Sozialversicherungsrecht
Richtwert für unentgeltlichen Beistand zulässig
Das Gericht darf den Stundenansatz für die unentgeltliche Verbeiständung mittels Richtwerten für einzelne Fallkategorien festsetzen. Obsiegt der unentgeltliche Rechtsvertreter im Verfahren um die Festsetzung seines Honorars, so steht ihm eine Parteientschädigung zu.
Sachverhalt:
Der als unentgeltlicher Rechtsbeistand eingesetzte Rechtsanwalt H. reichte gegen die Festsetzung seiner Entschädigung durch die IV-Stelle des Kantons Zürich eine Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht ein. Das Gericht hiess die Beschwerde nur teilweise gut. Vor Bundesgericht beantragte H. insbesondere die Erhöhung des Stundenansatzes auf 250 Franken und die Ausrichtung einer Prozessentschädigung.
Aus den Erwägungen:
2. Der unentgeltliche Rechtsbeistand ist legitimiert, gegen die Festsetzung seines Honorars durch das kantonale Gericht in eigenem Namen (BGE 110 V 360 E. 2 S. 363; SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 5, C 130/99) Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu führen (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten.
4.1 Gemäss Art. 37 Abs. 4 ATSG wird im Sozialversicherungsverfahren der gesuchstellenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt, wo die Verhältnisse es erfordern. Gemäss Art. 12a ATSV bemessen sich die Anwaltskosten einer Partei, welche die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren geniesst, sinngemäss nach dem Reglement über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 11. Dezember 2006 (VGKE). Dieses Reglement wurde inzwischen durch das Reglement über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 21. Februar 2008 (VGKE; SR 173.320.2), in Kraft seit 1. Juni 2008, ersetzt.
Der Stundenansatz für Anwälte beträgt gemäss Art. 10 Abs. 2 VGKE mindestens 200 Franken und höchstens 400 Franken.
4.3.1 Dem Beschwerdeführer ist insofern zuzustimmen, dass eine unzulässige Beschränkung der Ermessensausübung vorläge, wenn eine generelle, schematische Beschränkung des Ansatzes für den unentgeltlichen Rechtsbeistand im Verwaltungsverfahren vor der IV-Stelle auf 200 Franken vorgenommen würde. Dies ist allerdings nicht der Fall. Die Vorinstanz gab ausdrücklich an, vorliegend handle es sich nicht um einen komplexen Fall, welcher einen höheren Ansatz rechtfertigen würde.
Die Möglichkeit eines höheren Ansatzes war somit gegeben, wurde im konkreten Fall aber unter Berücksichtigung der Komplexität der Sache verneint. Von einer unzulässigen Beschränkung des Ermessens kann daher nicht ausgegangen werden. Keine unzulässige Ermessensbeschränkung liegt vor, wenn für bestimmte Fallkategorien Richtwerte bestimmt werden.
4.3.2 Der Einwand des Beschwerdeführers, dass der Minimalansatz von 200 Franken gemäss Art. 10 Abs. 2 VGKE nur bei sehr unterdurchschnittlicher Komplexität angewendet werden dürfe, erweist sich als unbegründet. Im Verwaltungsverfahren ist bei der Bewilligung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes praxisgemäss ein strenger Massstab anzulegen.
Bei einer unterdurchschnittlichen Komplexität der Streitsache muss die sachliche Notwendigkeit einer Verbeiständung verneint werden. Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass im Verwaltungsverfahren der gesuchstellenden Person nur dort ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt wird, wo die Verhältnisse es erfordern (Art. 37 Abs. 4 ATSG).
Eine anwaltliche Verbeiständung drängt sich nur in Ausnahmefällen auf, in denen ein Rechtsanwalt beigezogen wird, weil rechtliche oder tatsächliche Fragen mit erhöhter Komplexität dies als notwendig erscheinen lassen und eine Verbeiständung durch Verbandsvertreter, Fürsorger oder andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen nicht in Betracht fällt (BGE 132 V 200 E. 4.1, S. 201).
4.3.3 Der Beschwerdeführer begründet einen höheren Stundenansatz schliesslich mit den hohen Lebenshaltungskosten im Kanton Zürich. Der Umstand, dass für unentgeltliche Rechtsvertretungen in gerichtlichen Verfahren vor dem kantonalen Sozialversicherungsgericht und weiteren Gerichtsinstanzen des Kantons Zürich ebenfalls ein Stundenansatz von 200 Franken angewendet wird, spricht allerdings gegen diesen Einwand. Der Ansatz von 200 Franken entspricht der im Kanton Zürich üblichen Höhe bei unentgeltlichen Rechtsvertretungen. Es gibt somit keine Hinweise, dass dieser zu tief ist.
4.3.4 In der Beschwerde an das Bundesgericht wird insgesamt nichts vorgebracht, was eine rechtsfehlerhafte Ermessensausübung bei der Beurteilung des Stundenansatzes des unentgeltlichen Rechtsbeistandes durch das kantonale Gericht begründen würde. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen.
6. Der Beschwerdeführer rügt schliesslich zu Recht die fehlende Zusprache einer Parteientschädigung durch die Vorinstanz trotz seines teilweisen Obsiegens. Nach der Rechtsprechung hat eine in eigener Sache prozessierende Partei zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (BGE 110 V 72 E. 7, S. 81 f.).
Macht allerdings der um sein Honorar streitende unentgeltliche Rechtsvertreter den Anspruch auf eine Entschädigung für die Erfüllung einer Aufgabe geltend, die er im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses wahrnimmt, steht ihm sowohl im bundesgerichtlichen (BGE 125 II 518) als auch im kantonalen Beschwerdeverfahren, im Rahmen des erforderlichen Aufwandes und des Obsiegens, eine Parteientschädigung zu (Urteile 9C_671/2008 vom 6. März 2009 E. 8.2, 8C_629/2007 vom 3. November 2008 E. 5.2.2 und 6B_493/2007 vom 22. November 2007 E. 3). Der Beschwerdeführer obsiegte im vorinstanzlichen Verfahren teilweise. Ihm steht dafür eine entsprechende Parteientschädigung zu. Die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen.
Urteil 8C_676/2010 der I. sozialrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 11. Februar 2011
Anspruch auf Arbeitsvermittlung erweitert
Zeigt sich ein IV-Versicherter zur Eingliederung bereit, ist sein Anspruch auf Arbeitsvermittlung zeitlich nicht begrenzt. Vorbehalten bleibt die Verhältnismässigkeit. Die verstärkten Eingliederungsmassnahmen der 4. und 5. IV-Revision geben auch unqualifizierten Arbeitskräften einen Anspruch auf Arbeitsvermittlung.
Sachverhalt:
Nach einem Arbeitsunfall wurde Hauswart M. aus gesundheitlichen Gründen entlassen. Mit der IV-Arbeitsvermittlung schloss M. daraufhin eine Eingliederungsvereinbarung ab. Da die Stellensuche erfolglos war, stellte die IV-Stelle Bern (IVB) nach einem entsprechenden Vorbescheid den Abschluss der Arbeitsvermittlung mittels Verfügung fest. Dagegen erhob M. Beschwerde und stellte insbesondere das Rechtsbegehren auf Fortführung der Arbeitsvermittlung. Die IVB beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Aus den Erwägungen:
2.1 Arbeitsunfähige Versicherte, welche eingliederungsfähig sind, haben Anspruch auf aktive Unterstützung bei der Suche eines geeigneten Arbeitsplatzes und begleitende Beratung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung ihres Arbeitsplatzes (Art. 18 Abs. 1 IVG in der seit 1 . Januar 2008 gültigen
Fassung). Die im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Arbeitsvermittlung relevante Invalidität besteht darin, dass der Versicherte bei der Suche nach einer geeigneten Arbeitsstelle aus gesundheitlichen Gründen Schwierigkeiten hat (BGE 116 V 81 Erw. 6a mit Hinweisen). Notwendige Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitsvermittlung ist insbesondere die subjektive Eingliederungsbereitschaft der versicherten Person; fehlt diese, so besteht kein Anspruch (Entscheid des Bundesgerichts [BGer] vom 6. Mai 2008, 9C_494/2007, Erw. 2.2.2 mit Hinweisen).
2.2 Solange die Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Anspruch auf Arbeitsvermittlung grundsätzlich in zeitlicher Hinsicht nicht begrenzt, sondern besteht - dem Sinn dieser Massnahme entsprechend - bis zur erfolgreichen Eingliederung. Trotz dieses Grundsatzes unterliegt aber auch der Anspruch auf Arbeitsvermittlung dem Prinzip der Verhältnismässigkeit, das heisst die Arbeitsvermittlung ist nur so lange zu erbringen, als der dafür notwendige Aufwand nicht unverhältnismässig ist.
In dieser Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvermittlung keine besonders kostspielige Eingliederungsmassnahme darstellt, weshalb zur Anspruchsbegründung bereits ein relativ geringes Mass an gesundheitlich bedingten Schwierigkeiten bei der Suche einer neuen Arbeitsstelle genügt. Dieser Gesichtspunkt ist auch im Hinblick auf die Dauer des Anspruches massgebend. Die Gewährung der Arbeitsvermittlung wird allerdings dann unverhältnismässig, wenn von weiteren Bemühungen der Verwaltung keinerlei Erfolg erwartet werden kann, obwohl sich die IV-Stelle vorher intensiv bemüht hat (Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG, heute BGer] vom 29. März 2005, I 776/04, Erw. 3.2 mit Hinweisen).
Die Verhältnismässigkeit beurteilt sich nicht anhand von vorgängig festgelegten abstrakten Vorgaben. Es besteht Anspruch auf das situativ Notwendige (vgl. Entscheid des BGer vom 2. September 2008, 9C_16/2008, Erw. 3.3.2). Entscheidend ist, ob im Zeitpunkt der (fraglichen) Leistungseinstellung aufgrund einer prognostischen Beurteilung von weiterer aktiver Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz noch ein Erfolg erwartet werden kann (vgl. Entscheid des Bundesgerichts vom 2. September 2008, 9C_1 6/2008, Erw. 3.3.3).
2.4 Der klare Wortlaut von Art. 21 Abs. 4 ATSG erlaubt selbst bei offensichtlich fehlender - für den Anspruch auf Arbeitsvermittlung aber vorausgesetzter - subjektiver Eingliederungsbereitschaft der versicherten Person (vgl. Erw. 2.1 hiervor) keine Abweichung vom Grundsatz, dass sie ohne Rücksicht auf ihr Verhalten auf die Folgen ihrer Widersetzlichkeit aufmerksam gemacht werden muss.
3.3.2 Unter Berücksichtigung des aufgeführten Zumutbarkeitsprofils ist erstellt, dass der Beschwerdeführer bei der Stellensuche nach wie vor aus gesundheitlichen Gründen, nämlich mit Bezug auf die Belastung der dominanten rechten Hand, eingeschränkt ist. Es bleibt anzufügen, dass hinsichtlich des Anspruchs auf Arbeitsvermittlung bereits ein relativ geringes Mass an gesundheitlich bedingten Schwierigkeiten bei der Suche einer neuen Arbeitsstelle genügt. Damit erfüllt der Beschwerdeführer die invaliditätsmässigen Voraussetzungen gemäss Art. 18 Abs. 1 IVG.
Dies gilt insbesondere mit Blick auf die im Rahmen der 4. und 5. IV-Revision erfolgte Ausweitung des Anspruchs. So führte das BGer im Entscheid vom 2. September 2008, 9C_16/2008, Erw. 3.2 bezüglich 4. IV-Revision aus, dass der Grundgedanke der Neuformulierung des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 IVG darin bestand, die Unterstützung von Amtes wegen bei der Eingliederung zu verstärken. Es sei darum gegangen, die IV-Stellen zu verpflichten, in dieser Hinsicht deutlich mehr zu unternehmen. Bezüglich 5. IV-Revision wurde im BBI 2005 S. 4524 sodann festgehalten: «Ganz oder teilweise arbeitsunfähige versicherte Personen sollen Anspruch auf aktive Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz wie auch auf begleitende Beratung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines bestehenden Arbeitsplatzes haben.
Neu hätten somit alle stellenlosen Personen, die ihre bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können, Anspruch auf Arbeitsvermittlung durch die IV, somit auch Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter, die in einer angepassten Hilfstätigkeit noch voll arbeitsfähig sind. Durch die Ausweitung des Anspruchs auf die Arbeitsvermittlung der IV, welche auf die Vermittlung von gesundheitlich eingeschränkten Personen spezialisiert ist, können die Eingliederungsinstrumente für unqualifizierte Versicherte wesentlich verbessert werden.»
Dieser gesetzgeberisch beabsichtigten Verpflichtung der IV-Stellen ist die Beschwerdegegnerin nicht hinreichend nachgekommen. Im Widerspruch zur genannten Verpflichtung steht die Angabe der IVB, der Beschwerdeführer könne sich wieder bei ihr melden, wenn er ein konkretes Stellenangebot habe (AB 81). Damit wird die den Eingliederungsfachleuten obliegende Aufgabe, eine geeignete Stelle zu finden, auf den Beschwerdeführer übertragen, was nicht angehen kann.
3.4 Nach dem Gesagten ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitsvermittlung nach wie vor zu bejahen.
Urteil IV/10/962 des Verwaltungsgerichts Kanton Bern vom 15. März 2011 (rechtskräftig)
Eingliederungsmassnahme muss geprüft werden
Ist noch unklar, ob ein Versicherter an einem geschützten Arbeitsplatz beschäftigt werden kann oder ob ein Arbeitstraining durchzuführen ist, kann noch nicht von einer voraussichtlich länger dauernden Erwerbsfähigkeit die Rede sein, die zu einer Rentenherabsetzung führt. Die IV-Stelle muss vor einer Rentenherabsetzung die Eingliederungsmassnahme prüfen.
Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 21. Januar 2010 sprach die IV-Stelle X. zwischen dem 1. Februar 2006 und dem 28. Februar 2007 eine ganze sowie ab 1. August 2007 eine halbe IV-Rente zu. Während einer vom 27. Februar bis zum 26. August 2007 dauernden Eingliederungsmassnahme bezog X. Taggelder, die durch die erwähnte Verfügung teilweise mit der IV-Rente verrechnet wurden. X. führte Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragte die Ausrichtung einer vollen IV-Rente ab dem 1. August 2007. Das Luzerner Verwaltungsgericht hob die Verfügung auf, soweit sie die Zeit ab dem 1. August 2007 betrifft, und wies die Sache zur neuen Verfügung an die IV-Stelle zurück. Dagegen führte die IV-Stelle Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor Bundesgericht.
Aus den Erwägungen:
2.2 Die Vorinstanz hat in ihren Erwägungen festgehalten, solange die Frage aktuell war, ob für den Beschwerdeführer eine Beschäftigung an einem geschützten Arbeitsplatz oder ein Arbeitstraining durchzuführen sei, könne jedenfalls einstweilen noch nicht von einer erwerblich verwertbaren Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent ausgegangen werden. Erst nach einer erfolgreichen Tätigkeit an einem geschützten Arbeitsplatz oder einem erfolgreich absolvierten Arbeitstraining würde sich die Frage stellen, ob und inwiefern nunmehr von einer erwerblich verwertbaren Arbeitsfähigkeit auf dem dem Beschwerdeführer offenstehenden ausgeglichenen freien Arbeitsmarkt ausgegangen werden könne. Eine erwerblich verwertbare Arbeitsleistung in der freien Wirtschaft könne noch nicht angenommen werden, woran die Attestierung einer medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent nichts ändere. In dieser Phase könne noch nicht von einer voraussichtlich länger dauernden Verbesserung der Erwerbsfähigkeit im Sinne von Art. 88a Abs. 1 IVV die Rede sein, welche Anlass für eine Rentenherabsetzung sein könnte.
Während der behandelnde Psychiater Dr. med. R. in seiner Beweisauskunft vom 10. Dezember 2010 von einem schwankenden, aber tendenziell eher sich verschlechternden Gesundheitszustand ausgehe, nehme die IV-Stelle eine erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes an, die ab 1. Juli 2007 Anlass für die Herabsetzung der bisher ausgerichteten ganzen Invalidenrente auf eine halbe Rente bilde.
Das polydisziplinäre Gutachten des Instituts B. vom 7. Januar 2009 und die genannte Beweisauskunft des erfahrenen Psychiaters Dr. med. R., der den Beschwerdeführer seit dem 8. März 2007 behandelt und deshalb den Krankheitsverlauf aufgrund eigener Beobachtung kompetent beurteilen könne, würden sich in psychiatrischer Hinsicht widersprechen. Aufgrund der bestehenden Aktenlage sei es in psychiatrischer Hinsicht nicht möglich, die Rechtmässigkeit der Rentenherabsetzung ab 1. August 2007 abschliessend zu beurteilen. Es sei unumgänglich, eine neue psychiatrische Begutachtung zu veranlassen. Zu diesem Zweck sei die Sache unter Aufhebung der Verfügung vom 21. Januar 2010, soweit sie die Zeit ab 1. August 2007 betrifft, an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie entsprechend dem Ergebnis der neuen Begutachtung über den Rentenanspruch ab 1. August 2007 neu verfüge.
3.1 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin enthält der vorinstanzliche Entscheid keinen als Verbot zu verstehenden Zwang, nicht entscheidend auf das Gutachten des Instituts B. abzustellen, weil dieses insofern an einem rechtlichen Mangel leiden würde, dass darin enthaltene medizinische Feststellungen im Widerspruch zur bei Dr. med. R. eingeholten Beweisauskunft vom 10. Dezember 2010 stehen.
Zum einen wird im angefochtenen Entscheid «nur» festgehalten, dass aufgrund der widersprüchlichen Aktenlage die Rechtmässigkeit der Rentenherabsetzung ab 1. August 2007 nicht abschliessend beurteilt werden könne. Zum andern geht es hier lediglich um einen Teilbereich des Gutachtens des Instituts B., welchem nicht als Ganzes der Beweiswert von vornherein definitiv abgesprochen wird (so im von der Beschwerdeführerin zitierten Urteil 9C_588/2010 vom 3. November 2010 E. 1.4). Es kann somit nicht gesagt werden, die IV-Stelle werde verpflichtet, eine nach ihrer Meinung ungerechtfertigte Leistungszusprache zu erlassen. Vielmehr wird es auf die ergänzende Abklärung und deren Beweiswert im Vergleich zum Gutachterteil des Instituts B. ankommen. In dieser Hinsicht ist im angefochtenen Rückweisungsentscheid des Verwaltungsgerichts kein nicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinne des Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu erblicken, weshalb in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
3.2 Der kantonale Entscheid enthält (...) die verbindliche Feststellung einer nicht bestehenden erwerblich verwertbaren Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent des Beschwerdegegners in der freien Wirtschaft. Dementsprechend schränkt der vorinstanzliche Entscheid (E. 3b) den Beurteilungsspielraum der IV-Stelle ein. Denn darin wird ihr untersagt, eine realisierbare Arbeitsfähigkeit anzunehmen, solange nicht ein Arbeitstraining erfolgreich abgeschlossen ist oder eine Tätigkeit an einem geschützten Arbeitsplatz erfolgreich stattgefunden hat.
4.2 Nach dem Konzept des Art. 16 ATSG setzt eine rentenbestimmende Invaliditätsbemessung auch im Revisionsfall (Art. 17 ATSG) voraus, dass angezeigte Eingliederungsmassnahmen durchgeführt worden sind. Dementsprechend muss der Eingliederungsbedarf vor einer Erhöhung, Herabsetzung oder Aufhebung der Rente anlässlich einer Leistungsrevision nach Art. 17 ATSG in gleicher Weise wie im Rahmen einer erstmaligen Invaliditätsbemessung abgeklärt werden.
4.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe aufgrund des Gutachtens des Instituts B. zutreffend befunden, der Beschwerdegegner sei auf dem freien Wirtschaftsmarkt zu 50 Prozent arbeitsfähig. Somit habe er ab 1. August 2007 Anspruch auf eine halbe Invalidenrente. Diese Betrachtungsweise ist nicht stichhaltig. In der Tat gilt in der Invalidenversicherung wie dargelegt (E. 4.2) der Grundsatz «Eingliederung vor Rente». In dieser Hinsicht ist die Beschwerde abzuweisen.
Urteil 9C_420/2011 der II. sozialrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 21. Juli 2011
Betreibungsrecht
Keine konkrete Normenkontrolle
Der Entscheid einer kantonalen Rechtsmittelinstanz über eine Zwischenverfügung ist ein Zwischenentscheid. Bei einer Anfechtung vor Bundesgericht ist zu begründen, worin der nicht wiedergutzumachende Nachteil besteht. Fehlt diese Eintretensvoraussetzung, entfällt die vorfrageweise konkrete Normenkontrolle.
Sachverhalt:
Rechtsanwalt X. leitete im eigenen Namen sowie als Bevollmächtigter der Z. AG beim Amtsgerichtspräsidenten III eine Betreibung gegen den Kanton Luzern ein. Der Amtsgerichtspräsident verfügte darauf eine Frist zur Einreichung einer schriftlichen Vollmacht. Dagegen erhob X. Beschwerde beim Obergericht Luzern.
Das Obergericht wies die Beschwerde ab. In der Rechtsmittelbelehrung hielt das Obergericht fest, dass gegen Urteile und Entscheide letzter Instanzen die Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. und Art. 90 ff. zulässig sei. Mit Beschwerde an das Bundesgericht verlangt X. im eigenen Namen unter anderem die Aufhebung der Verfügung des Amtsgerichtspräsidenten III und des Entscheides des Obergerichts sowie eine vorfrageweise Prüfung von zwei angewendeten Bestimmungen des kantonalen Einführungsgesetzes zum SchKG.
Aus den Erwägungen:
1. Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine Beschwerde zulässig ist (BGE 135 III 212 E. 1, S. 216; BGE 134 III 115 E. 1, S. 117, je mit Hinweisen). Freilich muss die Eingabe auch bezüglich der Eintretensvoraussetzungen hinreichend begründet sein (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 134 II 120 E. 1, S. 121).
2. Mit seiner rechtzeitig (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG) eingereichten Beschwerde wehrt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen gegen den Entscheid, den die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern am 23. November 2010 als obere kantonale Aufsichtsbehörde gefällt hat. Hierbei handelt es sich um den Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG) in einer Schuldbetreibungs- und Konkurssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG).
Insofern könnte das Bundesgericht ohne Rücksicht auf die gesetzliche Streitwertgrenze (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG) auf die Beschwerde grundsätzlich eintreten. Kein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid im Sinne von Art. 75 Abs. 1 BGG ist die erstinstanzliche Verfügung des Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Stadt vom 1. September 2010. Der Antrag, diese Verfügung aufzuheben beziehungsweise deren Nichtigkeit festzustellen, ist unzulässig.
3. Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig gegen Endentscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG). Gegen Teilentscheide (Art. 91 BGG) und gegen Vor- und Zwischenentscheide (Art. 92 und 93 BGG) kann hingegen nur unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde in Zivilsachen geführt werden.
3.1 Der angefochtene Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern hat den als «Verfahrensverfügung» bezeichneten Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Stadt vom 1. September 2010 zum Gegenstand. In dieser Verfügung setzt der Amtsgerichtspräsident dem Beschwerdeführer eine Frist zur Nachreichung einer aktuellen Vollmacht, «aus der sich ergibt, dass Sie im vorliegenden Betreibungsverfahren gegen den Kanton Luzern berechtigt sind, die Z. AG zu vertreten». Für den Fall, dass binnen der gesetzten Frist keine entsprechende Vollmacht eingeht, stellt der Amtsgerichtspräsident in Aussicht, mangels Vertretungsbefugnis auf dem auszustellenden Zahlungsbefehl lediglich den Beschwerdeführer als Gläubiger aufzuführen.
3.2 Ihrer Natur nach ist die Verfahrensverfügung des Amtsgerichtspräsidenten ein Zwischenentscheid über eine formelle Voraussetzung im Verfahren, das die Ausstellung des Zahlungsbefehls für die Z. AG zum Gegenstand hat. Der vorinstanzliche Entscheid schliesst dieses Verfahren nicht ab. Er erweist sich deshalb seinerseits als Zwischenentscheid (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.1, S. 428). Der selbständig eröffnete Zwischenentscheid betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG.
Die Beschwerde in Zivilsachen ist somit nur zulässig, wenn der obergerichtliche Entscheid entweder einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Nach der Rechtsprechung obliegt es dem Beschwerdeführer darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 133 III 629 E. 2.3.1, S. 632 und E. 2.4.2, S. 633).
3.3 Der Beschwerdeführer äussert sich in seinem Schriftsatz zu einer ganzen Reihe von Gesetzesvorschriften, aufgrund derer das Bundesgericht seiner Ansicht nach seine verschiedenen Rechtsbegehren zu behandeln habe. Er behauptet jedoch an keiner Stelle, der vorinstanzliche Entscheid könne einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken oder die Gutheissung seiner Beschwerde würde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen.
Tut der Beschwerdeführer aber überhaupt nicht dar, warum ein selbständig anfechtbarer Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG vorliegt, übersieht er mithin diese Eintretensfrage schlechthin, so kann das Bundesgericht von vornherein nicht auf die Beschwerde eintreten (vgl. BGE 118 II 91 E. 1a, S. 92).
Dass der selbständig eröffnete Zwischenentscheid vor Bundesgericht anfechtbar gewesen wäre, liegt im Übrigen auch nicht auf der Hand. Insbesondere ist nicht ohne weiteres ersichtlich, welchen nicht wiedergutzumachenden Nachteil der Beschwerdeführer persönlich durch eine Verfahrensverfügung hätte erleiden können, die nicht die Gültigkeit seines eigenen Betreibungsbegehrens betraf, sondern die Gültigkeit des Betreibungsbegehrens der Z. AG (s. E. 3.2). Denn an das Bundesgericht ist der Beschwerdeführer nicht als Vertreter dieser Gesellschaft, sondern in seinem eigenen Namen gelangt.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Urteil 5A_28/2011 der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 21. März 2011
Verwaltungsrecht
Politische Haltung darf Einbürgerung nicht vereiteln
Eine Einbürgerung darf nicht aufgrund der politischen Gesinnung abgelehnt werden. Vielmehr muss eine konkrete Gefährdung der inneren Sicherheit der Schweiz nachgewiesen werden. Die Bekanntschaft zu Mitgliedern auf der Beobachtungsliste des Staatsschutzes oder ein eingestelltes Strafverfahren reichen dafür nicht aus.
Sachverhalt:
Der Kanton Aargau beantragte beim Bundesamt für Migration (BFM) die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung für X. Nach der Prüfung des Gesuches durch den Dienst für Analyse und Prävention (DAP) und der Gewährung des rechtlichen Gehörs lehnte das BFM die Einbürgerungsbewilligung mit der Begründung ab, X. gefährde die Sicherheit der Schweiz. Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragte X. die Erteilung der Einbürgerungsbewilligung sowie das Akteneinsichtsrecht. Letzteres wurde vom Bundesverwaltungsgericht erteilt. Nach der Einsichtnahme reichte X. eine Beschwerdeergänzung ein und bestritt mehrere der in den Akten aufgeführten Punkte.
Aus den Erwägungen:
6.2.4 Als Quintessenz bleibt aufgrund dieser Feststellungen, dass der Beschwerdeführer vier der in der angefochtenen Verfügung aufgelisteten Personen aus dem Umfeld von IRA-Splittergruppen gekannt haben muss. Die Kontakte knüpfte er ab 2003 an Solidaritätsveranstaltungen beziehungsweise Sozialforen in Italien und Nordirland. Mit einer Ausnahme handelte es sich anscheinend um lose und oberflächliche Kontakte eher kollegialer Natur. Etwas engere Beziehungen bestanden einzig zu B. Eine angebliche Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in der 32CSM ist aktenmässig nicht erstellt. Der DAP räumt dies insoweit ein, als er ausführt, es sei kaum anzunehmen, dass der Beschwerdeführer innerhalb besagter Gruppierung eine wichtige Funktion auf dem Festland übernommen habe.
Wirklich Substanzielles ist hingegen nicht bekannt. Die persönliche Bekanntschaft zu B. erlaubt somit keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf die politischen Aktivitäten des Betroffenen. In diesem Zusammenhang gilt es klarzustellen, dass er nie in irgendwelche gewalttätige Aktionen involviert war oder solche unterstützt hat.
6.3 Nicht ganz klar wird schliesslich, was das BFM in der angefochtenen Verfügung mit dem Hinweis zum Ausdruck bringen wollte, der Beschwerdeführer habe im Nachgang zu den beiden Gesprächen ein Anwaltsbüro konsultiert, das den DAP im November 2005 aufgefordert habe, in Zukunft direkte Kontakte zu seinem Mandanten zu unterlassen. Gleiches gilt mit Blick auf die Bemerkung, der frühere Rechtsvertreter habe beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten gestützt auf Art. 18 Abs. 1 BWIS ein Einsichtsgesuch gestellt.
Dass sich der Beschwerdeführer im Einbürgerungsverfahren, konfrontiert mit den Vorwürfen des DAP, dazu entschloss, einen Anwalt beizuziehen, ist ohne weiteres verständlich. Von Rechts wegen hat sich die Behörde in solchen Fällen danach direkt an den Vertreter zu wenden (vgl. Art. 11 Abs. 3 VwVG). Ebenso legitim erscheint unter den konkreten Begebenheiten, dass er von seinem Auskunftsrecht gemäss Art. 18 Abs. 1 BWIS Gebrauch machen wollte. Es liegt in dieser Hinsicht mithin nichts vor, das man dem Beschwerdeführer aus Staatsschutzgründen vorhalten könnte. Alles in allem sind die vorinstanzlichen Bedenken wegen der von der Fachbehörde festgestellten Kontakte des Betroffenen zu nordirischen Gruppierungen - die längstens bis ins Frühjahr 2006 fortbestanden und somit einige Jahre zurückliegen - überholt. Insoweit ist auch aus heutiger Sicht kein Gefährdungspotenzial auszumachen.
6.4.1 Was die Nachdemonstration im Anschluss an die offiziellen 1.-Mai-Feiern 2007 in der Stadt Zürich anbelangt, so wurde ein entsprechendes Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Sachbeschädigung etc. von der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat am 6. Juli 2007 eingestellt. Für seine Umtriebe erhielt der Angeschuldigte eine Entschädigung von 1720 Franken, hinzu kamen 500 Franken Genugtuung. Dass er an einer unbewilligten Nachdemonstration teilgenommen habe, lässt sich der fraglichen Einstellungsverfügung nicht entnehmen. Darin ist nur davon die Rede, dass es anlässlich einer solchen Demonstration am Walcheplatz zu Sachbeschädigungen gekommen sei.
Ins Visier der Polizei geriet der Beschwerdeführer, weil er sich kurz danach in der Nähe des Tatortes aufgehalten hat und seine Kleidung Farbspritzer aufwies. Die Untersuchungen des Wissenschaftlichen Dienstes der Stadtpolizei Zürich ergaben keinen Zusammenhang zwischen den Lackpartikeln auf dem sichergestellten Kleidungsstück und dem Tatort. Auch die Handyauswertung sprach gegen eine Täterschaft des Angeschuldigten. Seither ist der Betroffene nicht mehr im Umfeld von 1.-Mai-Anlässen oder Veranstaltungen mit ähnlichem Symbolgehalt angetroffen worden. Der DAP hat, soweit ersichtlich, jedenfalls nichts Derartiges mehr in Erfahrung gebracht. Unter den dargelegten Begebenheiten können ihm die Sachbeschädigungen und Gewalttätigkeiten, welche sich an jenem Tag zugetragen haben, folglich weder direkt noch indirekt angelastet werden.
6.4.3 Solange er eine Exponentin der fraglichen autonomen Szene kennt, ohne selber in ganz bestimmte Aktionen oder Vorfälle verwickelt gewesen zu sein, erscheint es aber ohnehin problematisch, ihn ohne zusätzliche konkrete Anhaltspunkte eines bedeutenden Engagements für Gruppierungen dieser radikalen Ausrichtung zu bezichtigen. Solche Anhaltspunkte sind hier keine auszumachen oder aktenmässig zumindest nicht hinreichend erstellt. Hierfür fehlt es nur schon an minimalen zeitlichen und örtlichen Angaben. Erst recht nicht zu verantworten hat er, dass gegen jenes Mitglied des Revolutionären Aufbaus Schweiz ein Strafverfahren wegen Brandstiftung und Gefährdung durch Sprengstoffe eingeleitet worden ist. Der Beschwerdeführer spielt im fraglichen Strafverfahren, wie in der Vernehmlassung zu Recht festgehalten ist, nämlich keine Rolle. Damit stellen die fraglichen Aspekte keine stichhaltigen Gründe für die Annahme dar, dass vom Beschwerdeführer eine relevante Gefahr für die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz ausgeht.
6.4.4 Nach Darstellung des Rechtsvertreters hat sein Mandant eine kritische Haltung gegenüber dem Kapitalismus in seiner heutigen Ausgestaltung. Von daher bestehen Sympathien und Berührungspunkte zu Positionen des Revolutionären Aufbaus Schweiz. Es gibt allerdings auch im Schweizer Parlament vertretene Parteien, welche fundamentale Kritik am heutigen Wirtschafts- und Finanzsystem üben. Ansichten zu vertreten, welche sich mit Ideen linksextremer Gruppierungen überschneiden, ist erlaubt, solange sie mit legalen (friedlichen) Mitteln verfolgt und umgesetzt werden. Massgeblich ist nicht die politische Gesinnung oder Grundhaltung, sondern einzig die mögliche Gefährdung der inneren Sicherheit. Der Beschwerdeführer hat sich stets zur Gewaltlosigkeit bekannt (siehe ebenfalls E. 6.2.3 und 6.2.4 hiervor). Dies erscheint glaubhaft, zumal sein sonstiges Verhalten im Alltag (tadelloser Leumund, erfolgreicher beruflicher Werdegang, Einsatz in der freiwilligen Feuerwehr) daneben nicht einfach ausgeblendet werden darf. Die gehegten Bedenken erweisen sich demnach als zu wenig konkretisiert, nicht aktuell (soweit zeitlich überhaupt zuzuordnen, beziehen sich die Vorwürfe auf das Frühjahr 2007) und zu weitreichend formuliert.
6.5 Alles in allem beruhen die Annahmen von Vorinstanz und DAP nicht auf einer ausreichend gefestigten Indizienkette. Für Schlussfolgerungen, wie sie in der angefochtenen Verfügung und der Vernehmlassung gezogen werden, lässt die Beweislage mit anderen Worten keinen Raum. Es liegt somit nichts Konkretes vor, das den Beschwerdeführer heute als Risiko für die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz erkennen liesse.
7. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Vorinstanz die Erteilung der eidgenössischen Einbürgerungsbewilligung zu Unrecht verweigert und somit Bundesrecht verletzt hat (Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist demzufolge gutzuheissen.
Urteil C-2946/2008 des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2011
Fernmelderecht
Internetverkehr muss nicht überwacht werden
Der Bundesrat hat die zulässigen Arten der Überwachung des Internetverkehrs nicht geregelt, womit es an der gesetzlichen Grundlage fehlt. Fernmeldedienstanbieter können deshalb nicht zu Investitionen für die Überwachung verpflichtet werden.
Sachverhalt:
Nach Anordnung einer fernmeldedienstlichen Überwachungsmassnahme durch die Staatsanwaltschaft hat der Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (ÜPF) die A. AG mittels Verfügung vom 27. Oktober 2010 zur Umsetzung der Massnahme verpflichtet. Die A. AG wurde dazu angehalten, den gesamten Internetverkehr des zu überwachenden Mobilfunkanschlusses zu duplizieren und den Strafuntersuchungsbehörden verfügbar zu machen. Der ÜPF entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung und verlangte die Umsetzung der Massnahme bis spätestens 29. Oktober 2010. Mit Beschwerde vom 29. November 2010 an das Bundesverwaltungsgericht verlangte die A. AG die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, die Aufhebung der Verfügung sowie eventuell eine angemessene Frist zur Umsetzung.
Aus den Erwägungen:
3.2 Das BÜPF regelt im vierten Abschnitt die Überwachung des Fernmeldeverkehrs. Die Vorinstanz hat gemäss Art. 13 Abs. 1 Bst. b. BÜPF die Aufgabe, die Anbieterinnen von Fernmeldediensten anzuweisen, die für die Überwachung notwendigen Massnahmen zu treffen. Sie nimmt zudem den umgeleiteten Fernmeldeverkehr der überwachten Person entgegen (Art. 13 Abs. 1 Bst. c BÜPF). Art. 15 Abs. 1 BÜPF verpflichtet die Anbieterinnen von Fernmeldediensten, dem Dienst für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs auf Verlangen den Fernmeldeverkehr der überwachten Person sowie die Teilnehmeridentifikation und Verkehrs- und Rechnungsdaten zuzuleiten. Das Gesetz erfasst die Überwachung jeder Art von Fernmeldeverkehr einer bestimmten Person, wobei der Anknüpfungspunkt für die Überwachung eine bestimmte Rufnummer bildet (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2335/2008 vom 10. März 2009 E. 7.4). Der Internetverkehr, der über eine bestimmte Mobiltelefonnummer abgewickelt wird, stellt offensichtlich Fernmeldeverkehr im Sinne des Gesetzes dar, weshalb er von der in Art. 15 Abs. 1 BÜPF statuierten Verpflichtung erfasst wird.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin bildet das BÜPF demnach nicht nur für die Telefonabhörung, also die Abhörung des Sprachverkehrs, eine Grundlage, sondern für jeglichen Fernmeldeverkehr. Das Gesetz ist überdies technologieneutral ausgestaltet und auch für neue, ja sogar heute noch nicht bekannte Arten von Fernmeldeverkehr offen. Für den Fernmeldebereich, der einem raschen technologischen Wandel unterliegt, erscheint die Verankerung der Grundsätze, verbunden mit der Kompetenz des Bundesrates, auf Verordnungsebene die Einzelheiten zu regeln, sachgerecht und geboten, weshalb insofern kein konzeptioneller Mangel des Gesetzes auszumachen ist.
3.3.2 Die Vorinstanz stützt ihre Verfügung nicht auf einen in der VÜPF genannten Überwachungstyp, sondern einzig auf Art. 13 und Art. 15 BÜPF und bezeichnet die Überwachung als Spezialfall. Die Überwachung des Internetverkehrs dürfte doch angesichts der heutigen, von einer breiten Öffentlichkeit genutzten Kommunikationsmöglichkeiten, die soziale Netzwerke, Kurznachrichtendienste, Blogs, Internettelefonie etc. bieten, kein Einzelfall bleiben. Es ist daher zu erwarten, dass die FDA immer wieder zu solchen Überwachungen verpflichtet werden, worauf im Übrigen auch die Erarbeitung von entsprechenden Richtlinien durch die Vorinstanz sowie die Stellungnahme der Beigeladenen vom 8. Februar 2011 hinweist. Die angefochtene Verfügung geht demnach über einen Einzel- oder Sonderfall hinaus.
Wie vorne in E. 1.3 dargelegt worden ist, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäss BGE 130 II 249 E. 2.2.2 nicht zuständig, generell die Rechtmässigkeit einer Überwachungsmassnahme zu beurteilen. Es ist jedoch zuständig, die Rüge zu prüfen, eine bestimmte Überwachung sei - unabhängig von einem konkreten Anwendungsfall - nicht rechtmässig, wenn die FDA geltend macht, technisch nicht in der Lage zu sein, die Überwachung durchzuführen, und sich dagegen wehrt, Mittel und Kenntnisse zu erwerben für eine Art der Überwachung, deren Rechtmässigkeit zweifelhaft ist.
Eine Fernmeldedienstanbieterin kann nicht in jedem Fall zu einem solchen Erwerb verpflichtet werden (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2335/2008 vom 10. März 2009, E. 3.3.1 f). In den bisher zu beurteilenden Fällen konnten die Überwachungen stets einem der in der VÜPF genannten Typen zugeordnet werden, womit deren Rechtmässigkeit, insbesondere eine genügende gesetzliche Grundlage, zu bejahen waren.
3.3.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sie erhebliche Investitionen tätigen müsse, um den durch die Verfügung auferlegten Pflichten nachzukommen, womit in ihre verfassungsmässigen Rechte eingegriffen werde, namentlich in die Eigentumsgarantie (Art. 26 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 [BV, SR 101]) und in die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV), und das Gesetzmässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 164 BV) sowie das Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV) verletzt werde. Das Bundesgericht und das Bundesverwaltungsgericht hatten bisher offengelassen, wie weit sich eine FDA überhaupt auf diese verfassungsmässigen Rechte berufen können unter Hinweis darauf, dass der Fernmeldemarkt weitgehend staatlich reguliert ist (vgl. BGE 131 II 13 E. 6.4.1; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2335/2008 vom 10. März 2009, E. 9.1).
Diese Fragen stellen sich jedoch im vorliegenden Fall nicht: Anders als die Swisscom, deren Existenz auf dem Bundesgesetz vom 30. April 1997 über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes (TUG, SR 784.11) beruht, ist die Beschwerdeführerin eine rein privatrechtliche juristische Person, eine AG nach Art. 620 ff. OR. Gegenstand der angefochtenen Verfügung ist der Zugang zum Internet, eine Tätigkeit, für die keine Konzession erforderlich ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin im Kontext der vorliegenden Beschwerde nicht Trägerin der Wirtschaftsfreiheit und anderer Grundrechte sein soll. Die Rügen betreffend Verletzung verfassungsmässiger Rechte sind daher zu prüfen.
3.3.4 Aufgrund der nachvollziehbaren Zusammenstellung in ihrer Stellungnahme vom 14. Januar 2011 erscheint der geltend gemachte Investitionsbedarf in der Höhe von etwa einer halben Million Franken, der aus der verfügten Verpflichtung erwächst, als erwiesen. Ein solcher Nachweis ist als ausreichend zu betrachten (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2335/2008 vom 10. März 2009, E. 9.5.4). Die Voraussetzungen für die Prüfung, ob die angeordnete Überwachungsart eine genügende gesetzliche Grundlage hat, sind daher gegeben.
Wie oben in E. 3.2 festgehalten worden ist, bildet Art. 15 Abs. 1 BÜPF eine gesetzliche Grundlage für die Verpflichtung der FDA, auf Verlangen der Vorinstanz jegliche Art von Fernmeldeverkehr zu überwachen. Die Regelung der Einzelheiten ist mit Art. 15 Abs. 6 BÜPF an den Bundesrat delegiert worden, er hat somit zu bestimmen, welche konkreten Pflichten die FDA erfüllen müssen. Die Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen ist gemäss Art. 164 Abs. 2 BV grundsätzlich zulässig. Art. 15 BÜPF erfüllt alle Voraussetzungen, die eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen erfordert, sie ist auf ein bestimmtes Sachgebiet - die Überwachung des Fernmeldeverkehrs - beschränkt und die Grundzüge der Materie sind im Gesetz geregelt (vgl. Ulrich Häfelin / Walter Haller / Helen Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl., Zürich/ Basel/Genf 2008, Rz. 1870 ff.).
Der Bundesrat hat von der delegierten Rechtsetzungskompetenz Gebrauch gemacht. Im Bereich der Internet-Zugänge, dem 6. Abschnitt der VÜPF, beschränkt sich die erlassene Regelung jedoch im Wesentlichen auf verschiedene Überwachungsarten des E-Mail-Verkehrs. Art. 24 VÜPF enthält damit die momentan möglichen Überwachungstypen (vgl. auch Einleitungssatz von Art. 24 VÜPF und Hansjakob, a.a.O., S. 338). Es ist unbestritten, dass sich die verfügte Überwachungsart, der Internetverkehr, keinem der in Art. 24 VÜPF aufgezählten Überwachungstypen zuordnen lässt. Die Vorinstanz hat sich zu Recht nicht auf Art. 24 VÜPF gestützt. Damit ergibt sich jedoch, dass die Verfügung nicht auf einer in der VÜPF konkretisierten Verpflichtung beruht. Der Verfügung fehlt somit die vom Gesetzgeber verlangte Konkretisierung durch den Bundesrat, weshalb sie über keine genügend konkretisierte Grundlage in einer Verordnung verfügt und damit nicht rechtmässig ist.
Die Beschwerdeführerin kann daher zurzeit nicht gegen ihren Willen zum Erwerb der für die Überwachung des Internet-Verkehrs notwendigen Einrichtungen gezwungen werden, soweit diese nicht für einen in Art. 24 VÜPF genannten Überwachungstyp erforderlich sind. Die Beschwerde ist gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben. Angesichts des gewichtigen öffentlichen Interesses an einer Strafverfolgung schwerer Kriminalität und der heutigen Kommunikationsmöglichkeiten, die das Internet bietet, drängt sich nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts eine rasche Revision der VÜPF auf.
Urteil A-8267/2010 des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2011
Datenschutzrecht
Einsichtsrecht muss geprüft werden
Die Inhaberin einer Datensammlung muss ein Gesuch um Auskunft zu Personendaten auch dann bearbeiten, wenn sie die Daten der Gesuchstellerin bereits an das Bundesarchiv abgeliefert und gelöscht hat.
Sachverhalt:
Die Basler Menschenrechtsaktivistin Anni Lanz ersuchte den Dienst für Analyse und Prävention (DAP) am 19. September 2008 um Einsicht in ihre gespeicherten Daten. Nach der Prüfung durch den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) und der vermuteten Mitteilung des EDÖB an Lanz informierte der DAP Lanz am 5. Juni 2009 über die Löschung der fünf auf ihre Person Bezug nehmenden Einträge im Informatisierten Staatsschutz-Informations-System (ISIS).
Die Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte (GPDel) stellte am 21. Juni 2010 fest, der DAP habe Lanz nicht vollständig Auskunft erteilt und Lanz könne beim Nachfolger des DAP, dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB), eine Verfügung verlangen. Darauf stellte Lanz am 7. Juli 2010 beim NDB ein Akteneinsichtsgesuch. Der NDB trat auf das Gesuch wegen Gegenstandslosigkeit mit Verfügung vom 21. Oktober 2010 nicht ein. Gegen den Entscheid des NDB erhob Lanz Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Sie verlangte unter anderem die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Einsichtnahme in alle sie betreffenden Akten der Vorinstanz.
Aus den Erwägungen:
1.3.2 Gemäss Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) besteht in Bezug auf die Bearbeitung von Personendaten im ISIS lediglich ein indirektes Auskunftsrecht, welches vom EDÖB beurteilt wird. (...) Dieser teilt im Rahmen des indirekten Auskunftsrechts der gesuchstellenden Person in einer stets gleichlautenden Antwort mit, dass in Bezug auf sie entweder keine Daten unrechtmässig bearbeitet würden oder dass er bei Vorhandensein allfälliger Fehler in der Datenbearbeitung eine Empfehlung zu deren Behebung an den DAP beziehungsweise die Vorinstanz gerichtet habe (Art. 18 Abs. 1 BWIS).
Vorliegend leitete der DAP das damalige Gesuch der Beschwerdeführerin somit zu Recht an den EDÖB weiter. Eine Auskunftserteilung nach DSG erachtete der EDÖB bezüglich der Daten der Beschwerdeführerin als nicht angebracht, weshalb davon auszugehen ist, dass er der Beschwerdeführerin lediglich indirekt Auskunft erteilt hat, mithin das obgenannte standardisierte Schreiben gemäss Art. 18 Abs. 1 BWIS hat zukommen lassen. Gegenteiliges wird auch von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht. Der Erlass einer anfechtbaren Verfügung ist in diesem Stadium nicht vorgesehen und die Beschwerdeführerin hat auf eine Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht verzichtet. Das Akteneinsichtsgesuch der Beschwerdeführerin aus dem Jahre 2008 wurde folglich entsprechend den gesetzlichen Vorgaben behandelt.
1.3.3 In einem weiteren Schritt und in Anwendung von Art. 18 Abs. 5 BWIS überprüfte der DAP im Anschluss an das Auskunftsgesuch der Beschwerdeführerin und unabhängig von den festgelegten Laufzeiten, ob die vorhandenen ISIS-Daten über die Beschwerdeführerin noch benötigt werden. Er gelangte hierbei zur Ansicht, die Aufbewahrung derselben sei nicht mehr erforderlich und hat sie in Übereinstimmung mit der Bestimmung, wonach alle nicht mehr benötigten Daten im Informationssystem gelöscht werden, am 13. Mai 2009 aus dem ISIS gelöscht. Dieses Vorgehen entspricht der gesetzlichen Regelung und ist rechtens, da das Einsichtsgesuch in diesem Verfahren gemäss Art. 18 BWIS mit der Mitteilung durch den EDÖB seinen Abschluss gefunden hat (vgl. E. 1.3.2 hiervor).
1.3.4 Registrierte Personen, die ein Auskunftsgesuch gestellt haben, erhalten gemäss Art. 18 Abs. 6 BWIS beim Dahinfallen der Geheimhaltungsinteressen zur Wahrung der inneren Sicherheit, spätestens aber bei Ablauf der Aufbewahrungsdauer, eine direkte Auskunftserteilung nach DSG, sofern dies nicht mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden ist.
1.3.4.2 In diesem Sinne teilte der DAP als Vorgängerorganisation der Vorinstanz und als Inhaber der ISIS-Datensammlung der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 5. Juni 2009 mit (vgl. Sachverhalt Bst. A und Vorakten act. 1), die über sie angelegten Dokumente im ISIS seien im Rahmen des Auskunftsverfahrens nach BWIS gelöscht worden. Die fünf betroffenen und vom EDÖB überprüften Einträge listete der DAP in diesem Schreiben auf.
Eine direkte Auskunftserteilung hat nach Art. 8 Abs. 5 DSG in der Regel schriftlich, in Form eines Ausdrucks oder einer Fotokopie zu erfolgen. Der DAP konnte der Beschwerdeführerin aber die über sie bearbeiteten Dokumente infolge ihrer Löschung nicht mehr zugänglich machen, sondern ihr lediglich eine schriftliche Auflistung der gelöschten Daten zukommen lassen.
1.3.5 Es bleibt somit festzuhalten, dass das von der Beschwerdeführerin im Jahre 2008 eingereichte Einsichtsgesuch von den damals zuständigen Behörden vorschriftsgemäss behandelt und abgeschlossen worden ist. Das zweite Akteneinsichtsgesuch der Beschwerdeführerin vom 7. Juli 2010 löste ein zweites, neues Auskunftsverfahren aus (vgl. hierzu E. 3 ff. hiernach). Das vorliegende Verfahren ist somit nicht bereits seit dem Jahr 2008 hängig. Die diesbezüglich erhobenen Vorwürfe der Beschwerdeführerin schlagen mithin fehl, beziehungsweise das erste Auskunftsverfahren aus den Jahren 2008 und 2009 ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, womit auf die diesbezüglichen Rügen nicht einzutreten ist.
3.3 Der Beschwerdeführerin wurde über ihre Daten im ISIS schon im Jahre 2008/2009 vom EDÖB und vom DAP Auskunft nach Art. 18 BWIS i.V.m. Art. 8 DSG erteilt (vgl. E. 1.3 ff. hier- vor). Hierbei hat ihr der DAP in Anwendung von Art. 18 Abs. 6 BWIS bereits dahingehend direkte Auskunft nach Art. 8 Abs. 1 DSG gegeben, dass die sie betref- fenden Daten im ISIS gelöscht worden seien.
Der EDÖB hat das zweite beziehungsweise wiederholt gestellte und vorliegend zu beurteilende Auskunftsbegehren der Beschwerdeführerin - welches durchaus zulässig war (vgl. hierzu Graminga / Maurer-Lambrou, a.a.O., Rz. 57 zu Art. 8) - somit zu Recht nicht als Einsichtsgesuch nach Art. 18 Abs. 1 BWIS entgegengenommen, sondern dieses zur erneuten Behandlung nach Art. 18 Abs. 6 BWIS an die Vorinstanz zurücküberwiesen. Dies wird von der Beschwerdeführerin denn auch nicht bestritten.
3.4.1 Zwar hat die Inhaberin der Datensammlung im Streitfall grundsätzlich die Wahrheit der erteilten Auskunft zu beweisen. Im vorliegenden Fall, in welchem die Vorinstanz festgestellt hat, dass keine Daten beziehungsweise keine Daten mehr bearbeitet werden, ist eine über diese Aussage hinausgehende Beweisführung indes gar nicht möglich (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-420/2007 vom 3. September 2007 E. 4.3).
Die Beschwerdeführerin macht denn auch nicht geltend, dass über sie möglicherweise Daten in anderen Datensammlungen als dem ISIS bearbeitet werden. Sie ist jedoch der Ansicht, ihre Daten seien im ISIS nicht gelöscht worden, da die GPDel ansonsten gar keine Kopien hätte erhalten können.
Die GPDel begann freilich bereits im Frühling 2008 mit der formellen Inspektion der Datenbearbeitung im ISIS (vgl. Sachverhalt Bst. C). Es erscheint naheliegend, dass sie in den Anfängen ihrer Untersuchung oder zumindest nicht erst kurz vor Veröffentlichung ihres Berichts vom 21. Juni 2010 die für sie relevanten Dokumente, darunter auch die ISIS-Akten der Beschwerdeführerin, erhalten hat. Die Verfassung eines solch umfangreichen Berichts und die da- mit zusammenhängenden Abklärungen und weiteren Arbeiten beanspruchen doch eine gewisse Dauer und Vorbereitungsarbeit. Wenn die GPDel die Akten der Beschwerdeführerin tatsächlich erst im Sommer 2010 erhalten haben sollte - was diese geltend macht, aber nicht weiter belegt -, wäre eine Veröffentlichung des Berichts kurz darauf wohl kaum möglich gewesen.
Folglich erscheinen die Ausführungen der Vorinstanz, die GPDel habe die Aktenkopien vor ihrer Löschung im Mai 2010 erhalten, nachvollziehbar und glaubwürdig. Weitere nähere Angaben, aus welchen ersichtlich wäre, dass die Vorinstanz tatsächlich die Beschwerdeführerin betreffende Daten bearbeiten würde, macht diese nicht. Alleine der Umstand, dass die Vorinstanz darauf hinweist, ein allfälliges Einsichtsgesuch in weitere Akten, mithin in solche, die nicht Gegenstand des ersten Verfahrens im Jahre 2009 gewesen seien, sei gemäss Art. 18 Abs. 1 BWIS an den EDÖB zu richten, vermag daran nichts zu ändern, erfolgte dieser Hinweis doch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen (vgl. hierzu E. 1.3.2 ff. hiervor).
Auch aus der Tatsache, dass der DAP der Beschwerdeführerin die fünf sie betreffenden, aber gelöschten ISIS-Daten geliefert hat, vermag sie nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Diese Auflistung beinhaltet pro gelöschtes Dokument (insgesamt deren fünf ) lediglich einen Satz im Sinne eines Titels oder einer Einleitung im Sinne von «in der Sache» und gibt ganz klar nicht den Inhalt des Dokuments in gekürzter Form beziehungsweise als Zusammenfassung wieder.
3.4.2 Es ist folglich davon auszugehen, dass die Vorinstanz im ISIS keine die Beschwerdeführerin betreffenden Daten (mehr) bearbeitet und dass sie ihr diesbezüglich im Sinne von Art. 8 DSG vollständig und wahrheitsgemäss Auskunft erteilt hat.
Die Beschwerdeführerin ist jedoch der Ansicht, die Vorinstanz wäre verpflichtet gewesen, die Daten beim Bundesarchiv oder wenn die diesbezügliche Transaktion noch nicht stattgefunden habe, von einer entsprechenden Sicherungskopie wieder zu beschaffen und ihr in der Folge zugänglich zu machen.
Gemäss Art. 28 Abs. 1 der Verordnung vom 4. Dezember 2009 über den Nachrichtendienst des Bundes (V-NDB, SR 121.1) bietet die Vorinstanz nicht mehr benötigte oder zur Vernichtung bestimmte Daten und Akten dem Bundesarchiv zur Archivierung an. Vorliegend bestreitet die Vorinstanz diese Pflicht nicht. Sie führt sogar aus, dieser Vorgang habe stattgefunden, doch die eigentliche Datenablieferung verzögere sich aufgrund einer Optimierung des EDV-technischen Ablieferungsverfahrens ans Bundesarchiv und die nächste Ablieferung dürfte frühestens auf Ende 2011 erfolgen.
Art. 14 Abs. 1 des Archivierungsgesetzes vom 26. Juni 1998 (BGA, SR 152.1) sieht vor, dass die abliefernden Stellen auch während der Schutzfrist - während welcher grundsätzlich keine Einsichtnahme möglich ist (Art. 9 ff. BGA) - in die von ihnen abgelieferten Unterlagen Einsicht nehmen können. Bei Personendaten können die abliefernden Stellen während der Schutzfrist in die von ihnen abgelieferten Unterlagen Einsicht nehmen, wenn sie diese für einen Entscheid über die Gewährung, Beschränkung oder Verweigerung des Einsichts- oder Auskunftsrechts der betroffenen Person benötigen (Art. 14 Abs. 2 Bst. d BGA sowie Martin Winterberger-Yang in: BSK-DSG, Rz. 17 zu Art. 21).
Folglich spielt es vorliegend keine Rolle, ob die die Beschwerdeführerin betreffenden ISIS-Daten bereits dem Bundesarchiv über- mittelt worden sind und sich bei diesem befinden oder ob ein solcher Transfer noch nicht stattgefunden hat und die Daten nach wie vor, das heisst bis zur definitiven Ablieferung ans Bundesarchiv, bei der Vorinstanz auf einer Sicherungsdatei gespeichert sind. In beiden Fällen ist die Vorinstanz entweder als Inhaberin der Datensammlung oder als abliefernde Stelle ans Bundesarchiv zur Behandlung des Einsichtsgesuchs der Beschwerdeführerin zuständig. Der Hinweis der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin könne beim Bundesarchiv ein erneutes Einsichtsgesuch stellen, schlägt somit fehl. Vielmehr ist es der Vorinstanz möglich beziehungs- weise wäre sie gehalten gewesen, auf die - zwar im ISIS gelöschten - Daten der Beschwerdeführerin Zugriff zu nehmen, indem sie abgeklärt hätte, wo sich diese zur Zeit befinden - auf einer Sicherungskopie bei ihr selber oder bereits beim Bundesarchiv.
Anschliessend und in Anwendung der gesetzlichen Regelung in Art. 8 und 9 DSG hätte sie zu entscheiden gehabt, ob eine uneingeschränkte Einsicht zulässig ist oder lediglich eine beschränke Einsichtnahme gewährt werden kann. Dies ist in der Folge nachzuholen.
4. Aufgrund vorstehender Erwägungen ist die Beschwerde insoweit gutzuheissen, als die angefochtene Verfügung vom 21. Oktober 2010 aufzuheben und die Angelegenheit zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen (insbesondere E. 3.4.2 f.) an die Vorinstanz zurückzuweisen ist.
Soweit weitergehend ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auf das Gesuch der Beschwerdeführerin nur dann nicht einzutreten wäre beziehungsweise ist, wenn sie Einsicht in andere Daten als in ihre Staatsschutzakten verlangt hätte. Dergleichen ist ihrer Eingabe vom 7. Juli 2010 jedoch nicht zu entnehmen.
Auch ist aus dem Schreiben des DAP vom 5. Juni 2009 ersichtlich, dass alle und nicht bloss einzelne die Beschwerdeführerin betreffende Staatsschutzakten im ISIS gelöscht worden sind (vgl. Vorakten act. 1, insbesondere erster Satz des zweiten Abschnitts).
Urteil A-8457/2010 des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2011
Gerichte des Bundes aktuell
Alcopops im Baukasten unterliegen Sondersteuer
Als sondersteuerpflichtiger Alcopop gilt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auch ein Getränke-Set, bei dem der Schnaps und ein Fruchtsaft als «Zweikomponenten-Cocktail» in zwei separate, aber miteinander verbundene Dosen abgefüllt werden. Das für Alcopops geltende gesetzliche Tatbestandsmerkmal «konsumfertig gemischt» (Art. 23bis AlkG) gibt insofern nicht den vollständigen Sinn der Vorschrift wieder. Laut Gericht sind keine sachlichen Gründe ersichtlich, ein Getränk nur deshalb nicht als Alcopop zu behandeln, weil die beiden Flüssigkeiten zwar einzeln, aber gemeinsam und fertig zum Mischen zusammen mit einem Shaker verkauft werden.
A-5814/2010 vom 8.7.2011
Davos muss Abgabe für Zweitwohnung zurückzahlen
Die Gemeinde Davos muss einer Immobilienfirma 302 000 Franken zurückerstatten, die sie im Jahre 2009 ohne ausreichende gesetzliche Grundlage als Lenkungsabgabe auf den Bau von Zweitwohnungen erhoben hat. Die betroffene Bauherrschaft hatte die Lenkungsabgabe im Juni 2009 anstandslos bezahlt. Das Bundesgericht ist allerdings 2010 in einem anderen Fall zum Schluss gekommen, dass für die Abgabe keine ausreichende gesetzliche Grundlage - Davos hatte eine Planungszone erlassen - besteht. Auch die Immobilienfirma forderte in der Folge das Geld von der Gemeinde zurück. Diese verweigerte ihr die Rückzahlung, da die entsprechende Verfügung von 2009 unangefochten geblieben sei. Laut dem Sitzungsentscheid der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts ist Davos aufgrund von Treu und Glauben jedoch zur Rückerstattung verpflichtet. Sowohl der Beschluss zur Planungszone als auch die Baubewilligung selber hätten den Vorbehalt enthalten, dass die Lenkungsabgabe zurückerstattet werde, falls die von Davos erlassene Planungszone aufgehoben werden sollte. Diese Aufhebung ist durch das Graubündner Verwaltungsgericht erfolgt. Entscheidend ist laut Gericht zudem, dass die Lenkungsabgabe von den Betroffenen im Wissen darum erhoben und bezahlt wurde, dass zur Frage ihrer Rechtmässigkeit ein gerichtliches Pilotverfahren hängig ist.
2C_114/2011 vom 26.8.2011; schriftliche Begründung ausstehend
Griechische Asylsituation ist völkerrechtswidrig
Asylsuchende, für die gemäss Dublin-Abkommen eigentlich Griechenland zuständig wäre, dürfen nur in Ausnahmefällen dorthin zurückgewiesen werden. Ihre in der Schweiz gestellten Zweit-Gesuche sind materiell zu prüfen. Laut Bundesverwaltungsgericht bergen die Zugangsbedingungen zu den Asylverfahren in Griechenland sowie der Ablauf dieser Verfahren die Gefahr, dass völkerrechtliche Normen verletzt werden. Die im Dublin-Abkommen festgelegte Vermutung, dass die einzelnen Vertragsstaaten ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen im Bereich des Asylwesens nachkommen, gilt deshalb für Griechenland nicht mehr. Die Schweizer Behörden haben in jedem Einzelfall abzuklären, ob bei einer Abschiebung nach Griechenland die Gefahr besteht, dass die betroffene Person einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt oder ihr Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt wird. Das Bundesamt für Migration hat seine Praxis in Bezug auf Griechenland bereits Anfang 2011 entsprechend angepasst.
D-2076/2010 vom 16.8.2011
Busse für Nicht-Hupen nach Unfall mit Fussgänger
Ein Lastwagenfahrer ist zu Recht zu 100 Franken Busse verurteilt worden, nachdem ihm ein Fussgänger in seinen stehenden Sattelschlepper gelaufen ist. Der Chauffeur ha