Ein Gerichtsschreiber darf in der gleichen Kammer nicht als Ersatzrichter zum Einsatz kommen. Dies stellte das Bundes­gericht in einem aktuellen Entscheid klar (1B_420/2022 vom 9. September 2022). Die Lausanner Richter kritisieren darin die dritte Strafkammer des Zürcher Ober­gerichts. Laut Urteil war das Gericht im beurteilten Fall mit dem Kammerpräsidenten, einer ­Ersatz­oberrichterin und ­einem ­Ersatzoberrichter besetzt. Letz­tere arbeiten hauptberuflich als Gerichtsschreiber derselben Kammer. Der Kammerpräsident ist ihr Vorgesetzter. Das beeinträchtige «die interne richterliche Unabhängigkeit» der Ersatzrichter. 

Martin Burger, ehemaliger ­Gerichtspräsident des Zürcher Obergerichts, findet den Bun­desgerichtsentscheid «richtig und mutig». Es sei nicht selbstverständlich, dass «Lausanne den kantonalen Instanzen organisatorisch dreinredet, aber hier musste es ­so weit kommen». Die Unterstellungsver­hält­nisse seien wichtig in Bezug auf die richterliche Unabhängigkeit. Burger schlägt folgende ­Lösung vor: «Die als Ersatzoberrichter für andere ­Kammern gewählten Gerichtsschreiber könnten bei der dritten Strafkammer eingesetzt werden.

Das Obergericht Zürich hat die Konsequenzen aus dem Entscheid gezogen. Vorläufig werden laut Sprecherin Sabina Motta keine der sieben Ersatzrichter am Ober­ge­richt zusammen mit ihren ­direkten Vorgesetzten im selben Spruchkörper eingesetzt.