verhältnis pflegen.»
So zählt Basel aktuell nur 15 Partneruniversitäten. Mit aufgebrachten Studierenden, die eine zu kleine Auswahl bemängeln, sieht sich Ebnöther dennoch nicht konfrontiert: «Wenn sich für eine Destination ein Trend abzeichnet, dann versuchen wir zu reagieren und peilen eine Zusammenarbeit an. Wir können und möchten allerdings nicht zu viele Abkommen schliessen.» Da gehe die Übersicht verloren und man könne die Qualität nicht mehr gewährleisten.
Zudem erinnert Ebnöther daran, dass seine Universität mit 1200 Studierenden wesentlich kleiner ist als beispielsweise Zürich. Auch deshalb kann er sich Abkommen mit über vierzig Hochschulen an seiner Universität nicht vorstellen: «Ich bezweifle, dass so viele Abkommen noch sinnvoll wären.»
Stolz ist man in Basel auf die Zusammenarbeit mit Boston, aber auch mit Paris, der absoluten Lieblingsdestination der Basler. «Das Kontingent für Paris ist praktisch immer voll», sagt Ebnöther. Weniger beliebt sind Destinationen im Osten Europas wie beispielsweise Vilnius. Das Verhältnis aufgenommener und entsandter Studenten ist aber laut Ebnöther stabil. Einzig der starke Schweizer Franken habe in letzter Zeit dazu geführt, dass weniger Ausländer nach Basel kommen.
Bern: «Deutschsprachige Unis sind im Nachteil»
In Bern liegt das Verhältnis zwischen entsandten und aufgenommenen Studenten bei ungefähr vier zu eins, wie Monika Scherler, Erasmus-Koordinatorin an der rechtswissenschaftlichen Fakultät, ausführt. Dabei finden Studenten aus aller Welt den Weg in die Hauptstadt. Während viele über das Erasmus-Programm nach Bern gelangen, finden sich Studenten aus Grossbritannien und den USA vor allem in spezialisierten Masterprogrammen. Aufgrund hoher Studiengebühren in diesen Ländern haben zwei englische und eine US-Universität die Verträge nicht mehr erneuert. «Diese Universitäten schliessen gezielt nur noch Verträge mit solchen Institutionen ab, wo ihre Studenten tatsächlich hingehen, und da haben die deutschsprachigen Universitäten Nachteile.» Eine Entwicklung, die auch in Zürich festgestellt wurde und der man beiderorts mit einer Vergrösserung des Angebots an englischen Vorlesungen begegnen möchte.
Die knapp 2200 Jus-Studenten in Bern selbst haben trotzdem eine grosse Auswahl: Studienplätze an über dreissig Partnerinstituten werden angeboten, wobei jährlich ein bis zwei Partnerunis hinzukommen. «Wir möchten den Studenten eine gute Auswahl bieten», betont Monika Scherler.
St. Gallen: «Englischsprachige Unis sind am beliebtesten»
Die rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität St. Gallen hat ein Netzwerk mit knapp zwanzig Partnern. Nicole Gsell, Leiterin Student Mobility der Universität, erklärt die Strategie so: «Wir versuchen unseren Studenten ein breites Angebot mit attraktiven Zielen anzubieten und passen das Partnernetzwerk im Rahmen der Internationalisierungsstrategie ständig den Verhältnissen an.»
Zuoberst auf der Beliebtheitsskala der 650 Jus-Studenten stehen Universitäten im englischsprachigen Raum. «Nordamerika, aber auch Neuseeland sind für viele die bevorzugten Destinationen», erklärt Gsell. Aber auch St. Gallen stellt gemäss Gsell für Studierende im Ausland ein attraktives Ziel dar, sind die Bilanzzahlen der entsandten und aufgenommenen Studenten doch mehrheitlich ausgeglichen.