Norbert Hochreutener / Heinz Ramstein
Dubach im Machtpoker
Weltbild, Olten 2010, 222 Seiten, Fr. 34.90
Helmut Maier
Bristen
Nydegg, Bern 2010, 394 Seiten, Fr. 42.90
Nach ihrer Wahl in den Bundesrat wurde Eveline Widmer-Schlumpf bloss beschimpft. Sprengkandidatin Katrin Bürgi hingegen stürzt nach ihrer Wahl zur Bundesrätin im Krimi «Dubach im Machtpoker» in den Tod. Protagonist und Alter Ego von Jurist und Ex-Nationalrat Norbert Hochreutener und seines Ko-Autors Heinz Ramstein ist der Berner Lokaljournalist Marc Dubach. Der alternde Möchtegern-Casanova will den Fall lösen und verfolgt dabei jede denkbare Fährte: Fiel der Shootingstar dem Politikfilz zum Opfer? Stolperte Bürgi über lusche Finanzgeschäfte mit dem Osten? Steckt gar ein internationales Spielcasinosyndikat hinter dem Tod der attraktiven Bundesrätin?
Dubach recherchiert eifrig, nicht nur in Politbern, sondern auch im lebensfrohen Ascona, im mondänen Montreux und in der Finanzmetropole Frankfurt. Detailgetreu schildert das Autorenduo die Schweizer Handlungsorte und lässt die Leserschaft so in die Welt vor ihrer Haustür eintauchen. Bisweilen ist diese Welt etwas stark vereinfacht. So gibt es die «Konservative Partei», die «liberale Wirtschaftspartei» und die «Linkspartei». Immerhin bleiben die Grünen «grün».
Ganz in der heutigen, komplizierten Welt angekommen ist der im Zürcher Verkehrsverbund tätige Jurist Helmut Maier mit seinem Krimi «Bristen». Am Anfang steht hier nicht ein Todesfall, sondern eine nicht losgegangene Bombe am Gotthard. Die Hauptrollen spielen die Kunstfahnder Finn und Kant, die Freelance-Ermittlerin Malu und der Professor Arpagaus. Warum Maier die drei Männer stets mit dem Nachnamen und die Frau stets mit dem Vornamen bezeichnet, bleibt im Dunkeln. Dem Föderalismus verpflichtet, lässt Maier seine Protagonisten unter anderem in Zürich, im Jura und am Tor zum Tessin agieren. Auch der Namensgeber des Krimis, der Urner Berg Bristen, darf als Handlungsort nicht fehlen.
Im Verlaufe der Geschichte rückt die Aufklärung des Anschlagversuches auf der Gotthardautobahn mehr und mehr in den Hintergrund. Hauptsächlich seziert Maier die Gefühlswelt seiner Hauptfiguren und schreckt zu diesem Zweck nicht davor zurück, die Sage der Teufelsbrücke über die Schöllenenschlucht neu zu interpretieren. Wie er auch die Schweiz und ihre Bewohner ganz anders zeichnet als das Autorenduo Hochreutener / Ramstein: kantiger und vielschichtiger. Am Ende geht es aber bei beiden Krimis um dasselbe. Nämlich um das, was man nicht haben kann.
Vera Beutler
Haftpflichtrecht
Yaël Strub
Der Regress des Schadensversicherers de lege lata – de lege ferenda
Schulthess, Zürich 2011,
201 Seiten, Fr. 68.–
Die Autorin zeigt rechtsvergleichend, dass die Einreihung des Versicherers zusammen mit dem Haftpflichtigen in eine einzige Regresskaskade eine unglückliche Schweizer Eigenheit darstellt.
Um diesen Missstand zu beheben, schlägt Strub eine Praxisänderung vor. Art. 72 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) soll als lex spezialis Art. 51 Abs. 2 Obligationenrecht vorgehen. Der Regress des Versicherers hätte sich dann ausschliesslich nach Art. 72 VVG zu richten.
Besser noch wäre gemäss Strub, wenn die geplante VVG-Totalrevision und damit eine Einführung des integralen Regressrechts auf Gesetzesebene vorangetrieben würde. Das Bundesgericht hat in seinem Leitentscheid vom 7. Juni 2011 den Ansatz der Dissertation bestätigt, wonach die Problematik mit der bevorstehenden Totalrevision des VVG gelöst werden soll (A4_576/2010, E. 4.6).
Bewertung: Wissenschaftlich wertvolle Zusammenstellung mit konkreten Lösungsansätzen. dba
Privatversicherungsrecht
Stephan Fuhrer
Schweizerisches Privatversicherungsrecht
Schulthess, Zürich 2011,
668 Seiten, Fr. 98.–
Fuhrers Werk schafft den Spagat zwischen Lehrbuch und Praxiskommentar locker. Jedes Kapitel ist gleich aufgebaut: Auf die Gliederung des Kapitels folgt eine Liste aller zitierten Bundesgerichtsentscheide und eine Zusammenfassung. Kontrollfragen und Übungsfälle schliessen den Haupttext ab.
Gesetz und bundesgerichtliche Rechtsprechung sind umfassend dargestellt, auf die Judikatur der unteren Gerichte und Literaturhinweise wird verzichtet. 450 Seiten sind einem allgemeinen
Teil gewidmet mit Geschichte, Revisionen, Vertragsschluss, Aufklärungspflichten, Vermittlung, AVB, Obliegenheiten. Der besondere Teil behandelt die relevanten Privatversicherungszweige, der dritte die Rahmenbedingungen wie Aufsicht, Rechtspflege, Kartellrecht und Konsumentenschutz. Es folgt ein ausführliches Gesetzes- und Sachregister.
Bewertung: Praxisnah, gut lesbar, günstig – gehört in jede Bibliothek. kpf
Strafprozessrecht
Christof Riedo / Gerhard Fiolka / Marcel Alexander Niggli
Strafprozessrecht sowie Rechtshilfe in Strafsachen
Helbing Lichtenhahn, Basel 2011, 630 Seiten, Fr. 98.–
Das Werk soll Studierenden den Stoff systematisch vermitteln, ohne ihn durch detaillierte Literaturangaben oder eine eingehende kritische Auseinandersetzungen, mit Literatur und Rechtsprechung in die Länge zu ziehen. So werden die verschiedenen Meinungen zwar erwähnt, aber oftmals nicht genauer erläutert.
Für Spezialfragen bleibt daher der Blick in einen Kommentar unumgänglich. Als umfassendes Lehrbuch zum Einstieg oder zur Aufarbeitung des eidgenössischen Prozessrechtes ist das Werk jedoch sehr geeignet. Es folgt inhaltlich dem Aufbau der Strafprozessordnung. Die Sprache ist einfach gehalten und der Aufbau schlicht mit klarer Gliederung durch Randnoten.
Zum Schluss wird auf 150 Seiten die internationale Rechtshilfe von den Rechtsquellen bis zur Vollstreckung prägnant erläutert.
Bewertung: Gutes Lehrbuch für Studierende und Anwaltspraktikanten. dba
Anwaltsrecht
Walter Fellmann / Gaudenz G. Zindel (Hrsg.)
Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. Auflage
Schulthess, Zürich 2011,
580 Seiten, Fr. 235.–
Die erste Auflage wollte im Jahre 2005 einen Kommentar für das damals neue Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte schaffen, um nicht nur der Anwaltschaft, sondern auch den Aufsichtsbehörden eine praxisnahe Leitlinie zu geben. Das gelang.
Die Neuauflage hält an diesem Ziel fest und arbeitet zusätzlich die Neuerungen, die relevanten Publikationen und die Rechtsprechung der vergangenen sechs Jahre auf. Aktuelle Themen wie berufliche Unabhängigkeit angestellter Anwälte und Rechtsform von Anwaltskanzleien kommen nicht zu kurz, werden aber leider nicht kritisch beleuchtet.
Diesbezüglich ist der Kommentar eindeutig den Interessen der Inhaber grosser (Wirtschafts-) Kanzleien verpflichtet. Summa summarum werden aber alle relevanten anwaltsrechtlichen Alltagsfragen umfassend behandelt.
Bewertung: Das unverzichtbare Nachschlagewerk gehört in jede Anwaltsbibliothek. sb
Sozialhilferecht
Claudia Hänzi
Die Richtlinien der schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe. Entwicklung, Bedeutung und Umsetzung
Helbing Lichtenhahn, Basel 2011, 537 Seiten, Fr. 94.–
Nach einem Blick auf die Entwicklung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) erläutert diese Dissertation die Grundlagen des Sozialhilferechts sowie den Inhalt, den Aufbau und die Entwicklung der SKOS-Richtlinien. Kritisch untersucht sie verschiedene Punkte der Richt-linien wie situationsbedingte Leistungen, Unterstützung in Wohn- und Lebensgemeinschaften und präsentiert Verbesserungsvorschläge.
Analysiert wird, inwiefern die Richtlinien Eingang in die kantonale Gesetzgebung gefunden haben. Dabei werden die verschiedenen kantonalen Verweisungsmechanismen dargestellt und interessante Vorschläge zur Harmonisierung der kantonalen Regelungen präsentiert.
Hilfreich für Praktiker ist die Zusammenstellung der nicht immer homogenen kantonalen Rechtsprechung.
Bewertung: Wertvolle Arbeit zur Weiterentwicklung des Sozialhilferechts. kub
Vergaberecht
Anna Thieme
Mitteilungen der Europäischen Kommission – insbesondere im europäischen Vergaberecht
Schulthess, Zürich 2011,
150 Seiten, Fr. 63.–
Laut Kommission sind «Mitteilungen eine Richtschnur hinsichtlich ihrer Verpflichtungen und für die Bürger hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte». Die Autorin gibt einen guten Überblick zum unionsrechtlichen Handlungsformensystem. Es ist im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht abschliessend geregelt.
Auch die Handlungsform der Mitteilung ist nicht legaldefiniert, obwohl sie ein wichtiges Instrument der Steuerung ist. Die Autorin untersucht die praktische und rechtliche Bedeutung verschiedener Kategorien von Mitteilungen, prüft die rechtlichen Anforderungen an den Erlass und stellt Bindungswirkung und Anfechtbarkeit dar.
Die Autorin versteht es, die Bedeutung der abstrakt gewonnenen Ergebnisse für die Mitteilungen der Kommission im Vergaberecht konkret darzustellen.
Bewertung: Für Submissionsrechtler wertvoll, für andere Praktiker hilfreich. me
Vertragsrecht
Marco Neeser
Der Künstlervertrag in der Musikindustrie
Stämpfli, Bern 2011, 204 Seiten,
Fr. 75.–
Diese praxisorientierte Dissertation versteht es ausgezeichnet, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Künstlervertrags in der Schweiz, in Deutschland und den USA herauszuarbeiten. Beim Künstlervertrag geht es in allen Jurisdiktionen in erster Linie um das Verhältnis des Musikers zur Musikindustrie, das sich mit dem technischen Fortschritt grundlegend gewandelt hat.
Ausgehend von eigenen Praxiserfahrungen stellt der Autor die rechtlichen Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen Künstler und Tonträgerunternehmen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen des untersuchten Künstlervertrags dar. Wo sich relevante Unterschiede ergeben, stellt er die Schweizer Rechtswirklichkeit der deutschen und amerikanischen gegenüber. Sein Hauptinteresse gilt der Abgrenzung des Künstlervertrags von verwandten Innominatverträgen.
Bewertung: Ein praktischer Leitfaden für den Künstlervertrag in der Musikindustrie. tva
Öffentliches Recht
Andreas Kley
Geschichte des öffentlichen Rechts der Schweiz
Dike, Zürich 2011, 550 Seiten,
Fr. 58.–
Die Geschichte des öffentlichen Rechts der Schweiz war bis heute nur teilweise erforscht. Die vorliegende Publikation ändert das. Der Autor legt eine umfassende Geschichte über grosse Fragenkomplexe und ausgewählte Persönlichkeiten des Rechts vor. Er beginnt mit der Zeit der Restauration bis 1914. Darauf folgt die Lehre vom öffentlichen Recht in der Kriegs- und Krisenzeit (1914–1960). Ein weiteres Kapitel widmet sich der Staats- und Verwaltungsrechtslehre seit 1960.
Das Werk wird durch Theorien und Methoden der Wissenschaft vom öffentlichen Recht abgerundet. Dabei werden auch die wichtigsten rechtsphilosophischen Orientierungen aufgezeigt.
Kurzbiografien und Bibliografien der Schweizer Professoren und Dozenten des 19. und 20. Jahrhunderts, die sich dem öffentlichen Recht widmeten, schliessen die Geschichte ab.
Bewertung: Ein Lückenfüller, der grossen Lesegenuss bietet. me