Total 3232 Postfilialen gab es 2001 in der Schweiz. Heute sind es noch 1244. Bis in drei Jahren will die Post 400 weitere schliessen, wie das Konsumentenmagazin «Saldo» in Ausgabe 17/2017 vorrechnete. Darunter nicht nur weniger frequentierte Poststellen auf dem Lande, sondern auch überlaufene Filialen in der Stadt.
In Zürich ersetzte die Post kürzlich die grosse Poststelle Helvetiaplatz durch eine Agentur. Damit verschwanden auch die Postfächer, unter anderem dasjenige des grössten Gerichts der Schweiz, des Bezirksgerichts Zürich. Nach Jahrzehnten änderte sich die Postleitzahl: Aus 8026 Zürich wurde 8036 Zürich.
Diese Änderung geriet einem Kunden des Bezirksgerichts zum Verhängnis. Der Mann hatte Jus studiert. Nützlicher wäre wohl eine Lehre bei der Post gewesen. Er wusste zwar um die Schliessung der Helvetia-Post, adressierte sein Fristerstreckungsgesuch in eigener Sache für die Stellungnahme zum Ausweisungsbegehren des Vermieters aber irrtümlicherweise an das Bezirksgericht Zürich, Postfach, 8037 Zürich. Folge: Die Post wusste mit der Sendung nichts anzufangen, ein Bezirksgericht Zürich war ihr unbekannt. Sie retournierte die Sendung an den Absender.
Als dieser den Brief zurückerhielt, war die Frist längst abgelaufen. Das Bezirksgericht hatte auch schon entschieden: Mangels Stellungnahme des Beklagten hiess das Bezirksgericht das Ausweisungsbegehren gut und verpflichtete den Juristen, sein Büro unverzüglich zu räumen.
Dagegen beschwerte sich der Ausgewiesene beim Obergericht. Ohne Erfolg. Im Urteil heisst es: Die rechtzeitige Aufgabe einer Sendung bei der Post reiche noch nicht zur Wahrung einer Frist. Voraussetzung sei, «dass die Eingabe das Gericht tatsächlich erreicht». Nur wenn das der Fall sei, werde für die Frage der Rechtzeitigkeit auf die Postaufgabe abgestellt. «Wird eine Eingabe etwa aufgrund unzutreffender Adressierung retourniert, so hat die Eingabe nicht stattgefunden.»
Gestützt auf diese Überlegungen wies das Obergericht die Beschwerde ab, die Ausweisung wurde rechtskräftig. Die Richter zeigten immerhin Mitgefühl mit dem Beschwerdeführer: «Dass die Post eine Eingabe an eine (richtig bezeichnete) Gerichtsbehörde nur deshalb nicht zustellen kann, weil der Absender sich bei der Angabe der Postleitzahl um eine Ziffer verschreibt, ist aus Sicht der betreffenden Partei ärgerlich.» Dies ändere aber nichts daran, dass «der Absender, der sich für die Übermittlung einer Sendung der Post bedient, das Risiko einer scheiternden Zustellung trägt»
Fazit: Für rechtzeitige Eingaben ist nicht nur die Prozessordnung zu beachten, sondern auch die aktuellste Liste der Postleitzahlen der Gerichte. Schlimmstenfalls könnte es sonst passieren, dass eine Berufung gegen eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen eines Versehens bei der Postleitzahl das Gericht nicht erreicht – was zumindest im Kanton Zürich zur Rechtskraft des Urteils führen würde.